Impfungen
Wissen Sie, wo Ihr Impfausweis liegt? Viele von Ihren Patienten müssen über diese Frage wahrscheinlich länger nachdenken. Denn wenn nichts Besonderes passiert, sind Impfungen oft kein Thema mehr. Aber auch Erwachsenen wird empfohlen, ihren Impfschutz regelmäßig prüfen zu lassen. Welche Standard-Impfungen die Ständige Impfkommission (STIKO) für welches Alter empfiehlt, vor welchen Krankheiten diese schützen und was Sie sonst noch darüber wissen sollten, erfahren Sie in unserer Serie „Impfungen im Kurzportrait“.
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mRNA-Impfstoffe: Welche gibt es und wie funktionieren sie?

Zwei Corona-Impfstoff-Dosen von Moderna
Die COVID-19-Impfstoffe von BioNtech und Moderna waren die ersten zugelassenen mRNA-Impfstoffe. | Bild: Wolfilser / AdobeStock

Comirnaty® war am 2. Dezember 2020 inmitten der COVID-19-Pandemie der erste auf mRNA basierende Impfstoff, der eine Zulassung erhalten hat. Geforscht wurde an dem Prinzip bereits länger. 

Seit 1961 ist mRNA, die „messenger-RNA“ oder „Boten-RNA“ als Glied in der Proteinbiosynthese bekannt. Seit den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts gab es die Idee, Impfstoffe (und andere Arzneimittel) auf Basis der mRNA zu erzeugen.  

Ein Durchbruch dazu gelang den US-Forschenden Katalin Karikó und Drew Weissman Anfang des 21. Jahrhunderts – ihre Ergebnisse über die Verwendung modifizierter RNA (modRNA) für Impfungen veröffentlichten sie im Jahr 2005. Im Jahr 2023 gab es für diese Forschung, die den Weg zu Comirnaty ® und Co. öffnete, den Nobelpreis in Physiologie und Medizin.

Gut zu wissen: COVID-19-Vakzinen sind nicht die ersten RNA-Impfstoffe

Die COVID-19-Impfstoffe von BioNtech, anschließend Moderna und weiteren Unternehmen waren zwar 2020 die ersten zugelassenen mRNA-Impfstoffe, das erste auf RNA basierende Arzneimittel war allerdings bereits im Jahr 2018 Patisiran unter dem Handelsnamen Onpattro® von Alnylam Pharmaceuticals. 

Als siRNA (small interfering RNA) therapiert es die hereditäre Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) als RNAi-Therapeutikum. Durch RNA-Interferenz werden die bei den Erkrankten zu viel vorhandenen Transkripte des Transthyretin-Proteins „stillgelegt“ und so weniger Protein gebildet. Die Patisiran-RNA wird also anders als mRNA nicht translatiert.

Dass die BioNtec-Pioniere um die türkisch-deutschen Forschenden Uğur Şahin und Özlem Türeci (mit Katalin Karikó als Beraterin) schließlich 2020 erfolgreich und schnell den ersten COVID-19-Impfstoff auf den Markt bringen konnten, lag auch daran, dass unter anderem am Firmensitz in Mainz bereits jahrelang an mRNA-Impfstoffen gegen Krebs geforscht worden war.

Die Erkenntnisse daraus ließen sich auf den neuen Erreger übertragen – ein wichtiger Punkt bei mRNA-Impfstoffen, denn im Prinzip lässt sich der Wirkmechanismus auf Impfungen gegen alle möglichen Pathogene übertragen.

Was ist ein mRNA-Impfstoff?

Der Wirkmechanismus von mRNA-Impfungen verspricht an sich ein recht universell einsetzbares Werkzeug gegen praktisch alle möglichen Pathogene, die auf Proteinen basieren.  

Die mRNA ist in der Proteinbiosynthese das Produkt des ersten Zwischenschritts beim Ablesen von Genen. Bei der Transkription werden Gene in der DNA durch die RNA-Polymerase abgelesen und in mRNA übersetzt. Diese wandert zu den Ribosomen, wo basierend auf dieser „transportablen Kopie der Bauanleitung“ Proteine im nächsten Schritt, der Translation, synthetisiert werden.

Bereits in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte man entdeckt, dass es Zellen grundsätzlich egal ist, woher mRNA stammt, die sich im Cytosol befindet. In den ersten Experimenten ließ man Kaninchen-mRNA in Froscheiern in Proteine übersetzen. Das Prinzip machen sich allerdings auch einige Viren zunutze, die in Zellen aus ihrer RNA ihr Protein bauen lassen.

