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Woher kommt Mundgeruch nach dem Aufwachen?

Asiatische Frau hält sich Hände vor den Mund
Mundgeruch nach dem Aufwachen kommt häufig vor. Woran liegt? | Bild: gballgiggs / AdobeStock

Es sitzt im Magen-Darm-Trakt, auf der Haut, in Mund, Scheide (Vagina) und Atemwegen: das Mikrobiom. Allein in der Mundhöhle finden sich mehr als 700 Bakterienarten – sie lagern auf der Zahnoberfläche, der Zunge, dem weichen und harten Gaumen, dem Zahnfleisch und der Wangenschleimhaut. 

Dieser orale Biofilm variiert von Mensch zu Mensch und bestimmt auch mit, ob Karies oder Parodontitis entsteht. So hängt Karies mit einem niedrigen pH-Wert auf der Zahnoberfläche zusammen. Dieser bildet sich, wenn Bakterien Säure aus Nahrungskohlenhydraten (Zucker) produzieren. 

Auch konnte bereits gezeigt werden, dass bestimmte Bakterien (Porphyromonas gingivalis, Treponema denticola und Tannerella forsythia) bei Parodontitis eine Rolle spielen. Ebenso, dass ein Ungleichgewicht in der mikrobiellen Gemeinschaft (Dysbiose) Infektionen im Mundraum begünstigen.

Zungenbelag erzeugt Mundgeruch

Daneben lässt sich ein weiterer unangenehmer Umstand mit oralen Biofilmen im Mundraum in Verbindung bringen, genauer mit dem Zungenbelag, dessen Bakterien unter anderem flüchtige Schwefelverbindungen (Methanthiol, Schwefelwasserstoff und Dimethylsulfid) bilden: Mundgeruch. 

Besonders am Morgen nach dem Aufwachen dürften die meisten Menschen ein großes Bedürfnis nach Zahnbürste und Zahnpasta verspüren – warum ist das so? Beeinflusst Schlaf unser orales Mikrobiom? Und wenn ja: wie?  Dieser Frage gingen Wissenschaftler in Japan nach, sie veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal „PLOS ONE“ „Impact of sleep on the microbiome of oral biofilms“, Dezember 2021 .

Weniger Speichelproduktion während des Schlafes

Aus früheren Studien ist bereits bekannt, dass – verglichen mit den Wachzeiten – der Körper während des Schlafes weniger Speichel produziert, dieser wiederum weniger Glukose und Protein enthält und der pH-Wert im Mund nachts in saure Bereiche sinkt (von 7,7 auf 6,6). Ebenso steigt die intraorale Temperatur (33,9 °C auf 35,9 °C) und die Bakterienanzahl im Speichel nimmt rasch zu, bis sie beim Aufwachen ihr Maximum erreicht. 

Nicht ohne Grund gilt die Empfehlung, sich vor dem Zubettgehen die Zähne gründlich zu putzen, um die Bakterienanzahl im Speichel zu verringern. Doch ändert sich nachts vielleicht nicht nur die Bakterienanzahl, sondern auch die Zusammensetzung des Mund-Mikrobioms? 

Studie verglich Biofilm vor und nach dem Schlafen

Um das herauszufinden, analysierten die japanischen Wissenschaftler die Mundflora von zehn gesunden Studienteilnehmern – sechs Männer und vier Frauen im Alter von 27 bis 32 Jahren. 

Alle wiesen keine klinischen Anzeichen von Gingivitis (entzündliche Erkrankung des Zahnfleisches), Parodontitis oder Karies auf. Ebenso wurde eine Antibiotika-Einnahme in den letzten drei Monaten vor Studienbeginn ausgeschlossen.  

Alle Teilnehmer hatten sieben Tage und 24 Stunden vor Studienbeginn Zähne und Mundraum professionell reinigen lassen. Eine Selbstreinigung der Zähne und des Mundraumes war den Studienteilnehmern während der Studie untersagt.

Die Wissenschaftler untersuchten jeweils vor und nach dem Schlafen den oralen Biofilm an Wangenschleimhaut, hartem Gaumen, Zungenrücken, Zahnfleischschleimhaut, Zahnoberfläche und Speichel. 

