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Wie Muttermilch entsteht

Junge Frau in Weiß gibt Säugling die Brust
Die Milchbildung startet unmittelbar nach der Geburt mit der Ausscheidung der Plazenta. | Bild: JenkoAtaman / AdobeStock

Muttermilch ist die natürliche Nahrung für Säuglinge. Neben Nährstoffen enthält Muttermilch eine Vielzahl von immunmodulatorischen, antientzündlichen und antimikrobiellen Stoffen, die dazu beitragen, kurz- und langfristig Krankheitsrisiken zu reduzieren und die kognitive und psychomotorische Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen.

Die Weltstillwoche auf PTAheute.de

Stillen ist ein großes Thema für frisch gebackene Mütter nach der Geburt ihres Kindes. Denn: Stillen ist für die Gesundheit des Neugeborenen und der Mütter wichtig.

Seit 1991 wird jährlich in über 120 Ländern die Weltstillwoche begangen. Sie findet immer in der 40. Kalenderwoche eines Jahres statt und markiert damit symbolisch das Ende einer Schwangerschaft (40 Wochen) und den Beginn der Stillzeit. In diesem Jahr macht die Weltstillwoche unter dem Motto „Stillfreundliche Strukturen. Für alle.“ auf fehlende stillfreundliche Rahmenbedingungen für Mütter aufmerksam.

Auf PTAheute.de unterstützen wir diese Aktion mit ausgesuchten Beiträgen zur Weltstillwoche.

Wir erklären, wie Muttermilch entsteht, stellen Alltagshelfer für das Stillen und Stillhilfsmittel bei wunden Brustwarzen vor. Außerdem finden Sie Informationen zu Nahrungsmitteln in der Stillzeit, Brusternährungssets und welche Arzneimittel in der Stillzeit kontraindiziert sind.

Wir beschäftigen uns außerdem mit dem Problem, wenn Stillen zur Belastung wird, dem Thema Säuglingsnahrung sowie den Auswirkungen des Stillens auf das Leukämie-Risiko und das Mikrobiom des Kindes.

Übrigens: Haben Sie in der Apotheke eine Ecke für Mütter zum Stillen oder wollen eine einrichten? Dann können Sie sich bei uns entsprechende Stillplakate downloaden und damit in der Apotheke Aufmerksamkeit erzeugen.

Milchbildungsphase 1: Differenzierung der Brustdrüsen

Die Milchbildung bei der Frau läuft in verschiedenen Phasen ab. Die erste Phase der Milchbildung ist die Laktogenese I. Hier differenzieren sich die Brustdrüsen während der Schwangerschaft zur Produktion von Milch. Etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche bilden die Milchdrüsen Kolostrum. Die Laktogenese I wird endokrin, also hormonell gesteuert.

Milchbildungsphase 2: Bildung reifer Muttermilch

Die anschließende Phase, die Laktogenese II, beginnt mit der Geburt, genauer gesagt mit der Ausscheidung der Plazenta. In dieser Phase wird die Bildung der weißen, reifen Muttermilch initiiert. Der Übergang vom Kolostrum zur Bildung reifer Muttermilch dauert 7 bis 14 Tage.  

Die Bildung reifer Muttermilch startet immer durch eine endokrine Steuerung, d. h. unabhängig davon, ob das Kind angelegt wird oder nicht. Ab dem 3. bis 4. Tag nach der Geburt lässt die Bildung reifer Muttermilch allerdings nach, wenn die Milch aus der Brust nicht entfernt wird. Die Milchdrüsen bilden sich dann zu ihrem inaktiven Stadium zurück (Involution). Daher ist es wichtig, dass die Brust in den ersten Stunden und Tagen nach der Geburt häufig (d. h. 8- bis 12-mal am Tag) entleert wird.  

Bei ungünstigen Verläufen (Kaiserschnitt, schwere oder langwierige Geburten, Medikationen während der Geburt, zu spätes oder zu seltenes Anlegen, schläfriges Baby, Zufüttern des Babys, Schnuller-Verwendung, Frühgeburten, Diabetes-Erkrankung der Mutter usw.) und/oder wenn das Baby an der Brust nicht effektiv genug trinken kann, verzögert sich die Laktogenese II, d. h. reife Muttermilch wird zu spät bzw. in zu kleinen Mengen gebildet. 

In dieser Phase beginnen häufig die Probleme mit der Milchbildung und damit die Stillprobleme. Aber auch wenn der Start nicht optimal verläuft, lässt sich die Milchmenge meist noch steigern.

Milchbildungsphase 3: Angebot und Nachfrage

Die Laktogenese III ist die Aufrechterhaltungsphase, in der die Milchbildung nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage „autokrin“ reguliert wird. Die Milchmenge wird im Wesentlichen durch den Appetit des Kindes bestimmt, sofern es uneingeschränkt nach Bedarf angelegt wird. Das heißt, grundsätzlich wird so viel Milch gebildet, wie aus den Brüsten entnommen wird.  

In den ersten 3 bis 6 Wochen nach der Geburt wird die Milchbildung auf den individuellen Bedarf des Babys eingestellt. Die meisten Babys trinken in den ersten 6 Monaten 700 bis 900 ml pro Tag (und zwar über den gesamten Zeitraum gleich viel und nicht zunehmend, wie oft vermutet). 

Allerdings ist die Spannweite enorm und die Menge unterscheidet sich teilweise bis um das Dreifache: So verzehren manche gesunde Babys weniger als 500 ml Muttermilch pro Tag, andere hingegen über 1.300 ml.  

Manchmal bilden die Brüste am Anfang mehr Milch, als das Baby benötigt, und die Milchbildung reguliert sich im Laufe der Wochen herunter. Bei anderen Müttern muss die Milchbildung wiederum hochreguliert werden, um den Bedarf des Säuglings zu decken. Das milchbildende Brustdrüsengewebe kann sich in dieser Zeit noch vermehren.

Hormonabhängige Milchbildung

Die Milchbildung passt sich – wie bereits erwähnt – an den Bedarf des Säuglings an. Dies wird durch die beiden Hormone Prolaktin und Oxytocin gesteuert.  

Prolaktin wird in den laktotropen Zellen im Hypophysenvorderlappen gebildet und in den Blutkreislauf abgegeben. Die Rezeptoren der Laktozyten, die in den Alveolen liegen, binden das Prolaktin und stimulieren diese, Proteine und Zucker aus dem Blutkreislauf in Muttermilch umzuwandeln. Durch den Hautkontakt sowie das Saugen wird eine weitere Prolaktinausschüttung in der vorderen Hypophyse stimuliert.  

Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet und über die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) in die Blutbahn abgegeben. Während des Stillens bewirkt es, dass Milch durch die Milchkanälchen und Milchgänge transportiert wird. 

Oxytocin ist für diverse menschliche Verhaltensmuster wichtig: die sexuelle Erregung, die Fähigkeit, Sympathie zu zeigen, Vertrauen aufzubauen oder Angst zu empfinden, und die Entwicklung der Mutter-Kind-Bindung. Deshalb wird es auch als „Kuschelhormon“ bezeichnet.

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