Drei Wirkstoffe in Zinkoxidschüttelmixtur: So geht's
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:
Verschrieben wurde
Erythromycin 3 % – Triamcinolonacetonid 0,1 % – Clotrimazol 2 % in Zinkoxidschüttelmixtur DAC:
- Erythromycin 1,5 g
- Triamcinolonacetonid 0,05 g
- Clotrimazol 1,0 g
- Lotio alba aquosa zu 50,0 g
Dürfen wir diese drei Wirkstoffe gemeinsam in der Grundlage verarbeiten und worauf ist bei der Herstellung zu achten?
Auch wenn die Gesellschaft für Dermopharmazie in ihrer Leitlinie für Dermatologische Rezepturen schreibt, dass „zwei oder mehr Wirkstoffe nur in begründeten Ausnahmefällen in Topika kombiniert werden sollen“, sieht die Realität oft anders aus.
Mehrfachkombinationen werden häufig von Ärzten verschrieben. Mit steigender Zahl der Arzneistoffe wird es jedoch meist zu einer Herausforderung, die pharmazeutische Qualität der gewünschten Rezeptur sicherzustellen.
Ist die Kombination der Wirkstoffe therapeutisch sinnvoll?
Alle drei Arzneistoffe sind in der Zubereitung in ihrer therapeutischen Konzentration verschrieben worden. Das Makrolid-Antibiotikum Erythromycin wird neben der Behandlung bei Akne vor allem bei superinfizierten Ekzemen aufgeschrieben – eine Kombination mit einem lokal wirksamen Glucocorticoid wie Triamcinolonacetonid kann klinisch sinnvoll sein.
Die Verordnung zusammen mit dem Antimykotikum Clotrimazol dient vermutlich dazu, einer Pilzinfektion der geschädigten Haut vorzubeugen.
In der gewünschten Grundlage Lotio alba aquosa ist mit der Substanz Zinkoxid ein weiterer wirksamer Bestandteil enthalten. Der Wirkstoff bildet mit Hautsekreten lösliche Salze und wirkt dadurch schwach antiseptisch, adstringierend und wundheilungsfördernd.
Passen die rezeptierbaren pH-Werte?
Bei wasserhaltigen Zubereitungen muss immer überprüft werden, ob die rezeptierbaren pH-Bereiche aller Inhaltsstoffe zusammenpassen. Außerdem ist es wichtig, sich über den chemischen Charakter der verwendeten Substanz zu informieren, denn nur so können ionische Wechselwirkungen ausgeschlossen werden.
Diese Eigenschaften der Bestandteile können unter anderem in den „Tabellen für die Rezeptur“ des DAC/NRF nachgeschlagen werden.
Galenische Eigenschaften der RezepturbestandteileQuelle: Tabellen für die Rezeptur, Plausibilitätsprüfung in der Apotheke, 12. Auflage 2022 :
Bestandteil | rezeptierbarer pH-Bereich | chemische Verbindungsklasse |
---|---|---|
Erythromycin | 7 bis 10 (als Suspension) | Neutralverbindung |
Triamcinolonacetonid | 2 bis 9 | Neutralverbindung |
Clotrimazol | 3,5 bis 10 | Base |
Zinkoxidschüttelmixtur DAC | 5 bis 13 | Neutralverbindung |
Die rezeptierbaren pH-Bereiche der verordneten Bestandteile überlappen sich. Unverträglichkeiten der einzelnen Wirkstoffe untereinander oder mit der Dermatika-Grundlage sind nicht zu erwarten.
Die verschriebene Rezeptur ist aus galenischer Sicht plausibel. Da es sich aber um ein Rezepturarzneimittel mit unklarer Stabilität handelt, ist die Aufbrauchsfrist auf vier Wochen zu begrenzen.
Gut zu wissen: Triamcinolonacetonid auch bei basischen pH-Werten stabil
Erythromycin und das in der Grundlage enthaltene Zinkoxid reagieren basisch. Zahlreiche Glucocorticoide wie Betamethasonvalerat, Hydrocortison oder Dexamethason gelten als basenlabil und sind zur gemeinsamen Verarbeitung mit basischen Wirkstoffen nicht zu empfehlen.
Dagegen ist Triamcinolonacetonid auch bei höheren pH-Werten vergleichsweise stabil und kann mit Erythromycin, Zinkoxid und auch Clotrimazol kombiniert werden.
Zinkoxidschüttelmixtur DAC als Grundlage
Laut ärztlicher Verordnung sollen die drei Wirkstoffe in Zinkoxidschüttelmixtur DAC als Grundlage verarbeitet werden. Die dickflüssige, weiße Suspension zur Anwendung auf der Haut ist auch unter dem Namen Lotio alba aquosa bekannt.
Die Schüttelmixtur kann fertig bezogen oder nach Vorschrift NRF 11.22. auch in der Apotheke hergestellt werden:
Zinkoxidschüttelmixtur DAC (NRF 11.22.):
Zinkoxid | 20,0 g |
Talkum | 20,0 g |
Glycerol 85 % | 30,0 g |
Gereinigtes Wasser | zu 100,0 g |
Zur Herstellung werden die beiden Feststoffe Zinkoxid und Talkum mit Glycerol 85 % unter häufigem Abschaben in einer glatten Schale miteinander verrührt. Möglicherweise entstehende Klumpen können dabei gut verrieben werden. Anschließend kann das Gereinigte Wasser portionsweise unter häufigem Abschaben dazugegeben werden.
