Rezeptur
Praxiswissen
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Ein Überblick: Dermatikagrundlagen: Wann welche und warum?

PTA streicht Salbe vom Spatel
Die Wahl der richtigen Grundlage bei Dermatika ist entscheidend. | Bild: Gerhard Seybert / AdobeStock

Um wirkstoffhaltige Salben, Cremes und Gele in der Apotheke herstellen zu können, sind verschiedene Dermatikagrundlagen notwendig. Unter diesem Begriff werden halbfeste Darreichungsformen ohne Wirkstoff zusammengefasst.

Meist werden diese in der Apotheke vorgefertigt bezogen und vom Hersteller mit einem Prüfzertifikat nach Apothekenbetriebsordnung geliefert. Offizinelle Grundlagen können in der Apotheke aber auch auf Vorrat hergestellt werden und gelten dann als Defekturarzneimittel. 

In der Praxis kommen verschiedene Grundlagen zum Einsatz. Doch worin unterscheiden sie sich?

Wasserfreie Salbengrundlagen

Bei Grundlagen ohne Wasser spricht man von Salbengrundlagen. Diese können folgendermaßen eingeteilt werden:

Einteilung der Salbengrundlagen
GrundlagentypBeispiele
Hydrophobe Salben
  • Gemischtkettige Triglyceride DAC
  • Gelbes Vaselin Ph. Eur.
  • Weißes Vaselin Ph. Eur.
Wasser aufnehmende Salben
  • Wollwachsalkoholsalbe DAB
  • Emulgierendes hydrophobes Basisgel DAC
  • Hydrophile Salbe DAB
Hydrophile Salben
  • Macrogolsalbe DAC

Wasser aufnehmende Salben enthalten neben den eigentlichen Hilfsstoffen zur Konsistenzgebung noch zusätzlich Emulgatoren. Dadurch ist ein Einarbeiten von Wasser in die Grundlage möglich. 

Unguentum Cordes® als Wasser aufnehmende Grundlage

Zu den im Rezepturbetrieb häufig vorkommenden Wasser aufnehmenden Salben gehört auch die Grundlage Unguentum Cordes®. Die emulgierende Salbengrundlage kann sowohl Wasser als auch lipophile Substanzen aufnehmen und ist frei von Wollwachsen, Wollwachsalkoholen, Antioxidantien und Konservierungsmitteln. 

Im Einzelnen setzt sich die nichtionische Grundlage aus folgenden Bestandteilen zusammen:  

  • Weißes Vaselin,
  • Dickflüssiges Paraffin,
  • Macrogolstearat 400,
  • Glycerolmonostearat 40-55,
  • Sorbitanmonostearat.

Durch Zugabe von bis zu 30 % Gereinigtem Wasser kann aus Unguentum Cordes® eine W/O-Creme erhalten werden. Bei höherem Anteil von 50 % bis 60 % entsteht eine O/W-Creme mit kühlenden Eigenschaften. Wegen der auftretenden Phasenumkehr sollte der Bereich um 40 % Wasser vermieden werden.

Gut zu wissen: Einarbeiten von Wasser in Unguentum Cordes

Um stabile Emulsionen zu erhalten, sollte die Zugabe von Wasser zur Grundlage unter Wärmezufuhr erfolgen. Unguentum Cordes® und Gereinigtes Wasser werden dazu getrennt auf etwa 70 °C erwärmt, vereinigt und kalt gerührt. 

Bis zu einem Anteil von 20 % kann Gereinigtes Wasser auch mithilfe automatischer Rührsysteme eingearbeitet werden.

Nach Verdünnen mit Wasser gilt die entstehende Creme als mikrobiell anfällig. Sie muss daher durch Zusatz eines Konservierungsstoffs vor mikrobiellem Verderb geschützt werden. 

Liegt die Wassermenge der Zubereitung bei mindestens 30 %, ist eine Konservierung mit 0,1 % Sorbinsäure möglich. Der Feststoff wird dazu im rund 80 °C heißen Wasser gelöst. Auch ist eine Zugabe von Propylenglycol möglich: 20 % der vorhandenen Wassermenge werden dazu durch den antimikrobiell wirksamen Alkohol ersetzt. 

Neben Wasser können auch lipophile Substanzen zu Unguentum Cordes® zugesetzt werden. Eine solche Auffettung kann durch Einarbeiten von bis zu 20 % Olivenöl, Nachtkerzenöl oder Avocadoöl erreicht werden.

Lipophile Cremes als Grundlagen

Bei trockener Haut oder chronischen Hauterkrankungen verordnen Hautärzte häufig Rezepturen mit lipophilen Cremes als Grundlagen. Diese W/O-Cremes bestehen aus einer äußeren lipophilen und einer inneren wässrigen Phase. 

