Ist eine zuckerfreie Ernährung sinnvoll?
Im Januar ziehen bei vielen Menschen die berühmten Neujahrsvorsätze ein. Die Bereiche Gesundheit, Bewegung und Ernährung spielen jährlich eine große Rolle, weshalb die motivierten Kunden häufig Rat in der Apotheke suchen.
Viele Menschen haben aufgrund des Überangebots an süßen Nahrungsmitteln das Bedürfnis, ihren persönlichen Zuckerkonsum zu reduzieren. PTA können wichtige Hilfestellungen geben, wie eine zuckerfreie Ernährung gelingen und wie man im Alltag sinnvolle Ernährungsentscheidungen treffen kann.
Was versteht man eigentlich unter Zucker?
Der Begriff Zucker umfasst im weiteren Sinne Einfach- (Mono-), Zweifach- (Di-) und Mehrfachzucker (Polysaccharide). Einfachzucker bestehen aus einem einzelnen Zuckermolekül und können in dieser kleinsten Form vom Körper aufgenommen und verstoffwechselt werden. Dazu gehören Traubenzucker (Glucose), Fruchtzucker (Fructose) und Schleimzucker (Galactose).
Weiterhin gibt es Disaccharide, die aus jeweils zwei Zuckermolekülen bestehen. Neben Milchzucker (Lactose, bestehend aus Glucose und Galactose) und Malzzucker (Maltose, bestehend aus Glucose und Glucose) wird auch der sogenannte Haushaltszucker (Saccharose, bestehend aus Glucose und Fructose) hier eingeordnet.
Polysaccharide sind Verbindungen aus mehreren Zuckermolekülen und können unterschiedlich lang bzw. verzweigt sein. Stärke besteht beispielsweise aus mehreren tausend Glucosemolekülen. Auch komplexe Kohlenhydrate und Ballaststoffe gehören zu den Mehrfachzuckern. Sie schmecken im Gegensatz zu den Mono- und Disacchariden nicht süß.
Wofür braucht der Körper Zucker?
Zucker dient dem Körper als Energiequelle und wird für den Stoffwechsel benötigt. Aus den Di- und Polysacchariden werden im Verdauungsprozess Einfachzucker gebildet, die der Energiefreisetzung dienen.
Insbesondere Glucose wirkt besonders schnell, da sie direkt über die Darmschleimhaut ins Blut aufgenommen wird und innerhalb kurzer Zeit allen Zellen des Körpers zur Verfügung steht.
Das ist auch der Grund, warum Traubenzucker (Dextropur® Pulver, intact® Traubenzuckerrollen) bei einem diabetischen Notfall mit Unterzuckerung so schnell hilft. Fructose und Galactose gelangen hingegen zuerst in die Leber, bevor sie infolge von Stoffwechselprozessen Energie bereitstellen können.
Gut zu wissen: Wie wirkt Galactose?
Im Gegensatz zu Fructose und Glucose wird Galactose nicht in die engere Definition von „Zucker“ einbezogen, wenn es darum geht, den Zuckerkonsum zu reduzieren.
Galactose ist ein Teil der Lactose und kommt vor allem in Milchprodukten vor. Der Abbau von Galactose wird über ein ganz spezielles Leberenzym gesteuert. Daraus bildet sich eine Verbindung, die u. a. dem Aufbau von Schleimhäuten im Körper dient. Daher stammt auch der Ausdruck „Schleimzucker“.
Fehlt dieses Enzym, kommt es zur Ansammlung von Galactose im Körper. Die sog. Galaktosämie macht sich bereits einige Tage nach der Geburt bemerkbar. Muttermilch und Formula-Nahrung enthalten viel Lactose, weshalb sich schnell Symptome wie Erbrechen, Krämpfe oder ein Gewichtsverlust zeigen.
Im Rahmen des Neugeborenenscreenings wird standardmäßig auf den Gendefekt getestet, um frühzeitig eine Diagnose zu stellen. Die Erkrankung bedingt eine lebenslange Meidung von Lactose bzw. Galactose in der Ernährung.
Zuckerhaltige Lebensmittel sind beliebt, da sie spezielle Urinstinkte ansprechen. In der Steinzeit war der süße Geschmack ein Indiz dafür, dass eine Pflanze weder giftig noch kalorienarm ist. Generell gilt: Um richtig funktionieren zu können, benötigt der Körper Zucker.
Entscheidend ist aber, dass die Aufnahme aus komplexen Kohlenhydraten sowie Nahrungsmitteln, die von Natur aus Zucker enthalten, völlig ausreichend ist. Zucker in Lebensmitteln, welcher im Rahmen der Herstellung zugesetzt wird, benötigt der menschliche Körper nicht. Dieser begünstigt in erster Linie einen Überkonsum, welcher gesundheitsschädlich sein kann.
Überkonsum an Zucker fördert Zivilisationskrankheiten
Zu viel Zucker in der täglichen Ernährung stellt einen Risikofaktor für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Adipositas, Diabetes Typ 2, Fettstoffwechselerkrankungen sowie Karies dar.
Ein permanentes Glucose-Angebot kurbelt die Insulinausschüttung an, hemmt die Fettverbrennung und begünstigt Heißhungerattacken. Außerdem fördert es die Vorliebe für süße Speisen, die in ihrer Fülle ein tägliches Kalorienüberangebot fördern können (1 g Zucker entspricht 4 kcal). Eine zuckerfreie Ernährung ist deshalb unter bestimmten Richtlinien eine sinnvolle Ernährungsform.
Vorteile einer zuckerfreien Ernährung
Spricht man von zuckerfreier Ernährung, ist damit meist der Verzicht auf zugesetzten Zucker gemeint. Zucker, der natürlicherweise in Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Kartoffeln, Vollkorngetreide oder Hülsenfrüchten vorkommt, ist erlaubt.
