Was tun bei akuter Blasenentzündung?
Bei einer Blasenentzündung, der Zystitis, ist die Schleimhaut oder die gesamte Wand der Blase entzündet. Auslöser von Blasenentzündungen sind fast immer bakterielle Erreger, die in die Harnblase eindringen, in den meisten Fällen von „außen“ über die Harnröhre.
In über 75 Prozent der Fälle sind dies Escherichia-coli-Bakterien. Sie stammen ursprünglich aus dem Darm und gehören zur normalen Darmflora. Von dort aus gelangen sie häufig durch Schmierinfektionen zur Harnröhre und steigen über diese in die Blase auf.
Möglich sind allerdings auch etwa sogenannte Schwimmbadinfektionen, besonders dann, wenn es in Pools Probleme mit der Reinigung des Wassers gibt.
Da die Blase zusammen mit der Harnröhre zu den unteren Harnwegen gehört, spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer unteren Harnwegsinfektion. Weitere Bakterien, die eine Zystitis auslösen können, sind unter anderem in Reihenfolge ihrer Häufigkeit Proteus mirabilis, Staphylococcus saprophyticus und Klebsiella pneumoniae. Es gibt weitere mögliche Erreger, die allerdings als selten gelten.
Wesentlich seltener sind Infektionen der Harnwege beziehungsweise der Blase durch Viren, Pilze oder auch Parasiten – diese machen zusammen aber nur rund 15 Prozent aller Infektionen aus.
Typische Symptome einer Blasenentzündung
Typische Anzeichen einer Blasenentzündung sind
- Schmerzen und/oder Brennen beim Wasserlassen (Algurie),
- ein „imperativer“ Harndrang (also ein plötzlich auftretender Harndrang, dem unmittelbar nachgegeben werden muss),
- häufiges Wasserlassen in kleinen Mengen (Pollakisurie),
- Schmerzen oberhalb der Schambeinfuge (Symphyse).
Möglich sind auch weitere Symptome wie
- trüber oder unangenehm riechender Urin sowie
- Unterleibskrämpfe.
Blut im Urin und Fieber deuten auf eine Nierenbeteiligung hin. In vielen Fällen verläuft die Erkrankung jedoch auch asymptomatisch. Oft sind unkomplizierte Harnwegsinfektionen selbstlimitierend, das heißt, sie klingen von allein wieder ab.
Mögliche Risikofaktoren und Risikogruppen einer Zystitis
Eine Blasenentzündung kann grundsätzlich jeden treffen. Das Risiko zu erkranken ist jedoch bei Frauen höher als bei Männern, weil sie eine viel kürzere Harnröhre haben und damit der Weg für die Erreger weniger lang ist.
Anatomisch spielt dabei auch eine Rolle, dass das Umfeld der Harnröhrenöffnung bei Männern naturgemäß trockener ist als bei Frauen und dass es bei Männern in der Regel deutlich schwieriger für Erreger aus dem Darm ist, den Weg vom Anus zum Harnröhrenausgang zu überwinden.
Ärztinnen und Ärzte unterscheiden außerdem verschiedene Patientengruppen (jeweils ohne weitere Begleiterkrankungen), weil sie ein unterschiedliches Risiko für einen Infekt haben oder der Verlauf anders sein kann:
- Junge nicht schwangere Frauen
- Schwangere Frauen
- Frauen nach der Menopause
- Betroffene mit eingestelltem Diabetes mellitus
- Jüngere Männer
- Geriatrische Patienten
Aufgrund der Häufigkeit von Infektionen gilt die Gruppe der jungen nicht schwangeren Frauen als „Standardgruppe“.
Allgemeine Risikofaktoren für eine Blasenentzündung sind:
- (zeitnaher) Geschlechtsverkehr, insbesondere bei der Verwendung von Diaphragmen und Spermiziden, da diese die Bakterienflora im Intimbereich beeinflussen.
- Verzögertes Wasserlassen nach dem Geschlechtsverkehr
- Falsche oder übertriebene Intimhygiene
- Frühere Harnwegsinfekte, vor allem wenn sie in jugendlichem Alter unter 15 aufgetreten sind.
- Eine Neigung zu Harnwegsinfekten in der Familiengeschichte
- Lokale Unterkühlung, z. B. durch nasse Badekleidung
- Eine vorausgegangene Antibiotikagabe bei Harnwegsinfekten
- Zu geringe Trinkmengen am Tag, da dann die Keime nicht ausgespült werden.
