Verarbeitungshinweise zu Erythromycin
Erythromycin gehört zur Wirkstoffklasse der Makrolidantibiotika und hemmt die bakterielle Proteinbiosynthese. Wirksam ist dabei nur die Erythromycin-Base, ihre Hauptzersetzungsprodukte sind mikrobiologisch inaktive Verunreinigungen. Der Wirkstoff wird hauptsächlich als Lokaltherapeutikum in der Akne-Therapie eingesetzt. Versuchsweise werden Erythromycin-Zubereitungen wegen antientzündlicher Effekte aber auch bei Rosacea angewendet. Erythromycin wird perkutan kaum resorbiert, im Blutserum sind auch nach großflächiger Anwendung nur sehr geringe Konzentrationen nachweisbar. Wegen der Gefahr einer Resistenzentwicklung beträgt die Behandlungsdauer in der Akne-Therapie normalerweise maximal 4 bis 6 Wochen. Übliche Konzentrationen des verschreibungspflichtigen Wirkstoffs sind dabei 0,5 bis 4%.
Stabilität pH-abhängig
Erythromycin ist ein farbloses bis schwach gelbes Pulver, das als mikrofeine Handelsware erhältlich ist. Der Wirkstoff ist bei sauren, neutralen und stark basischen pH-Werten instabil. Bei pH-Werten kleiner als 6 erfolgt eine Zersetzung der Substanz innerhalb von 1 bis 3 Stunden. Der optimale pH-Wert für Erythromycin bezüglich Wirksamkeit und Stabilität liegt bei pH 8 bis 8,5.
Erythromycin ist in Wasser und lipophilen Bestandteilen von Zubereitungen schlecht löslich, eine gute Löslichkeit besteht dagegen in den beiden Alkoholen Ethanol und Propylenglycol. In O/W- und W/O-Cremes liegt die Substanz normalerweise fast vollständig ungelöst vor, allerdings abhängig von einzelnen Bestandteilen der Grundlage wie Propylenglycol. Zersetzungsreaktionen sind dabei umso eher zu erwarten, je höher der gelöste Anteil an Erythromycin ist. Die Stabilität in Cremes ist daher generell besser als in Lösungen und Gelen.
pH-Wert-Einstellung mit Citronensäure oder Trometamol
Liegt Erythromycin teilweise in gelöster Form vor, weisen entsprechende Zubereitungen konzentrationsabhängig pH-Werte zwischen 9,5 und 10,5 auf. Durch Zusatz von Citronensäure sollte der pH-Wert dann auf 8 abgesenkt werden. Liegt Erythromycin dagegen überwiegend suspendiert, also ungelöst vor, wird der pH-Wert von Dermatika-Grundlagen durch die Substanz selbst kaum beeinflusst. Der pH-Wert von Salbengrundlagen liegt normalerweise im schwach sauren Bereich. Aus Stabilitätsgründen wird der pH-Wert durch vorsichtige Zugabe von Trometamol auf 8 angehoben.
Einwaagekorrektur nötig
Bei der Herstellung von Erythromycin-haltigen Rezepturen kann aufgrund der Arzneibuchspezifikation eine Einwaagekorrektur zur Kompensation von Mindergehalt und Trocknungsverlust erforderlich sein. Früher wurde dazu eine pauschale Mehreinwaage von 10% empfohlen. Diese Empfehlung gilt nicht mehr, eine Korrektur der Einwaage soll unter Berücksichtigung des chargenspezifischen Prüfzertifikats zur Rezeptursubstanz erfolgen.
Hydrophile Cremes
Auch die Verordnung von Erythromycin in einer einfachen Grundlage setzt bei der Herstellung die Beachtung einiger wichtiger Punkte voraus.
Beispiel
- Erythromycin 1,0 g
- Anionische hydrophile Creme DAB zu 100,0 g
Wie viele fertig bezogene offizinelle Dermatika-Grundlagen ist auch die Anionische hydrophile Creme DAB mit einer Mischung aus Sorbinsäure und Kaliumsorbat vorkonserviert. Entsprechend konservierte Grundlagen sind aufgrund des leicht sauren pH-Werts generell für den Wirkstoff Erythromycin nicht geeignet. Die Anionische hydrophile Creme DAB wird mittlerweile aber auch ohne Sorbinsäure angeboten. Sie enthält Propylenglycol als antimikrobiell wirksame Substanz und kann dann für Rezepturen mit Erythromycin eingesetzt werden.
Standardisierte Vorschriften bevorzugt
Aufgrund der stark pH-abhängigen Stabilität sind bei der Herstellung von Zubereitungen mit Erythromycin geprüfte Vorschriften zu bevorzugen. Zur Zubereitung einer hydrophilen Creme kann auf die Vorschrift Hydrophile Erythromycin-Creme NRF 11.77. zurückgegriffen werden.
Hydrophile Erythromycin-Creme 1% NRF 11.77.
