Erkältungsmittel mit gesundheitlichen Risiken: Tylol® Hot bei Erkältung: Was ist zu beachten?

In zahlreichen Videos preisen Anwender Tylol® Hot als „türkisches Zaubermittel“ an, die meisten Beiträge sind dabei mit enthusiastischen Bewertungen versehen. Innerhalb von kurzer Zeit würde man auch bei einer Erkältung wieder überdurchschnittlich leistungsfähig werden.
Tylol® Hot: Was ist in dem Erkältungsmittel enthalten?
Bei dem genannten Arzneimittel handelt es sich um ein Kombinationsmittel gegen Erkältungsbeschwerden. Enthalten ist eine Wirkstoffkombination aus Paracetamol 500 mg, Pseudoephedrinhydrochlorid 60 mg und Chlorphenaminmaleat 4 mg.
Zur Anwendung sollen Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren den Inhalt eines Beutels in 160 ml warmem Wasser auflösen und trinken. Nach sechs Stunden kann eine erneute Gabe erfolgen, die Tageshöchstdosis von vier Beuteln darf dabei nicht überschritten werden.
Erhältlich ist das Arzneimittel unter anderem in der Türkei, aber auch im Internet kann es bei verschiedenen ausländischen Anbietern erworben werden.
Paracetamol: Höchstdosis nicht überschreiten
Aufgrund seiner fiebersenkenden und analgetischen Wirkung ist Paracetamol in zahlreichen Präparaten gegen Erkältungsbeschwerden enthalten.
Bei kurzzeitiger Anwendung und in therapeutischen Dosen ist Paracetamol bekanntlich ein gut verträglicher Wirkstoff. Gastrointestinale Beschwerden, wie sie bei nichtsteroidalen Antiphlogistika wie Acetylsalicylsäure und Ibuprofen als Nebenwirkungen auftreten, sind bei Paracetamol deutlich weniger ausgeprägt.
Bei lebergesunden Erwachsenen beträgt die Einzeldosis für den Wirkstoff 500 mg bis 1.000 mg, die Tageshöchstdosis liegt bei 4.000 mg.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die therapeutische Breite von Paracetamol gering ist. Schon das 2,5-Fache der erlaubten Höchstdosis, also 10 g Paracetamol pro Tag, können zu einem tödlichen Leberversagen führen. Aus diesem Grund sind in Deutschland Präparate, die mehr als 10 g Paracetamol pro Packung enthalten, nur nach Vorlage einer ärztlichen Verordnung erhältlich.
Vorsicht: Schwerwiegende Nebenwirkung unter Pseudoephedrin
Pseudoephedrin wird auch in Deutschland als Wirkstoff eingesetzt. In Kombination mit anderen Arzneistoffen kommt die Substanz zur Linderung erkältungsbedingter Beschwerden zur Anwendung.
Pseudoephedrin wirkt als indirektes Sympathomimetikum und stimuliert die Freisetzung von Noradrenalin. Dieser Botenstoff sorgt als Agonist an Alpha- und Betarezeptoren für eine Gefäßverengung (Vasokonstriktion). Dadurch kommt es zu einer Abschwellung der Schleimhaut in Nase und Nebenhöhlen.
Die übliche Einzeldosis liegt zwischen 30 mg und 60 mg, innerhalb von 24 Stunden sollen nicht mehr als 240 mg Pseudoephedrin aufgenommen werden.
Erkältungsmittel mit Pseudoephedrin können zwar zuverlässig von einer verstopften Nase befreien, die Präparate sind aber nicht ganz ungefährlich. Denn: Der gefäßverengende Effekt kann zu einem erhöhten Blutdruck und auch zu Koronarspasmen, also zu einer Verkrampfung der Blutgefäße am Herz, führen.
