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ganz natürlich: Geburtserleichternde Maßnahmen: Gut vorbereitet in den Endspurt

Foto: RichLegg – iStockphoto.com

Von Dr. Elke Hinderer

Eine natürliche, vaginale Geburt verläuft in mehreren Phasen und kann in ihrer Dauer stark variieren. Die durchschnittliche Gesamtdauer einer natürlichen Geburt liegt beim ersten Kind zwischen 12 und 18 Stunden und sinkt bei weiteren Geburten auf durchschnittlich 7 bis 15 Stunden, wobei generell die Varianz der Dauer sehr groß ist. Verständlicherweise versuchen sich sehr viele Schwangere in den letzten Wochen vor der Geburt an verschiedenen Methoden, die die Geburt erleichtern, beziehungsweise verkürzen sollen.

Abwarten und Tee trinken?

Traditionell wird Himbeerblättertee seit langem zur Geburtsvorbereitung verwendet und von sehr vielen Hebammen empfohlen. Wenn der Tee über mehrere Wochen vor der Geburt regelmäßig getrunken wird, soll er unter anderem die Durchblutung der Gebärmutter verbessern und den Muttermund weich machen. Der Tee wird üblicherweise ab der 34. Schwangerschaftswoche in einer Menge von einer bis vier Tassen pro Tag empfohlen, wobei die Menge langsam gesteigert wird. Im Tierversuch wurden mit Himbeerblättertee zwar Effekte am Oxytocinrezeptor beobachtet, diese waren aber abhängig von der Phase der Schwangerschaft und von der Zubereitungsmethode. Für einzelne Inhaltsstoffe konnte ebenfalls im Tierversuch eine entspannende Wirkung auf die glatte Muskulatur des Darms gezeigt werden. Systematische Studien hierzu am Menschen, die eine Wirkung von Himbeerblättertee belegen, gibt es nicht. Oft empfehlen Hebammen in den Wochen vor der Geburt auch Teemischungen, die neben Himbeer- zusätzlich Brombeerblätter, Frauenmantel und/oder Schafgarbe enthalten. Für diese Tees gibt es zwar keine wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit, es spricht aber auch nichts gegen eine Anwendung, solange auf eine entsprechende Qualität ohne Pestizide oder andere Schadstoffe geachtet wird.

Das Wichtigste in Kürze

  • Von Hebammen wird sehr häufig das Trinken von Himbeerblättertee in den letzten vier Wochen der Schwangerschaft empfohlen, ebenso eine Massage des Damms oder Heublumendampfbäder.
  • Die sogenannte Louwen-Diät zur Vorbereitung der Geburt stellt zwar eine gesunde Ernährungsform dar, hat aber keinen direkten Einfluss auf die Dauer der Geburt. Der regelmäßige Verzehr von sechs bis sieben Datteln täglich im letzten Schwangerschaftsmonat scheint dagegen den Geburtsverlauf positiv beeinflussen zu können.
  • Eine gute körperliche Fitness und emotionale Unterstützung während der Geburt durch eine Begleitperson können statistisch die Geburtsdauer senken und die Rate medizinischer Interventionen während der Geburt verringern.

Süße Steinfrüchte

In den letzten Jahren wurden einige Studien zum Verzehr von Datteln in der Schwangerschaft und deren Effekte auf die Geburt durchgeführt. Diese deuten darauf hin, dass in den letzten vier Wochen einer Schwangerschaft das tägliche Essen von sechs bis sieben Datteln positive Auswirkungen auf den Geburtsverlauf haben kann. So zeigten sich eine höhere Rate an spontan einsetzenden Wehen, ein geringerer Bedarf an wehenfördernden Medikamenten und eine kürzere Eröffnungsphase (Zeit bis zum vollständig geöffneten Muttermund). Wie die Inhaltsstoffe der Datteln mit den Ergebnissen in Zusammenhang stehen, kann bis dato noch nicht eindeutig beantwortet werden, es gibt jedoch verschiedene Hypothesen zu diesen Wirkungen. Datteln enthalten unter anderem Serotonin, Vorstufen von Prostaglandinen, Tannine und einen hohen Gehalt an Zucker, Vitaminen und Mineralstoffen. Der Dattelkonsum könnte so die Prostaglandinproduktion und damit die Wehentätigkeit fördern. Der Einfluss von Serotonin auf die Kontraktion glatter Muskulatur könnte darüber hinaus Einfluss auf die Effektivität der Wehentätigkeit nehmen. Da jedoch die meisten Studien in Ländern durchgeführt wurden, in denen Datteln kulturell sehr bedeutsam sind, kann natürlich auch ein Placeboeffekt nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt scheinen sechs bis sieben Datteln pro Tag im letzten Schwangerschaftsmonat eine sichere Methode zu sein, die eventuell vorteilhaft sein kann. Datteln enthalten allerdings sehr viel Zucker und damit eine hohe Energiemenge. Sie sollten daher nicht zusätzlich zur üblichen Nahrungsmenge über einen längeren Zeitraum konsumiert werden, ohne dass die Kalorien an anderer Stelle eingespart werden. Besonders Diabetikerinnen oder Frauen mit Fructoseintoleranz oder Fructosemalabsorption sollten den hohen Zuckergehalt vor dem Verzehr berücksichtigen und vorher mit ihrem Arzt besprechen.
Studien zeigen einen leichten positiven Einfluss auf den Geburtsverlauf, den der Konsum von einigen Datteln im letzten Schwangerschaftsmonat haben könnte. | Foto: lisa870/AdobeStock

