Tipps zur Herstellung einer öligen Dronabinol-Lösung
Fertigarzneimittel mit lediglich Dronabinol sind in Deutschland nicht zugelassen. Möchten Ärzte hierzulande Dronabinol zur Therapie einsetzen, verordnen sie daher in der Regel standardisierte Rezepturen. Eine dafür übliche Darreichungsform ist eine ölige Lösung. Das NRF bietet hierfür eine geprüfte Rezepturvorschrift an.
Herstellung einer öligen Dronabinol-Lösung nach NRF
Dronabinol liegt bei Raumtemperatur als hellgelbe, ölige Flüssigkeit oder harzartige Masse vor. Die Substanz ist sehr lipophil und lässt sich in fetten Ölen und Ethanol lösen, in Wasser ist Dronabinol praktisch unlöslich. Bei der Verarbeitung in der Rezeptur ist zügiges Arbeiten nötig, da die Substanz oxidations- und lichtempfindlich ist.
| Ölige Dronabinol-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.8.) | |
|---|---|
| 10 ml enthalten: | |
| Dronabinol | 0,25 g |
| Palmitoylascorbinsäure-haltige Mittelkettige Triglyceride (NRF S.45.) | zu 9,47 g |
Als Grundlage der öligen Lösung werden Mittelkettige Triglyceride verwendet. Dabei handelt es sich um ein fettes Öl, das aus Triglyceriden mit Fettsäuren mittlerer Kettenlänge besteht. Die Mittelkettigen Triglyceride enthalten als Antioxidans 0,05 % Palmitoylascorbinsäure.
Die Trägerlösung ist zur Herstellung oraler Darreichungsformen mit oxidationsempfindlichen Wirkstoffen wie Dronabinol gut geeignet. Palmitoylascorbinsäure-haltige Mittelkettige Triglyceride können vorgefertigt bezogen oder in der Apotheke selbst nach Vorschrift NRF S.45. hergestellt werden.
Zum Auflösen der Palmitoylascorbinsäure in Mittelkettigen Triglyceriden ist ein kurzfristiges Erhitzen auf 85 °C nötig. Die ölige Lösung kann dann warm weiterverarbeitet werden. Als Mittelkettige Triglyceride kommt meist der Typ Miglyol® 812 N zum Einsatz. Die ölige Dronabinol-Lösung 25 mg/ml hat dann eine Dichte von 0,947 g/ml.
Verwendung von Dronabinol-Herstellsets möglich
Als Rezepturgrundstoff kann Dronabinol von verschiedenen Anbietern bezogen werden. Darüber hinaus werden Palmitoylascorbinsäure-haltige Mittelkettige Triglyceride (NRF S.45.) und eine Braunglasflasche mit kindergesichertem Verschluss und passender Dosierhilfe benötigt.
Zur Erleichterung in der Rezeptur werden passende Herstellsets angeboten, die die benötigten Materialien bereits enthalten.
Gut zu wissen: Neue Produkte zur Erleichterung der Herstellung
Neben der Rezeptursubstanz Dronabinol sind mittlerweile ebenfalls erhältlich:
- Öliges Dronabinol-Konzentrat 500 mg/ml auf Basis der Palmitoylascorbinsäure-haltigen Mittelkettigen Triglyceride
Die Zubereitung liegt bei Raumtemperatur flüssig vor und kann daher ohne Anwendung von Wärme weiterverarbeitet werden.
- Ölige Dronabinol-Lösung 25 mg/ml auf Basis der Palmitoylascorbinsäure-haltigen Mittelkettigen Triglyceride (NRF S.45.)
Dieses Produkt entspricht in seiner Zusammensetzung der NRF-Vorschrift 22.8. und erleichtert die Herstellung dieser Zubereitung deutlich. Im Anschluss an die Prüfung auf Identität kann die Lösung ohne zusätzliche Schritte zur Herstellung direkt in ein Abgabegefäß umgefüllt werden.
