Meldungen vom 19. bis 23.04.2021
Donnerstag, 22.04.2021
EU-Länder einigen sich auf technische Richtlinien für Impf-Zertifikat
Vertreter von EU-Ländern haben sich auf technische Rahmenbedingungen für die Einführung des digitalen Impfpasses geeinigt. „Dies ist ein wichtiger Schritt, damit das digitale Grüne Zertifikat bis zum Sommer für die Bürger Realität wird“, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Donnerstag laut Mitteilung. Im Juni soll das Zertifikat einsatzbereit sein, und Reisen im Sommer deutlich erleichtern. Die Zertifikate sollen – anders als es der Name vermuten lässt – auch in Papierform erhältlich sein.
Die Leitlinien beträfen etwa entscheidende Elemente des Zertifikats wie einen QR-Code über den Daten zu Impfungen, Corona-Tests und überstandenen COVID-Infektionen abgerufen werden können. Die Codes sollen sicherstellen, dass alle Zertifikate gelesen werden können. Zudem beschreiben die Richtlinien auch Sicherheitsmechanismen, die Fälschungen verhindern sollen. So könne die Echtheit der Zertifikate EU-weit überprüft werden. „Parallel dazu werden die Mitgliedsstaaten ermutigt, die benötigten technischen Lösungen auf nationaler Ebene einzuführen“, heißt es in der Pressemitteilung der EU-Kommission.
EU-Handelskommissar Thierry Breton teilte mit, von Seiten der Kommission sei man ab dem 1. Juni bereit, die EU-Länder mit dem Zertifikat zu verknüpfen. Nächste Woche soll im EU-Parlament über dessen Ausgestaltung abgestimmt werden. dpa/vs
Corona-Notbremse passiert Bundesrat – Scharfe Kritik der Länder
Der Bundesrat hat das geänderte Infektionsschutzgesetz mit der Corona-Notbremse trotz massiver Kritik passieren lassen. In einer Sondersitzung verzichtete die Länderkammer am Donnerstag darauf, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz anzurufen, das der Bundestag am Vortag verabschiedet hatte. Alle sechs Ministerpräsidenten, die sich in der Aussprache zu Wort meldeten, äußerten erhebliche Bedenken. Sie erkannten aber wegen der anhaltenden Corona-Pandemie den Handlungsbedarf an und wollten das Gesetz daher nicht aufhalten.
Die Ministerpräsidenten sahen durch die Bank verfassungsrechtliche Bedenken – insbesondere wegen der starren Notbremse – und Probleme bei der praktischen Umsetzung. Sie monierten, dass der Bund nicht die Erfahrungen der Länder in der Pandemiebekämpfung berücksichtigt habe.
Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Dann dürfen Menschen ab 22.00 Uhr die eigene Wohnung in der Regel nicht mehr verlassen. Alleine spazieren gehen und joggen ist bis Mitternacht erlaubt. Es darf sich höchstens noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sind. Läden dürfen nur noch für Kunden öffnen, die einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Präsenzunterricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 meist gestoppt werden.
Das vom Bundestag am Mittwoch beschlossene Gesetz ist ein Einspruchsgesetz. Das heißt, eine Zustimmung des Bundesrates war nicht nötig. Die Länderkammer hätte aber den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anrufen und das Gesetz damit zeitlich aufhalten können. dpa/vs
Aufhebung von Impf-Priorisierung wohl im Juni möglich
Bei den Corona-Impfungen in Deutschland könnte aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wohl im Juni keine offiziell festgelegte Reihenfolge mehr nötig sein. Wenn es früher sein sollte, wäre er froh, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Bundesrat. Er gehe Stand heute aber davon aus, dass die Priorisierung im Juni aufgehoben werden könne. Nach den laufenden Impfungen alter und chronisch kranker Menschen in den ersten zwei Prioritätsgruppen solle im Mai die dritte und letzte Prioritätsgruppe geöffnet werden. Dazu gehören über 60-Jährige und auch bestimmte Berufsgruppen.
