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Eingangskontrolle von Ausgangsstoffen: So geht’s

Protokoll einer Ausgangsstoffprüfung
Die Qualität aller Rezeptur-Ausgangsstoffe muss vor der erstmaligen Verwendung untersucht werden. Dies ist in einem Prüfprotokoll zu dokumentieren. | Bild: Schelbert / PTAheute

Zur Herstellung von Rezeptur- und Defekturarzneimitteln dürfen nur solche Wirk- oder Hilfsstoffe verwendet werden, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt wurde (§ 11 ApBetrO). Wird also ein Ausgangsstoff in die Apotheke geliefert, muss zunächst eine Eingangsprüfung durchgeführt werden. 

Dabei muss unter anderem das Prüfzertifikat kontrolliert und eine geeignete Prüfvorschrift ausgewählt werden. Welche Schritte nacheinander zu tun sind, haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

Eingang der Ware: Quarantäne notwendig

Kommt ein Ausgangsstoff in der Apotheke an, wird zunächst das Eingangsdatum vermerkt. Wichtig ist nun, dass die noch ungeprüfte Substanz nicht in den Herstellungsbereich gelangt. Noch nicht freigegebene Stoffe müssen daher getrennt von bereits geprüften Ausgangsstoffen aufbewahrt werden.

Damit ungeprüfte Substanzen auf den ersten Blick zu erkennen sind, empfiehlt sich eine entsprechende Kennzeichnung, beispielsweise durch ein farbiges Etikett.

Kontrolle des Prüfzertifikats: Auf Vollständigkeit achten

Ausgangsstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln werden vom Hersteller oder Lieferanten mit einem Prüfzertifikat geliefert. Dieses muss bei der Eingangskontrolle zunächst auf Vollständigkeit überprüft werden.

Das Zertifikat muss unter anderem den Vorgaben einer gültigen Monographie entsprechen und diese müssen jeweils mit einem eindeutigen Untersuchungsergebnis versehen sein. Die Monographien zu Salicylsäure oder Weißem Vaselin sind beispielsweise im Europäischen Arzneibuch zu finden. Zahlreiche Dermatika-Grundlagen wie Hydrophile Basisemulsion oder Hydrophobe Basiscreme sind dagegen im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) aufgeführt.

In Ausnahmefällen kann auch ein Prüfverfahren des pharmazeutischen Herstellers eingesetzt werden, dieses muss dann aber den allgemeinen Vorschriften des Europäischen Arzneibuchs entsprechen.

Die geforderten Mindestangaben für ein gültiges Prüfzertifikat können im Kommentar zur Leitlinie „Prüfung und Lagerung der Ausgangsstoffe“ der Bundesapothekerkammer (BAK)Kommentar zur Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung: "Prüfung und Lagerung der Ausgangsstoffe"; Stand der Revision: 09.05.2023  nachgelesen werden. Dazu zählen:

  • Bezeichnung des Ausgangsstoffes nach Arzneibuch oder Synonymverzeichnis
  • Übereinstimmende Chargenbezeichnung mit dem Gebinde/Behältnis
  • Angewandte Prüfvorschrift (-verfahren), Arzneibuchfassung und -methode
  • Prüfergebnisse und Angabe der erforderlichen Qualität (Akzeptanzkriterien)
  • Angabe, dass der Ausgangsstoff nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln geprüft worden ist und die erforderliche Qualität hat
  • Datum der Prüfung
  • Name des für die Prüfung Verantwortlichen […]
  • Autorisierte(r) Institution/Funktionsbereich des für die Prüfung Verantwortlichen
  • Angabe, ob das Prüfprotokoll von einer nach §§ 6 und 11 ApBetrO autorisierten Person ausgestellt worden ist […]“
Auszug aus dem Kommentar zur BAK-Leitlinie „Prüfung und Lagerung der Ausgangsstoffe“

Weitere Angaben zur Qualität der Substanzen können wichtig und hilfreich sein. Dazu gehört z. B. der Hinweis auf eine GMP-gerechte Herstellung.

Gut zu wissen: Wofür steht GMP?

GMP (Good Manufacturing Practice) steht für die gute Herstellungspraxis für Arzneimittel und garantiert hohe Qualitätsansprüche während der Herstellung sowie Verpackung des jeweiligen Ausgangsstoffs bzw. Arzneimittels.

