Meldungen vom 26. bis 30.10.2020
Dienstag, den 27.10.2020
Labore melden Engpässe bei Materialien und Mitarbeitern
Vertreter von Laboren haben erneut gefordert, SARS-CoV-2-Tests auf das Notwendige zu reduzieren und vor allem die Menschen zu testen, die Tests vordringlich brauchen. „Die Lage ist ernst. Es ist wichtig, dass wir die Auslastung der Laboratorien wieder zurückführen auf das Maß, das wir längerfristig durchhalten“, sagte Michael Müller, Vorstandsvorsitzender des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM), am heutigen Dienstag in Berlin. Zu der Belastung durch die vielen Corona-Tests kämen nun im Herbst auch noch Influenza-Tests, die die Labore ebenfalls zu bewältigen hätten. Außerdem mangelt es zum Teil an Material, auch Mitarbeiter sind knapp.
Das Testaufkommen ist laut dem Verband extrem hoch: In der vergangenen Woche meldeten rund 160 Labore bundesweit rund 1,2 Millionen Tests mit rund 70.000 positiven Ergebnissen. Das waren zwölf Prozent mehr Tests als in der Vorwoche. Die Positivrate lag demnach vergangene Woche bei 5,7 Prozent, zuvor bei 3,7 Prozent. Die bundesweit zunehmende Auslastung der Labore auf mittlerweile 89 Prozent sei ein Ausdruck der Überlastung.
Außerdem fehle es immer wieder an Material. „Mal sind es Abstrichtupfer, mal Reagenzien, dann wieder Verbrauchsmaterialien, jetzt gerade Pipettenspitzen, die fehlen. Das macht die Arbeit in den Laboren unnötig schwer“, so sagte ALM-Vorstand Evangelos Kotsopoulos. Einen Grund dafür sieht er in den vergangenen Monaten: „Wir haben im Sommer bei der unnötigen Testung von Reiserückkehrern mindestens Hunderttausende von Tests verballert mit 0,3 Prozent Positivrate, die uns heute fehlen. Wir haben leere Lager und keine Pipettenspitzen in Reserve, weil wir die verbraucht haben“. Man müsse sich auf das Notwendige bei der Testung konzentrieren. „Alles drumherum ist Luxus“, so Kotsopoulos. Quelle: dpa/sn
Sachsen-Anhalt führt Strafen für Maskenverweigerer ein
Wer seine Maske nicht wie vorgeschrieben trägt, muss künftig auch in Sachsen-Anhalt zahlen. Es könnten Verwarn- und Bußgelder bei Verstößen gegen die Pflicht zum Masketragen verhängt werden, teilte die Staatskanzlei am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Magdeburg mit. Fällig werden können 50 bis 75 Euro, je nach Lage vor Ort mit der Zahl der Infektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Quelle: dpa/sn
Wissenschaftler fordern drastische Reduzierung von sozialen Kontakten
Die Deutsche Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und fünf andere Forschungsgemeinschaften fordern eine drastische Reduzierung von sozialen Kontakten in der Corona-Krise. Notwendig sei angesichts steigender Infektionszahlen eine Verringerung der Kontakte ohne Vorsichtsmaßnahmen auf ein Viertel, nach bundesweit einheitlichen Regeln, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Leopoldina, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft. Gemeint sind damit alle Kontakte, die ohne die aktuell geltenden Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen stattfinden.
„Eine Halbierung der Kontakte ohne Vorsichtsmaßnahmen eines jeden Einzelnen reicht laut wissenschaftlichen Simulationen des möglichen Pandemieverlaufs gegenwärtig nicht aus, um die Zahl von Neuinfizierten pro Woche zu senken“, erklärten die Experten weiter. Der Anstieg der Infektionszahlen sei in vielen Orten Deutschlands nicht mehr kontrollierbar. „Je früher eine konsequente Reduktion von Kontakten ohne Vorsichtsmaßnahmen erfolgt,desto kürzer können diese andauern und desto weniger psychische, soziale und wirtschaftliche Kollateralschäden werden diese verursachen“, heißt es.
Jeder Kontakt, der den Gesundheitsämtern entgehe, sei der Keim einer neuen Infektionskette, die sich dann der Kontrolle entziehe. „Steigt die Zahl der unerkannten Virusträger weiter signifikant, dann geben immer mehr Personen das Virus weiter, ohne davon zu wissen, und treiben das exponentielle Wachstum der Infektionszahlen an“, heißt es in der Erklärung. Nach drei Wochen einer entsprechenden Senkung der Kontakte sei es entscheidend, die dann erreichte niedrige Fallzahl mit bundeseinheitlichen und konsequent verfolgten Schutzmaßnahmen zu halten. Dazu gehören nach Darstellung der Wissenschaftler unter anderem die Einhaltung der sogenannten AHA+L+A-Regeln (Abstands-, Hygiene-und Alltagsmasken, Lüften und Corona-Warn-App). Quelle: dpa/sn
Peptid aus Seescheide – Neuer Ansatz gegen SARS-CoV-2?