Als W/O-Emulgatoren kommen unter anderem Wollwachsalkohole oder eine Mischung aus Sorbitan- und Glycerolmonooleat, die auch unter dem Namen Rofetan W/O bekannt ist, zum Einsatz. 

Die Herstellung lipophiler Cremes kann unter Wärmeanwendung erfolgen, häufig können die Emulgatoren auch ohne Zufuhr von Wärme stabil eingerührt werden. 

Lanolin DAB gilt als nur noch selten verwendeter Vertreter dieses Grundlagentyps. Häufiger zum Einsatz kommen dagegen die Wollwachsalkoholcreme DAB und die Wollwachsalkoholcreme SR DAC

Diese O/W-Cremes bestehen je zur Hälfte aus Wollwachsalkoholsalbe DAB bzw. Wollwachsalkoholsalbe SR und Gereinigtem Wasser. Das Arzneibuch schreibt für die meisten lipophilen Cremes keine Konservierung vor.

Gut zu wissen: Verwendbarkeitsfristen von Dermatikagrundlagen

Bei vorgefertigten Grundlagen können die Angaben des Herstellers zur Haltbarkeit (Laufzeit vor Anbruch) übernommen werden. In der Apotheke muss dann noch eine Haltbarkeit nach Anbruch (Verwendbarkeitsfrist) festgelegt werden. Diese darf nicht über die Haltbarkeit hinausgehen. 

Empfehlungen zur Festlegung von Verwendbarkeitsfristen für Grundlagen können im DAC in der Anlage I nachgelesen werden. Dort steht unter anderem, dass lipophile Cremes wie Lanolin DAB, Wollwachsalkoholcreme DAB und Kühlcreme DAB eine Verwendbarkeitsfrist von 3 Monaten haben. 

Die Grundlagen können dann bis zum letzten Tag dieser Verwendbarkeitsfrist zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden, daran schließt sich noch die Aufbrauchsfrist beim Patienten an.

Die im Lanolin DAB, in der Wollwachsalkoholcreme DAB und in der Wollwachsalkoholcreme SR DAC enthaltenen Wollwachse und Wollwachsalkohole können beim Auftragen auf die Haut Allergien auslösen. Aus diesem Grund kommen immer mehr wollwachsfreie Alternativen zur Verwendung. 

Als offizinelle wollwachsfreie Dermatikagrundlage steht die Hydrophobe Basiscreme DAC zur Verfügung. Diese W/O-Creme hat mit rund 65 % eine große innere Wasserphase und lässt sich gut auf die Haut auftragen. 

Bei der Eigenherstellung muss die lipophile Creme ohne Wärmeanwendung hergestellt werden, da das enthaltene Hydrophobe Basisgel DAC bei Temperaturen über 60 °C seine Konsistenz irreversibel ändert. 

Kühlcreme als Quasi-W/O-Creme

Lipophile Cremes ohne echten Emulgator sind auch als Quasi-W/O-Cremes bekannt. In der Rezeptur spielt in diesem Zusammenhang die Kühlcreme DAB eine wichtige Rolle. 

Kühlcreme DAB
Gelbes Wachs7,0 g
Cetylpalmitat8,0 g
Erdnussöl60,0 g
Gereinigtes Wasser25,0 g


Die wässrige Phase wird dabei durch die enthaltenen Wachse und das Erdnussöl mechanisch festgehalten. Nach dermaler Applikation bricht die Pseudoemulsion. Das austretende Wasser kann verdunsten und sorgt für einen leichten Kühleffekt. 

Dadurch, dass die Kühlcreme DAB frei von Emulgatoren und auch von Konservierungsmitteln ist, gilt sie gerade für Menschen mit empfindlicher Haut als gut verträgliche Grundlage. 

Fertig erhältliche Kühlcremes sind meist mit Antioxidantien zur Stabilisierung versetzt. Dabei kann Tocopherolacetat oder die Vormischung Oxynex® 2004 verwendet werden. Diese Mischung besteht unter anderem aus Butylhydroxytoluol und Palmitoylascorbinsäure und wird in 0,05%iger Konzentration der Kühlcreme zugesetzt. 

Durch Zugabe dieser Substanzen können jedoch leichter Allergien auftreten. Zur Anwendung auf empfindlicher Haut ist deshalb die Eigenherstellung in der Apotheke vorzuziehen. 

Gut zu wissen: Erdnussölhaltige Dermatika auch bei allergischer Haut?

