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Anti-Aging-Pflege für junge Haut: Ist das sinnvoll?

Junges Mädchen trägt Gesichtspflege auf
Weniger ist mehr, gerade wenn es um Hautpflege für Kinder geht. | Bild: Petro / AdobeStock

Vor einiger Zeit machte die schwedische Apothekenkette Apotek Hjärtat Schlagzeilen, weil sie eine Altersbeschränkung für bestimmte Hautpflegeprodukte einführte. So soll fortan sogenannte Anti-Aging-Pflege nicht mehr an Minderjährige unter 15 Jahren verkauft werden, außer die Kinder haben die Zustimmung der Eltern oder einen relevanten Hautzustand.

Hintergrund ist der europaweit vorherrschende Hautpflege-Boom bei Kindern, der insbesondere durch die sozialen Medien vorangetrieben wird. Im Wunsch nach einer noch jüngeren, frischeren und „glowy“ aussehenden Haut greifen die Kinder zu Anti-Aging-Produkten, die sog. Skinfluencer auf Plattformen wie TikTok und Instagram anpreisen. 

Diese Produkte enthalten Inhaltsstoffe wie Retinol und Vitamin C. Aber auch Peelings mit AHA/BHA oder auf Enzymbasis sind beliebt. 

Peeling zur Erneuerung der Haut

Chemische Peelings entfernen abgestorbene Hautschüppchen, können feine Linien und Fältchen verbessern und die Kollagenproduktion erhöhen. Daher sind sie als Anti-Aging-Mittel sehr beliebt. 

Gut zu wissen: BHA bei unreiner Haut

Zu den BHA (Beta-Hydroxysäure) zählt u. a. Salicylsäure. Sie wirkt antibakteriell und entzündungshemmend und kann die Talgproduktion reduzieren. Deshalb wird dieses Peeling gerne bei unreiner Haut angewendet.

Von den Alpha-Hydroxysäuren (AHA) werden Säuren wie Glykolsäure oder Milchsäure in unterschiedlichen Konzentrationen eingesetzt. Die Verträglichkeit ist individuell sehr unterschiedlich.  

Eine zu häufige oder gar tägliche Anwendung kann die Hautbarriere zerstören, es kommt zu Rötungen und einem unruhigen Hautbild. Grundsätzlich können chemische Peelings die Haut lichtempfindlicher machen, weshalb tagsüber immer ein Sonnenschutz mit mindestens Lichtschutzfaktor 30 aufgetragen werden sollte.

Retinol: ein beliebter Anti-Aging-Wirkstoff

Wie auch die chemischen Peelings machen Retinoide, also Retinol und Retinal bzw. deren Derivate, die Haut lichtempfindlicher. Gleichzeitig können sie die Zellerneuerung erhöhen, die Kollagenproduktion anregen und auch die Talgproduktion regulieren.  

Allerdings hat Vitamin A auch gesundheitsschädliche Wirkungen, insbesondere in hohen Konzentrationen. Deshalb hat die EU-Kosmetikverordnung Ende letzten Jahres die Konzentrationen in Kosmetikprodukten beschränkt. Da derzeit nicht sicher ist, wie viel Vitamin A über die Haut in den Körper gelangt, sollten Schwangere und Stillende keine Retinoide in der Hautpflege verwenden. Gleiches gilt auch für Minderjährige.

Vitamin C: ein starkes Antioxidans

Vitamin C, oder Ascorbinsäure, wird in der Hautpflege meist als stark wirksames Antioxidans eingesetzt. Es kann also freie Radikale fangen und unterstützt den Sonnenschutz. 

Eine regelmäßige Anwendung Vitamin-C-haltiger Produkte führt zu einer Zunahme elastischer Fasern sowie zur Verbesserung der Hauttextur: Die Haut wird glatter, weniger rau und oberflächliche Fältchen werden geglättet. Dadurch entsteht der von vielen gewünschte „Glow“. Ascorbinsäure hat außerdem einen zellerneuernden Effekt. 

Vitamin C wird in unterschiedlich hohen Konzentrationen eingesetzt. Wobei auch hier gilt: je höher die Konzentration, desto potenziell reizender kann der Wirkstoff sein.  

Junge Haut profitiert nur im geringen Maße von der Wirkung der Ascorbinsäure. Wer seinen Sonnenschutz unterstützen möchte, kann auf weniger potenziell reizende Antioxidantien wie grünen Tee, Resveratrol oder Vitamin E und Q10 zurückgreifen.