Spahn betonte, dass das Impftempo nun im zweiten Quartal mit mehr Impfstofflieferungen und der Einbeziehung von Praxen zunehme. Derzeit habe mehr als jeder Fünfte in der Bevölkerung eine erste Impfung, bis Ende April werde es jeder Vierte sein und im Mai jeder Dritte. Im Juni sollten neben Hausärzten auch Betriebsärzte regelhaft einbezogen werden. dpa/vs
Niedersachsen setzt erste Johnson & Johnson-Dosen in Hotspots ein
Niedersachsen erhält noch in dieser Woche eine erste Lieferung von 21.600 Dosen des Johnson & Johnson Impfstoffs, der in kritischen Hotspots eingesetzt werden soll. Mit den Dosen werde die Impfkampagne etwa in Salzgitter, Wolfsburg sowie den Kreisen Peine und Vechta vorangetrieben, sagte der Leiter des Corona-Krisenstabs der Landesregierung, Staatssekretär Heiger Scholz, am Donnerstag im Gesundheitsausschuss des Landtags in Hannover. Tausende zusätzliche Impfdosen hätten vor Ort durchaus eine Wirkung, insbesondere, da die betroffenen Impfzentren zügig und vorbildlich arbeiteten.
Nachdem die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) nach einer erneuten Überprüfung grünes Licht für den Corona-Impfstoff des US-Herstellers Johnson & Johnson gegeben hat, kommt dieser nun zügig zum Einsatz. 232.800 Dosen sollen an die Bundesländer gehen. Johnson & Johnson hatte am Dienstag nach der EMA-Mitteilung erklärt, dass die Markteinführung seines Impfstoffes in Europa fortgesetzt werde. dpa/vs
Indien meldet weltweit höchsten Neuinfektionen an einem Tag
Indien ist neuer Spitzenreiter bei den weltweiten Corona-Neuinfektionen an einem Tag. In den vergangenen 24 Stunden wurden 314.835 Corona-Fälle erfasst, wie aus Zahlen des indischen Gesundheitsministeriums vom Donnerstag hervorgeht. Nach Daten der Johns Hopkins Universität in Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) hat bislang kein Land so viele Infektionen an einem Tag erfasst. Demnach hielten die USA mit rund 300.000 Fällen am 2. Januar 2021 den bisherigen Rekord.
In absoluten Zahlen hat Indien mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern knapp 16 Millionen Infektionen erfasst. Das Land ist damit hinter den USA am Härtesten von der Pandemie betroffen. Die USA haben insgesamt 31 Millionen Infektionen gemeldet. Mehr als 184.000 Menschen starben in Indien nach offiziellen Zahlen in Verbindung mit dem Coronavirus. Die Dunkelziffer, also die Zahl nicht erfasster Fälle, unterscheidet sich von Land zu Land stark.
Die Coronazahlen nehmen in Indien seit Wochen immer schneller zu. Schuld daran dürfte eine verbreitete Sorglosigkeit sein. Es gab lange Massenveranstaltungen für anstehende Regionalwahlen und religiöse Feste, bei denen Menschen keine Masken trugen und keinen Abstand hielten. Auch Virusmutationen dürften eine Rolle spielen. Die indische Variante B.1.617 steht bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter Beobachtung. Auch in Deutschland wurden bereits einige Infektionen mit dieser Variante registriert. dpa/vs
Evonik produziert früher Lipide für Biontech-Impfstoff als erwartet
Der Spezialchemiekonzern Evonik ist mit dem Ausbau der Lipid-Produktion für den Corona-Impfstoff von Biontech schneller vorangekommen als geplant. Die Anlagen am Standort Hanau seien aufgebaut, und erste Lipide würden ausgeliefert, teilte der Essener Konzern am Donnerstag mit. Ursprünglich war die Herstellung größerer Mengen erst für das zweite Halbjahr avisiert worden. Bei den Arbeiten am Standort in Dossenheim kommt der Konzern laut einer Sprecherin gut voran, hier soll die Produktion weiterhin im zweiten Halbjahr starten.
Evonik stellt zwei verschiedene Lipide her, die zusammen mit anderen dieser fettartigen Moleküle den Botenstoff des mRNA-Vakzines mit dem Markennamen Comirnaty in eine Nanohülle einschließen. Erst das ermöglicht es, den Wirkstoff von Biontech und seinem US-Partner Pfizer an der richtigen Stelle im Körper freizusetzen. Nur so kann die Impfung ihre Wirkung entfalten. dpa/vs
Tübinger Corona-Modellprojekt wird nach sechs Wochen beendet
Nun also doch das Aus nach sechs Wochen: Das Tübinger Corona-Modellprojekt wird wegen der Bundes-Notbremse laut Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) beendet. „Ab Montag ist also auch bei uns alles dicht. Theater, Handel, Schulen und Kitas“, schrieb Palmer auf seiner Facebook-Seite. Diese Entscheidung habe die CDU-Wahlkreisabgeordnete Annette Widmann-Mauz der Presse mitgeteilt.
