Rezeptur
Praxiswissen
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Dronabinol-Rezepturen: Was ist zu beachten?

Kleine Flasche mit Dronabinol-Tropfen
Seit dem 1. April 2024 zählt Dronabinol nicht mehr zu den Betäubungsmitteln. | Bild: IMAGO / Sommer

Die Hanfpflanze Cannabis sativa enthält mehrere pharmakologisch interessante Inhaltsstoffe. Am bekanntesten dürfte dabei das Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Gruppe der Cannabinoide sein. Dronabinol ist dabei die chemische Bezeichnung für das trans-Isomer des Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) und wird medizinisch 

  • zur Behandlung von Chemotherapie-induziertem Erbrechen,
  • als Muskelrelaxans bei Multipler Sklerose (MS),
  • zur Appetitsteigerung und
  • teilweise auch als Analgetikum bei chronischen Schmerzen

eingesetzt. 

Kein Betäubungsmittelrezept mehr für Dronabinol

Seit dem 1. April diesen Jahres zählt Dronabinol nicht mehr zu den Betäubungsmitteln, bleibt aber weiterhin verschreibungspflichtig. Der Grund ist, dass zu diesem Datum das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) in Kraft getreten ist. 

Dieses neue Gesetz regelt nun, dass Cannabis und auch Dronabinol nicht mehr in der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zu finden sind. Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) ist daher nicht mehr anzuwenden. 

Dronabinol-Rezepturen können nun, wie alle anderen Rezepturen auch, auf einem E-Rezept ausgestellt werden. 

Gut zu wissen: Genehmigung weiter erforderlich

Zur Therapie schwerwiegender Erkrankungen können Patienten Cannabis zu medizinischen Zwecken und Arzneimittel mit Dronabinol zu Lasten der Gesetzlichen Krankenkassen verordnet bekommen. 

Vor der ersten Verordnung muss weiterhin eine Genehmigung der Behandlung durch die entsprechende Krankenkasse erfolgen. Diese Genehmigung beantragt der behandelnde Arzt, die Apotheke hat dahingehend keine Prüfpflicht.

Nach § 14 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ist die Apotheke verpflichtet bei der Kennzeichnung von Rezepturen eine schriftliche Gebrauchsanweisung auf das Etikett zu schreiben. Fehlt diese Gebrauchsanweisung auf der Verschreibung, so gilt die Rezeptur als nicht plausibel und darf erst hergestellt werden, wenn die Unklarheit durch Rücksprache mit dem Arzt geklärt wurde. 

Bei fehlender Gebrauchsanweisung riskiert die Apotheke zudem eine Retaxation.

So erfolgt die Identitätsprüfung bei Dronabinol

Dronabinol kann von verschiedenen Firmen als Ausgangsstoff bezogen werden. Mittlerweile ist auch ein öliges Dronabinol-Konzentrat 500 mg/ml erhältlich. Bei diesem Rezepturkonzentrat liegt Dronabinol in Palmitoylascorbinsäurehaltigen Mittelkettigen Triglyceriden in flüssiger Form vor und kann für Lösungen ohne Anwendung von Wärme verarbeitet werden. 

Wie alle Rezepturgrundstoffe auch muss Dronabinol vor seiner Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln auf Identität geprüft werden. Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als farblose bis hellgelbe ölige Flüssigkeit oder harzartige Masse vor und wird in einer Glasspritze geliefert. 

Beim Umgang mit Dronabinol ist zügiges Arbeiten erforderlich, da der Wirkstoff oxidations- und lichtempfindlich ist. Eine violette Verfärbung ist ein Hinweis auf eine bereits stattgefundene Oxidation. Bei nur geringer Färbung an der Oberfläche muss nur der gefärbte Anteil verworfen werden, bei deutlich violett gefärbten Zonen der ganze Inhalt der Spritze. 

Um Dronabinol aus der Spritze entnehmen zu können, muss die Rezeptursubstanz zunächst erwärmt werden. Zur Überprüfung der Identität ist im DAC eine Alternative Prüfvorschrift zur Identifizierung von Ausgangsstoffen zu finden. Demnach kann Dronabinol mit Hilfe der Dünnschichtchromatographie nach DAC Probe 10 oder 11 identifiziert werden. 

Prüfung der Identität von Dronabinol auch mittels Schnellteststreifen?

Zur Identitätsprüfung kann auch ein immunchemischer Schnelltest genutzt werden, dieser kann zusammen mit der Rezeptursubstanz erworben werden. Ob ein solcher Test zur Feststellung der Identität ausreicht, sollte zuvor mit dem zuständigen Pharmazierat geklärt werden. 

