Pseudoephedrin: Neue Kontraindikationen bekannt
Auf Antrag der französischen Arzneimittelaufsichtsbehörde beschäftigte sich der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) seit Februar dieses Jahres mit der Sicherheit Pseudoephedrin-haltiger Arzneimittel.
Im Vordergrund stand hierbei der Zusammenhang zwischen der Einnahme entsprechender Arzneimittel und dem Auftreten des posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms (PRES) sowie des reversiblen zerebralen Vasokonstriktionssyndroms (RCVS).
Bei beiden Erkrankungen kann es zu einer unzureichenden Blutversorgung des Gehirns kommen, was zu schweren oder sogar lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann.
Pseudoephedrin bei schwerem Bluthochdruck kontraindiziert
In den vergangenen Monaten hat der PRAC alle ihm verfügbaren Daten, inklusive medizinischer Fachliteratur und Daten der Post-Marketing Surveillance, überprüft und Gespräche mit Experten geführt.
Auf dieser Grundlage hält der Ausschuss fest, dass Pseudoephedrin mit dem Risiko von PRES und RCVS verbunden ist. Um das Risiko für das Auftreten beider Syndrome so weit wie möglich zu senken, schlägt der PRAC folgende Maßnahmen vor:
Neue Kontraindikationen: Personen mit schwerem oder unkontrolliertem (nicht behandeltem oder therapieresistentem) Bluthochdruck oder mit schweren akuten oder chronischen Nierenerkrankungen oder Nierenversagen sollen keine Pseudoephedrin-haltigen Arzneimittel anwenden.
Neue Beratungshinweise: Heilberufler sollen den Patienten raten, die entsprechenden Präparate sofort abzusetzen und ärztlichen Rat einzuholen, wenn sie Symptome von PRES oder RCSV bei sich bemerken. Dazu gehören starke, plötzlich auftretende Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrung, Krampfanfälle und Sehstörungen.
Zur Erinnerung: Was ist Pseudoephedrin?
Pseudoephedrin wirkt als indirektes Sympathomimetikum: Es fördert die Freisetzung von Noradrenalin aus adrenergen Nervenendigungen.
Noradrenalin wiederum bewirkt über eine Aktivierung von α-Adrenozeptoren die Engstellung bestimmter Blutgefäße. Diese Wirkung macht man sich bei der Therapie von durch allergische oder infektiöse Ursachen zugeschwollener Nase zunutze.
In Deutschland ist Pseudoephedrin etwa in Kombination mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen (z. B. Aspirin® Complex, Wick® Daynait, Boxagrippal®) zum Einsatz bei grippalen Infekten auf dem Markt sowie in Kombination mit verschiedenen Antihistaminika wie Cetirizin (z. B. Reactine® Duo) oder Tiprolidin (z. B. Rhinopront®) bei allergischer Rhinitis.
Diese Neuerungen sollen auch in die Produktinformationen aller Pseudoephedrin-haltigen Arzneimittel aufgenommen werden.
Zuvor werden die Empfehlungen des PRAC dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA vorgelegt, der seinerseits eine Stellungnahme an die Europäische Kommission weiterleiten wird. Die endgültige, rechtsverbindliche Entscheidung spricht dann die Europäische Kommission aus.