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Mundfäule und Windelsoor – Was steckt dahinter?

Babyzunge mit weißem Belag
Pilzbefall im Mundraum tritt besonders häufig bei Babys auf, da ihr Immunsystem noch nicht vollständig ausgebildet ist. | Bild: Viktoriia M / AdobeStock

Diese etwas volkstümlich klingenden Krankheitsbezeichungen „Mundfäule“ und „Windelsoor“ beschreiben eigentlich eine Infektion mit einem Hefepilz der Gattung Candida

Die Mundfäule, auch Mundsoor genannt, ist medizinisch gesehen eine orale Candidose, bei der der Pilz die Mundschleimhaut, den Rachen und die Zunge befällt. Auch auf anderen Hautarealen und Schleimhäuten kann sich Candida ausbreiten, wenn das Immunsystem dem nicht entgegensteuern kann. Besonders Genital- und Windelbereich sind wie der Mundraum prädestiniert für einen Soor. 

Wie entsteht Soor?

Soor ist ein Überbegriff für Erkrankungen, die durch einen Pilz der Gattung Candida, in 90 % der Fälle durch Candida albicans, verursacht werden. 

Gut zu wissen: Woher kommt der Name Soor?

Soor (früher auch „Sohr“ geschrieben) stammt aus dem Altdeutschen sohren/soren, was so viel wie „verwelken, welken“ bedeutet. 

Die Hefen besiedeln bei den meisten Menschen physiologisch Haut und Schleimhäute und stellen für immunkompetente Personen in der Regel kein Problem dar. 

Zu einer Candidose – auch Candidamykose oder eben Soor – kommt es, wenn das Immunsystem die Ausbreitung des Pilzes nicht eindämmen kann. Dann vermehrt sich der Pilz unkontrolliert, vor allem in warmen, feuchten oder „luftunzugänglichen“ Körperpartien. 

Der Mundraum, intertriginöse Hautareale, bei denen sich gegenüberliegende Hautflächen berühren, der Genitalbereich und bei Babys – und Personen, die Windeln tragen – der Windelbereich sind daher anfällig für eine Candidose. 

Wer bekommt einen Soor?

Vom Soor im Mund- und Windelbereich sind vor allem Neugeborene betroffen. Viele Babys entwickeln in den ersten Lebenswochen und -monaten eine Candida-Infektion, wobei Mund- und Windelsoor häufig zusammen auftreten. 

Die Hefen können aus dem Mund den Magen-Darm-Trakt passieren, sich dort vermehren und im Windelbereich zu einer Co-Infektion führen. Da das bei Neugeborenen noch nicht voll ausgebildete Immunsystem zusammen mit dem feuchtwarmen Milieu in der Windel eine Pilzinfektion begünstigt, ist ein Soor eine typische Erscheinung im Säuglingsalter

Zudem sorgen Urin und Kot für eine gereizte Hautbarriere, die eine Eintrittspforte für Erreger darstellt. Ein Windelsoor tritt daher circa dreimal so oft auf wie ein Mundsoor.

Bei Frauen zeigt sich ein Soor häufig als Scheidenpilz. Schwangere Frauen sind durch ein moduliertes Immunsystem noch sehr viel öfter von einem Soor im Genitalbereich betroffen. Bei der Geburt können die Hefen auf das Baby übertragen werden. Auch über eine infizierte mütterliche Brust gelangen Pilze an und in das Kind und können sich da vermehren.  

Aber auch bei größeren Kindern und Erwachsenen mit eingeschränktem Immunsystem kann es zu einer Candidose kommen. Transplantationen, HIV-Infektionen, aber auch Diabetes mellitus, Tuberkulose, Krebserkrankungen und deren Behandlungen schwächen das Immunsystem so, dass sich der Pilz ungestört vermehren kann. Bei immunsupprimierten Patienten kann eine Candidose systemisch werden und Organe und Blut lebensbedrohlich befallen.  

Eine weitere Risikogruppe bilden ältere Menschen, die gegebenenfalls auch auf Inkontinenzmaterialien und Pflege angewiesen sind und im Allgemeinen eine geschwächte Immunabwehr aufweisen. In der Pflege spielt die Therapie von Candidosen daher ebenso eine wichtige Rolle.

Arzneimittel können einen Soor begünstigen

Medikamente, die die lokale oder systemische Abwehr schwächen oder beeinträchtigen, können eine Überbesiedlung mit Candida-Pilzen fördern. Dazu gehören unter anderem Antibiotika, Zytostatika, Immunsuppressiva und Glucocorticoide – dabei nicht zu vergessen: Cortisonhaltige Asthmasprays

Der wichtige Beratungshinweis zu diesen Inhalativa, nämlich den Mund nach Anwendung zu spülen bzw. zu reinigen, dient der Vorbeugung einer oralen Candidose durch eine Cortison-induzierte geschwächte Abwehr der Mundschleimhaut.  

