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Zwei neue Risikofaktoren für Demenz entdeckt

Frau sitzt am Tisch und puzzelt
Weltweit leben mehr als 55 Millionen Menschen mit Demenz. Faktoren wie Bluthochdruck, Adipositas, Depressionen u. v. m. können die Entstehung der neurodegenerativen Erkrankung begünstigen. | Bild: LIGHTFIELD STUDIOS / AdobeStock

Viele Menschen haben Angst, an Demenz zu erkranken. Mit zunehmendem Lebensalter steigt auch das Erkrankungsrisiko. Allein in Deutschland leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit der neurodegenerativen Erkrankung.  

Zwar ist Demenz nicht heilbar, jedoch gibt es bestimmte Risikofaktoren, die die Wahrscheinlich, an Demenz zu erkranken, erhöhen.

Zur Erinnerung: Was ist Demenz?

Demenz ist eine neurodegenerative Erkrankung – die häufigste Form davon ist die Alzheimer-Krankheit, die zu einem Abbau an Nervenzellen im Gehirn führt. Weltweit leben mehr als 55 Millionen Menschen mit Demenz, davon sind rund 60 % bis 70 % von Alzheimer betroffen.

Meist schreitet die Krankheit langsam, über mehrere Jahre hinweg, fort. Im Verlauf der Erkrankung verlieren Betroffene ihre kognitiven Fähigkeiten – sie haben beispielsweise Schwierigkeiten mit der Orientierung, der Sprache, dem Verstehen, Lernen, Planen und Einschätzen. Auch die emotionalen und sozialen Fähigkeiten können mit Fortschreiten der Erkrankung verloren gehen.

Risikofaktoren für eine Demenz-Erkrankung

Bereits 2020 veröffentlichte die Lancet-Kommission in einem ReportThe Lancet Journal: „Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission“  zwölf Risikofaktoren für die Entstehung einer Demenz-Erkrankung. Dazu zählen

  • Hörverlust,
  • Bluthochdruck,
  • Adipositas,
  • Diabetes,
  • Depressionen,
  • Rauchen,
  • übermäßiger Alkoholkonsum,
  • körperliche Inaktivität,
  • traumatische Hirnverletzungen,
  • niedriges Bildungsniveau,
  • Luftverschmutzung und
  • soziale Isolation.

Nun haben die Forschenden um Professor Gill Livingston, vom University College in London, zwei neue Risikofaktoren in den aktuellen Lancet-ReportThe Lancet Journal: „Dementia prevention, intervention, and care: 2024 report of the Lancet standing Commission“  mit aufgenommen: Sehverlust und ein hoher LDL-Cholesterinspiegel.

Abnehmendes Sehvermögen erhöht Risiko für Demenz

Der Verlust der Sehkraft erhöht das Risiko für die Entstehung einer Demenz, insbesondere im späteren Lebensalter. Laut der Lancet-Studie kann das Erkrankungsrisiko um zwei Prozent gesenkt werden, wenn die Sehschwäche vor allem im hohen Alter ausgeglichen wird. Weltweit bleibt allerdings bei 12,5 Prozent der Menschen über 50 Jahre eine Sehschwäche unbehandelt.  

Dr. Anne Pfitzer-Bilsing, Leiterin der Abteilung Wissenschaft von der gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative, erklärt, dass „ein abnehmendes Sehvermögen ähnliche Folgen haben kann, wie eine Schwerhörigkeit. Menschen, die schlechter sehen oder hören, ziehen sich oft zurück und sind sozial weniger aktiv. Durch die soziale Isolation verarbeitet das Gehirn weniger Reize und wird weniger stimuliert. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab und die Betroffenen haben ein höheres Risiko, an Alzheimer zu erkranken.“

Hohe LDL-Cholesterinwerte begünstigen Demenz

Ein weiterer Risikofaktor, der neu von der Lancet-Kommission aufgenommen wurde, ist der LDL-Cholesterinwert. Ein hoher LDL-Cholesterinspiegel kann die Bildung von schädlichen Proteinablagerungen fördern – die Amyloid-Plaques, die charakteristisch für eine Alzheimer-Erkrankung sind. 

