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Was ist „Double Diabetes“?

Frau piekst sich mit Pen in den Finger um den Blutzucker zu messen
Entwickeln Betroffene des Typ-1-Diabetes zusätzlich einen Typ-2-Diabetes, spricht man von Doppeldiabetes. | Bild: H_Ko / AdobeStock

Diabetes mellitus – aus dem Altgriechischen und Lateinischen übersetzt so viel wie „honigsüßer Durchfluss“ – beschreibt definitionsgemäß „eine Gruppe von Stoffwechselstörungen der Kohlenhydrate, insbesondere der Blutzuckerregulation (Glukosehomöostase)“.

Durchfluss leitet sich dabei vom ersten deutlichen Leitsymptom, dem häufigen Urinabgang, ab, wobei dieser „mellitus“, also durch den enthaltenen Glukoseanteil honigsüß ist.

Es gibt im übrigen weitere Diabetes-Formen, die nichts mit dem Kohlenhydrat-Stoffwechsel zu tun haben, etwa Diabetes insipidus („Durchfluss ohne Geschmack“), bei der der Hormonhaushalt gestört ist.

Diabetes-Formen und ihre Symptome

Im Allgemeinen unterscheidet man Diabetes vom Typ 1 und Typ 2 – auch wenn es noch eine Reihe weiterer Formen und Unterteilungen gibt. Die Diabetes-Formen äußern sich symptomatisch ähnlich. Neben dem häufigen Harndrang treten auch typische Anzeichen eines zu hohen Zuckerspiegels im Blut (Hyperglykämie) auf. Dazu zählen unter anderem

  • stetes Durstgefühl,
  • Sehstörungen,
  • unspezifische Symptome wie
    • Bauchschmerzen,
    • Müdigkeit,
    • Übelkeit,
    • trockene Haut
  • bis hin zum schweren Symptom der Azidose oder einem hyperglykämischen Koma.

Dennoch ist die Ursache beim Typ-1- und Typ-2-Diabetes grundverschieden – und daher sind es auch vollkommen unabhängige Krankheiten. 

In manchem Zusammenhang wird auch der Schwangerschaftsdiabetes oder „Gestationsdiabetes“ als Typ 3 bezeichnet – wobei hier die Schwangerschaft die in den meisten Fällen „reversible“ Ursache ist.

Gut zu wissen: Einteilung von Diabetes nach ICD-10

Die Definition der Diabetes-Typen wird laufend angepasst. Die Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) von 2009 kennen etwa Diabetes Typ 1 und Typ 2 jeweils mit Unterformen sowie „andere Diabetes-Typen“. 

Seit 2018 wird eine clusterbasierte Einteilung nach oligo-, poly- und monogenetischen Ursachen sowie weiteren Diabetes-Formen diskutiert.  

Die ICD-10 kennt folgende Einteilung:

  • E10: Primär insulinabhängiger Diabetes mellitus (Typ-1-Diabetes)
  • E11: Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes)
  • E12: Diabetes mellitus in Verbindung mit Fehl- oder Mangelernährung (Malnutrition)
  • E13: Sonstiger näher bezeichneter Diabetes mellitus
  • E14: Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus

Im ungünstigsten Fall leiden Betroffene an beiden Formen – der sogenannte Double Diabetes. Was das ist und bedeutet, erklären wir weiter unten. Zunächst werfen wir einen Blick auf die Diabetes-Typen.

Was bedeutet Diabetes Typ 1?

Der Diabetes mellitus Typ 1 ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei dem das eigene Immunsystem die insulinproduzierenden β-Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Mit dem Fortschreiten der Zerstörung steht immer weniger Insulin zur Verfügung, bis schließlich gar kein Insulin mehr ins Blut ausgeschüttet werden kann. 

In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel krankhaft, während kaum mehr Glucose – Energieträger der Zellen – in die insulinabhängigen Körperzellen gelangt. Eine klinische Manifestation des Diabetes zeigt sich, wenn 80 bis 90 Prozent der „Inselzellen“ (davon abgeleitet Insulin) zerstört sind.  

