Schwanger: Was hilft bei Übelkeit und Erbrechen?
![Schwangere Frau hält sich Hand vor den Mund und die andere an den Bauch](https://d1q8ayifrecoel.cloudfront.net/public/93fb7659cec61d1e83ca3ef6c3d0d583f3743d12/Frau-schwanger-%C3%9Cbelkeit-Quelle-Prostock-studio-AdobeStock_510862879-2000x1124-1200x674.webp)
Übelkeit (Nausea) und Erbrechen (Emesis) werden durch bestimmte Reize ausgelöst, die vom Brechzentrum im Gehirn verarbeitet werden. Diese Information wird anschließend an den Magen weitergeleitet, wodurch es zu einer unwillkürlichen Magenentleerung kommt.
Anzeichen für ein baldiges Erbrechen sind Übelkeit, Ekel, gesteigerter Speichelfluss und ein ausgeprägter Würgereiz. Während des Brechvorgangs treten häufig Blässe und Kaltschweiß auf, anschließend zeigen sich Abgeschlagenheit und Erschöpfung.
Schwangerschaftsübelkeit von anderen Erkrankungen abgrenzen
Für die Beratung in der Apotheke ist es wichtig, durch gezielte Befragung herauszufinden, ob die Beschwerden aufgrund der Schwangerschaft auftreten oder durch einen anderen Auslöser hervorgerufen werden. Dazu zählen beispielsweise
- Magen-Darm-Infekte,
- Lebensmittelvergiftung,
- Migräne,
- Hitzschlag,
- Magenüberdehnung nach einer üppigen Mahlzeit,
- Nervosität,
- Reiseübelkeit,
- Entzündungen,
- Reizungen der Schleimhaut in Rachen und Speiseröhre,
- bestimmte Medikamente oder
- Intoxikationen.
Die Behandlung richtet sich individuell nach dem Auslöser und geht dabei häufig über eine antiemetische Monotherapie hinaus.
Welche Arten von Schwangerschaftsübelkeit gibt es?
Die Ursachen der Schwangerschaftsübelkeit (Emesis gravidarum) sind noch nicht abschließend bekannt. Neben der hormonellen Umstellung spielen wahrscheinlich weitere Faktoren eine Rolle, wie z. B. genetische Disposition, Blutzuckerschwankungen oder auch Stress.
Übelkeit und Erbrechen können zu allen Tageszeiten – gehäuft allerdings morgens – auftreten. Die Beschwerden zeigen sich meist im ersten Trimenon zwischen der 9. und 16. Schwangerschaftswoche. Einige Frauen leiden allerdings auch bis zur Geburt unter Übelkeit und Erbrechen. Schätzungsweise treten die Symptome bei mehr als 50 % aller Schwangeren auf.
Zur Erinnerung: Schwangerschaftswochen vs. Trimenon
Eine normale Schwangerschaft dauert circa neun Monate, was ungefähr 40 Wochen entspricht. Die Einteilung dieser Zeitspanne erfolgt sowohl anhand von Schwangerschaftswochen als auch in Form von Schwangerschaftsdritteln:
- Das erste Drittel (Trimenon) besteht aus Schwangerschaftswoche 1 bis 12,
- das zweite Trimenon beinhaltet Schwangerschaftswoche 13 bis 28 und
- das dritte und letzte Trimenon umfasst Schwangerschaftswoche 29 bis 40.
Die leichte Form der Schwangerschaftsübelkeit ist unbedenklich und stellt in der Regel kein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind dar. Sie kann im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden. Zu den Haupttherapiezielen gehören neben der Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität auch die Vermeidung von Komplikationen.
Davon abzugrenzen ist die schwere Form der Schwangerschaftsübelkeit, die auch als Hyperemesis gravidarum bezeichnet wird. Sie kommt sehr selten vor und ist durch schweres und häufiges Erbrechen, Verweigerung von Nahrungsaufnahme sowie Flüssigkeits- und Gewichtsverlust charakterisiert. Bei vielen Frauen, die unter Hyperemesis gravidarum leiden, ist eine intravenöse Flüssigkeitssubstitution im Krankenhaus notwendig.
Gut zu wissen: Schwangerschaftserbrechen – wann zum Arzt?
Schwangere sollten bei Unsicherheiten bezüglich der auftretenden Symptome immer das Gespräch mit dem behandelnden Arzt suchen.
Tritt Erbrechen ohne vorangegangene Übelkeit, in starker Intensität bzw. mehr als viermal täglich auf oder bestehen die Symptome bereits seit zwei Tagen, sind die Grenzen der Selbstmedikation erreicht.
Kundinnen, die zusätzlich an Fieber, Krämpfen, kolikartigen Schmerzen, Gewichtsabnahme, anhaltender Appetitlosigkeit, erhöhtem Flüssigkeitsverlust oder einem schlechten Allgemeinzustand leiden, sollten grundsätzlich an einen Arzt verwiesen werden.
Bei Übelkeit und Erbrechen: Kleine Mahlzeiten, frische Luft und Rehydrierung
Schwangere profitieren von der Aufnahme regelmäßiger kleiner Mahlzeiten, die über den Tag verteilt verzehrt werden sollten. Dadurch bleibt der Blutzuckerspiegel gleichmäßig und eine Magenüberdehnung wird vermieden, wodurch Übelkeit vorbeugt wird. Die Speisen sollten mild gewürzt, leicht und gut bekömmlich sein.
Ebenso sind Teemischungen mit Melissenblättern, Lavendel- und Kamillenblüten, die den Magen beruhigen, zu jeder Tageszeit empfehlenswert. Auch kann ein Spaziergang an der frischen Luft die Beschwerden zusätzlich verbessern.
