Darmgesundheit
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„Leaky gut“: Was ist eigentlich ein löchriger Darm?

Junge Frau hält Darm aus Pappe vor den Bauch
Bisher ist nicht geklärt, ob ein Leaky-Gut-Syndrom eine eigenständige Erkrankung ist. | Bild: SewcreamStudio / AdobeStock

Der englische Begriff „leaky gut“ steht für einen durchlässigen Darm, genau genommen ist damit die Barrierefunktion der Schleimhaut des Dünndarms gemeint. Diese Darmbarriere muss durchlässig sein, damit Nahrungsbestandteile vom Darm in den Körper aufgenommen werden können. 

Ist diese Durchlässigkeit nun erhöht, wird von einem „leaky gut“ und häufig auch von einem Leaky-Gut-Syndrom gesprochen. Dazu muss man wissen, dass der Begriff bisher überwiegend in der Alternativmedizin verwendet wird. 

Dort wird das Leaky-Gut-Syndrom für eine Vielzahl unterschiedlicher Beschwerden wie Migräne, Depressionen, Autoimmunerkrankungen oder Diabetes verantwortlich gemacht. Die klassische Schulmedizin ist da deutlich zurückhaltender. 

Mögliche Ursachen für Darmbeschwerden

Suchen Patienten wegen Darm- oder Verdauungsbeschwerden ihren Arzt auf, so wird dieser bei der Suche nach der Ursache auch an eine gestörte Darmbarriere denken und möglicherweise spezielle Untersuchungen durchführen (lassen). 

In einer Stuhlprobe kann beispielsweise der Calprotectin-Wert bestimmt werden. Beim Calprotectin handelt es sich um ein Calcium-bindendes Protein, das bei entzündlichen Veränderungen im Darm in erhöhten Mengen im Stuhl nachgewiesen werden kann. Auf diese Weise können entzündliche Darmerkrankungen von einem Reizdarm-Syndrom unterschieden werden. 

Bei Darmbeschwerden können die Patienten auch auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten hin untersucht werden – meist wird dazu zunächst mit einem Test auf Lactose- oder Fructose-Intoleranz begonnen. 

Bisher ist nicht geklärt, ob ein Leaky-Gut-Syndrom eine eigenständige Erkrankung ist oder im Rahmen anderer Darmbeschwerden auftritt. 

Wie kommt es zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut?

Die Darmschleimhaut bildet die innerste Schicht der Darmwand und dient zur Resorption der Nahrungsbestandteile. Organische Nahrungsbestandteile wie Kohlenhydrate, Proteine und Lipide werden über den transzellulären Transport, also durch die Zellen hindurch, in den Körper aufgenommen. 

Anorganische Mineralien oder Spurenelemente können auch parazellulär, also zwischen den Zellen, resorbiert werden. In diesem Zusammenhang spielen die sogenannten Tight Junctions eine wichtige Rolle. Diese speziellen Proteine dichten den Raum zwischen den Zellen ab und verhindern damit das Eindringen von Molekülen oder Ionen durch den Zellzwischenraum. 

Wird eine Aufnahme von Substanzen gewünscht, können sich die Tight Junctions wie eine Art Klettverschluss öffnen und schließen. Durch entzündliche Darmerkrankungen oder beim Reizdarm-Syndrom kann dieser Mechanismus gestört sein und es kann zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut kommen. Diese Durchlässigkeit kann auch bei Zöliakie, Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie bei viralen und bakteriellen Darminfektionen verändert sein. 

Auf diese Weise können Substanzen in den Körper gelangen, die eine intakte Darmschleimhaut sonst nicht überwinden können. Dabei kann es sich um Bestandteile von Bakterien, mögliche Allergene und Nahrungsmittelbestandteile handeln. 

Der genaue Zusammenhang und die daraus entstehenden Folgen sind bisher noch nicht im Detail verstanden und momentan Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Es gibt derzeit auch noch kein spezielles Messverfahren, um eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut nachweisen zu können. 