Es gibt genetische Ursachen und Umweltfaktoren, die zu der Fehlsteuerung des Immunsystems führen. Früher sprach man auch von „juveniler Diabetes“, weil sich der Typ 1 oft bereits im Kindes- oder Jugendalter manifestiert. Heutzutage vermeidet man diese Bezeichnung, weil zum einen Typ-1-Diabetes auch später im Leben entstehen kann und zum anderen auch immer mehr Jugendliche einen Typ-2-Diabetes entwickeln.

Insulingabe bei Typ-1-Diabetes erforderlich

Typ-1-Diabetiker sind derzeit zwingend auf die regelmäßige Gabe von Insulin in der richtigen Dosierung zur richtigen Zeit angewiesen – sonst droht ein oft tödlich endendes hyperglykämisches Koma.  

Eine Heilung der Ursache gibt es noch nicht. Es gibt aber Entwicklungen etwa neuer Insulin-Derivate, Blutzuckerpegel-abhängig gesteuerte Insulinpumpen und niedrigschwellige kontinuierliche Blutzuckerpegel-Sensoren, die die Lebensqualität für Betroffene erheblich steigern.

Die Inzidenz des Typ-1-Diabetes nimmt wahrscheinlich durch Umweltfaktoren weltweit kontinuierlich zu.

Was ist Diabetes mellitus Typ 2?

Beim Diabetes Typ 2 ist ausreichend Insulin vorhanden – die insulinabhängigen Glucosetransporter in der Zellmembran reagieren aber immer weniger darauf. Man spricht auch von einer „Insulinresistenz“. 

Die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse reagieren darauf eine Weile lang mit einer vermehrten Insulinproduktion, was aber zu deren Erschöpfung und schließlich zu den typischen Diabetes-Symptomen führt.

Diabetes mellitus Typ 2 ist eng mit dem sogenannten metabolischen Syndrom verbunden, das auch als Prädiabetes eingestuft wird. Ursache ist in der Regel ein „ungesunder Lebenswandel“ – zu viel, zu kalorien-, fett- und zuckerreiche Ernährung und zu wenig Bewegung.

Übergewicht als Hauptauslöser für Diabetes Typ 2 

Hauptauslöser für Diabetes Typ 2 ist Übergewicht. Es gibt allerdings viele weitere Faktoren, die zu der Erkrankung führen. Unter anderem steht die Ernährung nicht nur wegen des damit verursachten Übergewichts in Verdacht, Diabetes Typ 2 zu begünstigen, sondern auch durch die Zusammensetzung. 

Hochverarbeitete Lebensmittel, viel rotes Fleisch und übermäßig viel Zucker auch in Form von Fruchtsäften stehen im Verdacht, die Erkrankung zu verursachen.

Daneben spielen genetische Faktoren eine Rolle, die etwa darüber entscheiden, wie Nährstoffe im Körper verstoffwechselt werden. Außerdem spielt das Alter eine Rolle. In der Vergangenheit wurde Typ-2-Diabetes auch als Altersdiabetes bezeichnet, da oft auch unabhängig vom Körpergewicht die Erkrankung als eine Alterserscheinung galt.  

In den vergangenen 30 Jahren hat sich dies allerdings geändert – auch immer mehr junge Menschen entwickeln einen Typ-2-Diabetes.

Häufiger sekundäre Symptome bei Diabetes Typ 2

Symptomatisch ist Diabetes Typ 2 zwar ähnlich zum Typ 1. Das eigentliche namensgebende Leitsymptom des häufigen Wasserlassens tritt aber nur selten und bei einem sehr hohen Blutzuckerspiegel – über 180 Milligramm pro Deziliter – auf. 

Sekundäre Symptome durch die gefäßschädigende Wirkung von Glucose in hoher Konzentration sind häufiger, wie beispielsweise Nervenschäden, Schädigungen der Augen, Durchblutungsstörungen der Beine und Ähnliches.