Geburtsdiät sinnvoll?

Ein aktueller Trend unter Schwangeren ist die sogenannte Louwen-Diät. Der Begriff Diät steht hier im eigentlichen Wortsinn für eine spezielle Ernährungsform, die nach einem Frankfurter Professor benannt wurde. Sie beabsichtigt keine Gewichtsabnahme. Ziel dieser Ernährungsempfehlung für die letzten sechs bis acht Wochen vor der Geburt ist eine positive Beeinflussung des Geburtsverlaufs durch eine Reduzierung von Zucker und schnell verfügbaren Kohlenhydraten. Die Louwen-Diät empfiehlt hauptsächlich einen Verzicht von Zucker und Weißmehlprodukten sowie den Verzehr von Lebensmitteln mit niedrigem glykämischen Index. Professor Louwen stellte die Hypothese auf, dass Insulin und Prostaglandine im Körper um denselben Rezeptor konkurrieren und dass aus diesem Grund ein niedriger Insulinspiegel im Körper die positiven Wirkungen der Prostaglandine im Geburtsverlauf unterstützt, wohingegen hohe Insulinspiegel die Wirkungen der Prostaglandine negativ beeinflussen sollen. Wissenschaftlich ist diese Rezeptortheorie eindeutig widerlegt, da Insulin an einen spezifischen Tyrosinkinase-Rezeptor bindet, während Prostaglandine mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren interagieren, die sich stark vom Insulinrezeptor unterscheiden. Bis heute gibt es keine wissenschaftlichen Belege für eine direkte Interaktion von Insulin mit Prostaglandinrezeptoren, die Grundlagenhypothese dieser Ernährungsform ist nicht haltbar. Eine gesunde Ernährung in der Schwangerschaft mit viel Gemüse und Vollkornprodukten ist jedoch, wie sie auch mit dieser Diätform propagiert wird, durchaus empfehlenswert. Mütterliches Übergewicht kann mit einem höheren Geburtsgewicht des Kindes und damit auch mit erschwerten Geburten assoziiert sein.

Fitness unterschätzt

Eine Geburt ist körperliche Schwerstarbeit für die werdende Mutter. Aus diesem Grund sollten Schwangere, so weit möglich, körperlich aktiv bleiben und geeigneten Sport treiben. Sportliche Frauen mit einem belastbaren Herz-Kreislauf-System und gut trainierten Muskeln haben nachweisbar statistisch kürzere Geburtszeiten, brauchen weniger Schmerzmittel und haben eine niedrigere Kaiserschnittrate. Zusätzlich erholen sie sich im Wochenbett schneller von der Geburt und haben ein geringeres Risiko für Inkontinenz und postpartale Depressionen. Wird bereits vor der Schwangerschaft regelmäßig Sport betrieben und die körperliche Aktivität auch in der Schwangerschaft in angepasster Form beibehalten, senkt dies nicht nur das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen wie Gestationsdiabetes, Bluthochdruck oder Gestosen, sondern verringert langfristig das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen des Kindes durch epigenetische Programmierung. Besonders geeignet sind gelenkschonende Ausdauersportarten wie Walken, Radfahren oder Schwimmen. Von Gynäkologen verordnete Ruhephasen und Verbote sollten aber unbedingt eingehalten werden.
Die Louwen-Diät verspricht einen besseren Geburtsverlauf durch eine gesunde Ernährung mit wenig schnell verfügbaren Kohlenhydraten und wenig Zucker. Ein wissenschaftlicher Beweis für einen positiven Effekt fehlt bisher. | Foto: anh-nguyen – unsplash.com