Mikrobiom ändert sich im Schlaf

In der Tat konnten die Wissenschaftler feststellen, dass sich zum einen das Mikrobiom an verschiedenen Stellen im Mund unterscheidet: Die mikrobielle Zusammensetzung von Wangen- und Zahnfleischschleimhaut ähnelt der des harten Gaumens, während das Mikrobiom vom Zungenrücken eher mit dem des Speichels vergleichbar ist. 

Gut zu wissen: Zusammensetzung des Mikrobioms je nach Mundort

Insgesamt konnten die Wissenschaftler die biofilmbildenden Bakterien des Mundraumes fünf Stämmen zuordnen: 

  • Actinobacteria,
  • Bacteroidetes,
  • Firmicutes,
  • Fusobacteria und
  • Proteobacteria.

Die Wangenschleimhaut war weniger mit Aktinobakterien besiedelt als andere Stellen des Mundes. Der Bakterienstamm Firmicutes machte etwa 50 Prozent der Bakterien auf der Wangenschleimhaut, dem harten Gaumen und der Zahnfleischschleimhaut aus. 

Im Gegensatz dazu machte Firmicutes auf Zungenrücken, dentalen Biofilmen und im Speichel nur zwischen 15 Prozent bis 30 Prozent der Bakterien aus.

Zum anderen stellten die Wissenschaftler auch Unterschiede in der mikrobiellen Zusammensetzung des Mundraums fest, je nachdem, ob sie die Proben vor oder nach dem Schlaf entnommen hatten: Das Mikrobiom des Zungenrückens unterschied sich nach dem Schlaf signifikant von dem Mikrobiom des Zungenrückens vor dem Schlaf. 

Hingegen wirkte sich Schlaf auf die Zusammensetzung des Mikrobioms der Wangenschleimhaut, des harten Gaumens, der Zahnfleischschleimhaut, der Zähne und des Speichels nicht signifikant aus.

Welche Bakterien befinden sich im Mundraum?

Interessant ist auch ein Blick auf die Bakteriengattungen: So waren Prevotella (Bacteroidetes) und Corynebacterium (Actinobacteria) nach dem Schlafen an allen Stellen der Mundhöhle signifikant häufiger nachweisbar als vor dem Zubettgehen. Auf der Wangenschleimhaut fanden sich abends mehr Streptokokken als morgens. 

Bei Rothia-Gattungen hing es hingegen davon ab, wo die Probennahme im Mund erfolgte: Auf der Zahnfleischschleimhaut waren Bakterien der Gattung Rothia morgens häufiger vorhanden, im Speichel und auf dem Zungenrücken jedoch war die Häufigkeit morgens sogar signifikant niedriger als abends.

Doch was hat das nun mit Mundgeruch zu tun? 

Methanthiol: eine Hauptursache für Mundgeruch

Den Wissenschaftlern zufolge steht Mundgeruch häufig in Verbindung mit Biofilmen auf der Zunge – und Prevotella sei auf der Wangenschleimhaut, im Speichel, auf dem harten Gaumen und eben auch dem Zungenrücken nach dem Aufwachen häufiger nachweisbar gewesen als vor dem Schlafengehen. 

Zudem wurden einige Prevotella-Arten mit einer hohen Konzentration von Methanthiol in Verbindung gebracht. Die nach faulem Gemüse riechende Schwefelverbindung gilt als eine der Hauptursachen für Mundgeruch. 

Daneben spielen jedoch auch Speichelfluss und Schlucken eine Rolle: Beide Vorgänge werden während des Schlafes heruntergefahren, weswegen „Mundgeruch häufiger am Morgen beobachtet“ werde, erklären die Autoren. 

Wie entsteht Mundgeruch nach dem Schlafen?

„Aufgrund unserer Ergebnisse gehen wir davon aus, dass neben dem geringen Speichelfluss auch Veränderungen im Mikrobiom des Zungenrückens und des Speichels mit Mundgeruch in Verbindung stehen könnten“, so die Autoren. 

Und weiter: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Mikrobiom an verschiedenen Stellen in der Mundhöhle durch den Schlaf beeinflusst wird und die Veränderungen von den Bakteriengattungen und den Eigenschaften der Oberfläche abhängen, auf der sich die oralen Biofilme bilden.“ 

Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Ergebnisse helfen, evidenzbasierte Methoden zur Verbesserung der Mundpflege zu entwickeln.