Gut zu wissen: Keimzahl von Talkum überprüfen
Talkum darf nur dann zur Herstellung von Dermatika verwendet werden, wenn die Substanz eine Keimzahl bis höchstens 100 KBE aerober Mikroorganismen pro Gramm aufweist. Die Abkürzung KBE steht dabei für „koloniebildende Einheiten“ und bezeichnet einzelne oder mehrere zusammenhängende Individuen von Keimen. Der entsprechende Wert kann im Prüfzertifikat nachgelesen werden.
In den letzten Jahren stellt der Hygienestatus von Talkum meist kein Problem mehr dar. Ansonsten muss die Substanz als keimzahlreduzierende Maßnahme in dünner Schicht ausgebreitet eine Stunde lang im Trockenschrank bei 180 °C erhitzt werden. Nach dem Abkühlen ist dann eine Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln möglich.
Durch die schwach basische Reaktion des Zinkoxids liegt der pH-Wert der fertigen Schüttelmixtur im Bereich zwischen pH 8 und 9. Zinkoxid und Talkum sind in Wasser praktisch unlöslich und sinken mit der Zeit zu Boden. Vor der Anwendung muss die Suspension daher grundsätzlich gut geschüttelt werden.
Durch das enthaltene Zinkoxid ist die Suspension mikrobiell nicht anfällig, auf Zugabe eines Konservierungsmittels kann daher verzichtet werden.
Was muss bei der Herstellung der Zubereitung beachtet werden?
Die Wirkstoffe Erythromycin, Triamcinolonacetonid und Clotrimazol liegen in der Grundlage weitgehend ungelöst vor. Die Herstellung der Rezeptur muss also als Suspension erfolgen.
Alle Feststoffe müssen mikrofein gepulvert vorliegen und vor der Zugabe der Grundlage zunächst mit einem geeigneten Anreibemittel angerieben werden. Diese Flüssigkeit ist idealerweise Bestandteil der Zubereitung und darf für die zu suspendierenden Wirkstoffe nur ein geringes Lösevermögen haben.
Zum Anreiben zahlreicher Arzneistoffe sind Mittelkettige Triglyceride gut geeignet, möglich wäre auch wasserfreies Glycerol.
Gut zu wissen: Anreibemittel muss bei der Kennzeichnung beachtet werden
Werden Mittelkettige Triglyceride zum Anreiben der Wirkstoffe verwendet, so müssen diese bei der Kennzeichnung unter „sonstige Bestandteile“ namentlich genannt werden.
Bei Glycerol (wasserfrei) ist das nicht nötig, da in der Zinkoxidschüttelmixtur ohnehin Glycerol 85 % enthalten ist. Glycerol 85 % besteht aus wasserfreiem Glycerol und Gereinigtem Wasser.
Nach dem Anreiben der Feststoffe kann die Grundlage anteilig dazugegeben werden, dabei sollte jeweils sorgfältig verrührt und abgeschabt werden.
Verpackung und Kennzeichnung der Suspension
Die fertige Zubereitung wird am besten in eine Schüttelmixturflasche aus Kunststoff mit Klappscharnierverschluss abgefüllt. Als Applikationshilfe zum Auftragen wird ein Spatel mitgegeben. In der Flasche kann die Schüttelmixtur gut aufgeschüttelt und vom Patienten leicht und hygienisch einwandfrei entnommen werden. Die früher übliche Verpackung in Weithalsgläsern wird nicht mehr empfohlen.
Die Kennzeichnung der Rezeptur erfolgt wie gewohnt nach § 14 Apothekenbetriebsordnung. Neben der individuellen Gebrauchsanweisung ist insbesondere der Hinweis „Vor Gebrauch schütteln“ zu berücksichtigen.
Vorschlag zur Kennzeichnung:
Bei der Abgabe der Zubereitung an den Patienten sollte dieser darüber informiert werden, dass auf der Haut verbliebene Reste beim erneuten Auftragen überpinselt werden können. Werden die Reste abgerieben, kann es zu Irritationen der ohnehin empfindlichen Haut kommen.
Nach dem Auftragen der wirkstoffhaltigen Schüttelmixtur verdunsten die flüchtigen Bestandteile und die Feststoffe bilden eine feine Schicht auf der Haut, die durch verbleibendes Glycerol feucht gehalten wird. Soll die Zubereitung dennoch entfernt werden, so kann dies vorsichtig mit Hilfe von Wasser erfolgen. Quellen:
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Erythromycin (21.09.2021)
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Glucocorticosteroide (17.11.2021)
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Zinkoxid (12.07.2021)
- https://www.gd-online.de/german/veranstalt/images2017/GD_LL_Dermatologische_Rezepturen_18.11.2017.pdf
Frage aus der Rezeptur?
Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf.
Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.