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RSV-Prophylaxe: Was tun bei Lieferengpass von Nirsevimab?

Mutter hält Inhaliergerät vor Baby
Für Säuglinge wird die RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab nun von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. | Bild: eyedarren / AdobeStock

Werdende Eltern oder Eltern von Säuglingen im ersten Lebensjahr können optimistisch auf die kommende RSV-Saison (Respiratorisches Synzytial-Virus) blicken: Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt Nirsevimab (Beyfortus®) seit Juni zur RSV-Prophylaxe für alle Säuglinge im ersten Lebensjahr. 

Mittlerweile ist auch die Finanzierung geklärt. Wie der GKV-Spitzenverband laut Deutscher Presse-Agentur mitteilte, ist der Schutz für Babys künftig auf Kassenkosten möglich. Am 13. September wurde die entsprechende „Verordnung zum Anspruch auf Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen Respiratorische Synzytial Viren (RSV-Prophylaxeverordnung)“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Sie ist am 14. September in Kraft getreten und wörtlich heißt es darin:

(1) Versicherte, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, haben Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln, die den monoklonalen Antikörper Nirsevimab enthalten, zur Prophylaxe gegen Respiratorische Synzytial Viren.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 umfasst nur die Versorgung mit Arzneimitteln, die durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder für die von der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, erteilt wurde.“

§ 1 Verordnung zum Anspruch auf Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen Respiratorische Synzytial Viren (RSV-Prophylaxeverordnung)

Nirsevimab-Prophylaxe keine Regelleistung der GKV

Die Verordnung ist trotz der STIKO-Empfehlung notwendig, weil Nirsevimab – anders als Impfungen – als Präventivleistung und Arzneimittel nicht zu den Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zählt. 

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte im November 2023 deshalb lediglich definieren können, bei welchen Patientengruppen „die Gabe des RSV-Antikörpers in den Bereich der medizinischen Vorsorgeleistung bzw. der Krankenbehandlung fällt, weil bei ihnen ein hohes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf besteht“. Demnach galt der Einsatz zunächst nur bei bestimmten Kindern mit hohem Risiko für schwere Infektionsverläufe im Alter von ≤ 12 Lebensmonaten als wirtschaftlich.  

Künftig sollen aber alle zwischen April und September geborenen Kinder einmalig möglichst im Herbst ambulant gegen RSV immunisiert werden. Für in der RSV-Saison geborene Kinder – zwischen Oktober und März – soll die Immunisierung in den ersten Tagen nach der Geburt stattfinden.

Nirsevimab auch in anderssprachiger Aufmachung

Wie der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder und Jugendärzte, Jakob Maske, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur allerdings mitteilte, soll Nirsevimab erst ab 11. Oktober in größerem Umfang zur Verfügung stehen. Er kritisierte – neben der zu geringen Vergütung von 8,95 Euro: „Wenn wir erst ab Mitte Oktober impfen, reicht die Zeit nicht, um alle Kinder rechtzeitig zu erreichen.“

Weil es noch nicht genügend Nirsevimab-Packungen in deutschsprachiger Aufmachung gibt, hat das Paul-Ehrlich-Institut für September und Oktober 2024 bereits den Vertrieb von Packungen mit französischer oder spanischer Beschriftung gestattet. Diese Packungen sollen zunächst Babys mit erhöhtem Risiko für schwere RSV-Verläufe vorbehalten bleiben. Hersteller Sanofi hat eigenen Angaben zufolge die weltweiten Produktionskapazitäten von Beyfortus® (Nirsevimab) um das Dreifache erhöht.  

Laut dem „Ärzteblatt“Ärzteblatt: "RSV-Immunisierung: Lauterbach will Importwege öffnen, Einigung auf Honorierung"; Stand: 09/2024  gibt es allerdings Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) zufolge in Europa derzeit einen Beyfortus®-Engpass. Das Präparat solle deshalb bald auch aus den USA eingeführt werden können, heißt es.

Bei Nirsevimab-Engpass: Palivizumab ist Alternative

Sollten Eltern von Babys mit erhöhtem Risiko für schwere RSV-Verläufe – trotz der bereits ergriffenen Maßnahmen – derzeit dennoch Schwierigkeiten haben, eine Nirsevimab-Immunisierung für ihr Kind zu erhalten, kann Palivizumab (Synagis®) eine Alternative sein. 

Laut dem G-BA konnte für Nirsevimab gegenüber Palivizumab kein Zusatznutzen belegt werden. Palivizumab ist bereits seit 1998 zugelassen, allerdings muss der Antikörper in der RSV-Saison monatlich verabreicht werden – Nirsevimab nur einmalig.

„Bei Kindern mit bekannten Risikofaktoren kann individuell über die Anwendung von Palivizumab oder Nirsevimab entschieden werden. Eine parallele oder sequenzielle Gabe von Palivizumab und Nirsevimab wird nicht empfohlen.“

Epidemiologisches Bulletin 26/2024

RSV-Impfung für Senioren: Voraussichtlich ab Oktober Kassenleistung

Auch für Senioren hat die STIKO im August eine einmalige RSV-Prävention empfohlen, allerdings nicht passiv, mit Antikörpern wie bei Säuglingen, sondern mit den Impfstoffen Abrysvo® oder Arexvy – ab 75 Jahren Standardimpfung, ab 60 Jahren Indikationsimpfung. Die Impfung soll möglichst vor der RSV-Saison im Spätsommer/Herbst stattfinden. 

Wie der G-BA Anfang September bekannt gab, wurde die STIKO-Empfehlung auch bereits in die Schutzimpfungs-Richtlinie übernommen und die künftige Erstattung durch die GKV damit gesichert. Allerdings wurde die neue Schutzimpfungs-Richtlinie noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht und ist somit noch nicht in Kraft getreten – dies soll „voraussichtlich spätestens Anfang Oktober“ der Fall sein, so der G-BA. Erst dann ist die RSV-Impfung eine GKV-Leistung.

„Zur Frage, ob die RSV-Impfung auch mit dem erst seit kurzem zugelassenen mRNA-Impfstoff erfolgen kann, ist eine Evidenzaufarbeitung laut STIKO schnellstmöglich geplant“, erklärte der G-BA jüngst.