Typische Inkompatibilität: Welche Grundlagen sind für Salicylsäure geeignet?
Aus einer Apotheke erhielten wir eine Anfrage zur Herstellung folgender Creme:
Clobetasol-17-propionat 0,05 g
Salicylsäure 12,0 g
Excipial® U Lipolotio zu 100,0 gDie Rezeptur soll 1- bis 2-mal pro Woche auf der Kopfhaut angewendet werden. Bei der Herstellung der Zubereitung haben wir Probleme: Die Creme wird schon beim Verarbeiten deutlich flüssig und nach einem Tag kommt es zur Phasentrennung. Können Sie uns weiterhelfen?“
Störung des Emulsionssystems nicht pH-bedingt
Die verordnete Creme enthält mit dem Glucocorticoid Clobetasol-17-propionat, Salicylsäure und Harnstoff (aus der Excipial® U Lipolotio) drei verschiedene Wirkstoffe. Die rezeptierbaren pH-Bereiche der einzelnen Substanzen passen zusammen, sodass diesbezüglich keine Probleme zu erwarten sind. Die deutliche Konsistenzabnahme während der Verarbeitung deutet jedoch auf ein galenisches Problem hin. Offensichtlich kommt es zu einer Störung des Emulsionssystems.
Gut zu wissen: Clobetasol-17-propionat und Salicylsäure
Die Salicylsäure gehört zu den am häufigsten verordneten Wirkstoffen in dermatologischen Zubereitungen. Die Substanz hat konzentrationsabhängig eine ausgeprägte keratolytische Wirkung sowie antiinfektive Eigenschaften.
Die übliche therapeutische Konzentration liegt im Bereich von 1% bis 60%, bei großflächiger Anwendung beträgt die obere Richtkonzentration 3%. Dieser Wert darf nur durch einen Vermerk des Arztes überschritten werden.
Die gemeinsame Anwendung des sehr stark wirksamen Glucocorticoids (Clobetasol-17-propionat) zusammen mit Salicylsäure zur Keratolyse ist zwar therapeutisch umstritten, kann aber im Rahmen der Therapiefreiheit des Arztes dennoch verschrieben werden.
Interaktion von Emulgator und Wirkstoff
Dermatika-Grundlagen enthalten häufig nichtionische Emulgatoren vom Macrogol-Typ. Treffen diese auf phenolische Wirkstoffe, wie Salicylsäure, kann dies die Stabilität der Emulsion beeinträchtigen. Der Grund dafür liegt in der Bildung einer elektrostatischen Bindung zwischen dem Wasserstoff-Atom der phenolischen OH-Gruppe und dem Ether-Sauerstoff des Emulgators.
Diese Unverträglichkeit ist häufig zwar galenisch nicht relevant, trotzdem kann es in einzelnen Fällen zu Problemen bei der Verarbeitung kommen. Die auftretende Inkompatibilität zeigt sich dann in einem Bruch der Emulsion, der durch Phasentrennung sichtbar wird.
Mit welchen Grundlagen kann Salicylsäure verarbeitet werden?
Mit anionischen Grundlagen kann Salicylsäure grundsätzlich verarbeitet werden, denn diese enthalten keine Emulgatoren mit Macrogol-Struktur. Aber auch bei Grundlagen mit nichtionischen Macrogol-Emulgatoren spielt die oben genannte Wechselwirkung nicht zwangsläufig eine Rolle.
Das NRF hat verschiedene hydrophile Grundlagen bei einer Verarbeitung mit Salicylsäure im automatischen Rührsystem auf ihre physikalische Stabilität hin untersucht. Dabei waren auch solche mit Macrogol-Emulgatoren teilweise über 6 Monate stabil.
Geeignete O/W-Grundlagen zur Verarbeitung von Salicylsäure sind demnach:
- Anionische hydrophile Creme DAB
- Anionische hydrophile Creme SR DAC (NRF S.27.)
- Nichtionische hydrophile Creme DAB
- Nichtionische hydrophile Creme SR DAC (NRF S.26.)
- Basiscreme DAC
Allerdings gibt es auch Grundlagen, die mit Salicylsäure nicht kompatibel sind. Beim Einarbeiten des Wirkstoffs in die Hydrophile Basisemulsion (NRF S.25.) kommt es z. B. zum Brechen der Emulsion. Die nichtionische abwaschbare Emulsionsgrundlage hat einen hydrophilen Anteil von über 90% und wäre auch zum Auftragen auf behaarte Körperstellen wie der Kopfhaut gut geeignet. Allerdings ist der enthaltene Emulgator Macrogol-8-stearat mit Salicylsäure offensichtlich nicht verträglich.
