Rezeptur
In dieser Serie beantworten wir aktuelle Anfragen aus der Apotheke und erklären wichtige Themen aus dem Bereich der Rezeptur. 
Titelbild: Schelbert / DAV
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Verschiedene Emulsionstypen mischen: Geht das?

PTA streicht Creme von gelbem Spatel ab
Häufig werden verschiedene Emulsionstypen in Kombination verordnet. Doch lassen sich O/W- und W/O-Zubereitung miteinander mischen? | Bild: Gerhard Seybert / AdobeStock

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Wir sollen in unserer Apotheke folgende ärztliche Verordnung herstellen:

Betnesol-V Creme 0,1 % 25,0 g
Wollwachsalkoholcreme DAB zu 100,0 g

Unserer Meinung nach ist diese Zubereitung so nicht plausibel, allerdings wissen wir nicht genau, welche Alternative wir dem Arzt vorschlagen sollen.

Anfrage aus einer Apotheke an die PTAheute-Onlineredaktion

Tückisch: Halbfeste Fertigarzneimittel als Bestandteil einer Rezeptur

Verordnungen von halbfesten Fertigarzneimitteln als Bestandteil einer Rezeptur kommen häufig vor. Insbesondere das Vermischen mit anderen Grundlagen bringt allerdings einige Tücken mit sich. 

Bei der wirkstoffhaltigen Betnesol-V Creme handelt es sich um eine hydrophile O/W-Creme. Laut ärztlicher Verschreibung soll diese mit einer W/O-Grundlage – Wollwachsalkoholcreme DAB – verdünnt werden.

Gut zu wissen: Verarbeitung von Fertigarzneimitteln in Rezepturen

Hinsichtlich ihrer Qualität ist eine Verarbeitung von Fertigarzneimitteln (FAM) zur Herstellung von Rezepturen unproblematisch. Diese werden arzneimittelrechtskonform hergestellt und dabei unterliegt jede Charge einer dokumentierten Qualitätsprüfung. 

Normalerweise sind FAM nicht unbedingt zur Weiterverarbeitung konzipiert. Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung muss daher eine genaue Abschätzung der Verträglichkeit mit anderen Rezepturbestandteilen erfolgen.

Kombination verschiedener Emulgator-Typen ist galenisch problematisch

Bei einer gemeinsamen Verarbeitung von O/W- und W/O-Systemen stören sich die unterschiedlichen Emulgatoren an der Grenzfläche zwischen Wasser und Fett und es werden normalerweise instabile Zubereitungen erhalten. Das bedeutet, dass die Emulsion brechen kann. 

Weiterhin ist die homogene Verteilung des Wirkstoffs Betamethasonvalerat und damit auch die dermale Verfügbarkeit deutlich vermindert. 

Eine Kombination verschiedener Emulgator-Typen, wie man sie von industriell hergestellten amphiphilen Zubereitungen durchaus kennt, kann im Rezepturbetrieb nicht verwirklicht werden. 

Phasenungleiche Zubereitungen nicht mischen

Grundsätzlich soll daher auf das Mischen von O/W- und W/O-Grundlagen bei der Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke verzichtet werden. 

Auch im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) ist der Hinweis zu finden, dass eine Mischung von hydrophilen und lipophilen Grundlagen kritisch zu beurteilen ist und nur dann erfolgen darf, wenn die Verträglichkeit der einzelnen Stoffe untereinander und die Stabilität der erhaltenen Zubereitung bekannt ist. 

Rezeptur-Beispiel: Rücksprache mit dem Arzt erforderlich

Bei der oben aufgeführten Individual-Rezeptur muss vor der Herstellung mit dem Arzt Rücksprache gehalten werden, um eine Lösung für die beschriebene Problematik zu finden. Gleichzeitige Verordnungen von O/W- und W/O-Zubereitungen resultieren meist daraus, dass dem Arzt das galenische Problem nicht geläufig ist. 

Häufig möchte der Mediziner durch eine solche gemischte Verordnung die eher austrocknende Wirkung einer hydrophilen Creme abmildern, indem der Fettanteil insgesamt erhöht wird. Dieses Ziel lässt sich oft einfacher durch einen Wechsel zu einer anderen, mit dem Wirkstoff verträglichen Grundlage erreichen. 

Vorschlag für eine plausible Rezeptur 

Der in der Betnesol-V Creme enthaltene Wirkstoff Betamethasonvalerat steht bekanntermaßen als Rezeptursubstanz zur Verfügung und kann daher normalerweise problemlos in eine passende Grundlage eingearbeitet werden. Gut geeignet wäre beispielsweise Basiscreme DAC. 

Bei dieser Grundlage handelt es sich um eine O/W-Zubereitung mit einem relativ niedrigen Wasseranteil von 40 %. Im NRF ist dazu unter der Vorschrift 11.37. eine passende Rezeptur zu finden: 

Hydrophile Betamethasonvalerat-Creme 0,025 % NRF 11.37.:

Betamethasonvalerat (mikrofein gepulvert)0,025 g
Mittelkettige Triglyceridenach Bedarf 
Citronensäure-0,5 %-Natriumcitrat-0,5 %-Lösung5,0 g
Basiscreme DACzu 100,0 g

Das Glucocorticoid Betamethasonvalerat liegt in der Grundlage überwiegend suspendiert vor. Zur Herstellung wird der Wirkstoff in der Fantaschale mit Mittelkettigen Triglyceriden angerieben, um möglicherweise entstehende Wirkstoffagglomerate noch vor der Zugabe der Basiscreme DAC zu beseitigen. 

Der enthaltene Citratpuffer stellt die Creme auf einen hinsichtlich der Stabilität des Wirkstoffs und der Hautverträglichkeit akzeptablen pH-Wert von 4,6 ein. 

Weiteres Beispiel: Mischen von Linola® mit Linola® Fett

Hautärzte verschreiben häufig auch eine Mischung der beiden Fertigarzneimittel Linola® (O/W-Creme) und Linola® Fett (W/O-Creme). Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Mischung von Zubereitungen mit unterschiedlichen Phasenlagen. Hierbei muss zunächst geklärt werden, welche Phasenlage gewünscht ist, denn das erhaltene Endprodukt hängt von der Art der Herstellung ab. 

Meist wird eine O/W-Creme gewünscht. Dazu müssen beide Grundlagen auf 65 °C erwärmt und gemeinsam kalt gerührt werden. Verdunstetes Wasser wird wie üblich ergänzt. Eine andere Möglichkeit wäre, die hydrophile Linola® Creme vorzulegen und dann die lipophile Linola® Fettcreme bei Raumtemperatur darin einzuarbeiten. 

Möchte der Arzt dagegen tatsächlich eine W/O-Creme, muss die Verarbeitung in umgekehrter Reihenfolge erfolgen. Es wird also zunächst Linola® Fett vorgelegt und dann Linola® anteilig eingerührt. Die erhaltene W/O-Creme hat eine deutlich festere Konsistenz als die entsprechende O/W-Zubereitung. Quellen:
- Fachinformation Betnesol-V-Creme 0,1 %
- Bergner A.: Praxishilfe Rezeptur, Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Apotheke, 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2021.
- Ziegler A: Rezeptur-Retter, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2018.
 

Frage aus der Rezeptur?

Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? 

Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. 

Dafür wird Ihre Anfrage von unserer erfahrenen Rezepturexpertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. 

Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.

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