Transkription – erster Teil der Genexpression: Wie mRNA im Körper entsteht
Um die Funktionen des Körpers sowie Wachstum oder Zellerneuerung zu ermöglichen, sind zahlreiche Proteine (u. a. in Form von Enzymen) notwendig. Die „Baupläne“ dafür trägt jeder Mensch stets mit sich.
Damit aus der Erbinformation die notwendigen „Baustoffe“ bzw. „Werkzeuge“ gebildet werden können, muss der „Bauplan“ allerdings erst abgelesen werden. Dies erfolgt im ersten Schritt der Genexpression, der sogenannten Transkription, bei der aus doppelsträngiger DNA ein RNA-Einzelstrang entsteht.
DNA: Der Bauplan für Proteine
Tierische (und damit auch menschliche) Zellen sind eukaryontisch, d. h. sie besitzen einen Zellkern. In diesem liegt das Erbmaterial in Form einer zur Helix gewundenen doppelsträngigen DNA (Desoxyribonukleinsäure; vom engl. deoxyribonucleic acid) vor.
Die DNA lässt sich in einzelne Abschnitte, die sogenannten Gene, unterteilen. Ein Gen enthält in den meisten Fällen den „Bauplan“ für ein bzw. mehrere Proteine (siehe unten). Nur wenige Gene codieren für die ribosomale Ribonukleinsäure (rRNA; vom engl. ribonucleic acid) oder die transfer-RNA (tRNA).
mRNA-Bildung in drei Schritten
Damit der jeweilige „Bauplan“ vom Zellkern an den Ort der Proteinsynthese – den Ribosomen im Zytoplasma – gelangen kann, muss zuvor ein Botenmolekül, die messenger RNA (mRNA), gebildet werden. Dieser Vorgang wird als Transkription bezeichnet (vom lat. transcribere = umschreiben) und verläuft in drei Phasen:
- Kettenstart (Initiation)
- Kettenverlängerung (Elongation)
- Kettenabbruch (Termination)
Initiation: Auftrennung des DNA-Doppelstrangs
Zunächst wird die DNA-Doppelhelix unter Einwirkung der Enzyme Helikase und Topoisomerase entwunden und in zwei Einzelstränge (codogener und codierender Strang) aufgetrennt.
Ein als Promotor bezeichneter Gen-Abschnitt signalisiert der RNA-Polymerase den jeweiligen Startpunkt für die Transkription. Da das Enzym nur in einer festgelegten Richtung arbeiten kann, dient der sogenannte codogene Strang als Matrize für die nun folgende Bildung der mRNA.
Elongation: Aus Nukleotiden wird mRNA
Die RNA-Polymerase liest die Basenfolge des Matrizenstranges ab und verknüpft die komplementären Nukleotide. Dabei ersetzt sie die Base Thymin durch die RNA-Base Uracil.
Zur Erinnerung: Was ist ein Nukleotid?
Als Nukleotid werden die Bausteine der Nukleinsäuren bezeichnet, die sich aus einem Basen-, einem Zucker- und einem Phosphatanteil zusammensetzen.
Im Falle der DNA handelt es sich um die Basen Adenin, Thymin, Cytosin sowie Guanin und den Zucker Desoxyribose.
In der RNA ist die Base Thymin gegen Uracil getauscht und anstelle der Desoxyribose ist der Zucker Ribose verbaut.
Termination: Nukleotidverknüpfung beenden
Ist die RNA-Polymerase an dem als Terminator bezeichneten Genabschnitt angekommen, beendet sie die Nukleotidverknüpfung.
Aufbereitung der unreifen RNA
Der „Bauplan“ für Proteine ist auf den Genen der Eukaryonten nicht fortlaufend codiert, sondern vielmehr in kleine „Häppchen“ aufgeteilt. Diese Einzelstücke werden als Exons bezeichnet und sind von sogenannten Introns unterbrochen.
Nach der Transkription werden deshalb die Introns entfernt und die Exons zusammengefügt. Diesen Vorgang bezeichnet man als „Spleißen“. Da die Exons in unterschiedlicher Reihenfolge und Anordnung zusammengefügt werden können, können aus einem Gen verschiedene Proteine entstehen.
Durch weitere Umwandlungsprozesse entsteht sodann die „reife“ mRNA, welche den Zellkern durch die Kernporen verlässt.
Bedeutung der Transkription in der Pharmazie
Verschiedene Wirkstoffe behindern die Vorgänge der Transkription und können so zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden. Das gegen Tuberkulose eingesetzte Antibiotikum Rifampicin beispielsweise blockiert den Austrittskanal der bakteriellen Polymerase. Dadurch bricht die Transkription nach der Verknüpfung der ersten beiden Nukleotide ab.
Actinomycin D lagert sich hingegen in die DNA-Doppelhelix ein und behindert so die Fortbewegung der RNA-Polymerase. Dieses Antibiotikum unterscheidet nicht zwischen pro- und eukaryontischen Polymerasen und kann daher in der Therapie maligner Tumoren eingesetzt werden.
Umgekehrte Transkription: Fähigkeit der Retroviren
Wird die Transkription umgekehrt und somit aus RNA DNA gebildet, spricht man von Reverser Transkription. Dieser Vorgang ist die Voraussetzung dafür, dass RNA-Viren (Retroviren) ihr Erbmaterial in das der Wirtszelle einbauen können.
Die für diesen Schritt benötigte Reverse Transkriptase ist ein spezifisches Ziel in der Behandlung von viralen Infektionskrankheiten. So hemmt z. B. das HIV-Therapeutikum Lamivudin dieses spezielle Enzym. Quelle:
Sorg, Bernd; Imhof, Diana: Biochemie und Klinische Chemie für Pharmazeuten. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.
Gut zu wissen: Transkription und PCR-Verfahren
Soll mit Hilfe einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) das Erbmaterial von RNA-Viren (z. B. Coronaviren) vervielfältigt werden, muss es zuvor in DNA umgewandelt werden. Man spricht dann von einer „RT-PCR“, also einer „Reversen-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion“.
Aber Vorsicht: Dieselbe Abkürzung (RT-PCR) wird in der Medizin auch für „Realtime-PCR“ verwendet.