Enthält das Prüfzertifikat alle geforderten Kriterien, kann auf eine Komplettprüfung verzichtet werden. In der Apotheke muss dann nur die Identität des Ausgangsstoffs einwandfrei festgestellt werden (§ 11 (2) ApBetrO). Auf diesem Wege sollen Fehler bei der Etikettierung oder beim Verpacken erkannt werden.

Ist das Prüfzertifikat jedoch fehlerhaft oder eine wichtige Angabe ist nicht aufgeführt, so darf der Ausgangsstoff nicht zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Vor der Verwendung müsste der Rezepturgrundstoff sonst vollständig nach einer Arzneibuchmonographie geprüft werden.

Auswahl einer geeigneten Prüfvorschrift

Die Monographien des Arzneibuchs sowie des DAC enthalten zur Identitätsprüfung normalerweise zwei Identifikationsreihen. Die erste Reihe ist für Hersteller gedacht, die zweite richtet sich an Offizin- und Krankenhausapotheken.

Häufig lässt sich die zweite Identifikationsreihe jedoch nicht mit apothekenüblichen Mitteln durchführen. Zudem findet sich mittlerweile in zahlreichen Arzneibuchmonographien nur noch eine Prüfung mittels IR-Spektroskopie.

Aus diesem Grund wurden im DAC/NRF alternative Prüfvorschriften zur Identifizierung von Ausgangsstoffen entwickelt – mittlerweile bereits für über 1.000 Substanzen. Mit Hilfe dieser praxistauglichen Prüfvorschriften kann mit hinreichender Genauigkeit festgestellt werden, ob der zu prüfende Ausgangsstoff der Deklaration entspricht.

Gut zu wissen: Wann dürfen alternative Prüfverfahren angewendet werden?

Eine alternative Prüfung nach DAC/NRF dient zur Identifizierung von bereits beim Hersteller auf Identität geprüften Ausgangsstoffen. Die Prüfvorschriften dürfen daher ausschließlich in Apotheken zum Einsatz kommen. 

Die ordnungsgemäße Qualität des zu prüfenden Ausgangsstoffs muss dabei durch ein vollständiges Prüfzertifikat bescheinigt worden sein. Dieses muss vor der Identitätsprüfung entsprechend kontrolliert werden (siehe Schritt 2).

Neben der Prüfung des Aussehens müssen im Rahmen der alternativen Identifizierung die angegebenen Prüfungen vollständig durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um mindestens zwei voneinander unabhängige Vorschriften.

Bei Harnstoff wird beispielsweise die Schmelztemperatur und der Mischschmelzpunkt bestimmt, während beim Aluminiumchlorid-Hexahydrat zwei nasschemische Nachweise auf Aluminium- bzw. Chlorid-Ionen gefordert werden.

Was sind Referenz- und Vergleichssubstanzen?

Zur Feststellung der Identität von Ausgangsstoffen werden häufig Substanzen mit bekannter Identität zum Vergleich benötigt, diese werden als Referenz- oder Vergleichssubstanzen bezeichnet. 

Bei den Referenzsubstanzen handelt es sich um chemische Referenzsubstanzen des Europäischen Arzneibuchs, diese werden auch als CRS (Chemical Reference Substance) bezeichnet. Sie können bei spezialisierten Firmen oder beim Herausgeber des Europäischen Arzneibuchs, dem European Directorate for the Quality of Medicines and Health Care, erhalten werden. Deutlich preisgünstiger werden von einigen Firmen auch zertifizierte Sekundärstandards auf Basis der chemischen Referenzsubstanzen (CRS) angeboten. 

Grundsätzlich sind Referenzsubstanzen für Herstellerfirmen und Lieferanten gedacht, die ihre angebotenen Ausgangsstoffe zur Arzneimittelherstellung vollständig nach der ersten Identifikationsreihe nach Arzneibuchmonographie prüfen müssen. Natürlich können diese auch in der Apotheke zur Identitätsprüfung eingesetzt werden, dazu werden aber überwiegend sogenannte Vergleichssubstanzen verwendet. Dabei handelt es sich um Substanzen mit bereits nachgewiesener Identität, wie beispielsweise

  • Reste im Standgefäß einer vorherigen Charge,  
  • der gleiche Ausgangsstoff einer anderen Charge,  
  • der gleiche Ausgangsstoff eines anderen Herstellers oder  
  • eine geprüfte Charge einer anderen Apotheke.  

Solche Vergleichssubstanzen können immer dann zum Einsatz kommen, wenn der zu prüfende Ausgangsstoff mit einem validen Prüfzertifikat in die Apotheke geliefert wurde und nun im Rahmen der Alternativen Identifizierung bei der Eingangskontrolle überprüft wird.