Vor allem die komplexen Kohlenhydrate werden nur langsam vom Körper zerlegt, weshalb der Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigt und Heißhunger verhindert wird. Langfristig kann so Übergewicht vorgebeugt bzw. reduziert werden. Die Gewöhnung an einen weniger süßen Geschmack hilft dabei, ganz routinemäßig bessere Ernährungsentscheidungen zu treffen.
Wann gelten Lebensmittel als zuckerfrei?
Laut Definition der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) werden Lebensmittel, die maximal 0,5 g Zucker auf 100 g enthalten, als zuckerfrei bezeichnet. Ein Blick auf die Nährwerttabelle gibt Aufschluss darüber, ob das Produkt Teil des Speiseplans werden darf oder nicht.
Lebensmittel wie Obst, die keine Zutatenliste besitzen, sind erlaubt, wobei der Konsum von zuckerreichen Obstsorten im Auge behalten werden sollte. Zuckerarme Produkte enthalten maximal 5 g Zucker auf 100 g bzw. nur 2,5 g auf 100 ml.
Gut zu wissen: Wie viel Zucker steckt in Obst?
Zuckergehalt in Obst bezogen auf 100 g
- Banane: 12 g
- Mango: 12 g
- Kiwi: 9 g
- Erdbeere: 5 g
- Heidelbeere: 7 g
- Orange: 9 g
- Grapefruit: 7 g
- Weintraube: 16 g
- Apfel: 10 g
Maximal 10 % der täglichen Energiezufuhr sollten laut Angaben der DGE aus freiem Zucker bestehen. Das entspricht ca. 50 g, wenn von einer Kalorienmenge von 2.000 kcal/Tag ausgegangen wird. Inbegriffen sind zugesetzter und der natürlicherweise in Nahrungsmitteln vorkommende Zucker in Form von Mono- und Disacchariden.
Ungesüßte Lebensmittel sind nicht gleich zuckerfrei
Die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ sagt nicht automatisch aus, dass es sich um ein zuckerfreies Lebensmittel handelt. Im Gegenteil: Insbesondere Fruchtzubereitungen enthalten von Natur aus große Mengen Zucker, die beachtet werden sollten.
Sie können im Rahmen der zuckerfreien Ernährung durchaus erlaubt sein, wobei immer die Maximalgrenze von 50 g pro Tag im Hinterkopf behalten werden sollte.
Zuckerreiche Produkte ohne Zuckerzusatz sind beispielsweise
- Säfte,
- Smoothies,
- Honig,
- Fruchtpüree,
- Fruchtschnitten,
- Frucht-Quetschies für Kleinkinder,
- Agavendicksaft,
- Dattelsirup und
- getrocknetes Obst.
Durch den Verzicht auf zugesetzten Zucker wird in der Regel ein Überkonsum vermieden, auch wenn Obst und Zubereitungen daraus verzehrt werden. Wichtig ist ein bewusster Einsatz, der im Alltag ganz individuell gestaltet werden darf. Literatur:
https://www.cochrane.de/news/neue-who-leitlinie-unter-mitarbeit-von-cochrane-deutschland-zur-verwendung-zuckerfreier
https://www.ndr.de/ratgeber/kochen/Ernaehrung-ohne-Zucker-So-gehts,zucker676.html
https://www.dge.de/presse/meldungen/pressearchiv-2011-2018/empfehlung-zur-maximalen-zuckerzufuhr-in-deutschland/
https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/suessungsmittel-mehrheit-der-studien-bestaetigt-keine-gesundheitsbeeintraechtigung-allerdings-ist-die-studienlage-unzureichend.pdf
https://www.lebensmittelverband.de/de/lebensmittel/inhaltsstoffe/kohlenhydrate-und-zucker
https://www.ddg.info/politik/veroeffentlichungen/konsensuspapier-zucker
Die wichtigsten Punkte für das Beratungsgespräch
- Bei einer zuckerfreien Ernährung wird auf den Konsum von Lebensmitteln mit zugesetztem Zucker verzichtet.
- Der Körper benötigt Zucker zur Energiegewinnung. Dieser stammt optimalerweise aus komplexen Kohlenhydraten, den Polysacchariden, und natürlichen Zuckerquellen wie Obst.
- Durch den Verzicht auf zugesetzten Zucker kann die tägliche maximale Obergrenze von 50 g leichter eingehalten werden, da ein Überangebot verhindert wird.
- Verarbeitete Lebensmittel, die maximal 0,5 g Zucker auf 100 g enthalten, werden als zuckerfrei bezeichnet.
- Produkte, die den Schriftzug „ohne Zuckerzusatz“ enthalten, können dennoch von Natur aus zuckerreich sein.
- Die zuckerfreie Ernährung beugt Heißhungerattacken vor und reduziert das Risiko für Folgeerkrankungen, die mit einem Überangebot an Zucker verbunden sind.
- Eine ausgewogene zuckerfreie Ernährung besteht aus Gemüse, Nüssen, Hülsenfrüchten, Samen, ungesüßten Milchprodukten, Fleisch, Fisch, Eiern, Vollkornprodukten, (zuckerarmen) Obstsorten und Pflanzenölen.
- Diese Diätform kann der ganzen Familie empfohlen werden, um den bewussten Umgang mit zuckerhaltigen Lebensmitteln bereits als Kind zu erlernen und die Geschmacksknospen auf natürliche Süße einzustellen.
- Zuckeraustauschstoffe wie Aspartam und Sucralose können gelegentlich eingesetzt werden, ein übermäßiger Verzehr sollte allerdings aufgrund unklarer Gesundheitsrisiken vermieden werden.