Ein Testkit enthält neben dem Teststreifen noch eine sterile Kanüle zur Entnahme von Dronabinol sowie ein passendes Reaktionsgefäß. Um den Test durchführen zu können, muss der Wirkstoff in der Glasspritze zunächst verflüssigt werden. Dazu wird die Gummikappe der Spritze entfernt und diese langsam mit dem Fön auf rund 60 bis 70 °C erwärmt. Sobald das Dronabinol aus der Glasspritze zu quellen beginnt, kann die Kanüle mit wenig Wirkstoff benetzt werden. 

Nun wird das Reaktionsgefäß mit 100 µl Ethanol 96 % (V/V) gefüllt, die Kanüle eingetaucht und leicht geschwenkt. Anschließend kann die Lösung mit Gereinigtem Wasser auf 1 ml aufgefüllt werden. 

Nachdem der Teststreifen senkrecht für zehn bis 15 Sekunden in die Untersuchungslösung getaucht wurde, kann bereits nach fünf Minuten das Ergebnis abgelesen werden. Bei positivem Ergebnis erscheint eine rote Linie im Kontrolllinienbereich (C) und im Testlinienbereich (T) darf keine Linie zu sehen sein. Die Identität von Dronabinol ist dann nachgewiesen. Erscheinen allerdings zwei Linien, liegt die Konzentration an Dronabinol unter dem nachweisbaren Wert und der Test ist somit negativ.

Gut zu wissen: Untersuchung der Teststreifen durch das ZL

In einer aktuellen Untersuchung hat das Zentrallabor (ZL) untersucht, ob die angebotenen Schnelltests zur Identitätsprüfung auf Dronabinol (Δ9-Tetrahydrocannabinol) geeignet sind und somit eine Alternative zur Arzneibuchmethode und den Alternativen Prüfverfahren nach DAC darstellen.

Die Teststreifen auf immunchemischer Basis funktionieren dabei folgendermaßen: Eine alkoholisch-wässrige Lösung der Probe wird auf den Streifen aufgetragen und wandert durch Kapillarkräfte zusammen mit Farbstoff-markierten Δ9-THC-Antikörpern den Streifen entlang. 

Ist in der Probe kein Dronabinol, binden diese Farbstoff-markierten Δ9-THC-Antikörper an ein Antigen und bilden eine rote Linie. Enthält die Probe dagegen Dronabinol, so werden die Antikörper von dem Δ9-Tetrahydrocannabinol gebunden und binden nicht an die vorhandenen Antigene. Aus diesem Grund erscheint bei positivem Test keine Linie. 

Nach Auswertung der Testergebnisse konnte das ZL feststellen, dass die auf dem Markt erhältlichen Teststreifen zur Identifizierung von Dronabinol geeignet sind. Bei einem Hersteller (alpha-Cannabis) ist dabei auf ausreichendes Schütteln der Untersuchungslösung zu achten, ansonsten kann es wegen unzureichender Löslichkeit des Dronabinols zu einem falsch-negativen Ergebnis kommen.

Welche Arzneimittel können mit Dronabinol hergestellt werden?

Fertigarzneimittel mit Dronabinol als alleinigem Inhaltsstoff sind in Deutschland nicht zugelassen. Möchten Ärzte Dronabinol zur Therapie einsetzen, verordnen sie in der Regel standardisierte Rezepturen aus dem NRF. Folgende geprüfte Vorschriften sind dort zu finden:

In der Apothekenpraxis werden zunehmend auch Kombinationsrezepturen von Dronabinol zusammen mit Cannabidiol nachgefragt. Cannabidiol-Lösungen können zusammen mit Dronabinol in Palmitoylascorbinsäurehaltigen Mittelkettigen Triglyceriden (NRF S.45.) hergestellt werden. Bei Kapseln mit Cannabidiol 10 bis 250 mg und Dronabinol 2,5 bis 10 mg werden Palmitoylascorbinsäurehaltige Gemischtkettige Triglyceride als Träger verwendet. 

Zu Beginn einer Therapie wird Dronabinol zunächst niedrig dosiert: Üblicherweise wird bei Zubereitungen zum Einnehmen 1- bis 2-mal täglich mit 2,5 mg Dronabinol angefangen. Im Verlauf mehrerer Wochen wird die Dosis bis zum Erreichen der gewünschten Wirkung dann langsam gesteigert.

Was muss beim Taxieren von Dronabinol-Rezepten beachtet werden?

Bei der Preisberechnung der in der Apotheke hergestellten Dronabinol-haltigen Zubereitungen tauchen meist viele Fragen auf. Grundsätzlich werden Rezepturen mit Dronabinol nach § 5 Arzneimittelpreisverordnung taxiert. 

