Rezeptur
Praxiswissen
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Häufige Verordnung trotz fehlender Plausibilität: Erythromycin und Metronidazol in einer Rezeptur?

Blick in Fantaschale mit Pulver darin
Vor der Herstellung in elektronischen Rührsystemen müssen mikrofein gepulverte Wirkstoffe mit Glycerol angerieben werden. Dies gilt auch für die NRF-Rezeptur zu Erythromycin und Metronidazol. | Bild: Schelbert/DAV

Aus einer Apotheke erhielten wir folgende Anfrage:

Wir sollen in unserer Apotheke folgende Zubereitung herstellen:

Erythromycin 3,0 g
Rozex Gel zu 80,0 g

Das verordnete Gel enthält Metronidazol 0,75% als Wirkstoff. Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung haben wir festgestellt, dass die rezeptierbaren pH-Bereiche der beiden Arzneistoffe nicht zusammenpassen. Welche Alternative können wir dem Arzt vorschlagen?

Auf den pH-Bereich kommt es an

Vor der Herstellung einer Rezeptur muss diese hinsichtlich ihrer Plausibilität beurteilt werden. Bei wasserhaltigen Zubereitungen ist unter anderem zu überprüfen, ob die rezeptierbaren pH-Bereiche aller Inhaltsstoffe zusammenpassen. 

Wichtig ist dies vor allem bei Wirkstoffen und Konservierungsmitteln. Grundsätzlich dürfen verschiedene Arzneistoffe nur dann gemeinsam in einer wasserhaltigen Zubereitung verarbeitet werden, wenn ihre rezeptierbaren pH-Bereiche zumindest teilweise überlappen. 

Der rezeptierbare pH-Bereich von Metronidazol liegt zwischen 3 und 8, das basische Makrolid-Antibiotikum Erythromycin hat sein Stabilitäts-Optimum im Bereich pH 8 bis 8,5. Aus galenischer Sicht ist eine gemeinsame Verarbeitung daher abzulehnen.

NRF liefert geprüfte Vorschrift

Dennoch verordnen einige Hautärzte immer wieder Metronidazol zusammen mit Erythromycin. Der Grund: Beide Substanzen werden zur Behandlung der Rosacea, einer entzündlichen Hauterkrankung im Gesichtsbereich, eingesetzt. 

Ein Fertigarzneimittel mit einer Kombination beider Wirkstoffe steht nicht zur Verfügung. Aus diesem Grund hat das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) mit der Vorschrift 11.138. eine standardisierte Vorschrift zur gemeinsamen Verarbeitung der beiden Wirkstoffe entwickelt.

Hydrophile Erythromycin-Creme 2% mit Metronidazol 1% NRF 11.138.

  • Erythromycin (mikrofein gepulvert) 2,0 g
  • Metronidazol (mikrofein gepulvert) 1,0 g
  • Glycerol (wasserfrei) 8,0 g
  • Basiscreme DAC 44,0 g
  • Citronensäure-Lösung 0,5% 12,0 g
  • Propylenglycol 10,0 g
  • Gereinigtes Wasser zu 100,0 g

Zur Herstellung wird zunächst die Citronensäure-Lösung frisch hergestellt. Die Lösung wird dann zusammen mit den anderen Flüssigkeiten (Propylenglycol und Gereinigtes Wasser) in die Basiscreme DAC anteilig eingearbeitet. 

Die beiden mikrofein gepulverten Wirkstoffe werden in der Fantaschale mit Glycerol angerieben. Die so erzeugte weiße Suspension kann dann anteilig mit der verdünnten Basiscreme DAC versetzt werden. 

Wie bei der Herstellung von Suspensionszubereitungen üblich, ist eine Anwendung von Wärme unbedingt zu vermeiden. Durch Zufuhr von Wärme würde sich die Löslichkeit der Stoffe in der Grundlage kurzfristig verbessern, beim Abkühlen würden die Stoffe dann jedoch wieder unkontrolliert ausfallen.

Haltbarkeit durch pH-Wert-Kompromiss begrenzt

In Basiscreme DAC zeigt Erythromycin eine deutliche basische Reaktion. Da die Grundlage keine Puffersubstanzen oder sauer reagierende Substanzen enthält, würde sich so ein pH-Wert von über 10 einstellen. Aus diesem Grund wird zur Korrektur des pH-Wertes Citronensäure (in einer der Erythromycin-Konzentration angepassten Menge) dazugeben und der pH-Wert somit auf 8 bis 8,5 eingestellt. 

Metronidazol ist im schwach Sauren chemisch sehr stabil, bei pH-Werten im basischen Bereich hydrolysiert die Substanz allerdings zu verschiedenen Amin-Verbindungen. Der eingestellte pH-Wert stellt somit einen Kompromiss hinsichtlich der Stabilität beider Wirkstoffe dar. Die Aufbrauchsfrist muss daher auf 4 Wochen begrenzt und die Rezeptur vom Patienten im Kühlschrank (≤ 8 °C) gelagert werden. 

Konservierung bereits enthalten

Die eingesetzte Grundlage Basiscreme DAC enthält antimikrobiell wirksames Propylenglycol in 20%iger Konzentration bezogen auf die Wasserphase. Da bei der Verdünnung mit Gereinigtem Wasser auch weiteres Propylenglycol dazugeben wird, bleibt der Anteil dieses Alkohols in der hydrophilen Phase gleich. Die Zugabe eines weiteren Konservierungsmittels ist daher nicht nötig.

Rücksprache mit dem Arzt

Eine gemeinsame Verarbeitung von Erythromycin und Metronidazol in individuell zusammengestellten Rezepturen ist nicht möglich. Es muss daher mit dem verordnenden Mediziner Rücksprache gehalten werden. Als Lösungsmöglichkeit kann entweder die Herstellung zweier getrennter Zubereitungen oder die gemeinsame Verarbeitung in Form der standardisierten NRF-Vorschrift vorgeschlagen werden.

Herstellung auch im automatischen Rührsystem möglich?

Die Zubereitung kann auch mit Hilfe automatischer Rührsysteme angefertigt werden, allerdings nur, wenn eine spezifische Anweisung der jeweiligen Herstellerfirma vorliegt. Dies hat beispielsweise Wepa für ihr TopiTec®-Mischsystem getan

Die hydrophile Creme wird dabei in zwei Schritten hergestellt: Vor dem eigentlichen Mischen in der Kruke müssen die beiden mikrofein gepulverten Wirkstoffe in der Fantaschale mit wasserfreiem Glycerol angerieben werden. Wenn keine Pulveragglomerate mehr zu erkennen sind, kann die Basiscreme DAC anteilig dazugegeben werden. Pistill und Schalenwand müssen jeweils intensiv abgekratzt werden. 

Im nächsten Schritt kann nun der Inhalt aus der Fantaschale quantitativ in die Kruke überführt und die Flüssigkeiten Propylenglycol, Citronensäure-Lösung 0,5% sowie Gereinigtes Wasser ergänzt werden. 

Um möglichst luftarm zu mischen, soll beim Verschließen der Kruke der Hubboden etwas heruntergeschoben werden. 

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