Deutscher Apothekertag 2024: Lauterbach hält an „seiner“ Apothekenreform fest
Der Deutsche Apothekertag, der im Rahmen der expopharm stattfindet, wurde traditionell von der ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening eröffnet. In diesem Jahr erhielt dann aber zuerst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das Wort, da ihm nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung stand.
Schwerpunkt seiner Rede waren die Reformen, die er angestoßen und teils bereits umgesetzt hat – im Zentrum stand die umstrittene Apothekenreform.
Gleich zu Beginn sprach Lauterbach die Verzögerungen bei der Umsetzung der Reform an, was seiner Meinung nach ungewöhnlich für die Ampelkoalition sei. Er führte dies auch auf die Proteste der Apothekerschaft zurück.
Die Apothekenreform: Ein Überblick
Geplant ist, dass Apotheken künftig auch ohne Approbierte in Filialverbünden betrieben werden dürfen. Solche Apotheken sollen von einer PTA geleitet werden, die in bestimmten Fällen einen Apotheker per Video hinzuziehen kann.
„Komplexe Herstellungsprozesse“ und die Abgabe von Betäubungsmitteln bleiben jedoch weiterhin der Apothekerpräsenz vorbehalten. Zudem soll die Apothekenleitung mindestens acht Stunden pro Woche in jeder ihrer Filialen anwesend sein.
Änderungen beim Apothekenhonorar
Das Fixhonorar soll ab 2025 von 8,35 Euro auf 8,66 Euro und ab 2026 auf 9 Euro erhöht werden. Danach sollen der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband die Höhe neu aushandeln, wobei sie den Verbraucherpreisindex, die Versorgungslage und die Grundlohnsumme berücksichtigen sollen.
Gleichzeitig soll der variable Honoraranteil auf 2,5 und dann auf 2 Prozent sinken. Der Notdienstzuschlag soll um 30 Prozent erhöht werden, wodurch die Pauschale von etwa 420 auf 550 Euro steigt.
Rund 50 Millionen Euro jährlich sollen dafür zusätzlich bereitgestellt werden. Finanziert wird dies durch einen Anstieg des Notdienstzuschlags von 21 auf 28 Cent pro Rx-Arzneimittelpackung.
Änderungen bei der Filialleitung
Künftig soll die Leitung einer Filiale zwischen zwei Approbierten aufgeteilt werden können. Auch kann der Inhaber selbst die Leitung übernehmen. Zudem sollen Apotheken für „unterstützende Tätigkeiten“ Personal ohne apothekenspezifische Ausbildung einstellen dürfen.
Pläne für „Zweigapotheken“
Es soll einfacher werden, Filialen auch außerhalb benachbarter Kreise zu gründen. Vorgesehen ist zudem, dass Apotheken bis zu zwei „Zweigapotheken“ eröffnen dürfen, die lediglich vier Stunden am Tag geöffnet sind. Diese müssen keine Rezepturen herstellen, sondern können durch den Verbund versorgt werden.
Mehr Impfungen und Schnelltests in Apotheken
Apotheken sollen künftig auch Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Polio und FSME anbieten dürfen. Zudem sollen Schnelltests für Influenza-, Noro-, Rota-, RS- und Adenoviren verfügbar sein.
Weitere Einsparpotenziale
Apotheken sollen auch dadurch entlastet werden, dass Betäubungsmittel künftig mit anderen Medikamenten in denselben Kommissionierautomaten gelagert werden dürfen, für die bisher spezielle Lagerungsvorschriften galten.
Keine Honorarerhöhung ohne grundlegende Strukturreform
Nachdem er die Eckpunkte seiner Reform kurz umrissen hatte, stellte Lauterbach fest, dass diese „genau die Reform sei, die sich die Apothekerschaft immer gewünscht hätte – raus aus der Honorarpauschale und 15 Jahren Stillstand“. Die von den Apothekern geforderte Honorarerhöhung nannte er „absolut unrealistisch“.
Lauterbach erklärte, dass das bestehende Apothekensystem nicht funktioniere und er nicht bereit sei, in ein ineffizientes System zu investieren. Stattdessen wolle er durch gezielte Digitalisierung, insbesondere durch Telepharmazie, das System modernisieren. So könnten Apotheken ihre Honorare künftig individuell mit den Krankenkassen verhandeln.
Lauterbach: Die Zahl der Apotheken soll stabil bleiben
Ein zentrales Ziel des Ministers ist es, die Anzahl der Apotheken, insbesondere im ländlichen Raum, zu stabilisieren. Seiner Meinung nach sei dies nur durch Telepharmazie möglich, da es immer noch besser sei, eine digitale Apotheke anzubieten, als in dünn besiedelten Gebieten ganz auf Apotheken zu verzichten. Ohne seine Reform, so Lauterbach, werde die Zahl der Apotheken weiter sinken, und eine bloße Honorarerhöhung werde das Problem nicht lösen.
Auf eine Frage aus dem Publikum hin stellte Lauterbach klar, dass er keine Apotheke ohne Apotheker plane, sondern dass diese digital zugeschaltet werden sollen, um pharmazeutische Leistungen zu erbringen.
Aus dem Publikum kam jedoch der Einwand, dass man die Telepharmazie sinnvoller im Sinne der Patienten weiterentwickeln müsse. Es sei nicht sinnvoll, nur Apotheker aus dem Homeoffice zuzuschalten, wenn PTA nicht weiterwissen. Telepharmazie müsse ebenfalls vergütet werden, um die Arbeit in den Apotheken vor Ort weiterhin attraktiv zu gestalten.
Die Debatte verlief im Vergleich zum vergangenen Jahr, als die Reformpläne Lauterbachs erstmals öffentlich wurden, ruhig und sachlich. Lauterbach versprach, weiter am Reformgesetz zu arbeiten und auf die Apothekerschaft zuzugehen.