Statt der normalen PZN für Rezepturen muss eine Sonder-PZN für Cannabis-basierte Arzneimittel verwendet werden. Im Falle der Dronabinol-Zubereitungen ist dies die Nummer 06460748. 

Zur Herstellung der Kapseln oder flüssiger Arzneiformen sind unterschiedliche Herstellungssets im Handel. Diese beinhalten alle zur Herstellung benötigten Materialien und können die Arbeit in der Rezeptur wesentlich erleichtern. Alle enthaltenen Bestandteile wie beispielsweise Dosierpumpe oder Tropfer mit kindergesichertem Verschluss können auch einzeln bestellt werden. 

Taxierung von Dronabinol-Rezepturen mittels Anlage 10 der Hilfstaxe

Seit März 2020 gilt zur Taxierung von Dronabinol-Zubereitungen die Anlage 10 der Hilfstaxe. Dieser Teil der Hilfstaxe ist auch weiterhin gültig. Zum Ende des Jahres 2023 wurde die Anlage 1 mit den Preisen für Wirk- und Hilfsstoffe sowie die Anlage 2 mit den Preisen für verwendete Gefäße gekündigt.

Für Dronabinol wird wie bisher der jeweils günstigste Apothekeneinkaufspreis berechnet. Auf Verlangen der Krankenkasse muss die Apotheke jedoch den tatsächlichen Einkaufspreis nachweisen können. Unterhalb- und oberhalb einer bestimmten Preisgrenze kommt dann ein unterschiedlicher Zuschlag hinzu. 

Bis zu einer Grenze von 100 Euro beträgt der Zuschlag 90 % auf den Einkaufspreis pro Milligramm der verwendeten Packungen. Für jedes weitere Milligramm beträgt der Zuschlag 3 % auf den für diesen Anteil berechneten Preis.

Gut zu wissen: Wann ist die Zuschlagsgrenze von 90 %erreicht?

Beispielrechnung zur Zuschlagsgrenze: 

500 mg Dronabinol werden für 180 € erworben. Zunächst wird der 90 % Zuschlag pro mg nach folgender Formel berechnet:

Dronabinol-Einkaufspreis pro mg x 0,9 = 90-%-Zuschlag pro mg

Daraus folgt: (180 €/500) x 0,9 = 0,324 € pro mg

Bei welcher Menge an Wirkstoff die Preisgrenze erreicht ist, kann dann folgendermaßen ausgerechnet werden:

Zuschlagsgrenze 100 €/90 % Zuschlag pro mg = Menge an der Preisgrenze

Daraus folgt: 100 €/0,324 € pro mg = 308,64 mg

Wird also weniger als 308,64 mg Dronabinol zur Herstellung der Rezeptur eingesetzt, gilt für die gesamte Menge ein Zuschlag von 90 %. Bei einer größeren Menge darf dann auf den weiteren Anteil nur noch ein Aufschlag von 3 % erfolgen.

Für die erforderlichen Hilfsstoffe und Gefäße galten bis Ende Dezember 2023 die Preisbestimmungen der Hilfstaxe nach Anlage 1 und 2. Da diese nicht mehr angewendet werden können, wird zur Preisberechnung der tatsächlich bezahlte Einkaufspreis herangezogen. 

Bei der Herstellung von 10 ml Öliger Dronabinol-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.8.) sieht die Preisberechnung dann folgendermaßen aus: 

EK Dronabinol für 250 mg
+ EK Hilfsstoffe
+ EK Tropfflasche und kindergesicherter Verschluss

Zwischensumme
+ 90 % Aufschlag
+ Festzuschlag 8,35 €
+ Rezepturzuschlag „Anfertigung einer Lösung unter Anwendung von Wärme“ 6 €

Zwischensumme
+ MwSt. 19 %

= Apothekenverkaufspreis

Quellen:
- https://www.kbv.de/html/cannabis-verordnen.php
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2017/daz-8-2017/cannabis-in-der-apotheke
- https://candoro-ethics.com/de/apotheker/identitaetspruefung-herstellung/
- https://cannamedical.com/de/produkte/thc-cbd-id-test-set/
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/10/30/dronabinol-taxieren-so-geht-s
- https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/arzneimittel/rahmenvertraege/hilfstaxe/2020-12_Anlage_10_zur_Hilfstaxe_gueltig_ab_01.02.2021.pdf
- Tawab M, Meins J, Roth A.: Eigenen sich Farbtests zur Identifizierung?, Pharmazeutische Zeitung 06/2024.
 

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