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Krebs: ASS verhindert Metastasierung

In hohler Hand liegen zwei Tabletten
Forschende haben den Mechanismus gefunden, wie ASS Tumormetastasierung verhindert. | Bild: Kesinee / AdobeStock

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass die regelmäßige Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) bei einigen Tumorarten die Metastasierung hemmt, beispielsweise bei Brust- oder Darmkrebs. In einer aktuellen Publikation im Fachjournal „Nature“ stellen die Autoren einen Wirkmechanismus vor, der hinter diesem Effekt stecken könnte.

Metastasierung wichtiges Ziel bei Tumorbekämpfung

Eigentlich hatten Jie Yang et al. gar nicht vor, die Wirkung von ASS zu erforschen, sondern waren auf der Suche nach Genen, die die Metastasierung allgemein beeinflussen. Da 90 % aller Krebspatienten, die an ihrer Erkrankung versterben, bereits Metastasen haben, ist die Metastasierung ein wichtiges Ziel, um die Mortalität von Tumorerkrankungen zu senken.

Krebszellen, die sich vom Primärtumor gelöst haben und ins Blut abgegeben werden, sind die Achillesferse einer Krebserkrankung: Während die Zellverbände im soliden Tumor meist gegen Angriffe des Immunsystems geschützt sind, sind im Blut zirkulierende Zellen gut zugänglich und können zum Beispiel durch T-Zellen abgetötet werden.   

Schützende T-Zellen gehemmt, Metastasierung gefördert

Sowohl in vitro als auch im Tiermodell konnten die Forschenden zeigen, dass der Rho guanine nucleotide exchange factor 1 (ARHGEF1) die Bildung von Metastasen fördert, indem er die Aktivität von T-Zellen reduziert. War das zugehörige Gen in Mäusen mit induzierter Krebserkrankung deletiert, war die Metastasierungsrate bei ihnen niedriger als bei Kontrolltieren.

Gut zu wissen: Was ist Deletion?

Als Deletion bezeichnet man in der Genetik den Verlust eines DNA-Abschnitts. Die Deletion ist somit eine Form der Genmutation.

Im nächsten Schritt stellten die Studienautoren fest, dass die Bildung von ARHGEF1 durch in den Blutplättchen produziertes Thromboxan A2 induziert wird – einem Arachidonsäurederivat, das von seiner Rolle in der Thrombozytenaggregation bestens bekannt ist. 

ASS hebt hemmende Wirkung auf T-Zellen auf

Acetylsalicylsäure hemmt durch die irreversible Bindung an die Cyclooxygenase 1 (COX-1) die Bildung von Thromboxan A2. Somit unterdrückt ASS die Bildung von ARHGEF1 und hebt dessen hemmende Wirkung auf die T-Zellen auf, so der Standpunkt der Wissenschaftler. 

Die „Krebsimmunität“ des Körpers, also die Fähigkeit der T-Zellen, im Blut zirkulierende Tumorzellen zu eliminieren, wird dadurch gesteigert und Metastasen verhindert.

Diesen plausiblen Wirkmechanismus konnten die Studienautoren im Mausmodell bestätigen: Mit ASS behandelte Mäuse mit induziertem Melanom entwickelten weniger Metastasen als unbehandelte Kontrolltiere.

Wirksamkeit an Menschen noch unklar

In einem nächsten Schritt möchten die Wissenschaftler in einer klinischen Studie untersuchen, ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. Acetylsalicylsäure (Aspirin®) wäre ein billiges und weltweit verfügbares Therapeutikum, es hat jedoch auch Nebenwirkungen wie eine verstärkte Blutungsneigung oder die Ausbildung von Magenulcera.

Prof. Dr. Edgar Dahl (Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Onkologie sowie der Molekularpathologischen Diagnostik am Institut für Pathologie, Uniklinik RWTH Aachen) weist darauf hin, dass die Wirksamkeit von ASS nach bereits vorliegenden Daten von weiteren Faktoren abhängt, beispielsweise von im Tumor vorhandenen Treibermutationen.

Es muss also genauer differenziert werden, welche Krebspatienten von einer ASS-Therapie profitieren würden. Er geht davon aus, dass niedrige Dosen von Acetylsalicylsäure, wie sie auch zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse eingesetzt werden, ausreichend wirksam wären.

Dahl betont jedoch auch, dass Acetylsalicylsäure mit ihren bekannten Risiken nicht die optimale Substanz sein muss, um eine Metastasierung zu verhindern. Ziel sollte es sein, selektivere, damit vielleicht auch effektivere und sicherere Hemmstoffe des TXA2-ARHGEF1-Signalwegs in den Blutplättchen zu finden. Literatur:
Yang J, Yamashita-Kanemaru Y, Morris BI et al. Aspirin prevents metastasis by limiting platelet TXA2 suppression of T cell immunity. Nature 2025, https://doi.org/10.1038/s41586-025-08626-7

Stellungnahme von Prof. Dr. Edgar Dahl gegenüber dem Science Media Center, 4. März 2025, www.sciencemediacenter.de