Für eine mRNA-Impfung bedeutet das aber, dass mRNA, die in eine Zelle eingebracht wird, dort sinnvoll in ein Protein übersetzt werden kann. Und da RNA grundsätzlich universell in allen Lebewesen gleich gestaltet ist, kann praktisch jede Art von Protein in der Zelle erzeugt werden.

Diese Proteine können im Fall der Impfungen immunologisch relevante Antigene von Pathogenen sein. In die richtigen Zellen (etwa antigenpräsentierende Immunzellen) eingebracht, lassen sich so Immunantworten gegen diese Antigene induzieren.

Wie funktionieren mRNA-Impfstoffe

RNA in Zellen einzubringen, war allerdings ein Knackpunkt bei der Erforschung der Impfstoffe. RNA ist relativ groß und dazu in der Regel negativ geladen, was eine Passage durch die Zellmembran erschwert. Nano-Lipidpartikel, die die mRNA verpacken, ermöglichen dies bei den Impfstoffen durch Endocytose. So lassen sich mRNA-Impfstoffe recht einfach intravenös verabreichen.

Einmal im Cytosol, werden die mRNAs des Impfstoffs translatiert. Die so entstandenen Proteine werden natürlicherweise durch Proteasen in Stücke zerteilt, die über den Mechanismus der Antigenpräsentation von entsprechenden Immunzellen präsentiert werden und damit eine zelluläre Immunantwort auslösen. Oder: Sie werden als Membranproteine codiert und werden im Ganzen auf der Zelloberfläche exprimiert, was auch eine humorale (antikörperbasierte) Immunantwort auslöst.

Eine weitere Herausforderung auf dem Weg zur funktionierenden mRNA-Impfung war, dass mRNA in Zellen durch RNasen zerlegt wird – ein Schutzmechanismus unter anderem gegen durch Viren eingeschleuste RNA. Außerdem kann mRNA im Blut eine Immunreaktion gegen die RNA auslösen, was im Fall von Impfungen unerwünscht ist (bei viraler RNA aber natürlicherweise gewollt). 

Abhilfe schafft in beiden Fällen die Verwendung modifizierter RNA. Diese wird zum einen translatiert, zum anderen aber durch Modifikationen am „Kopf-“ und „Schwanzteil“ der mRNA sowie durch veränderte Nukleotide (Bestandteile der mRNA) stabilisiert und vor dem Immunsystem versteckt.

Gut zu wissen: Vorteile von mRNA-Impfungen

  • Im Prinzip universell einsetzbar, jedes beliebige Antigen kann erzeugt werden.
  • Kurze biologische Halbwertszeit, nicht länger vorhanden als nötig.
  • Keine Gefahr der Insertion (Einfügen) genetischer Information ins Genom.
  • Zellfreie Herstellung des Impfstoffs.
  • Keine Reversion attenuierter Impferreger (wie etwa bei Polio).
  • Keine Vektorimmunität (was etwa bei Impfstoffen mit viralen Vektoren auftreten kann).
  • Bei „Krebsimpfungen“ personalisierbar.

Welche mRNA-Impfstoffe sind zugelassen?

Den Durchbruch gab es mit den COVID-19-Impfstoffen, die zuerst eine Notfallzulassung erhielten und mittlerweile reguläre Zulassungen innehaben.

Weltweit sind aktuell zehn mRNA-Impfstoffe zugelassen:

  • Insgesamt neun COVID-19-Impfstoffe, wobei einige nur in Indonesien oder China eine Zulassung haben. In der EU sind es drei, wobei der jüngste, Zapomeran®, seit Februar 2025 zugelassen, eine Neuentwicklung mit samRNA (selbstamplifizierende mRNA) ist.
  • Ein RSV-Impfstoff von Moderna (mRNA-1345), zugelassen seit Sommer 2024 in der EU und den USA.

Welche weiteren mRNA-Impfstoffe sind geplant?

Während die Palette der zugelassenen Impfstoffe noch recht überschaubar ist, sind sehr viele noch in verschiedenen Stadien der Entwicklung in der Pipeline – darunter auch etliche bereits in Phase III der klinischen Erforschung.