Gut zu wissen: Identitätsprüfung auch bei Rezepturkonzentraten?

Werden in der Apotheke halbfeste Rezepturkonzentrate, Stammverreibungen oder Stammlösungen zur Arzneimittelherstellung auf Vorrat hergestellt, so handelt es sich dabei ebenfalls um Ausgangsstoffe. Diese Zwischenprodukte gelten jedoch als Defekturarzneimittel und müssen daher ohnehin entsprechend geprüft werden. Auf eine Identitätsprüfung kann somit verzichtet werden.

Prüfung von Ausgangsstoffen: Prüfprotokoll ausfüllen

Für jede geprüfte Substanz ist in der Apotheke ein Prüfprotokoll auszufüllen (§ 11 bzw. § 6 ApBetrO). Das Prüfzertifikat der Herstellerfirma ist dabei Bestandteil dieses Protokolls und wird darauf aufgeklebt bzw. angeheftet. Zur erleichterten Dokumentation stehen vorgefertigte Formblätter (z. B. vom Deutschen Apotheker Verlag) zur Verfügung.

Jedes Prüfprotokoll bekommt eine interne Prüfnummer zugewiesen. Diese Nummer wird auch auf dem jeweiligen Gefäß des Ausgangsstoffs aufgebracht. Auf diese Weise ist im Bedarfsfall ein sofortiger Zugriff auf die Prüfergebnisse möglich.

Weiterhin ist das Ergebnis der Prüfzertifikat-Kontrolle (siehe Schritt 2) zu dokumentieren, die durchzuführenden Prüfungen werden genannt und das Ergebnis dieser Prüfvorschriften vermerkt. Daraus muss eindeutig hervorgehen, ob die Identität des Ausgangsstoffs in der Apotheke festgestellt werden konnte oder nicht.

Im Prüfprotokoll werden zudem Angaben zu Lagerungsbedingungen und Verwendbarkeitsfristen gemacht. Ebenfalls wird ein eventuell zur Herstellung benötigter Einwaagekorrekturfaktor vermerkt.

Zur Erinnerung: Wann ist der Einwaagekorrekturfaktor nötig? 

Ab einem Mindergehalt von mehr als 2 % sollte bei der Einwaage von Arzneistoffen ein Korrekturfaktor berücksichtigt werden. Damit der Gehalt im Arzneimittel richtig ist, wird die berechnete Einwaage mit diesem Faktor multipliziert und so die erhöhte Soll-Einwaage erhalten. Dieser Wert wird dann tatsächlich abgewogen und im Herstellungsprotokoll notiert.

Darüber hinaus muss der Name der Person, die die Prüfung durchführt, im Protokoll genannt werden. Zuletzt erfolgt die Freigabe des Ausgangsstoffs mit Datum und Unterschrift des verantwortlichen Apothekers.

Das Prüfprotokoll muss mindestens bis ein Jahr nach Ablauf des Verfallsdatums der Substanz aufbewahrt werden, jedoch nicht weniger als fünf Jahre lang (§ 22 ApBetrO). Das Prüfprotokoll kann auch in elektronischer Form ausgefüllt und aufbewahrt werden, die Daten müssen dazu jederzeit verfügbar und in einer angemessenen Frist lesbar sein.

Verwendbarkeitsfrist für Ausgangsstoffe festlegen

Im Rahmen der Eingangsprüfung eines Ausgangsstoffs muss auch die Verwendbarkeitsfrist festgelegt und im Prüfprotokoll angegeben werden. Dieses Verfallsdatum sowie gegebenenfalls ein Nachprüfdatum müssen auf dem Behältnis gut sichtbar vermerkt werden.

Gut zu wissen: Verwendbarkeitsfrist vs. Laufzeit

Die Verwendbarkeitsfrist bezieht sich immer auf die Haltbarkeit der Substanz nach Anbruch. Die Angabe „verwendbar bis…“ auf dem Etikett des Ausgangsstoffs meint dagegen die Haltbarkeit im geschlossenen, ungeöffneten Behältnis (Laufzeit). Die Verwendbarkeitsfrist kann nicht länger als die Laufzeit sein.

Macht die Herstellerfirma Angaben zur Verwendbarkeitsfrist, so wird dieser Zeitraum übernommen. Ansonsten sind im DAC in der Anlage I Empfehlungen zur Festlegung der Verwendbarkeitsfristen von Ausgangsstoffen zu finden. Gleichzeitig sind hier auch Hinweise zur Lagerung der jeweiligen Substanz aufgeführt.

