Tipps zur gemeinsamen Verarbeitung in Dermatika: Erythromycin plus Glucocorticoide: Geht das?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Erythromycin 1% - Hydrocortison 0,5% in Kühlcreme DAB
Erythromycin 0,5 g
Hydrocortison 0,25 g
Kühlcreme DAB zu 50,0 g
Darf Erythromycin mit dem Glucocorticoid verarbeitet werden und ist Kühlcreme DAB als Grundlage geeignet?
Bei der Verarbeitung auf pH-Wert achten
Zubereitungen mit Erythromycin sind in der Apothekenpraxis als problematische Rezepturen bekannt. Bei ungünstigen pH-Verhältnissen kann es innerhalb weniger Stunden zur Zersetzung des Wirkstoffs kommen.
Bei sauren, neutralen und stark basischen pH-Werten ist Erythromycin instabil, der optimale pH-Wert hinsichtlich Wirksamkeit und Stabilität liegt bei pH 8 bis 8,5. Eine gemeinsame Verarbeitung mit sauren Wirkstoffen wie Salicylsäure ist daher nicht möglich. Auch Dermatika-Grundlagen, die mit einer Mischung aus Sorbinsäure und Kaliumsorbat konserviert sind, sind aufgrund des leicht sauren pH-Werts nicht geeignet.
Da die Stabilität bereits in Zubereitungen mit Erythromycin als alleinigem Wirkstoff problematisch ist, müssen Wirkstoffkombinationen immer kritisch hinterfragt werden. Auch im NRF ist dazu nur eine einzige geprüfte Rezepturvorschrift zu finden. Dabei handelt es sich um die gemeinsame Verarbeitung von Erythromycin mit Metronidazol.
Gut zu wissen: Kombination von Erythromycin und Metronidazol
Sowohl Erythromycin als auch Metronidazol werden zur Behandlung der Rosazea verwendet und daher häufig gemeinsam verordnet. Aufgrund deutlich unterschiedlicher rezeptierbarer pH-Werte ist eine Kombination in Individualrezepturen jedoch abzulehnen.
Das NRF hat deshalb unter der Vorschrift 11.138. eine geprüfte Rezepturvorschrift veröffentlicht. Unter diesen standardisierten Bedingungen ist eine gemeinsame Verarbeitung möglich. Die Aufbrauchsfrist der Zubereitung beträgt lediglich vier Wochen, die Lagerung muss im Kühlschrank erfolgen.
Erythromycin und Glucocorticoide: Kombination möglich?
Auch wenn der therapeutische Nutzen eines topischen Antibiotikums wie Erythromycin in Kombination mit einem Glucocorticoid fraglich ist, werden entsprechende Zubereitungen häufig verordnet.
Bei Glucocorticoiden, die ihren rezeptierbaren pH-Bereich im sauren Milieu haben, ist eine gemeinsame Verarbeitung mit Erythromycin nicht möglich. Da Rezepturen mit Erythromycin zwingend einen basischen pH-Wert benötigen, käme es hier zu Zersetzungsreaktionen.
Eine Kombination mit Glucocorticoiden, die auch bei höheren pH-Werten vergleichsweise stabil sind, ist hingegen unter bestimmten Bedingungen möglich. Voraussetzung dafür ist, dass Erythromycin mit dem jeweiligen Glucocorticoid nach der standardisierten Rezepturvorschrift NRF 11.77. verarbeitet und der pH-Wert entsprechend eingestellt wird.
Verarbeitung von Erythromycin mit Glucocorticoiden | |
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Kombination nicht möglich | Kombination möglich* |
Betamethasonvalerat | Betamethasondipropionat |
Dexamethason | Clobetasolpropionat |
Hydrocortison | Hydrocortisonacetat |
Prednisolon | Mometasonfuroat |
Prednicarbat | |
Triamcinolonacetonid | |
* Herstellung nach standardisierter Erythromycin-Creme (NRF 11.77.), Aufbrauchsfrist 4 Wochen |
Erythromycin und Kühlcreme DAB als Grundlage
Lipophile Cremes ohne echten Emulgator werden als Quasi-W/O-Cremes bezeichnet, das bekannteste Beispiel dafür ist die Kühlcreme DAB. Die Wasserphase wird dabei durch Wachse und Öle mechanisch festgehalten. Nach dem Auftragen auf die Haut bricht die Zubereitung, das austretende Wasser verdunstet und es kommt zu einem leichten Kühleffekt.
Da Erythromycin selbst deutlich basisch reagiert, würden beim Einarbeiten in die Grundlage konzentrationsabhängig pH-Werte von bis zu 10,5 erreicht werden. Zum Absenken des pH-Wertes auf 8 bis 8,5 müsste daher Citronensäure-Lösung zugesetzt werden.