Nadeln in der Vorbereitung

Eine weit verbreitete Methode in der Geburtsvorbereitung ist die Akupunktur. Durch die Stimulation spezieller Punkte in den letzten Schwangerschaftswochen soll unter anderem die Wehentätigkeit koordinierter ablaufen und damit die Geburtsdauer verkürzt werden. Es gibt Hinweise, dass Akupunktur den Bedarf an Wehen- und Schmerzmitteln während der Geburt verringern kann und durch psychologische Effekte die Angst der Mutter verringert, was wiederum zur besseren Entspannung beiträgt. Die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit dieser Methode ist uneinheitlich, sie scheint aber bei Frauen ohne Nadelphobie keine Nachteile zu haben. Die Akupunktur sollte ausschließlich von qualifizierten Fachkräften wie speziell ausgebildeten Gynäkologen oder Hebammen durchgeführt werden.

Dammmassage und Dampfbäder

Als Damm wird bei Frauen der Bereich zwischen Vulva und After bezeichnet. Dieser vor allem aus Bindegewebe und Beckenbodenmuskulatur bestehende Bereich wird im Verlauf der Geburt durch den Durchtritt des Kopfes oder der Schultern des Säuglings stark gedehnt. Manchmal kann der Damm während des Geburtsvorgangs reißen oder wird durch Fachpersonal angeschnitten, um die Geburt des Babys zu ermöglichen. Hebammen empfehlen in den letzten vier bis sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin eine regelmäßige Massage des Damms, um das Gewebe möglichst elastisch zu machen und einem Riss vorzubeugen. Dies ist besonders wichtig, wenn als Folge einer früheren Geburt Narbengewebe am Damm vorhanden ist. Geeignete Öle für die Massage sind z. B. Johanniskrautöl (Rotöl), Nachtkerzenöl, Weizenkeimöl oder spezielle Mischungen wie das Dammmassageöl nach Ingeborg Stadelmann, das neben fetten Ölen noch die ätherischen Öle Rose und Muskatellersalbei enthält. Diese zwei ätherischen Öle können im Rahmen der Aromatherapie auch ein- bis dreiprozentig zu geeigneten Ölen für die Dammmassage hinzugefügt werden. Muskatellersalbei werden unter anderem entspannende und Rose unter anderem schmerzlindernde Wirkungen zugeschrieben. Zusätzlich können Schwangere ab der 38. Schwangerschaftswoche auch einmal wöchentlich Sitzdampfbäder mit Heublumen (Graminis flos) machen. Dies wird von Hebammen traditionell zur Lockerung des Beckenbodens empfohlen.

Wie erkläre ich es meinen Kunden?

  • „Für die Zubereitung des Himbeerblättertees brühen Sie pro Tasse einen Teelöffel Himbeerblätter mit knapp 200 ml kochendem Wasser auf und lassen ihn 10 bis 15 Minuten ziehen.“
  • „Sie benötigen für ein Sitzdampfbad ungefähr 30 bis 50 g Heublumen, die Sie mit einem Liter kochendem Wasser aufgießen und circa 20 Minuten ziehen lassen. Ich kann Ihnen auch einen Toiletteneinsatz für Sitzdampfbäder bestellen.“

Unterstützung

Werdende Mütter sollten sich bereits vor der Geburt darüber Gedanken machen, welche vertrauten Personen sie bei der Geburt dabeihaben möchten und in welcher Umgebung diese idealerweise ablaufen soll. Eine kontinuierliche emotionale Unterstützung während der Geburt scheint sich positiv sowohl auf den Geburtsverlauf als auch auf die Dauer der Geburt auszuwirken. Eine Studie zeigte, dass Frauen mit Angst vor der Geburt längere Geburtszeiten haben und dass dann häufiger medizinische Interventionen erforderlich sind. Unterstützende Personen während der Geburt, wie z. B. Partner(in), Freunde, Hebammen, Doulas und Familienmitglieder, können Ängste nachweisbar reduzieren, das Vertrauen in die eigenen Kräfte stärken und so letztlich zu einem positiven Geburtserlebnis beitragen. •

Dr. Elke Hinderer

Apothekerin,

Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie

Taufkirchen

autor@ptaheute.de