In der Tabelle kann unter anderem nachgelesen werden, dass der Wirkstoff Betamethasonvalerat fünf Jahre zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden darf. Die hydrophile Grundlage Basiscreme DAC dagegen nur sechs Monate.

Soweit keine anderen Lagerungsbedingungen angegeben sind, werden die Ausgangsstoffe bei Raumtemperatur (zwischen 15 bis 25 °C) gelagert, die relative Feuchte sollte möglichst unter 60 % liegen. Diese Lagerungsbedingungen sollten einmal im Monat überprüft werden, die Verwendbarkeitsfristen der einzelnen Stoffe mindestens einmal im Jahr.

Was tun, wenn die Verwendbarkeitsfrist abgelaufen ist?

Nach Ablauf der Verwendbarkeitsfrist darf die Substanz nicht mehr zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Sie muss daher (vorübergehend) unter Quarantäne gelagert werden. Der verantwortliche Apotheker muss dann entscheiden, ob der Stoff erneut nach den Vorgaben des Arzneibuchs geprüft oder vorschriftsmäßig entsorgt wird.

Gut zu wissen: Wie erfolgt die Wiederholungsprüfung?

Bei einer Nachprüfung eines Ausgangsstoffs kann sich nicht mehr auf das Prüfzertifikat des Herstellers berufen werden, denn dieses sagt nach Ablauf der Haltbarkeit nichts mehr über die aktuelle Qualität aus. Die Wiederholungsprüfung muss daher nach der vollständigen Arzneibuchmonographie erfolgen und beinhaltet neben der Identitätsprüfung auch eine Reinheitsprüfung sowie Gehaltsbestimmung.

Bei einer Nachprüfung nach Arzneibuchmonographie sind vor allem jene Parameter wichtig, die sich während der Verwendbarkeitsfrist verändert haben können. Gemeint ist hier unter anderem das Aussehen, der pH-Wert, der Trocknungsverlust und natürlich der Gehalt des Ausgangsstoffs.

Parameter, die nur im Rahmen der Synthese die Qualität der Substanz mindern können (wie Restkonzentration an Lösungsmitteln oder vorhandene Schwermetalle), müssen nicht nochmals geprüft werden. Grundsätzlich müssen die Parameter für die Wiederholungsprüfung im Einzelfall festgelegt werden.

Müssen Fertigarzneimittel und Chemikalien auch geprüft werden?

Zur Herstellung von Arzneimitteln kommen auch Fertigarzneimittel (FAM) zum Einsatz. Diese werden arzneimittelrechtskonform hergestellt, wobei jede Charge mit einer dokumentierten Qualitätsprüfung belegt ist. Eine Verwendung zugelassener FAM ist daher bezüglich der erforderlichen Qualität unproblematisch und eine Prüfung in der Apotheke daher nicht nötig.

Die Apotheke ist zwar verpflichtet stichprobenweise organoleptische Prüfungen an Fertigarzneimitteln durchzuführen (§ 12 ApBetrO), dies müssen aber nicht notwendigerweise solche FAM sein, die zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden.

Chemikalien, die im Apothekenlabor als Reagenzien zum Einsatz kommen, müssen ebenfalls nicht auf ihre Identität hin überprüft werden. Dies gilt auch, wenn diese an einen Kunden abgegeben werden.

Vorsicht bei Kosmetischen Grundlagen

Kosmetika werden normalerweise auf Grundlage der Kosmetik-Verordnung in den Verkehr gebracht und haben häufig kein Prüfzertifikat nach Apothekenbetriebsordnung. 

Eine Verarbeitung von kosmetischen Mitteln zur Herstellung von Arzneimitteln ist aber nur dann möglich, wenn diese in Arzneimittelqualität hergestellt und diese Qualität durch ein valides Prüfzertifikat nachgewiesen werden kann. In der Apotheke muss dann, wie bei allen anderen Ausgangsstoffen auch, die Identität eindeutig festgestellt werden. Quellen:
- https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Praktische_Hilfen/Leitlinien/Pruefung_Ausgangsstoffe_Primaerpackmittel/LL_Pruefung_Ausgangsstoffe_Kommentar.pdf
- https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/dac/nrf-werk
- https://www.wepa.shop/content/files/WEPA/themen/eingangskontrolle/Kleines_ABC_der_Eingangskontrolle_DINA5_2019.pdf
 

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