Anträge zum Deutschen Apothekertag 2022 : DiGA: Welche Aufgaben können Apotheken übernehmen?
Mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) sollen Patienten z. B. bei der Therapie bestimmter Erkrankungen unterstützt werden. Dafür können die als Medizinprodukt zertifizierten Apps von Ärzten verordnet und von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattet werden. Derzeit stehen 33 Anwendungen zur Verfügung – unter anderem zur Behandlung von Panik- oder Schlafstörungen, Tabakabhängigkeit, Tinnitus oder Vaginismus.
Zugang mit und ohne Rezept möglich
Im Unterschied zu Arzneimittelverordnungen landen DiGA-Rezepte für gewöhnlich nicht in öffentlichen Apotheken. Sie können stattdessen vom Patienten direkt bei der Krankenkasse eingereicht werden. Dafür verschreibt der Arzt bzw. Psychotherapeut die jeweilige DiGA auf einem gewöhnlichen Muster-16-Rezept (rosa Rezept). Dieses wird vom Patienten an die Krankenkasse übermittelt, woraufhin er einen Freischaltcode für die jeweilige Anwendung erhält. Zudem können DiGA auch ohne Rezept direkt bei der jeweiligen Krankenkasse (nach entsprechender Diagnosestellung) beantragt werden.
Insbesondere in letztem Fall findet keine weitere Beratung zu den digitalen Gesundheitsanwendungen statt. Die jeweiligen Patienten sind sich demnach bei Installation, Registrierung, korrekter Anwendung und ggf. Auswertung selbst überlassen. Doch gerade für Personen aus der Gruppe der „Non-Digital-Natives“ – also Personen, die nicht in der digitalen Welt aufgewachsen sind – kann das mit Problemen, wie einer fehlenden Compliance, verbunden sein.
DiGA-Beratung durch Apotheken
Auf exakt diese Lücke zielt der Apotheker-Verband Berlin mit seinem Antrag zum Deutschen Apothekertag 2022 ab. Darin wird der Gesetzgeber aufgefordert, die unabhängige Beratung zu digitalen Gesundheitsanwendungen in die Hände der Vor-Ort-Apotheken zu übergeben. Zudem appelliert der Verband dafür, dass diese Dienstleistung gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen auch abgerechnet werden kann.
„Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, eine unabhängige Beratung für Nutzer:innen digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA), digitaler Pflegeanwendungen (DiPA) und digitaler Versorgungsanwendungen (DiVA) sicherzustellen und diese Aufgabe den Vor-Ort-Apotheken [… ] zu übertragen.“
Um die genannte Beratungsleistung erbringen zu können, seien künftig entsprechende Fort- und/oder Weiterbildungsangebote erforderlich, so der Verband in seinem Antrag.
Gut zu wissen: DiGA vs. DiPA
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind zertifizierte Medizinprodukte niedriger Risikoklassen (I oder IIa), die hauptsächlich auf digitalen Technologien basieren. Sie sollen den Nutzer bei Diagnose und Therapie von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen sowie bei der Adhärenz unterstützen.
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) sind „digitale Helfer“, die Beeinträchtigungen von Pflegebedürftigen mindern oder einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenwirken. Ebenso kann es sich dabei um Anwendungen handeln, die die Kommunikation mit pflegenden Angehörigen und Pflegefachkräften verbessern.
Analog den DiGA müssen DiPA für die Kostenübernahme in einem entsprechenden Verzeichnis des BfArM gelistet sein. Dieses befindet sich aktuell noch im Aufbau.
Ergänzung der elektronischen Patientenakte
In Bezug auf DiGA könnte künftig auf Apotheken noch eine weitere Aufgabe zukommen: So fordert die Apothekerkammer Berlin in einem ihrer DAT-Anträge eine Vergütungsregelung für die Aufnahme arzneimittelbezogener DiGA-Einträge in die elektronische Patientenakte (ePA).
Bereits jetzt liegt nach § 346 SGB V ein Vergütungsanspruch der Apotheken für die unterstützende Befüllung der elektronischen Patientenakte vor, so die Kammer. Dieser solle auf DiGA-Einträge erweitert werden, da immer mehr Anwendungen mit Arzneimittelbezug (z. B. bei Hypertonie oder Diabetes) im DiGA-Verzeichnis gelistet würden.
Dritter DAT-Antrag zu DiGA
Noch einen weiteren Antrag widmet die Apothekerkammer Berlin den DiGA. Darin fordert sie, das Heilmittelwerbegesetz so nachzuschärfen, dass Krankenkassen nicht mehr für Apps werben können, die nicht als DiGA gelistet sind. Als Beispiele nennt die Kammer in ihrem Antrag „7 Mind“ im Indikationsgebiet Mental Health, Stressabbau und „Caterna“ bei Amblyopie (Sehschwäche).
Nach Ansicht der Apothekerkammer sei im Sinne des Verbraucherschutzes eine klare Abgrenzung zwischen Apps mit einem nachgewiesenen positiven Versorgungseffekt (Voraussetzung für Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis) und anderen Anwendungen ohne Nutzennachweis erforderlich.
Zur Erinnerung: Was ist der Deutsche Apothekertag?
Der Deutsche Apothekertag (DAT) ist die Hauptversammlung der deutschen Apotheker und dient u. a. dazu, die politischen Weichen für die Zukunft zu stellen. Er findet dieses Jahr vom 14. bis 16. September in München statt.
Im Rahmen dieser Versammlung finden zu verschiedenen Punkten (z. B. dem Geschäftsbericht des Hauptgeschäftsführers oder den Anträgen der Delegierten) Aussprachen statt. An den Diskussionen darf sich jeder anwesende Apotheker beteiligen, abstimmen dürfen hingegen nur gewählte Personen der Mitgliedsorganisationen (sog. Delegierte).
Auch Referenten und geladene Gäste kommen bei dieser Veranstaltung zu Wort. In diesem Jahr wird z. B. Karl Lauterbach auf dem DAT erwartet (14.9.2022) und für den Freitag ist eine gesundheitspolitische Diskussion mit Bundestagsabgeordneten vorgesehen.