Ein weiterer umgewidmeter Wirkstoff könnte für die Behandlung von COVID-19-Patienten etwas bringen. Es handelt sich den Naturstoff Plitidepsin aus dem Meeresbewohner Aplidium albicans, einer Seescheidenart. Sowohl die präklinischen als auch erste klinische Ergebnisse lassen hoffen.
In einer multizentrischen, randomisiertne, nicht verblindeten Phase-I-Proof-of-Concept-Studie wurde eine bemerkenswerte Korrelation zwischen der Abnahme der Viruslast, der klinischen Verbesserung, der Abheilung von Lungenentzündungen und dem Rückgang der Entzündungsparameter, wie dem C-reaktiven Protein (CRP), beobachtet.
Ursprünglich war das Peptid (in Kombination mit Dexamethason) für die Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom gedacht. Quelle: daz.online/hb/sn
Lauterbach spricht sich für partiellen Shutdown aus
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wirbt für eine befristete Schließung zahlreicher Einrichtungen für zwei Wochen, um den starken Anstieg der Corona-Infektionen zu stoppen. „Wenn wir den Sonderweg Deutschlands retten wollen, auch besser durch die zweite Welle zu kommen, dann muss ein Wellenbrecher-Shutdown jetzt kommen“, sagte Lauterbach am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Konkret gehe es um ein Konzept, „bei dem man über zwei Wochen hinweg mit Ankündigung – in der Regel mit einer Woche Vorlauf – bundesweit Einrichtungen schließt: Restaurants, Bars, Kneipen, alle Kulturstätten, Fitnessstudios, Vereine. Offen bleiben aber Schulen, Kitas und essenzielle Geschäfte.“ Private Treffen müssten auf ein absolutes Minimum reduziert werden. In Betrieben sollte so viel Homeoffice gemacht werden wie möglich.
„Wenn dieses Konzept sehr früh ergriffen wird, kann es uns für eine längere Zeit aus dem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen herausbringen, wenn dieses noch nicht zu lange gelaufen ist“, sagte Lauterbach. „In dieser Situation sind wir jetzt. Wenn wir es jetzt nicht beschließen, ist aus meiner Sicht ein kompletter Lockdown auch mit Schulen, der viel länger dauern könnte, in einigen Wochen unabwendbar.“ Er hoffe, dass es bei den Beratungen von Bund und Ländern an diesem Mittwoch zu einem entsprechenden Beschluss komme.
„Um aus dem exponentiellen Wachstum herauszukommen, müssen wir die Zahl der Kontakte um mindestens 50 Prozent senken, bevorzugt sogar um 75 Prozent“ erläuterte der Gesundheitsexperte. „Wir würden damit wesentliche Zeit gewinnen und kämen – ohne dass wir mit dramatischen Fallzahlen rechnen müssen –, noch bis zu den Weihnachtsferien.“Quelle: dpa/sn
Niedersachsen: Zusätzlicher Grippeimpfstoff in Aussicht
In der Corona-Pandemie ist die Grippeimpfung in Niedersachsen besonders gefragt. Zwar werde der aktuell vorhandene Impfstoff knapp, bis Mitte November sollten aber zusätzliche Impfstoffdosen auf dem Markt sein, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur. Demnach sind die ersten 1,2 Millionen Impfstoffdosen bereits ausgeliefert - von rund 1,4 Millionen ursprünglich bestellten Dosen. Aber: „Wer jetzt keine Impfung bekommt, sollte sich etwas gedulden - wir rechnen mit Nachschub.“
Niedersachsen könne bis zu 1,2 Millionen weitere Impfdosen bis Mitte November über den Bund bekommen. Klare Angaben zur Menge und zum Lieferzeitpunkt gebe es aber bisher nicht, sagte der Sprecher. Quelle: dpa/sn
Mehr dazu lesen Sie hier.