Erwärmen, einwiegen und dokumentieren
Da die Dichte der Zubereitung bekannt ist, kann die ölige Dronabinol-Lösung 25 mg/ml durch Wägung hergestellt werden. Um den harzartigen Wirkstoff aus der Glasspritze entnehmen zu können, muss die Rezeptursubstanz zunächst mit einem Föhn oder im Trockenschrank bei 70 °C rund fünf Minuten erwärmt werden. Damit keine Substanz herausquillt, ist es empfehlenswert, den Spritzkolben vorher leicht zurückzuziehen.
Anschließend kann ein Becherglas mit Glasstab tariert und das verflüssigte Dronabinol auf den Glasstab aufgebracht werden. Es wird so lange Wirkstoff dazugegeben, bis das gewünschte Gewicht auf der Analysenwaage angezeigt wird. Falls das Dronabinol zu zähflüssig wird, kann es erneut erwärmt werden.
Damit keine Luft in die Spritze gelangt, soll diese direkt nach der Entnahme wieder mit der Schutzkappe verschlossen werden. Die Dronabinol-Glasspritzen sind normalerweise leicht überfüllt, so dass eine Entnahme der angegebenen Masse möglich ist.
Da Dronabinol seit dem 01. April 2024 nicht mehr als Betäubungsmittel zählt, muss der Verbrauch der Substanz nicht mehr gesondert dokumentiert werden.
Nach Zugabe des Trägeröls: Heizplatte verwenden
Im nächsten Schritt werden die Palmitoylascorbinsäure-haltigen Mittelkettigen Triglyceride zu den 0,25 g Dronabinol im Becherglas dazugewogen. In der Praxis hat es sich bewährt, zunächst nur rund zwei Drittel der Ansatzmenge, also rund 6 bis 7 g, einzuwiegen.
Nun wird die ölige Flüssigkeit auf einer Heizplatte auf 70 °C erwärmt und umgerührt. Dabei muss eine klare, schwach gelbe Lösung erhalten werden.
Von der Verwendung eines Wasserbades ist abzuraten, da sich dabei unweigerlich Kondenswasser bildet, welches keinesfalls in die Lösung gelangen darf. Auch eine Mikrowelle sollte nicht verwendet werden, da sich das Erwärmen darin nur schlecht kontrollieren lässt.
Herstellung auch aus öligem Dronabinol-Konzentrat möglich
Die ölige Dronabinol-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.8.) kann auch durch Verwendung des öligen Dronabinol-Konzentrats 500 mg/ml auf Basis der Palmitoylascorbinsäure-haltigen Mittelkettigen Triglyceride hergestellt werden. Die Endmasse von 9,47 g bleibt dabei gleich und an der Zusammensetzung der Rezeptur ändert sich nichts.
Ein Erwärmen während der Herstellung kann wegfallen, da Dronabinol im Konzentrat bereits in gelöster Form vorliegt. Der benötigte Inhalt kann bei Raumtemperatur in einer Braunglasflasche mit der benötigten Menge an stabilisierten Mittelkettigen Triglyceriden gemischt werden.
Gut zu wissen: Taxierung nach Anlage 10 der Hilfstaxe
Zur Preisberechnung Dronabinol-haltiger Rezepturen kommt nach wie vor die Hilfstaxe zum Einsatz. Zum tatsächlichen Einkaufspreis des Wirkstoffs wird ein Zuschlag aufgeschlagen: Bis zu einer Grenze von 100 Euro beträgt der Zuschlag 90 % pro Milligramm Dronabinol, für jedes weitere Milligramm dann nur noch 3 %.
Hinzu kommen dann noch die Einkaufspreise für Hilfsstoffe und Verpackungen mit entsprechendem Zuschlag. Bei der Anwendung von Wärme beträgt der Arbeitspreis zur Herstellung der Rezeptur 6 Euro, bei Verwendung des Konzentrats kann ein Betrag von 3,50 Euro (Herstellung einer Lösung ohne Wärme) berechnet werden.