Häufig gibt es von Allergikern Vorbehalte gegenüber der dermalen Anwendung von Erdnussöl, da eine allergieauslösende Wirkung befürchtet wird. 

Zur Herstellung von Arzneimitteln wird jedoch Raffiniertes Erdnussöl Ph. Eur. verwendet. Dieses hoch gereinigte Öl ist praktisch frei von allergenen Proteinen. Beim Auftragen auf die Haut werden dadurch normalerweise keine allergischen Reaktionen ausgelöst.

Lipophile Substanzen wie Menthol oder niedrig dosierte, suspendiert vorliegende Glucocorticoide können meist problemlos in die Kühlcreme DAB eingearbeitet werden. Wegen der nur schwach stabilisierten Wasserphase ist sie allerdings gegenüber zahlreichen Arzneistoffen empfindlich. 

Doch auch ohne eingearbeitete Wirkstoffe hat die Kühlcreme DAB einen therapeutischen Nutzen: Sie wird bei Juckreiz und atopischer Haut verwendet. 

Wasserreiche hydrophile Cremes

Hydrophile O/W-Grundlagen werden meist bei fettiger Haut und akuten Dermatosen verordnet. Bei diesen Zubereitungen stellt Wasser die äußere Phase dar. Die Grundlagen enthalten anionische oder nichtionische O/W-Emulgatoren. 

Zur Verarbeitung dieser O/W-Grundlagen ist eine Erwärmung der einzelnen Bestandteile nötig. Dazu wird die lipophile Phase zusammen mit den Emulgatoren auf etwa 70 °C erwärmt und die auf die gleiche Temperatur erwärmte wässrige Phase eingearbeitet. Zunächst entsteht eine W/O-Emulsion, beim Kaltrühren der Zubereitung findet bei rund 40 °C eine Phasenumkehr zu einer O/W-Emulsion statt. 

Anionische Grundlagen

Eine häufig verwendete O/W-Grundlage ist die Anionische hydrophile Creme DAB. Diese enthält Cetylstearylalkohol und Natriumcetylstearylsulfat als Emulgatoren. Auch die Anionische hydrophile Creme SR DAC gehört zu den hydrophilen Grundlagen. Durch Verdünnen mit Wasser kann aus ihr das Wasserhaltige Liniment SR DAC erhalten werden.

Das DAB erlaubt die Verwendung von Weißem Vaselin zur Herstellung der Creme. Die SR/DAC-Grundlagen sind dagegen frei von Vaselin.

Anionische Cremes sind unverträglich mit kationischen Wirk- und Hilfsstoffen. Bei der Verarbeitung entsprechender Substanzen kann als Grundlage die Nichtionische hydrophile Creme DAB verwendet werden. 

Hydrophile Cremes gelten als mikrobiell anfällig und sind daher normalerweise konserviert. Dazu wird häufig 0,1 % Sorbinsäure oder eine Mischung aus Kaliumsorbat und Citronensäure verwendet. Die Zubereitungen haben dann einen leicht sauren pH-Wert. 

Einen höheren pH-Wert weisen die durch Zugabe von Propylenglycol vor Verkeimung geschützten Cremes auf. Diese können daher auch zur Verarbeitung basischer Wirkstoffe verwendet werden.

Basiscreme DAC

Einen Sonderfall stellt die häufig zur Herstellung von Rezepturen eingesetzte Basiscreme DAC dar. Sie enthält die W/O-Emulgatoren Cetylalkohol und Glycerolmonostearat 60 sowie den O/W-Emulgator Macrogol-20-glycerolmonostearat. Dadurch entsteht eine sogenannte amphiphile Creme. 

Die Grundlage lässt sich mit Wasser (maximal 80 %) und Dickflüssigem Paraffin (maximal 20 %) mischen und ist in zahlreichen wirkstoffhaltigen Cremes im NRF als Grundlage enthalten. 

Basiscreme DAC ist durch Zusatz von Propylenglycol in 20%iger Konzentration bezogen auf die Wasserphase vor mikrobiellem Verderb geschützt. Die Grundlage kann mit zahlreichen Wirkstoffen wie Erythromycin, Betamethasonvalerat oder Clotrimazol zu stabilen Zubereitungen verarbeitet werden. Eine Unverträglichkeit besteht gegenüber phenolischen Verbindungen wie TriclosanQuellen
NRF-Tabellen für die Rezeptur, 12. Auflage 2022
DAC/NRF-Rezepturhinweis Basiscreme DAC (18.11.2020)
Bergner A.: Praxishilfe Rezeptur, Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Apotheke, Deutscher Apotheker Verlag, 2. Auflage, Stuttgart 2021
 

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