Zur Erinnerung: Was ist LDL-Cholesterin?

LDL-Cholesterin ist ein Blutfettwert, der sich auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit bezieht. Ist die LDL-Konzentration dauerhaft erhöht, wird Cholesterin ins Blut abgegeben und lagert sich an den Gefäßwänden ab. Dadurch steigt das Risiko für Arteriosklerose und folglich kann es zu koronaren Herzkrankheiten, Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen.

LDL (Low Density Lipoprotein) transportiert Cholesterin im Körper zu den Orten, wo es gebraucht wird. Cholesterin wird zum Beispiel als Bestandteil von Zellmembranen benötigt. Außerdem ist es wichtig für die Produktion von Gallensäuren und Steroidhormonen sowie für die Bildung von Vitamin D.

Laut der Lancet-Kommission beeinflussen zu hohe LDL-Cholesterinwerte das Erkrankungsrisiko um sieben Prozent und zählen zu den vermeidbaren Risikofaktoren, insbesondere im mittleren Lebensalter.

Allerdings können zu hohe LDL-Cholesterinspiegel auch andere Demenzerkrankungen begünstigen, erläutert Pfitzer-Bilsing. Denn die hohen Cholesterinwerte können zu Ablagerungen in den Blutgefäßen führen, die die Blutversorgung des Gehirns beeinträchtigen. Dadurch kann das Risiko für eine vaskuläre Demenz steigen.

Durch Prävention Demenzrisiko minimieren

Die Forschenden der Lancet-Kommission fordern sowohl die Regierung als auch die Bevölkerung dazu auf, Risikofaktoren für Demenz während des Lebens anzugehen. Je früher man ansetzt und Risikofaktoren reduziert, desto besser.  

Schätzungsweise wird sich die Zahl an Demenz-Erkrankten weltweit bis 2050 fast verdreifachen – von 57 Millionen im Jahr 2019 auf 153 Millionen.  

Würde man alle genannten Risikofaktoren beseitigen, ließen sich laut der Lancet-Kommission rund die Hälfte aller Demenzfälle (45 Prozent) verhindern oder verzögern. Bei einer Reduktion der Risikofaktoren um 15 Prozent bis 2033 gäbe es etwa 138.000 Demenzfälle weniger.

13 Empfehlungen der Lancet-Kommission zur Demenz-Risikoreduktion

  • Kindern eine gute Bildung ermöglichen sowie kognitive Aktivitäten in der Mitte des Lebens fördern.
  • Hörgeräte jedem, der eins benötigt, zur Verfügung stellen und schädliche Lärmexposition verringern.
  • Effektive Therapie von Depressionen.
  • Bei Kontaktsportarten und beim Fahrradfahren einen Kopfschutz verwenden.
  • Körperliche Aktivitäten fördern.
  • Maßnahmen, die zum Rauchstopp beitragen, erhöhen.
  • Vaskuläre Risikofaktoren reduzieren – dazu zählen hohes Cholesterin, Diabetes, Adipositas und Bluthochdruck.
  • Alkoholkonsum verringern.
  • Verbesserung der Luftqualität.
  • Screening und Therapie für Sehverlust allen Menschen verfügbar machen.
  • Soziale Kontakte erhöhen.

Durch einen gesunden Lebensstil, regelmäßige Bewegung, soziale Kontakte sowie die Behandlung von medizinischen Risikofaktoren wie Sehschwäche, Schwerhörigkeit, Bluthochdruck und Cholesterinwerten kann man selbst schon viel dazu beitragen, das eigene Demenzrisiko zu senken. Quellen:
- https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Hohes-LDL-und-Sehverlust-als-neue-Risikofaktoren-fuer-Demenz-benannt-451719.html
- https://www.alzheimer-forschung.de/presse/pressemitteilungen/meldung/neue-demenz-risikofaktoren-2024/
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/153275/Lancet-standing-Commission-benennt-zwei-neue-Risikofaktoren-fuer-Demenz
- https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)01296-0/abstract?rss=yes#%20
- https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30367-6/fulltext