Diese schwerwiegenden kardiovaskulären Nebenwirkungen können bereits nach einmaliger Einnahme auftreten. Arzneimittel mit Pseudoephedrin sollten daher bei Herz-Kreislauf-Patienten nur nach ärztlicher Rücksprache eingesetzt werden.
Chlorphenamin mit sedierender Wirkung
Als dritter Wirkstoff ist in Tylol® Hot noch Chlorphenaminmaleat enthalten. Das Antihistaminikum trägt ebenfalls zur Abschwellung der Schleimhaut bei. Die Substanz zählt zu den H1-Antihistaminika der ersten Generation.
Durch die Blockade der Histaminwirkung kann eine Abschwellung der Nasenschleimhaut erreicht werden und folglich wird die Nasenatmung erleichtert. Wie alle anderen H1-Antihistaminika auch ist Chlorphenamin ZNS-gängig und hat eine deutlich sedierende Wirkung. Dieser Effekt wird in Erkältungsmitteln ausgenutzt, um den Schlaf in der Nacht zu verbessern.
Die Höchstdosis an Chlorphenaminmaleat in Erkältungsmitteln liegt bei 15 mg.
Tylol® Hot nicht unbedacht einnehmen: Auf Risiken aufmerksam machen!
Für gesunde Erwachsene ist die Einnahme von Tylol® Hot in therapeutischer Dosis zwar möglich, dabei sollten jedoch wichtige Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigt werden.
Nicht jedem Anwender des Heißgetränks ist bewusst, dass darin das Schmerz- und Fiebermittel Paracetamol bereits enthalten ist. Teilweise werden zur Behandlung von Schmerzen zusätzlich noch Tabletten mit Paracetamol eingenommen, wodurch es zu gefährlichen Überdosierungen kommen kann.
Bei der Abgabe von Kombinationspräparaten in der Apotheke werden daher die Patienten darauf hingewiesen, dass keine weiteren Medikamente mit Paracetamol mehr eingenommen werden dürfen. Dieser wichtige Beratungshinweis entfällt natürlich, da Tylol® Hot in deutschen Apotheken nicht erhältlich ist.
Weiterhin sollten auch abschwellenden Nasensprays nicht gleichzeitig eingesetzt werden. Diese enthalten ebenfalls vasokonstriktorische Substanzen und können die Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System verstärken.
Auch der sedierende Effekt von Chlorphenamin ist sicherlich nicht jedem Anwender bewusst. In Kombination mit Alkohol oder anderen Beruhigungsmitteln kann dieser Effekt auf unberechenbare Weise verstärkt werden.
Als weiteres Problem verleiten die Videos auf TikTok zu einem unkritischen Konsum, denn das Präparat wird als vermeintlich harmloses Heißgetränk angepriesen. Eine besondere Wirkung ist von Tylol® Hot sicherlich nicht zu erwarten.
Warum sind Kombi-Erkältungsmittel eigentlich so beliebt?
Bei einer Erkältung kommen bei den meisten Betroffenen mehrere Symptome wie Halsschmerzen, Schnupfen, Kopfschmerzen und Husten häufig gemeinsam vor. Die Patienten wünschen sich eine unkomplizierte Behandlung und greifen daher auf Kombinationsmittel gegen Erkältungen zurück. Nicht wenige Fachleute sehen diese Arzneimittel jedoch kritisch.
Jede Erkältung verläuft individuell und es sollten grundsätzlich nur die Symptome medikamentös behandelt werden, die auch tatsächlich auftreten. Warum sollte beispielsweise ein antitussiver Wirkstoff eingenommen werden, wenn der Patient gar keinen Husten hat.
Zudem geht die Anwendung eines solchen Kombinationsarzneimittels, wie bereits beschrieben, mit einem erhöhten Potenzial an Neben- und Wechselwirkungen einher. Quellen:
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Pseudoephedrin_18255
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Chlorphenamin_19380
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/11/01/kombi-praeparate-gegen-erkaeltung-verteufelt-und-geliebt