Bei einem Magen-Darm-Infekt oder einer Nahrungsmittelunverträglichkeit sollte der Fokus zusätzlich auf Schonkost gelegt werden, bei nervöser Übelkeit auf Entspannung und Stressreduktion. Ergänzend können Wärmeauflagen die Beschwerden vermindern.
Bei häufigem Erbrechen sollte eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution erfolgen. Dafür eignen sich Elektrolytlösungen aus der Apotheke, die neben Glucose auch Kaliumchlorid, Natriumchlorid und Citrate in einem abgestimmten Verhältnis beinhalten. Das Pulver wird in abgekochtem, abgekühltem Wasser aufgelöst oder mit Tee vermischt. Geeignete Produkte aus der Apotheke sind beispielsweise Elotrans® und Elytro®, die auch in der Schwangerschaft angewendet werden dürfen.
Vitamin B6 bei Übelkeit in der Schwangerschaft
In Studien konnte ein regulierender Effekt von Vitamin B6 (Pyridoxin) auf den veränderten Hormonhaushalt während der Schwangerschaft festgestellt werden. Außerdem scheint es einen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-B6-Spiegel im Blut und der Häufigkeit von Übelkeit und Erbrechen zu geben.
Präparate wie z. B. Folio® nausema, Vitamin B6 Hevert® und Vitamin B6 20 mg Jenapharm® verbessern insbesondere in Kombination mit einer medikamentösen antiemetischen Behandlung das Übelkeitsgefühl.
Gut zu wissen: Schwangerschaftsvitamine können Übelkeit verstärken
In der Beratung sollten PTA die Schwangeren fragen, ob ein Nahrungsergänzungsmittel mit Schwangerschaftsvitaminen eingenommen wird. Denn: Einige Präparate bestehen aus einer Vielzahl von Mikronährstoffen, die insbesondere im ersten Trimenon die Übelkeit verstärken können, da sie den Magen zusätzlich belasten.
Empfehlenswert ist dann ein Wechsel des Produkts auf eines, das ausschließlich Folsäure oder nur wenige weitere Mikronährstoffe enthält.
Ingwerwurzelstock bei Übelkeit in der Schwangerschaft?
Der Einsatz von Ingwer kann zwar das Gefühl von Übelkeit verbessern, aber das Erbrechen selbst nicht verhindern. Die enthaltenen Scharfstoffe und ätherischen Öle sind hauptsächlich für die Wirksamkeit verantwortlich.
Auch wenn bislang in Studien weder ein teratogenes Risiko noch eine erhöhte Rate an Fehlgeburten festgestellt wurde, gibt es aufgrund inkonsistenter Datenlage derzeit kein zugelassenes Ingwerpräparat in der Schwangerschaft auf dem Markt. Das gilt auch für das Arzneimittel Zintona® (enthält 250 mg Ingwerwurzelstock-Pulver pro Kapsel), welches ausschließlich für die Anwendung bei Reiseübelkeit zugelassen ist.
Laut dem Portal Embryotox ist die Anwendung von Ingwerwurzelstock dennoch in allen Phasen der Schwangerschaft unbedenklich und stellt eine sinnvolle Ergänzung zu anderen antiemetischen Therapien dar.
Antihistaminika der ersten Generation nicht in der Selbstmedikation
Antihistaminika der ersten Generation wirken an zentralen H1-Rezeptoren im Gehirn, weshalb sie einen antiemetischen Effekt aufweisen. Die apothekenpflichtigen Wirkstoffe Diphenhydramin (z. B. Emesan®, Vivinox®) und Dimenhydrinat (z. B. Vomacur®, Vomex®) dürfen im Rahmen der Selbstmedikation nicht an Schwangere abgegeben werden, da die Gefahr von Überdosierungen besteht. Die Wirkstoffe sind ausschließlich nach einer ärztlichen Beratung möglich und wenn andere Maßnahmen nicht greifen.
Eine Anwendung ist im ersten Trimenon möglich, sollte aber zum Ende der Schwangerschaft aufgrund der wehenfördernden Wirkung nicht mehr erfolgen.
Doxylamin mit Vitamin B6: Zulassung in der Schwangerschaft
Zur Therapie von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft sind Cariban® und Xonvea® zugelassen. Beide Arzneimittel enthalten das H1-Antihistaminikum der ersten Generation Doxylamin in Kombination mit Vitamin B6. Sie sind verschreibungspflichtig und kommen dann zum Einsatz, wenn Veränderungen im Lebensstil die Symptomatik nicht ausreichend verbessern. Empfohlen wird die Einnahme von zwei bis maximal vier Tabletten täglich.
Typische Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit und Müdigkeit, wobei sich aufgrund der anticholinergen Wirkung andere Erkrankungen wie Bluthochdruck, Engwinkelglaukom oder eine Schilddrüsenfunktionsstörung verschlechtern können.
Außerdem sollten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachtet werden. So kann beispielsweise die gleichzeitige Einnahme mit Alpha-Methyldopa – einem Blutdrucksenker, der häufig in der Schwangerschaft eingesetzt wird – den schlaffördernden Effekt verstärken. Das Präparat sollte aufgrund der wehenfördernden Wirkung nicht in den letzten Wochen vor der Geburt angewendet werden. Quellen:
- https://online-academy.ch/de/learning-objects/tile/details/kurs769/module794
- Lennecke, Hagen, Selbstmedikation für die Kitteltasche, Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung, 7. Auflage, 2021, Deutscher Apotheker Verlag
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/11/29/schwangerschaftsuebelkeit-lindern-durch-arzneimittel-und-akkupunktur
- https://www.embryotox.de/arzneimittel/details/ansicht/medikament/ingwer