- Wärmeres Wetter führt zu mehr Harnwegsinfekten – steigt die Durchschnittstemperatur auf 25 bis 30 Grad Celsius, beobachtet man eine Zunahme bis 30 Prozent.
Besondere Risikofaktoren sind:
- Schwangerschaften, da der erhöhte pH-Wert des Urins in der Schwangerschaft zur Vermehrung der Bakterien führt.
- Die Menopause, da der Rückgang des Östrogens zu einer Veränderung der Bakterienflora der Vagina führt, was Blaseninfektionen begünstigen kann.
- Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus oder ein geschwächtes Immunsystem sowie
- anatomische Besonderheiten, z. B. eine zu enge Harnröhre
Bei geriatrischen Patienten begünstigen oft andere Erkrankungen eine Harnwegsinfektion. Bei jungen Männern gehen die Behandelnden in der Regel von einer komplizierten Infektion aus, da die Prostata betroffen sein kann.
Bei Männern gelten als Risikofaktoren auch
- Analverkehr
- (Ungeschützter) Geschlechtsverkehr mit infizierten Partnerinnen
- Vorhautveränderungen
Unterschiedliche Verlaufsformen einer Zystitis
Generell können Blasenentzündungen einen akuten oder rezidivierenden sowie einen unkomplizierten oder komplizierten Verlauf nehmen. Akute, also vorübergehende Blasenentzündungen bei jungen, nicht schwangeren Frauen ohne sonstige Begleiterkrankungen verlaufen normalerweise ohne schwerwiegende Komplikationen – und klingen oft von allein wieder ab.
Von einer unkomplizierten Harnwegsinfektion spricht man, wenn es im Harntrakt keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien gibt, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen vorliegen und es keine relevanten Begleiterkrankungen gibt, die Komplikationen begünstigen würden.
Einen komplizierten Verlauf befürchtet man, wenn sich die Infektion auf die oberen Harnwege ausbreitet oder wenn bestimmte Patientengruppen betroffen sind.
Von einem rezidivierenden, also immer wiederkehrenden Verlauf spricht man, wenn mehr als drei Entzündungen pro Jahr auftreten.
Blasenentzündung: Selbstmedikation oder Arztbesuch?
Grundsätzlich sind nur unkomplizierte Blasenentzündungen mit leichten Beschwerden für eine Selbstmedikation geeignet. Im günstigsten Fall handelt es sich bei der betroffenen Person um eine junge Frau ohne sonstige Begleiterkrankungen. Außerdem sollte der Infekt nicht länger als drei bis fünf Tage andauern.
In folgenden Fällen bzw. folgenden Personengruppen sollte zu einem Arztbesuch geraten werden:
- starke oder über mehrere (länger als fünf) Tage andauernde Beschwerden
- häufig wiederkehrende Infekte (mehr als drei Blasenentzündungen pro Jahr)
- Blut im Urin bzw. stark riechender und sehr trüber Urin
- Fieber, starkes Krankheitsgefühl, Schüttelfrost
- Übelkeit
- Menschen mit chronischen Erkrankungen, vor allem des Immunsystems
- Diabetiker, Gicht-Patienten
- Schwangere
- Männer
- Kinder < 12 Jahre
Antibiotische Therapie einer Zystitis
In vielen Fällen müssen Blasenentzündungen mit Antibiotika behandelt werden. Da für Blasenentzündungen prinzipiell mehrere Erreger infrage kommen und der Arzt bei Auftreten einer akuten Infektion üblicherweise vor der Verordnung eines Wirkstoffs keine Erregerbestimmung vornimmt, sollte ein Antibiotikum ausgewählt werden, das möglichst das gesamte Spektrum der potenziellen Keime abdeckt.
Empfohlen werden oral einnehmbare, kurzzeitig angewendete Antibiotika. Fluorchinolone und Cephalosporine sollen dabei nicht die erste Wahl sein.
Wegen des immer weiter um sich greifenden Problems der Antibiotikaresistenzen sollten Behandelnde auch nicht „wahllos“ bewährte Antibiotika in großer Menge verschreiben. Es sollten die Grundprinzipien des sogenannten Antibiotic Stewardship (ABS) eingehalten werden. Das bedeutet etwa auch, dass sich Medizinerinnen und Mediziner über die regional aufgetretenen Resistenzen bei Erregern informieren sollten.
