Wechseljahre
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Hormonersatztherapie in den Wechseljahren

Frau hält Tablettenblister in der einen Hand und in der anderen ein Glas Wasser
Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Stimmungsschwankungen etwa zwei Drittel aller Frauen sind von solchen Wechseljahresbeschwerden betroffen. | Bild: saltdium / AdobeStock

Durchschnittlich mit 50 Jahren befindet sich eine Frau in ihren Wechseljahren (= Klimakterium). Am Ende der reproduktiven Zeit kommt es erneut, wie einst in der Pubertät, zu hormonellen Umstellungen im Körper. 

Zu Beginn entstehen typische Beschwerden wie Zyklusunregelmäßigkeiten durch Schwankungen in der Bildung und Ausschüttung von Estrogen. Im Laufe der Zeit und mit Erreichen der letzten Periode, der sogenannten Menopause, sinken die Hormonwerte im Blut stetig weiter ab, was zahlreiche Symptome und Beschwerden mit sich bringt.

Die Zeit vor der Menopause wird als Prämenopause und die Zeit danach als Postmenopause bezeichnet. Der Begriff Perimenopause bezeichnet die Zeit unmittelbar um die letzte Periodenblutung herum. Ab einem Alter von Mitte 60 spricht man schließlich vom Senium – einem Zeitabschnitt, in dem sich die Hormone auf einem dauerhaft niedrigen Niveau eingependelt haben.

Etwa zwei Drittel aller Frauen sind von Wechseljahresbeschwerden betroffen, wobei ein Drittel mit starken Einschränkungen zu kämpfen hat. Betroffene leiden durchschnittlich bis zu fünf Jahre unter typischen Symptomen. Häufig werden die physiologisch bedingten Beschwerden auch durch soziale Veränderungen verschärft.

Gut zu wissen: Symptome in den Wechseljahren

Zu den typischen Beschwerden während der Wechseljahre zählen

  • Hitzewallungen und Schweißausbrüche,
  • Schlaflosigkeit,
  • Vaginale Atrophie mit Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr,
  • Osteoporose,
  • wiederkehrende Harnwegsinfekte,
  • überaktive Blase,
  • psychische Beschwerden wie Stimmungsschwankungen oder Depression
  • und Herzklopfen.

 

Wechseljahre: Sinkende Hormonkonzentration von Estrogen und Progesteron

Während der Wechseljahre stellen die Eierstöcke aufgrund von Alterungsprozessen allmählich ihre Funktion ein und nehmen an Gewicht ab. Die Anzahl der Follikel sinkt, was zu einer verminderten Produktion von Estrogen führt. 

Die Progesteronkonzentration (Progesteron gehört zur Gruppe der Gestagene) fällt bereits vor den Estrogenwerten deutlich ab, weshalb es in der Prämenopause häufig zu starken Unregelmäßigkeiten der Periodenblutung kommt. Oft bleibt die Blutung für mehrere Monate aus und setzt dann besonders stark wieder ein. Die Zyklen können deutlich verkürzt oder auch verlängert sein, was bei vielen Frauen zu Unsicherheiten führt.

Im Gegensatz dazu nehmen die Konzentrationen der beiden Sexualhormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) in der Perimenopause stetig zu. Anhand der steigenden Konzentrationen kann so im Blut der Beginn der Wechseljahre ärztlich diagnostiziert werden.

Hormonersatztherapie individuell abwägen

Bei starken Beschwerden im Klimakterium kann eine Hormontherapie den in den Wechseljahren entstehenden Hormonmangel ausgleichen und so die Symptome lindern. 

Die modernen Hormonersatztherapien (hormone replacement therapy, kurz: HRT) sind durch bioidentische Wirkstoffe gut verträglich und können aufgrund verschiedener Darreichungsformen individuell dosiert werden.

Zur Erinnerung: Was sind bioidentische Hormone?

Bioidentische Hormone sind Wirkstoffe, die mit den körpereigenen Hormonen identisch sind. Sie sind sowohl in der Struktur als auch in ihrer Wirkweise gleich und werden hauptsächlich aus pflanzlichen Quellen (z. B. Yamswurzel oder Soja) hergestellt. 

Mit der Einnahme bioidentischer Hormone kann einem Hormonmangel entgegengewirkt werden. Manchen gesundheitlichen Einschränkungen lässt sich dadurch vorbeugen. 

So können beispielsweise auch die typischen Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Depressionen oder Übergewicht mit bioidentischen Hormonen behandelt werden. /vs

Ein niedriges Nebenwirkungspotential haben transdermale Therapien, da die Hormonkonzentration im Vergleich zur oralen Therapie geringer ist. Die Dosierung erfolgt zu Beginn immer sehr niedrig und kann dann langsam gesteigert werden, bis eine ausreichende Symptomlinderung erreicht ist.

Dennoch ist eine Hormonersatztherapie nicht für jede Frau geeignet. Kontraindikationen sind u. a. Brustkrebs oder hormonabhängige Tumoren in der Vergangenheit. Frauen, die bereits an einem thrombotischen Ereignis, wie einer Embolie oder einem Herzinfarkt, erkrankt sind, dürfen keine Hormone erhalten.

Hormonersatztherapie: Nutzen-Risiko-Verhältnis beachten

Eine Hormonersatztherapie sollte allerdings nur nach einer differenzierten Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden, da so eine Therapie auch Risiken mit sich bringt.

So kann eine Hormonersatztherapie das Risiko für Brustkrebs (Mammakarzinom) und Thrombose erhöhen. Außerdem gibt es Hinweise für das vermehrte Auftreten von Gallenwegserkrankungen sowie ein eventuell erhöhtes Demenzrisiko. 