Abfüllung und Aufbewahrung von Dronabinol-Lösung
Für die Abfüllung wird eine Braunglasflasche auf der Analysenwaage tariert und die abgekühlte Dronabinol-Lösung anschließend eingefüllt. Das Becherglas wird nun mit der erforderlichen Restmenge Palmitoylascorbinsäure-haltiger Mittelkettiger Triglyceride nachgespült und die Braunglasflasche damit auf die exakte Ansatzmenge von 9,47 g Dronabinol-Lösung aufgefüllt.
Die Braunglasflasche wird mit einer Dosierpumpe 0,033 ml/Hub oder mit einem Steckeinsatz für eine 1-ml-Kolbenpipette mit Konusspitze verschlossen. Im verschlossenen Gefäß wird die Lösung geschüttelt. Zur Endprüfung muss eine klare, helle und dickflüssige Flüssigkeit vorliegen.
Die fertige Zubereitung darf nicht im Kühlschrank gelagert, sondern soll bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Dieser Hinweis ist für die richtige Dosierung notwendig, da die Viskosität und das sich daraus ergebende Volumen von der Temperatur abhängen. Die empfohlene Aufbrauchsfrist beträgt sechs Monate.
Zubereitung auch ohne Palmitoylascorbinsäure möglich
Bei Bezugsschwierigkeiten kann die ölige Dronabinol-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.8.) auch mit Mittelkettigen Triglyceriden hergestellt werden, die nicht mit Palmitoylascorbinsäure stabilisiert sind. Durch das fehlende Antioxidans kommt es jedoch relativ schnell zu einer oxidativen Zersetzung des Dronabinols, welche an einer Rotfärbung der Zubereitung zu erkennen ist.
Die Aufbrauchsfrist der Rezeptur beträgt daher bei einer Aufbewahrung im Kühlschrank nur zwei Wochen. Bei der Abgabe der Zubereitung ist neben dem Hinweis zur Lagerung auch auf die zunehmende Verfärbung der Lösung hinzuweisen. Auch bei der Kennzeichnung der Zubereitung muss das Fehlen der Palmitoylascorbinsäure deutlich zu erkennen sein.
Als Dosierhilfe: Dosierpumpen oder Kolbenpipetten
Früher wurden flüssige Dronabinol-Zubereitungen tropfenweise mit Hilfe von Senkrechttropfern dosiert. Wegen zu großer Ungenauigkeiten wird dies heute nicht mehr empfohlen.
Auch die Gebrauchsanweisung des Arztes darf nicht als Tropfenzahl angegeben werden. Die Einzeldosis Dronabinol soll als Grammmenge auf dem Rezept vermerkt werden. In der Apotheke wird diese Dosierung dann patientengerecht umgesetzt.
Zur korrekten Entnahme der benötigten Dosis für ölige Dronabinol-Lösung (NRF 22.8.) können spezielle Dosierpumpen oder Kolbenpipetten verwendet werden.
Bei den Dosierpumpen ist das Hubvolumen fest eingestellt. Bei aktiver Betätigung des Pumprings treten jeweils gleich große Tropfen aus. 1 Hub zu 0,033 ml entspricht dabei 0,83 mg Dronabinol.
Ein Vorteil der Dosierpumpen ist, dass sie auch von sehbehinderten Patienten selbstständig bedient werden können.
Rezepturbeispiel: Dosierung mittels Pumphüben
Herstellung von 10 ml Öliger Dronabinol-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.8.):
Laut Dosierungsanleitung soll der Patient 3-mal täglich 0,0025 g Dronabinol vor den Mahlzeiten einnehmen. Bei Verwendung einer Dosierpumpe können mit einem Hub 0,83 mg Dronabinol entsprechend 0,00083 g dosiert werden. Die Dosierung für den Patienten beträgt dann 3-mal täglich 3 PumphübeBerechnung: 0,00083 g x 3 = 0,0025 g .