Mittel der Wahl bei unkomplizierten Blasenentzündungen von jungen Frauen sind Fosfomycin (z. B. Monuril®, Fosfuro, Fosfomycin Aristo), Nitrofurantoin (z. B. Nifurantin®, Uro-Tablinen, Furadantin), Nitroxolin (z. B. Nitroxolin forte®, Nilox®), Pivmecillinam (X-Systo®) und Trimethoprim (Monopräparat: Infectotrimet; in Kombination mit Sulfamethoxazol als Cotrimoxazol z. B. Cotrim-ratiopharm, Cotrimoxazol AL).
In der Praxis wird meistens Fosfomycin verordnet. Es ist gut verträglich und muss nur einmal eingenommen werden. Ein häufiges Problem wie bei jeder Antibiotika-Behandlung besteht darin, dass die physiologische Vaginalflora gestört wird und viele Frauen daher nach der Blasenentzündung noch eine Vaginalmykose durchmachen.
Leiden Betroffene unter starken Schmerzen, können zusätzlich zum Antibiotikum Schmerzmittel eingenommen werden. Hier sind Ibuprofen und Paracetamol Mittel der Wahl. Paracetamol ist auch in Kombination mit dem Spasmolytikum Butylscopolamin im Handel (Buscopan® plus). Butylscopolamin wirkt krampflösend und kann den Druck der unter Umständen besonders aktiven Blasenmuskulatur senken.
Für die anderen Patientengruppen gelten auch andere Behandlungsempfehlungen mit Antibiotika.
Prävention gegen wiederkehrende Zystitis
Medizinerinnen und Mediziner beraten bei einer häufig wiederkehrenden Zystitis besonders etwa zu den allgemeinen Risikofaktoren, die insbesondere junge Frauen möglichst vermeiden sollten (siehe oben).
Aus Studien, die einzelne Faktoren untersucht haben, mit denen die Rate der wiederkehrenden Harnwegsinfektionen zurückging, lassen sich folgende Empfehlungen zur Prävention ableiten:
- Ausreichend viel trinken (mehr als 1,5 Liter pro Tag)
- Regelmäßiger Konsum von Fruchtsäften, insbesondere aus Beeren, sowie mit probiotischen Bakterien fermentierten Milchprodukten
- Eventuelle Adipositas behandeln
- Verstopfung durch ausgewogene Ernährung vermeiden
- Bewegung mehr als zwei Stunden am Tag
- Harndrang nicht übermäßig lange zurückhalten
Darüber hinaus hilft vorbeugend besonders bei wiederkehrenden Infekten, die Risikofaktoren entsprechend zu meiden, also etwa:
- Unter Umständen weniger Geschlechtsverkehr mit weniger wechselnden Partnern
- Unterkühlung vermeiden
- Keine übertriebene Intimpflege betreiben
Der Verzehr von Cranberrys/Moosbeeren wirkt sich Studien zufolge ebenfalls positiv aus und verhindert häufige Wiederinfektionen. Ferner gibt es in Deutschland zwei im Folgenden beschriebene Immunstimulationen.
Impfen gegen Blasenentzündung?
Die Infekthäufigkeit herabzusetzen, ist das wichtigste Ziel bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen. Eine weitere Möglichkeit ist die Gabe einer oralen oder parenteralen Immunstimulation.
In ihrer Leitlinie empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Urologie vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention das Immunprophylaktikum OM-89 (Uro-Vaxom ®) oral als Kapseln über drei Monate. OM-89 enthält lyophilisierte bakterielle Lysate von 18 E.-coli-Stämmen.
Nach einem dreimonatigen therapiefreien Intervall wird eine Auffrischung empfohlen, für die dreimal zehn Tage im Abstand von je 20 Tagen eine Kapsel Uro-Vaxom täglich eingenommen wird.
Als parenterale Immunstimulation wird Strovac® empfohlen. Dies enthält neben abgetöteten E.-coli-Bakterien sechs verschiedener Stämme zusätzlich inaktivierte Erreger vier weiterer Bakterienspezies, die potenzielle Auslöser für chronische Harnwegsinfekte sind. Die Grundimmunisierung erfolgt durch drei intramuskuläre Injektionen im Abstand von ein bis zwei Wochen. Nach circa einem Jahr kann eine Auffrischimpfung durchgeführt werden.
Bei Uro-Vaxom und Strovac handelt es sich um Totimpfstoffe zur aktiven Immunisierung. Beide Impfstoffe können die Häufigkeit chronischer Harnwegsinfekte senken. Die Reduktion der Rezidivrate gegenüber Placebo variiert in den durchgeführten Studien jedoch stark.
Aktuell zahlen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel keine dieser Immunstimulationen.
Welche Medikamente Sie in der Selbstmedikation empfehlen können, erfahren Sie auf PTAheute.de.