Die Zugabe einer weiteren wässrigen Lösung zur Kühlcreme DAB ist aber aus Stabilitätsgründen nicht möglich, da die Grundlage – wie bereits erwähnt – keinen echten Emulgator enthält. Möglich wäre zwar die Einarbeitung von Citronensäure als Feststoff, analytische Untersuchungen dazu gibt es aber nicht.
Zudem kann der pH-Wert in lipophilen Cremes nur schwer bestimmt werden. Kühlcreme DAB ist daher zur Verarbeitung mit Erythromycin nicht zu empfehlen.
Rezepturbeispiel mit Erythromycin und Glucocorticoiden
Eine Herstellung der Zubereitung sollte also analog der geprüften Vorschrift „Hydrophile Erythromycin-Creme 1% NRF 11.77.“ erfolgen. Ebenso muss das ursprünglich verordnete Hydrocortison gegen das basenstabilere Hydrocortisonacetat ausgetauscht werden. Dazu ist mit dem Arzt Rücksprache zu halten.
Optimierte Rezepturvorschrift | |
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Hydrophile Erythromycin-Creme 1% (NRF 11.77.) mit Hydrocortisonacetat 0,5% | |
Erythromycin (mikrofein gepulvert) | 0,5 g |
Hydrocortisonacetat (mikrofein gepulvert) | 0,25 g |
Mittelkettige Triglyceride | nach Bedarf |
Basiscreme DAC | 24,5 g |
Citronensäure-Lösung 0,5% | 4,0 g |
Propylenglycol | 5,0 g |
Gereinigtes Wasser | zu 50,0 g |
Basiscreme DAC enthält als flüssigen Bestandteil den zweiwertigen Alkohol Propylenglycol. Darin liegt Erythromycin teilweise in gelöster Form vor, denn im Gegensatz zu Wasser und lipophilen Bestandteilen besteht für Alkohole wie Ethanol oder Propylenglycol eine gute Löslichkeit.
Gelöstes Erythromycin sorgt dafür, dass der resultierende pH-Wert der Grundlage Werte von über 10 annehmen kann. Daher muss bei der Verwendung von Basiscreme DAC der pH-Wert durch Zugabe von Citronensäure wieder erniedrigt werden. Die dazu nötige Menge an Citronensäure-Lösung 0,5% ist in geprüften Rezepturvorschriften analytisch ermittelt worden und verhält sich nicht proportional zur Konzentration an Erythromycin. Eine Übertragung auf Individualrezepturen ist daher nicht möglich.
Um eine lipophilere Zubereitung zu erhalten, kann bei Bedarf die Rezeptur auch ohne Verdünnung der Basiscreme DAC hergestellt werden. Die Menge an Citronensäure zur Einstellung des pH-Wertes bleibt dabei unverändert.
Haltbarkeit der Erythromycin-Glucocorticoid-Zubereitung
Basiscreme DAC enthält – bezogen auf die Wasserphase – 20 Prozent Propylenglycol und ist daher vor Verkeimung geschützt. Bei der Verdünnung der Grundlage mit Wasser wird weiteres Propylenglycol dazugegeben. Die antimikrobielle Wirkung bleibt somit bestehen.
Allerdings handelt es sich bei der Zubereitung um ein Rezepturarzneimittel mit unklarer Stabilität. Die Aufbrauchsfrist ist daher deutlich kürzer festzulegen als die sonst üblichen Richtwerte für Cremes. Die Verwendbarkeit beim Patienten beträgt lediglich vier Wochen. Die Rezeptur ist während des Anwendungszeitraums im Kühlschrank aufzubewahren.
Tipps zur Herstellung
Die Herstellung der Zubereitung erfolgt ohne Anwendung von Wärme. Die beiden Wirkstoffe sollen in mikrofein gepulverter Form eingesetzt werden. Um eine homogene Verteilung der Feststoffe in der Grundlage zu erhalten, werden diese zunächst mit Mittelkettigen Triglyceriden angerieben. Die Menge an zugegebenem Anreibemittel muss dabei ein Erkennen eventuell auftretender Pulveragglomerate und ein anschließendes effektives Zerkleinern ermöglichen.
Bei der Zugabe der Grundlage hat es sich bewährt, diese in zwei größeren Anteilen hinzuzufügen und nicht wie sonst üblich in kleineren Anteilen aufzustocken. Weiterhin ist zu beachten, dass die zur pH-Regulierung nötige Citronensäure-Lösung erst am Ende der Herstellung – und nicht zusammen mit Erythromycin – verarbeitet wird. Ansonsten kann es zu einer Zersetzung des Wirkstoffs kommen.
Bei einer Herstellung in automatischen Rührsystemen kann es nötig sein, dass die beiden Feststoffe zunächst in der Fantaschale mit Mittelkettigen Triglyceriden angerieben und anschließend in das Rührsystem überführt werden. Hier sind die Angaben der Gerätehersteller zu beachten. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweis Erythromycin (21.09.2021)
DAC/NRF-Rezepturhinweis Glucocorticosteroide (17.11.2021)
Hydrophile Erythromycin-Creme (NRF 11.77.)