Dobrindt: Auch an Medikamenten gegen COVID-19 forschen
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat den Ausbau der Erforschung von Therapeutika gegen das Coronavirus gefordert. Neben der Prävention und der Forschung nach einem Impfstoff seien entsprechende Medikamente und Heilmittel als dritte Säule maßgeblich, sagte Dobrindt am Dienstag in Berlin. Denn diese seien umso wichtiger, als man sich nicht darauf verlassen könne, wann und ob überhaupt die derzeit aussichtsreichen Impfstoffentwicklungen auch tatsächlich anwendbar seien.Quelle: dpa/sn
Scholz fordert schnelle, einheitliche Maßnahmen
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat schnelle zusätzliche Maßnahmen gegen die rapide steigende Zahl der Corona-Infektionen gefordert. Der dramatische Anstieg in den vergangenen Tagen sei „sehr besorgniserregend“, sagte Scholz am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Jetzt sind schnelle und entschlossene Schritte nötig, um diese neue Infektionswelle zu brechen.“ Die zusätzlichen Maßnahmen sollten zielgerichtet und zeitlich befristet sein. „Und sie sollten deutschlandweit möglichst einheitlich getroffen werden und allgemein verständlich sein“, sagte der Finanzminister.
Die Gesundheitsämter haben nach Angaben des Robert Koch-Instituts von Dienstagmorgen zuletzt 11.409 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Vor einer Woche hatte die Zahl noch bei 6.868 gelegen. Am Samstag war mit 14.714 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht worden. An diesem Mittwoch will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut mit den Ministerpräsidenten der Länder über die Lage beraten.Quelle: dpa/sn
Slowakei will beinahe alle Bürger auf Corona Testen
An den beiden kommenden Wochenenden will die slowakische Regierung fast die gesamte Bevölkerung des Landes auf das Coronavirus testen. Der nationale Corona-Krisenstab habe den Plan abgesegnet, nachdem eine Pilotphase am vergangenen Wochenende erfolgreich verlaufen sei, teilte Regierungschef Igor Matovic am Montagabend mit. Der Gründer der populistisch-konservativen Wahlplattform Gewöhnliche Leute OLaNO hatte das Vorhaben erst vor einer Woche angekündigt. Vom vergangenen Freitag bis Sonntag waren zunächst vier besonders stark von der Pandemie betroffene Bezirken an der polnischen Grenze getestet worden.
In den beiden nächsten Phasen sollen binnen vier Tagen, jeweils samstags und sonntags, alle über zehn Jahre alten Einwohner im Rest des Landes einem Antigen-Schnelltest unterzogen werden. Dass die zunächst ebenfalls vorgesehenen Freitage gestrichen wurden, hängt offensichtlich mit einer Personalknappheit zusammen, vor der Gesundheitsexperten gewarnt hatten. An den beiden arbeitsfreien Tagen sei es leichter, genügend Helfer zu finden als am Freitag, erklärte Gesundheitsminister Marek Krajci vor Journalisten.Quelle: dpa/sn
Intensivmediziner warnen vor Engpass bei Pflegepersonal
Intensivmediziner warnen vor Engpässen bei der Versorgung von COVID-19-Patienten wegen des Fehlens von Pflegepersonal. „Wir haben einen dramatischen Mangel an Pflegekräften“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Es gebe inzwischen „ausreichend Kapazitäten an freien Intensivbetten und Beatmungsgeräten“. Das allein helfe aber nicht weiter, „wenn wir kein Personal haben, um die Patienten zu versorgen“. Hierin liege „das viel größere Problem“. Grob geschätzt fehlten bundesweit 3500 bis 4000 Fachkräfte für die Intensivpflege, sagte Janssens.Quelle: dpa/sn
Apotheker warnt vor Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln
Die Pharmaindustrie hat wie andere Branchen auch große Teile der Produktion ins Ausland, insbesondere nach Asien verlegt. Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass dies Risiken birgt.
Der scheidende Chefapotheker des Rostocker Südstadtklinikums, Hartmut Eggers, hat vor sich verschärfenden Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln gewarnt. So mussten etwa bei einigen Krebsmedikamenten die Patienten mit Importen aus dem Ausland versorgt werden, wie Eggers der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es bedürfe insgesamt eines immer größeren Aufwandes, die Versorgung der Patienten auf den Stationen zu gewährleisten.
Ein Grund dafür sei, dass in Europa immer weniger Arzneimittel produziert werden, sagte Eggers. „Die Grundstoffe vieler Arzneimittel werden fast ausschließlich in Asien hergestellt.“ Teilweise gebe es Monopole bei diesen Grundsubstanzen. Wenn einer der Hersteller ausfalle, entstehe sofort ein weltweiter Versorgungsengpass.
Es müsse versucht werden, die Produktion der Grundsubstanzen beziehungsweise der Medikamente selbst nach Europa zurückzubekommen. Dies hätte Vorteile bei der Planung sowie bei der Überprüfung und Durchsetzung der Qualität. „Dann würden europäische oder amerikanische Maßstäbe gelten.“ Die Gesellschaft stehe aber vor der Entscheidung, ob sie bei Arzneien wieder mehr Sicherheit bei Qualität und Quantität haben oder weiter auf billigere Produkte setzen möchte. Quelle: dpa/sn