Leaky gut: Spielt das Mikrobiom eine Rolle?

Unter dem Darmmikrobiom versteht man die Gemeinschaft günstiger Darmbakterien, diese leisten einen wichtigen Beitrag zur Darmgesundheit. Auch hier steht die Forschung allerdings erst am Anfang und die genaue Zusammensetzung und Funktion des Mikrobioms ist aktuell Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten. 

Das Mikrobiom scheint im Zusammenhang mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut eine Rolle zu spielen, denn es übt eine Schutzfunktion auf die Darmbarriere auf. Ist das Mikrobiom beispielsweise nach Antibiotikagaben geschwächt, kann es eher zu Schäden in der Darmbarriere kommen. 

Gut zu wissen: Wie sinnvoll sind Darmflora-Tests?

Im Internet werden zahlreiche Darmflora-Tests für zu Hause angeboten. Mit ihrer Hilfe soll die Zusammensetzung des Mikrobioms bestimmt werden, um wertvolle Erkenntnisse zum Gesundheitszustand zu erhalten. 

Derartige Untersuchungen stellen jedoch immer nur Momentaufnahmen des Mikrobioms dar und sind schwer auszuwerten. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten rät daher von der Durchführung solcher Tests ab. 

Die Experten weisen zudem darauf hin, dass der genaue Zusammenhang zwischen Mikrobiom, Darmgesundheit und dem Zustand anderer Organe bisher noch nicht ausreichend verstanden ist.

Beeinflusst die Ernährung die Darmschleimhaut?

Zweifelsohne wirkt sich die gängige Ernährungsweise in den Industrieländern mit vielen hochverarbeiteten Nahrungsmitteln, einem geringen Ballaststoffanteil und hohem Zuckergehalt ungünstig auf ein gesundes Mikrobiom aus. 

Gerade bei funktionellen Darmbeschwerden ist es daher sinnvoll, die Aufnahme ballaststoffarmer Fertigprodukte zu reduzieren. Zu einer vollwertigen und gesunden Ernährung gehören vielmehr reichlich Gemüse und Obst sowie ballaststoffreiche Getreideprodukte und Hülsenfrüchte. 

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 30 Gramm Ballaststoffen. Dies kann durch Aufnahme von drei Portionen Gemüse oder Hülsenfrüchte und zwei Portionen Obst erreicht werden. Eine Portion Obst kann dabei auch durch Nüsse ersetzt werden. 

Eine kleine Portion Milch- und Milchprodukte soll täglich auf dem Speiseplan stehen, ein- bis zweimal die Woche können auch Fisch und fettarme Fleischprodukte dazukommen. 

Für einen gesunden Darm auf Lebensmittelzusatzstoffe verzichten

Zusatzstoffe wie Emulgatoren und Stabilisatoren stehen in Verdacht, entzündliche Veränderungen im Darm zu fördern und damit möglicherweise die Zellen der Darmschleimhaut zu schädigen. 

Wer statt hochverarbeiteten Lebensmitteln auf frische Nahrung zurückgreift, ist dahingehend aber auf der sicheren Seite. Empfehlenswert für ein gesundes Mikrobiom sind auch fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir oder Sauerkraut. Diese enthalten Milchsäurebakterien und können damit die Vielfalt der Darmflora bereichern.

Ausgewogene Ernährung beim „leaky gut“

Ein gesundes Mikrobiom wirkt sich positiv auf die Darmgesundheit aus und kann dadurch auch einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut vorbeugen. Alle oben vorgestellten Ernährungsempfehlungen sind daher auch bei einem möglichen „leaky gut“ sinnvoll. Quellen
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2023/daz-6-2023/wohngemeinschaft-darm
https://www.cerascreen.de/blogs/gesundheitsportal/leaky-gut-syndrom?refURL=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F
https://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/was-ist-dran-am-loechrigen-darm-137066/
 

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