Das Gleiche gilt auch für die verdünnte Basiscreme DAC: Beim Verdünnen der Basiscreme DAC mit Wasser tritt die Unverträglichkeit zwischen der phenolischen OH-Gruppe der Salicylsäure und dem Emulgator auf. Bei der unverdünnten Basiscreme DAC ist das hingegen nicht der Fall.
Ist Salicylsäure mit der Excipial® U Lipolotio verträglich?
Bei der im Rezepturbeispiel verwendeten Grundlage Excipial® U Lipolotio handelt es sich um eine W/O-Emulsion mit einem Wassergehalt von über 50% und einem Fettanteil von 36%. Sie ist zur täglichen Pflege trockener und rauer Haut geeignet und enthält neben zahlreichen Hilfsstoffen noch 4% Harnstoff. Bei den Excipial® Produkten handelt es sich um kosmetische Grundlagen.
Zur Erinnerung: Kosmetika in der Rezepturherstellung
Kosmetische Grundlagen dürfen nur dann zur Herstellung von Arzneimitteln eingesetzt werden, wenn diese nach Arzneimittelqualität hergestellt und die pharmazeutische Qualität durch ein Prüfzertifikat nach Apothekenbetriebsordnung nachgewiesen werden kann. Dieses Zertifikat muss in der Apotheke bei der Eingangskontrolle auf Gültigkeit, Plausibilität und Vollständigkeit geprüft werden.
Nur wenn alle Mindestangaben enthalten sind, kann auf die komplette Prüfung der Grundlage in der Apotheke verzichtet werden. Es muss dann nur noch die Identität des Ausgangsstoffs eindeutig festgestellt werden.
Die Firma Galderma bestätigt die Herstellung nach GMP-Richtlinien und die erforderliche pharmazeutische Qualität der Excipial® Produkte. Entsprechende Analysenzertifikate und Vorschläge zur Identitätsprüfung sind auf der Herstellerwebsite im Fachkreisbereich zu finden.
Zudem stellt Galderma auf der Firmenwebsite eine Übersicht mit geprüften Rezepturvorschriften mit verschiedenen Excipial® Produkten zu Verfügung. Demnach ist Salicylsäure in 10-prozentiger Konzentration mit der Excipial® U Lipolotio galenisch nicht stabil. Für niedrigere Konzentrationen sind keine Daten vorhanden. Für die Salicylsäure-Konzentration in der Beispielrezeptur von 12% kann somit von einer Unverträglichkeit ausgegangen werden.
Gibt es eine Alternative zur Excipial® Lipolotio?
Als Alternative zur Excipial® U Lipolotio könnte im obigen Beispiel die Excipial® U Hydrolotio eingesetzt werden. Diese O/W-Körperlotion zur täglichen Pflege normaler und leicht trockener Haut enthält 2% Harnstoff und ist laut Herstellerangaben mit Salicylsäure galenisch und chemisch stabil.
Als Aufbrauchsfrist werden dabei 8 Wochen empfohlen. Durch ihren hohen Wassergehalt von über 80% lässt sich die Zubereitung auch gut auf der Kopfhaut anwenden und nach der vorgeschriebenen Einwirkzeit wieder abwaschen.
Tipps zur Herstellung von Salicylsäure-Zubereitungen
Salicylsäure liegt in halbfesten Zubereitungen überwiegend suspendiert vor. Zur Herstellung der Creme sollte daher mikrofein gepulverte Rezeptursubstanz verwendet werden. Zudem ist die Anwendung von Wärme zu vermeiden, da diese zu einer Übersättigung und anschließendem Teilchenwachstum führen würde.
Bei der klassischen Herstellung mit Fantaschale und Pistill müssen die Feststoffe zunächst mit wenig Grundlage sorgfältig angerieben werden. Dieser erste Schritt ist für eine homogene Verteilung der Wirkstoffe in der Creme entscheidend. Wird zu Beginn zu viel Grundlage dazugegeben, können Agglomerate entstehen, die sich im Laufe der Herstellung nicht mehr beseitigen lassen.
Weitere Tipps zur Verarbeitung von Salicylsäure haben wir in diesem Artikel zusammengefasst. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweis zu Salicylsäure (31.01.2020)
https://www.excipial.de/wp-content/uploads/2016/07/Magistralrezepturversuche-Excipial_Stand-Februar-2016.pdf
https://www.excipial.de/wp-content/uploads/2016/07/Informationen_zu_den_Dermatika_Juli_2016.pdf