Zum Abmessen können auch Kolbenpipetten verwendet werden. Diese werden kopfüber aufgezogen und ermöglichen ebenfalls eine volumengenaue Dosierung.
Für Patienten mit schlechter Sehleistung ist die feine Skalierung allerdings schwer zu erkennen, auch bei eingeschränkter Feinmotorik der Hände ist eine Bedienung schwierig.
Wird die Pipette versehentlich von der noch kopfüber stehenden Flasche abgezogen, kann es zum Auslaufen der Zubereitung kommen.
Rezepturbeispiel: Dosierung mittels Kolbenpipette
Herstellung von 50 ml Öliger Dronabinol-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.8.):
Der Patient soll 3-mal täglich 0,01 g Dronabinol vor den Mahlzeiten einnehmen, das entspricht 3-mal täglich 0,4 ml Lösung. Zum Abmessen der Einzeldosis wird eine 1-ml-Kolbenpipette verwendet.
Einnahme öliger Dronabinol-Lösung nur unverdünnt
Die ölige Dronabinol-Lösung (NRF 22.8.) sollte für die Einnahme direkt auf einen Löffel oder ein Stück Brot bzw. Würfelzucker gegeben werden. Nach dem Schlucken kann gegebenenfalls Wasser nachgetrunken werden. Ein Verdünnen mit Wasser ist hingegen nicht zu empfehlen, da der Wirkstoff dabei als Ölfilm im Glas zurückbleiben kann und damit die Gefahr einer Unterdosierung besteht.
Wird das Arzneimittel mit einer Dosierpumpe abgegeben, muss dem Patienten die Anwendung genau erklärt werden. Aufgrund der Ähnlichkeit zu Nasentropfenflaschen kann es hier durchaus zu Verwechslungen kommen.
Keinesfalls ist eine ölige Dronabinol-Lösung (NRF 22.8.) zur Inhalation geeignet, denn beim Erhitzen der Mittelkettigen Triglyceride entstehen toxische Pyrolyseprodukte. Zur inhalativen Anwendung muss eine Ethanolische Dronabinol-Lösung 10 mg/ml (NRF 22.16.) verwendet werden. Diese alkoholische Lösung kann mit Hilfe eines elektrischen Verdampfergeräts verdampft und inhaliert werden.
Kennzeichnung abhängig von Dosierhilfe
Die Kennzeichnung der öligen Dronabinol-Lösung 25 mg/ml erfolgt nach § 14 Apothekenbetriebsordnung. Neben den üblichen Angaben ist dabei die Gebrauchsanweisung besonders wichtig. Bei der Verschreibung hat der Arzt die gewünschte Dosis an Dronabinol in Milligramm angegeben. Diese Angabe muss von der Apotheke je nach Dosiervorrichtung in Hub oder Milliliter umgerechnet und entsprechend auf dem Etikett notiert werden.
Bei einer ärztlichen Anweisung von z. B. „Morgens und abends je 5 mg Dronabinol einnehmen“ gilt dann folgende Gebrauchsanweisung:
- Dosierpumpe: „Morgens und abends je sechs Hübe vor den Mahlzeiten einnehmen.“
- Kolbenpipette: „Morgens und abends je 0,2 ml vor den Mahlzeiten einnehmen.“
Als Hinweis auf besondere Vorsichtsmaßnahmen wird weiterhin die Angabe „Für Kinder unzugänglich aufbewahren“ empfohlen. Zudem ist als Hinweis zur Lagerung die Angabe „Aufrecht stehend und bei Raumtemperatur aufbewahren“ sinnvoll. Quellen:
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2022/daz-20-2022/herstellung-von-oeligen-dronabinol-tropfen
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Dronabinol (20.03.2024)
- Ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8.)
- Ethanolische Dronabinol-Lösung zur Inhalation 10 mg/ml (NRF 22.16.)
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Cannabidiol (15.04.2024)