Junge Haut braucht keine Anti-Aging-Pflege

Die genannten Inhaltsstoffe sind also keine Wirkstoffe, die übermäßig auf junger Haut zum Einsatz kommen sollten. Sie können potenziell mehr schaden als nutzen. „Die Verwendung fortschrittlicher Hautpflege, die beispielsweise darauf abzielt, Falten zu reduzieren und einen gleichmäßigeren Hautton zu erzielen, ist nicht etwas, was ein Kind braucht“, sagt auch Annika Svedberg, Chefapothekerin bei Apotek Hjärtat.  

Ärzte und andere Experten sehen sogar die Gefahr, dass dieser Schönheits- und Optimierungstrend psychische Auswirkungen auf die Kinder haben kann.  

Wie kann minderjährige Haut jedoch altersgerecht gepflegt werden? Was können PTA ihren jungen Kunden empfehlen?

Basisroutine für junge Haut

Statt die junge und noch nicht vollständig ausgereifte Haut mit hochpotenten Wirkstoffen zu reizen, sollten Kinder, die an Hautpflege interessiert sind, sich auf die Basics konzentrieren.  

Sofern sie keine Hauterkrankungen wie Akne oder Neurodermitis haben, reichen in der Regel Reinigung, Feuchtigkeit und tagsüber Sonnenschutz aus.  

Tipp für die Beratung: Sonnenschutz ist Anti-Aging-Pflege

Sollten Kunden hartnäckig auf eine Anti-Aging-Wirkung bestehen, kann folgender Hinweis mitgegeben werden: Das beste Anti-Aging-Mittel ist ein guter UV-Schutz, denn Sonneneinstrahlung lässt die Haut schneller altern.

Milde Reinigung bei Bedarf zweimal täglich

Bei der Reinigung sollte auf milde Produkte gesetzt werden. Welche Konsistenz (Gel, Schaum, Öl oder Milch) bevorzugt wird, entscheiden individuelle Vorlieben. Mild bedeutet, dass keine stark reizenden Tenside und kein Alkohol enthalten sind. Wer es gut verträgt, kann auch auf mild parfümierte Reinigungsprodukte zurückgreifen.

In der Apotheke geben Formulierungen wie „mild“, „schonend“ oder „beruhigend“ häufig schon erste Hinweise darauf, ob es sich um ein für junge Haut geeignetes Reinigungsprodukt handeln kann.

Empfohlen werden können zum Beispiel die Reinigungsprodukte von Physiogel und Eucerin oder jene aus der Sensibio- und Atoderm-Reihe von Bioderma. Von Cerave eignen sich die als feuchtigkeitsspendend deklarierten Reiniger und bei Avène die Tolérance Reinigungslotion und die Cleanance Hydra beruhigende Reinigungscreme. Außerdem empfehlenswert sind das Toleriane Reinigungsfluid und das Cicaplast Lavant B5 Reinigungsgel von La Roche-Posay.

Wer zu leichten Unreinheiten neigt, könnte zweimal in der Woche auch den Cerave Reinigungsschaum mit 2 % Salicylsäure oder das Effaclar Reinigungsgel von La Roche-Posay testen. Eine tägliche Anwendung ist hier nicht nötig.

Gut zu wissen: Eignet sich Mizellenwasser zur Reinigung?

Die Apothekenmarke Bioderma ist vor allem für ihr Mizellenwasser bekannt. Dabei handelt es sich um eine wässrige Lotion mit Mizellen, also besonders kleinen Tensidmolekülen, die fett- und wasserlösliche Partikel entfernen können. Mizellenwasser eignet sich daher besonders gut zur Make-up-Entfernung. 

Da Mizellen als besonders reizarm gelten, wird Mizellenwasser oft für besonders empfindliche Haut empfohlen. Gerade dann sollte das Produkt jedoch, anders als häufig empfohlen, abgewaschen werden, um die waschaktiven Substanzen von der Haut zu entfernen.

Junge Haut mit Feuchtigkeit versorgen

Damit die Haut frisch, strahlend und „glowy“ aussieht, sollte sie mit ausreichend Feuchtigkeit versorgt werden. Denn, so wie sich unser Körper müde und kraftlos anfühlt, wenn wir nicht ausreichend trinken, ergeht es auch der Haut, wenn sie nicht ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt wird.