Die Inzidenz im Landkreis sei mit 180 eben viel zu hoch, schrieb Palmer. Er machte darauf aufmerksam, dass die Inzidenz in Tübingen konstant unter 100 sei seit zwei Wochen. „Der Anstieg findet nur außerhalb Tübingens statt und hat jetzt den Wert von 240 erreicht, während wir bei 91 stehen“, schrieb Palmer. Der zuletzt für die Stadt gemeldete Wert lag laut dem Sozialministerium am Mittwoch bei 91,8. Der Wert für den Landkreis wurde mit 181,5 angegeben.
Menschen in Tübingen können sich seit dem 16. März an mehreren Stationen kostenlos testen lassen – mit den Bescheinigungen der Ergebnisse, den Tagestickets, können sie dann in Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen gehen. Wegen großen Andrangs von außerhalb sind die Tests inzwischen auf Menschen aus dem Kreis Tübingen beschränkt.
Das Vorzeigeprojekt war bereits zwei Mal verlängert worden und hatte bundesweit für viel Aufsehen gesorgt, aber auch für einige Kritik. So hatte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach einen Stopp solcher Versuche wie in Tübingen gefordert. „Sie geben das falsche Signal“, schrieb Lauterbach auf Twitter. Das Tübinger Projekt zeige, dass unsystematisches Testen mit Öffnungsstrategien die schwere dritte Corona-Welle nicht aufhalten werde. dpa/vs
AstraZeneca in drei Bundesländern für alle Altersgruppen freigegeben
Der Impfstoff von AstraZeneca ist in drei Bundesländern für alle Altersgruppen freigegeben worden: nach Sachsen entschieden am Mittwoch auch Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, die Priorisierung für diesen Impfstoff komplett aufzuheben. Bei Menschen unter 60 Jahren ist jedoch vor dem Spritzen eine ausführliche Beratung durch den Impfarzt notwendig, wie die Gesundheitsministerien mitteilten.
Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) sagte laut Mitteilung: „Die Freigabe ist ein Angebot, dass diejenigen, die keine oder wenige Vorbehalte gegen den Impfstoff haben, die Möglichkeit nutzen können, sich gegen das Coronavirus auch impfen zu lassen.“
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) teilte in München mit: „Die Ärzte kennen ihre Patienten gut und wissen, wem sie aus dem Kreis der unter 60-Jährigen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Ständigen Impfkommission ein Impfangebot mit diesem Wirkstoff machen können – und beraten hierzu ausführlich.“ dpa/vs
Neue indische Corona-Variante – was man darüber weiß
Die neue SARS-CoV-2-Variante aus Indien wird laut der WHO bislang als nicht „besorgniserregend“ eingestuft aber als „Variant of Interest“ betitelt. Doch was bedeutet das genau und was weiß man bisher über die neu entdeckte indische Corona-Variante?
RKI: Besorgniserregende Corona-Varianten bei knapp 95 Prozent
Der Anteil von Coronavirus-Varianten, die als besorgniserregend eingestuft sind, ist in untersuchten Proben aus Deutschland laut Robert Koch-Institut (RKI) auf knapp 95 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung geht ausschließlich auf die ansteckendere, Ende 2020 in Großbritannien entdeckte Variante B.1.1.7 zurück, wie RKI-Wissenschaftler schreiben. Es sei wegen dieses hohen Anteils insgesamt nicht damit zu rechnen, dass sich der Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz abschwäche.
Bei einer Erhebung eines Laborverbundes sei ein Anteil der Mutante B.1.1.7 von etwa 93 Prozent erfasst worden, hieß es. Die Angabe bezieht sich auf mehr als 54.000 Proben aus dem Zeitraum vom 12. bis 18. April. Eine schnelle Veränderung der Dominanz dieser Variante sei „nach aktuellen Kenntnissen nicht zu erwarten“, bilanziert das RKI.
„Alle Impfstoffe, die aktuell in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen nach derzeitigen Erkenntnissen jedoch sehr gut vor einer Erkrankung durch B.1.1.7 und sie schützen auch vor schweren Erkrankungen durch die anderen Varianten“, betont das RKI auf seiner Webseite.