Auch schlechtsitzende Prothesen, Parodontitis bzw. eine unzureichende Mundhygiene erhöhen das Risiko, einen Mundsoor zu entwickeln.

Faktoren, die eine Candidamykose begünstigen:

  • Immundefizit:
    • Angeborene oder erworbene Immunschwäche  
    • Alter (Säugling oder geriatrischer Patient)
    • Medikamente
  • Mund- und Rachenbereich:
  • Haut:
    • Luftabschluss, Okklusionsverbände, dauerhaftes Handschuhtragen (Metzger, Reinigungspersonal)  
    • vermehrtes Schwitzen, besonders wenn Haut an Haut reibt
    • synthetische Textilien
  • Windelbereich:
    • stehende Urinnässe und lange Kotverweildauer
    • Windeln mit hohem Plastikanteil
    • Reibung  
    • vorgeschädigte Haut oder Allergien auf Pflegemittel
  • Genitalbereich:
    • enganliegende, synthetische Unterwäsche
    • übertriebene Intimhygiene
    • sexuelle Übertragung von Pilzen  
    • Phimosen (Vorhautverengung)

Symptome bei Mundfäule

Ein Pilzbefall im Mundraum (orale Candidose – Mundsoor) führt zu charakteristischen Symptomen und lässt sich daher in der Regel gut erkennen: Schmerzen und Jucken im Mund treten sowohl beim Essen und Trinken als auch in Ruhe auf. 

Viele Betroffene haben neben den schmerzhaften Beschwerden noch ein Gefühl von Pelzigkeit und Trockenheit im Mund. Neugeborene und Säuglinge reagieren auf die Schmerzen ggf. mit einer Trinkschwäche; sie verweigern das Trinken und Schlucken.

männliche Zunge mit Pilzinfektion
Gelbliche Beläge sind typisch bei Mundfäule. | Bild: Octavian / AdobeStock

Ein weiteres charakteristisches Symptom einer oralen Candidose sind weißlich bis gelbliche Beläge, die sich auf Schleimhäuten und Zunge bilden. 

Sie lassen sich abstreifen, aber nicht vollständig entfernen. Bei der erythematösen Candidose fehlen die Belege, die Mundschleimhaut ist aber ebenfalls stark gerötet und äußerst schmerzempfindlich. Diese Soorform entwickelt sich meist als Folge von schlechtsitzenden Prothesen, Brücken oder Spangen.  

Schreitet die Infektion fort, können sich teilweise blutenden Erosionen in der Schleimhaut bilden, die zu narbigen Veränderungen führen können. Auch die Mundwinkel können einreißen, es entstehen sogenannte Mundwinkelrhagaden, die schlecht abheilen.  

Symptome einer Windeldermatitis

Eine überschießende Besiedelung mit Candida albicans im Windelbereich führt zum Windelsoor, medizinisch korrekt auch Windeldermatitis genannt. 

Bei dieser Art der Infektion ist der Windelbereich wund und entzündet. Es bilden sich leicht gerötete bis tiefweinrote, geschwollene Papeln auf der Haut mit randständiger Schuppung und teilweise nässenden Bläschen. Weißliche Pilzbeläge können, aber müssen kein Teil der Symptomatik sein.

Babypo mit Hautausschlag
Windeldermatitis zeigt sich mit schmerzhaften, geröteten Hautstellen. | Bild: HENADZY / AdobeStock

Die betroffenen Stellen sind berührungsempfindlich und schmerzen stark. Außerdem können sie jucken und brennen, besonders wenn Urin oder Kot mit den Hautstellen in Berührung kommen. Säuglinge zeigen häufig Unbehagen, schreien oder weinen.  

Je nach Ausprägung können Hauterosionen und -risse auftreten. Ohne Behandlung kann sich die Pilzinfektion auf Rücken, Bauch und/oder Oberschenkel ausdehnen.

Medikamentöse Therapie eines Soors

Leichte Verläufe einer Candidose bei immunkompetenten Patienten sind häufig selbstlimitierend. Treten Beschwerden auf bzw. verschlimmern sich diese, sollten neben nichtmedikamentösen Maßnahmen (siehe Kasten zur Prophylaxe) antimykotische Wirkstoffe zum Einsatz kommen. 

Auch wenn es eine Reihe von apothekenpflichtigen Antimykotika gibt, für die kein Rezept notwendig ist: Säuglinge, besonders Neugeborene, und immungeschwächte Personen sollten mit einem Soor immer umgehend einem Arzt vorgestellt werden.  