Medikamentöse Therapie bei Diabetes Typ 2

Typ-2-Diabetes ist oft ein Zufallsbefund und wird mitunter „nicht ernst genommen“. Therapeutisch wird in der Regel eine Änderung des Lebenswandels empfohlen – weniger und gesünderes Essen und mehr Bewegung.  

Außerdem gibt es beim Typ-2-Diabetes Antidiabetika verschiedener Klassen als medikamentöse Therapie. Bekannt sind etwa die DPP4-Hemmer (Dipeptidylpeptidase-4-Hemmer). Diese verhindern den Abbau des GLP-1 ( Glucagon-like Peptid 1), welches die Produktion von Insulin antreibt und damit den Blutzuckerspiegel senkt.

SGLT-2-Inhibitoren sind eine weitere Klasse. Diese hemmen spezifisch den renalen, natriumabhängigen Glucosetransporter SGLT-2 (sodium-dependent glucose co-transporter 2) – damit wird vermehrt Glucose über den Harn ausgeschieden und der Blutzuckerspiegel sinkt.  

Zu nennen wären noch Metformin, das die Neubildung von Glucose in der Leber (Gluconeogenese) hemmt, und die GLP1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid (Ozempic®) und Co. Letztere gelten als regelrechte „Wundermittel“, da sie auch beim Reduzieren des Körpergewichts helfen können.

Insgesamt steigt die Prävalenz des Typ-2-Diabetes weltweit stark an. Übergewicht gilt in den USA etwa als pandemisch – und damit in der Folge oft auch Diabetes Typ 2.

Was bedeutet nun Double Diabetes?

Seit den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts kennt man Fälle eines „Doppelten Diabetes“ oder eben Double Diabetes. Dabei bekommen Betroffene des Typ-1-Diabetes – also der insulinpflichtigen chronischen autoimmunen Diabetes-Form – zusätzlich einen Typ-2-Diabetes.

Das geschieht etwa dann, wenn die betroffenen Typ-1-Diabetiker durch ihren Lebenswandel eine Insulinresistenz entwickeln. Dies äußert sich insbesondere dadurch, dass sich die Diabetiker immer größere Dosen an Insulin spritzen müssen.

Was begünstigt einen Double Diabetes?

Risikofaktoren seien, so erklärt es Dr. Othmar Moser, Professor für Sportmedizin an der Universität Bayreuth, gegenüber Diabetes.de, wenn zum Typ-1-Diabetes eines der Symptome des metabolischen Syndroms hinzukomme, also etwa:

  • Übergewicht bzw. Adipositas,
  • Bluthochdruck oder
  • eine Fettstoffwechselstörung.

Hauptrisikofaktor sei das Übergewicht neben genetischen Faktoren. Betroffene mit automatisierten Insulin-Systemen würden das manchmal gar nicht bemerken, heißt es.

Auch beim Double Diabetes drohen etwa Gefäßschäden und deren Folgen. In einigen Fällen verschreiben Ärzte dann zusätzlich zum Insulin auch Antidiabetika.

Prophylaxe durch gesunden Lebensstil und ausgewogene Ernährung

Da insgesamt durch die entsprechenden Lebensumstände global die Prävalenz für Übergewicht und Typ-2-Diabetes zunimmt, steigt auch die Zahl der Betroffenen unter den Typ-1-Diabetikern.

Die beste Vorbeugung gegen Typ-2-Diabetes – und auch gegen den Doppeldiabetes bei Typ-1-Betroffenen – sei, sagt nicht nur Professor Moser, ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und ausreichender Bewegung. Quellen:
- https://www.diabetesde.org/double-diabetes-typ-1-typ-2-diabetes-gesellt
- Pozzilli, Paolo et al.; A new expression of diabetes: double diabetes; Trends in Endocrinology & Metabolism, Volume 18, Issue 2, 52 – 57 https://www.cell.com/ajhg/abstract/S1043-2760(06)00263-3
- Cleland, S.J., Fisher, B.M., Colhoun, H.M. et al. Insulin resistance in type 1 diabetes: what is ‘double diabetes’ and what are the risks?. Diabetologia 56, 1462–1470 (2013). https://doi.org/10.1007/s00125-013-2904-2