Im Gegensatz dazu wird höchstwahrscheinlich das Darmkrebsrisiko minimiert, Diabetes positiv beeinflusst, das Osteoporoserisiko gesenkt sowie das Hautbild verbessert. Eine orale Therapie beeinflusst zudem den Lipidstoffwechsel im Körper positiv.

Findet eine Hormontherapie statt, wird diese über einen möglichst kurzen Zeitraum – maximal über drei bis fünf Jahre – durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen abhängig von der Dauer der Behandlung ist. Auch spielt die Dosis dabei eine zentrale Rolle.

Meist Kombinationspräparate aus Estrogenen mit Gestagenen 

Da die meisten Beschwerden in den Wechseljahren durch einen Estrogenmangel verursacht werden, wird bei einer Hormontherapie meistens auch Estrogen zugeführt – in der Regel jedoch nicht als Monopräparat, sondern in Kombination mit einem Gestagen. 

Grund dafür ist, dass bei einer Estrogen-Monotherapie das Risiko für Krebserkrankungen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) stark ansteigen kann. Die alleinige Gabe eines Estrogens erfolgt deshalb nur bei Frauen, bei denen die Gebärmutter bereits entfernt worden ist.

Kombinationspräparate enthalten je eine Estrogen- sowie Gestagenkomponente. Dabei unterscheidet man zwischen kontinuierlicher und sequentieller Therapie – bei letzterer wird das Gestagen an mindestens zehn aufeinanderfolgenden Tagen kombiniert.

Dies hat allerdings zur Folge, dass es zu unerwünschten Blutungen, ähnlich einer regelmäßigen Periodenblutung, kommt. Deshalb wird heutzutage eine niedrig-dosierte kontinuierliche Therapie empfohlen, um diese Nebenwirkung auszuschließen und die Therapietreue (Compliance) zu verbessern.

Hormonersatztherapie: Wirkstoffe und gängige Fertigarzneimittel 

Estrogen-Monopräparate:

  • Femoston mono Tabletten, 2 mg 17β-Estradiol
  • Ovestin Tabletten, 1 mg Estriol
  • OeKolp®-Creme Estriol 0,1 % Vaginalcreme
  • ESTRAMON® 25 µg/24 Stunden, Transdermale Pflaster, Estradiol 25 µg/24 h Transdermalpflaster zur wöchentlichen Anwendung
  • Lenzetto® 1,53 mg/Sprühstoß transdermales Spray, Lösung, Estradiol 1,53 mg/Dosis
  • Gynokadin®Dosiergel, Estradiol 0,75 mg/1,25 g Gel
  • Estring® 2 mg Vaginalisiert, Estradiol 7,5 µg/24 h, vaginales Freisetzungssystem

Estrogen-Gestagen-Kombipräparate:

  • Fem7® Conti, 50 Mikrogramm/7 Mikrogramm/24 Stunden, transdermales Pflaster, Estradiol 50 µg/24 h + Levonorgestrel 7 µg/24 h
  • Femoston® conti 1 mg/5 mg Filmtabletten, Dydrogesteron 5 mg + Estradiol 1 mg Tabletten
  • Trisequens®, Estradiol, Norethisteron

Gestagen-Monopräparate:

  • FAMENITA® 100 mg Weichkapseln, Progesteron

Wichtig für die Beratung: Anwendung von transdermalen Pflastern und Gelen

Gele und Pflaster zur Hormonersatztherapie werden auf Arme, Schultern, Bauch, Gesäß oder Oberschenkel aufgetragen, jedoch nicht auf die Brust. Gele ziehen schnell ein und ermöglichen so eine rasche Wirkstoffresorption. 

Bei der Anwendung von Pflastern sollte die Haut immer sauber, fettfrei, unverletzt und trocken sein. Bei jedem Pflasterwechsel sollte der Applikationsort geändert werden, um eine gleichmäßige Freisetzung des Wirkstoffs zu garantieren. Direkte Sonneneinstrahlung sollte vermieden werden, da sich der Wirkstoff ansonsten zersetzen kann.

Gut zu wissen: Tibolon als synthetischer Arzneistoff mit Hormonwirkung

Der synthetische Arzneistoff Tibolon (z. B. Liviella® und Generika) wird im Körper zu Substanzen mit estrogener, gestagener und schwach androgener Wirkung abgebaut. Indiziert ist der Wirkstoff bei typischen Wechseljahresbeschwerden sowie bei Osteoporose in der Postmenopause, wenn das Frakturrisiko deutlich erhöht ist. 

Tibolon besitzt ein ähnliches Nebenwirkungsprofil wie die Hormonersatztherapie und sollte deshalb nicht mit Estrogenen oder Gestagenen kombiniert werden. Da laut aktueller Studienlage die Wirkung einer klassischen Hormonersatztherapie leicht unterlegen ist, sind die Verordnungen in den letzten Jahren eher rückläufig.

Vaginale Lokaltherapie besonders gut verträglich

Bei der intravaginalen Hormontherapie wird das Estrogen lokal auf die Schleimhaut aufgetragen oder mittels eines Applikators tief in die Scheide appliziert. 

Darreichungsformen wie Vaginaltabletten, -ovula und -cremes eignen sich vor allem bei Scheidentrockenheit, wiederkehrenden Harnwegsinfekten sowie bei einer überaktiven Blase. 

Durch die lokale Anwendung kann das Risiko systemischer Nebenwirkungen vermindert werden und die zusätzliche Gabe eines Gestagens ist nicht erforderlich. Quellen:
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35532850/
- https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-062 (aktuelle Leitlinie 2020)
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2001/daz-42-2001/uid-4871
- Gelbe Liste
 

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