Derzeit sind mRNA-Impfstoffe gegen folgende Erkrankungen in der Entwicklung:

  • Akne
  • (Lyme-)Borreliose
  • Clostridioides-difficile-Infektion
  • weitere COVID-19-Impfstoffe, zum Teil in Kombination mit Influenza und/oder RSV
  • zwei Entwicklungen sollen vor Betacoronaviren schützen, also neben SARS-CoV-2 auch MERS-CoV (Middle East Respiratory Syndrome)
  • Chlamydien-Infektionen
  • Cytomegaloviren-Infektion (CMV)
  • Dengue-Fieber
  • Uropathogene Escherichia coli
  • Genitalherpes (HSV-2 (Herpes-simplex-Virus))
  • Neisseria-gonorrhoeae-Infektion (Gonorrhö)
  • Influenza (unter anderem gegen Vogelgrippe (H5N1) oder auch ein universeller Grippeimpfstoff, der gegen alle Influenza-A- und -B-Viren schützen soll)
  • Gürtelrose (Varizella-Zoster-Virus (VZV))
  • Hepatitis C
  • HIV (Humanes Immundefizienz-Virus)
  • HPV (Humane Papillomviren)
  • Krim-Kongo-Fieber
  • Lassafieber und Gelbfieber
  • Malaria
  • MERS
  • Metapneumovirus (hMPV)
  • M-Pox
  • Nipah
  • Norovirus
  • Epstein-Barr-Virus (EBV, „Pfeiffersches Drüsenfieber“)
  • Rift Valley-Fieber
  • Rotavirus
  • Respiratorisches Synzytialvirus (RSV)
  • Tollwut
  • Tuberkulose
  • West-Nil-Virus
  • Zika-Virus

mRNA-Impfstoffe gegen Krebs?

Nicht zu vergessen – gegen viele verschiedene Arten von Krebs sind mRNA-Impfungen in verschiedenen Phasen der Entwicklung.  

In dem Fall ist das Wirkprinzip etwas anders. Es geht weniger um den Schutz vor einer Krebserkrankung, sondern eher um die therapeutische und kurative Behandlung.  

Dabei sollen die Impfstoffe individuell nach Krebspatient angepasst werden. Indem die molekularen Merkmale der individuellen Tumoren analysiert und in mRNA-Form „geimpft“ werden, soll das Immunsystem darauf trainiert werden, diese Tumoren besser zu finden, die sich mit verschiedenen Mechanismen sonst dem Immunsystem entziehen.

Mit der Zulassung einer Impfung in Kombination mit anderen Therapien wie etwa Checkpoint-Inhibitoren wird unter anderem gegen schwarzen Hautkrebs (Melanom) noch im Jahr 2025 gerechnet.

Was sind die nächsten Weiterentwicklungen der mRNA-Impfung?

Eine Weiterentwicklung der mRNA- beziehungsweise der modRNA-Impfung, die auch bereits eine Zulassung hat, ist die samRNA-Impfung. „sa“ steht dabei für selbstamplifizierend. Die injizierten mRNAs enthalten dabei neben der Information für das Antigen noch die Information für eine RNA-Polymerase, die einmal translatiert die samRNA vervielfältigt. Damit werden kleinere Mengen des Impfstoffs benötigt.  

Das mögliche Spektrum dieser Impftechnologie ist groß. Neben Impfungen gegen alle bekannten Pathogene wären auch etwa Ansätze gegen Alzheimer oder Parkinson denkbar, sofern die genauen Pathomechanismen dieser Krankheiten aufgeklärt sind und es ein proteinbasiertes Angriffsziel für Immunzellen gibt. Quellen:
- https://www.biontech.com/de/de/home/research-and-innovation/drug-classes/mrna.html
- https://www.impfen-info.de/download/6969-BZgA_Infografik_mRNA_Impfstoffe.pdf
- National Library of Medicine: "APOLLO: The Study of an Investigational Drug, Patisiran (ALN-TTR02), for the Treatment of Transthyretin (TTR)-Mediated Amyloidosis", Stand: 22.04.2024
- https://www.vfa.de/de/forschung-entwicklung/impfstoffforschung/rna-basierte-impfstoffe-in-entwicklung-und-versorgung
- https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/mrna-impfung-gegen-krebs
- Deutsches Ärzteblatt: "COVID-19: Neuartiger selbst-amplifizierender mRNA-Impfstoff könnte Immunantwort verbessern", Stand: 11.04.2025
 

Europäische Impfwoche 2025

Jedes Jahr in der letzten Aprilwoche begeht die Europäische Region der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Europäische Impfwoche. Damit soll auf die Bedeutung von Impfmaßnahmen für die Prävention von Krankheiten und den Schutz von Menschenleben aufmerksam gemacht werden.

Dieses Jahr wird mit dem Motto: „Impfungen für alle sind menschlich möglich“ auf die Notwendigkeit der gleichmäßigen Durchimpfung hingewiesen.

Auf PTAheute.de möchten wir diese Aktion mit ausgewählten Beiträgen unterstützen. Sie erhalten Informationen zu den Impfungen gegen FSME, Tetanus, Dengue-Fieber und Tollwut. Außerdem erklären wir, was mRNA-Impfstoffe und was Lebendimpfstoffe sind, und geben Hinweise, worauf bei Impfungen in der Apotheke zu achten ist.

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