Auch hier reicht es für junge Haut oft aus, wenn eine einfache Feuchtigkeitscreme verwendet wird. Dabei sollte auf feuchtigkeitsspendende Inhaltsstoffe wie Hyaluronsäure, Glycerin, Sorbitol, Natrium PCA oder auch Panthenol geachtet werden. Weitere Wirkstoffe sind im Grunde nicht nötig.

Tipp für die Beratung: Creme auf feuchte Haut auftragen

Unter feuchtigkeitsspendenden Inhaltsstoffen werden meist Stoffe verstanden, die hydrophile Eigenschaften aufweisen, also Wasser an sich binden. 

Aus diesem Grund kann es zum Beispiel vorteilhaft sein, wenn die Feuchtigkeitscreme auf noch leicht feuchter Haut aufgetragen wird.

Je nach Hauttyp und individuellen Vorlieben, was die Darreichungsform (Gel, Creme, Fluid etc.) betrifft, können in der Apotheke u. a. empfohlen werden:

  • von Eucerin die AtopiControl Gesichtscreme und die UreaRepair Tagescreme,
  • von Physiogel die Cremes aus der Daily-Moisture-Therapy-Reihe und
  • von La Roche-Posay die Hydraphase HA-Cremes und die Toleraine-Serie.

 

Sonnenschutz auch für junge Haut ein Muss

Morgens sollte stets ein geeigneter Sonnenschutz die Hautpflegeroutine abschließen. In unseren Breitengraden ist ein Lichtschutzfaktor von mindestens 30 zu empfehlen.  

UV-A-Strahlen sind die Hauptursache für eine vorzeitige Alterung der Haut. Diese Strahlung besteht das ganze Jahr über, demnach ist ein Sonnenschutz auch in den Wintermonaten empfehlenswert.  

Zur Erinnerung: Unterschied zwischen UV-A und UV-B

Die Wirkungen der jeweiligen Strahlungstypen lassen sich vereinfacht mithilfe einer Eselsbrücke merken: UV-A = Alterung und UV-B = Brand/Brennen. 

UV-A-Strahlung verursacht also u. a. die lichtbedingte Hautalterung und UV-B-Strahlung ist verantwortlich für den Sonnenbrand und das Hautkrebsrisiko.

Einen Sonnenschutz zu finden, den man gerne täglich trägt, kann eine schwierige Aufgabe sein. In Sachen Tragekomfort sind die Apothekenprodukte aber meist klar im Vorteil gegenüber Produkten aus der Drogerie. Besonders viel Auswahl bieten La Roche-Posay, Eucerin, Bioderma und Avène.  

Kunden dürfen gerne dazu ermuntert werden, unterschiedliche Sonnenschutzmittel auszuprobieren. Nur in dieser Kategorie kann man durchaus sagen: Viel hilft viel. Das bedeutet: Im Grunde kann man, was die Schutzleistung betrifft, kaum zu viel Sonnenschutz verwenden.  

Basisroutine sicher beherrschen

Mit diesen drei Schritten – Reinigung, Pflege, Sonnenschutz – ist eine gesunde, junge Haut in der Regel gut versorgt. Erst, wenn hier Sicherheit und Routine herrschen sowie die passenden Produkte gefunden worden sind, kann in späteren Jahren und bei neu aufkommenden Hautbedürfnissen über eine Erweiterung der Hautpflegeroutine mit bestimmten Wirkstoffen entschieden werden. Quellen: https://www.theguardian.com/society/2024/mar/20/swedish-pharmacy-bans-sale-of-anti-ageing-skincare-to-children 

Gut zu wissen: Was steckt hinter dem Hautpflege-Trend bei Kindern?

Einer Studie des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel (IKW) unter 14- bis 21-Jährigen zufolge interessieren sich diese bereits früh für Kosmetik. 

Dahinter stecke das Bedürfnis, einem gefühlten Kontrollverlust entgegenzuwirken, den diese in vielen Bereichen ihres täglichen Lebens erlebten. 

Inspiration ziehen junge Menschen überwiegend aus den sozialen Medien. Doch dort vermitteln Bildbearbeitung, perfekte Ausleuchtung und ein starkes Make-up den Eindruck, die Influencer hätten makellose Haut. Auch so kommt es dazu, dass insbesondere Teenager sich für ihre Hautprobleme schämenQuelle: dpa / mia