Egal, ob verordnet oder im Rahmen der Selbstmedikation: Es gibt eine Reihe fungistatischer und/oder fungizider Wirkstoffe, die bei der Behandlung von Infektionen mit Candida-Hefen wirksam sind. Geeignet sind 

  • Nystatin,
  • Miconazol und Amphotericin B,
  • auch Clotrimazol und Bifonazol,
  • Terbinafin,
  • Naftifin,
  • Natamycin sowie
  • Itra-, Flu-, Posa- und Econazol.

Sie können je nach Anwendungsort und Applikationsform als Salben, Cremes, Gele, Suspensionen, Sprays, Tinkturen, Lacke, Lutschtabletten oder Suppositorien verabreicht werden. 

Bei hartnäckigen Infektionen, insbesondere bei immungeschwächten Patienten, kommt eine systemische antimykotische Therapie in Form von Tabletten oder Infusionen infrage. Quellen:
https://flexikon.doccheck.com/de/Pilzinfektion_der_Mundschleimhaut#:~:text=1.-,Definition,mit%20Hefen%20der%20Gattung%20Candida.

https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/soor-candidose
 

Beratungshinweise und Prophylaxe gegen Soor

Mundsoor:

  • Regelmäßige Mundhygiene
  • Babys: Nuckel, Sauger und Beißspielzeuge regelmäßig reinigen (jedoch nicht mit dem eigenen Speichel!) und desinfizieren.
  • Waschlappen/Handtücher bei min. 60 °C waschen
  • Nach einer Pilzinfektion Mundhygieneartikel wie Zahnbürsten, Zungenschaber und Co. austauschen.
  • Bei älteren und pflegebedürftigen Personen:
    • Auf ausreichende Mundbefeuchtung achten, pflegerische Mundhygiene mit Handschuhen durchführen.
    • Auf gut sitzenden Zahnersatz achten.
    • Mundreinigung nach Anwendung von inhalativen Glucocorticoiden
    • Zuckerhaltige Speise reduzieren bzw. weglassen (Hefepilze lieben Zucker).

Windelsoor:

  • Häufiges Windelwechseln
  • Windelfreie Zeit erhöhen.
  • Wärme-, Feuchtigkeitsstau und Reibung vermeiden.
  • Genital- und Analregion regelmäßig mit klarem, warmem Wasser reinigen und trocken tupfen (nicht reiben), keine aggressiven Seifen verwenden.
  • Entzündungshemmende Sitzbäder
  • Geeigneten Schutz (Balsam, Salbe, Creme) für den Windelbereich verwenden.
  • Babys: Bei Infektion der mütterlichen Brust ggf. Brustwarze behandeln, um wechselseitige Neuinfektion („Ping-Pong-Effekt“) zu vermeiden. Bedeutung der mütterlichen Ernährung nicht ganz klar, ggf. auf Säure und Schärfe verzichten.

Arzneimittel bei lokal oralen Candidosen

Für orale Candidosen eignen sich lokal wirkende Mundgele, Suspensionen und Lutschtabletten, die möglichst lang im Mundraum verbleiben sollen und mehrfach über den Tag angewendet werden müssen. 

Nystatin, Miconazol und Amphotericin B sind dabei die Wirkstoffe der Wahl.  

Produktbeispiele:

Nystatin: z. B. Moronal®, Nystaderm® S Suspension, Nystatin acis® Mundgel

Amphotericin B: z. B. Ampho-Moronal® Lutschtabletten oder Suspension

Miconazol: InfectoSoor® Mundgel, Micotar® Mundgel

Arzneimittel bei lokal analen Candidosen

Da eine Windeldermatitis äußerst schmerzhaft sein kann und sich durch den luftarmen Kontakt mit Urin und Kot schnell verschlimmern kann, gelten in der Therapie in erster Linie strenge Hygieneregeln sowie möglichst viel windelfreie Zeit. 

Um die Beschwerden schnell zu lindern und eine Ausbreitung der Pilzinfektion einzudämmen, sollten zusätzlich antimykotische Cremes, Pasten oder Salben verwendet werden. 

Neben den oben aufgeführten Wirkstoffen – besonders Nystatin und Miconazol kommen bei Windelsoor zum Einsatz – hat sich eine Kombination mit Zinkoxid (ZnO) bewährt. Zinkoxid unterstützt die Wundheilung, bindet Feuchtigkeit aus nässenden Bereichen und bildet in Verbindung mit der Grundlage eine Barriere gegen die Nässe der Ausscheidungen.

Produktbeispiele:  

Nystatin + ZnO: Multilind® Heilsalbe, Mykoderm® Heilsalbe

Miconazol + ZnO: InfectoSoor® Zinksalbe, Miconazol acis® Zinkpaste

Nystaderm® comp. Paste: Rezeptpflichtige Paste mit Nystatin und Hydrocortisonacetat