- Erythromycin (mikrofein gepulvert) 1,0 g
- Mittelkettige Triglyceride 1,0 g
- Basiscreme DAC 49,0 g
- Citronensäure-Lösung 0,5% 8,0 g
- Propylenglycol 10,0 g
- Gereinigtes Wasser zu 100,0 g
Bei dieser Vorschrift wird als Grundlage Basiscreme DAC verwendet. In dieser Grundlage löst sich Erythromycin aufgrund des Anteils an Propylenglycol teilweise und es werden konzentrationsabhängig pH-Werte bis 10,5 erreicht. Zur pH-Korrektur wird deshalb Citronensäure zugesetzt. Die benötigte Menge an Säure ist dabei vom NRF analytisch ermittelt worden und ist nicht direkt proportional zur Menge an Erythromycin.
Zur eigentlichen Herstellung wird Erythromycin mit Mittelkettigen Triglyceriden in der Salbenschale angerieben. Ein Anreiben des Wirkstoffs mit Propylenglycol wird schon seit längerem nicht mehr empfohlen, da Erythromycin sich teilweise in dem Alkohol löst und bei der Zugabe der Grundlage wieder auskristallisieren kann. Auch beim Einsatz automatischer Rührsysteme ist ein gründliches Anreiben von Erythromycin in der Salbenschale mit anschließender Überführung in das Rührsystem nötig.
Rezepturen mit Fertigarzneimitteln
Erythromycin-Zubereitungen auf Grundlage bestimmter Fertigarzneimittel sollen nur dann hergestellt werden, wenn die jeweilige Herstellerfirma die betreffenden Vorschriften geprüft hat. Häufig wird Erythromycin in Linola® ärztlich verordnet. Bei der Linola®-Creme handelt es sich um eine O/W-Creme mit einem pH-Wert von 7,6. Erythromycin liegt in diesem Fertigarzneimittel überwiegend suspendiert vor. Ein Einfluss des Wirkstoffs auf den pH-Wert ist daher kaum zu erwarten und eine pH-Korrektur somit nicht nötig. Laut Untersuchungen des Herstellers beträgt die Haltbarkeit der Rezeptur in der Tube 2 Monate. Bei der Einarbeitung von Erythromycin in Linola® wird zur Steigerung der Benetzbarkeit ein Anreiben der Substanz mit einer frisch hergestellten 10%igen Polysorbat-20-Lösung empfohlen.
pH-Wertbestimmung als Inprozesskontrolle
Bei Rezepturen mit Erythromycin empfiehlt sich am Ende der Herstellung immer eine Bestimmung des pH-Wertes. Die Messung erfolgt dabei mit pH-Indikatorstäbchen, da diese gegenüber den Indikatorpapieren eine höhere Messgenauigkeit aufweisen. Außerdem zeichnen sie sich durch deutlichere Farbunterschiede zwischen den einzelnen pH-Werten aus. Bei hydrophilen halbfesten Zubereitungen sollte die Rezeptur vor der Messung im Verhältnis 1:10 mit Gereinigtem Wasser verdünnt werden.
Vorsicht bei Kombinationen
Da bereits die Stabilität von Erythromycin als Einzelsubstanz in Rezepturen problematisch sein kann, müssen Wirkstoffkombinationen besonders kritisch gesehen werden. Die Unverträglichkeit von Erythromycin mit Salicylsäure – aufgrund der deutlich unterschiedlichen rezeptierbaren pH-Bereiche – ist mittlerweile bekannt und entsprechende Verordnungen müssen in der Apotheke abgelehnt werden. Auch bei den meisten Glucocorticoiden sind im für Erythromycin erforderlichen basischen pH-Bereich Zersetzungsreaktionen zu erwarten. Lediglich die Kombination mit Triamcinolonacetonid oder Betamethasondipropionat kann über einen kurzen Zeitraum von 4 Wochen als plausibel betrachtet werden. Voraussetzung dabei ist, dass von der standardisierten Erythromycin-Creme nach NRF 11.77. ausgegangen wird.
Zusammen mit Metronidazol
Eine Kombination von Erythromycin und Metronidazol wird häufig zusammen verordnet. Dies ist aus therapeutischer Sicht verständlich, da beide Wirkstoffe zur Behandlung der Rosacea eingesetzt werden.
Beispiel
- Erythromycin 2,0 g
- Metronidazol 1,0 g
- Asche Basis®-Creme zu 100,0 g
Aus galenischer Sicht ist die Herstellung einer solchen Rezeptur aufgrund deutlich unterschiedlicher rezeptierbarer pH-Bereiche jedoch abzulehnen. Im NRF ist aber unter der Vorschrift 11.138. Hydrophile Erythromycin-Creme mit Metronidazol eine standardisierte Vorschrift zur gemeinsamen Verarbeitung der beiden Wirkstoffe zu finden.
Für den Überblick: Verarbeitung von Erythromycin in Rezepturen
Erythromycin | Hinweise |
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Synonyme | Erythromycinum |
therapeutische Konzentration | 0,5 – 4% |
rezeptierbarer pH-Bereich |
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Stabilität |
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Inkompatibilität |
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Herstellung |
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Konservierung |
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Quelle: Ausschnitt aus dem Wirkstoffdossier der Gesellschaft für Dermopharmazie
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