Das RKI berichtet zudem von der indischen Variante B.1.617, die bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter Beobachtung steht und bisher nicht als besorgniserregend eingestuft ist. „Diese Variante wurde zuerst im indischen Bundesstaat Maharashtra gefunden und verbreitet sich dort stark“, erläutern die Autoren. Sie zirkuliere auch in anderen indischen Bundesstaaten und sei in Großbritannien und Deutschland vereinzelt gefunden worden. Für Deutschland werden 21 Nachweise genannt. dpa/vs
Impfstoff-Produktionsstätte in den USA wegen Mängeln vorerst dicht
Eine Impfstoff-Fabrik in den USA, die zuvor von AstraZeneca an den Konkurrenten Johnson & Johnson gegangen war und wo wegen eines Produktionsfehlers Millionen Impfdosen des US-Herstellers entsorgt werden mussten, muss die Produktion vorübergehend einstellen. Bei einer Überprüfung der vom US-Biopharma-Unternehmen Emergent Biosolutions betriebenen Produktionsstätte seien zahlreiche Mängel bemerkt worden, teilte die US-Arzneimittelbehörde FDA mit.
Gemeinsam mit dem Unternehmen werde nun daran gearbeitet, die Mängel zu beheben. Bis dahin pausiere die Produktion. Die bisher in der Fabrik produzierten Impfstoffdosen würden zusätzlichen Prüfungen unterzogen. „Wir werden nicht erlauben, dass irgendwelche Produkte herausgegeben werden, bevor wir nicht sicher sind, dass unsere Qualitätsanforderungen erfüllt werden“, hieß es von der FDA. Bislang seien aus der Produktionsstätte, die von der FDA noch nicht zugelassen war, noch keine Impfdosen zur Verwendung in den USA ausgeliefert worden.
Anfang April war bekannt geworden, dass AstraZeneca die Fabrik an den Konkurrenten Johnson & Johnson verloren hatte. AstraZeneca ist in den USA noch nicht zugelassen, der Impfstoff von Johnson & Johnson wird derzeit vorübergehend nicht eingesetzt, nachdem mehrere möglicherweise in Zusammenhang stehende Fälle von Sinusvenenthrombosen gemeldet worden waren. Über das weitere Vorgehen will ein Beratergremium der US-Gesundheitsbehörde CDC am Freitag sprechen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte Anfang April erklärt, die Produktionsprobleme in dem Werk dürften keine Auswirkung auf AstraZeneca-Lieferungen nach Europa haben. dpa/vs
Giftige Substanz in Corona-Schnelltests – Behörde sieht keine Gefahr
Eine giftige Substanz in einem Corona-Schnelltest hat nach einem Medienbericht zu Besorgnis bei Eltern in Hamburg geführt. Knapp zwei Millionen Tests des koreanischen Herstellers SD Biosensor seien für Schulen und Kitas beschafft worden, berichtete die „Welt“. Die Gesundheitsbehörde bestätigte, dass die Reagenzflüssigkeit eine giftige Substanz enthalte. „Das ist aber nicht etwas, mit dem man physisch in Berührung kommt“, sagte Behördensprecher Martin Helfrich. Lediglich der Tupfer werde nach dem Entnehmen der Probe aus der Nase in die Flüssigkeit getaucht. Von dieser würden dann nur wenige Tropfen in die Testkassette gegeben.
Der SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test wird von Roche Diagnostics vertrieben. Ein Sprecher der SARS-CoV-2-Hotline des Unternehmens sagte, auf dem Beipackzettel werde allgemein auf Gefahrstoffe hingewiesen. Die Substanz Triton X-100 solle man nicht trinken und sich auch nicht in die Augen kippen. Wenn es doch passiere, sei es ratsam, gründlich mit Wasser zu spülen. Unter 18-Jährige sollten die Tests unter Aufsicht Erwachsener machen.
„Die Schnelltests sind geprüft und gesundheitlich unbedenklich“, betonte der Sprecher der Hamburger Schulbehörde, Peter Albrecht. Neben der Freigabe durch das Bundesamt hätten die an Schulen eingesetzten Tests eine vom Paul-Ehrlich-Institut zusätzlich durchgeführte Evaluierung bestanden. „Sie gelten damit als medizinisch unbedenklich“, erklärte Albrecht. Der Schnelltest der Marke Roche werde weiterhin in Hamburg verwandt. Die direkte Belieferung aller Schulen der Hansestadt habe aber inzwischen der Hersteller Lhyer übernommen. dpa/vs