Internet-Trend: Sonnenschutzmittel selber machen
Der Sommer ist da – damit spielt auch wieder das Thema Sonnenschutz eine wichtige Rolle. Nicht wenige Verbraucher haben jedoch Bedenken, industriell hergestellte Produkte zu verwenden. Sie sind auf der Suche nach vermeintlich „natürlichen, völlig unbedenklichen und giftfreien“ Produkten.
Da kommt es gerade Recht, dass in zahlreichen Internet-Foren und Blog-Beiträgen eine Fülle von konkreten Vorschriften zur Herstellung von Sonnenschutzmitteln nachgelesen werden können. Diese Zubereitungen sollen einfach herzustellen sein und zudem einen Lichtschutzfaktor aufweisen, der mit normalen Sonnencremes mithalten kann.
Pflanzliche Öle mit vermeintlicher Schutzwirkung
Die meisten selbstgemachten Sonnenschutzmittel werden auf Basis von Pflanzenölen hergestellt. Diese Sonnenöle enthalten größtenteils Himbeersamenöl zusammen mit anderen pflanzlichen Ölen wie Kokosöl oder Weizenkeimöl.
Passend zur Rezepturvorschrift sind sogar Tabellen zu finden, die den genauen Lichtschutzfaktor der einzelnen Öle angeben. Eine besonders hohe Schutzwirkung wird dabei dem Himbeersamenöl zugeschrieben, das Öl soll einen Lichtschutzfaktor zwischen 30 und 50 aufweisen. Quellenangaben, woher die Zahlen stammen, sind dabei allerdings nicht zu finden.
Zur Erinnerung: Was sagt der Lichtschutzfaktor aus?
Bei der Auswahl eines Sonnenschutzmittels stellt der Lichtschutzfaktor (LSF) die entscheidende Größe dar. Die dimensionslose Zahl ist auch unter dem Namen Sun-Protecting-Factor bekannt und gibt an, wie viel Mal länger man sich nach dem Eincremen in der Sonne aufhalten kann im Vergleich zum ungeschützten Zustand.
Der Lichtschutzfaktor schützt die Haut vor dem Einfluss der UV-B-Strahlen, denn diese sind maßgeblich an der Entstehung eines Sonnenbrands beteiligt. Beträgt die Eigenschutzzeit der Haut beispielsweise zehn Minuten, so ist diese nach dem Auftragen eines Sonnenschutzmittels mit LSF 20 theoretisch bis zu 200 Minuten vor einem Sonnenbrand geschützt.
Hier ist es aber wichtig zu wissen, dass die berechnete Schutzzeit nur bis zu zwei Drittel ausgenutzt werden soll. Denn zum einen lässt sich die Eigenschutzzeit der Haut nicht genau bestimmen, zum anderen hängt diese von der Strahlungsintensität der Sonne ab.
Möglicherweise kanadische Studie als Grundlage
Die Angabe zum Lichtschutzfaktor des Himbeersamenöls geht möglicherweise auf eine Untersuchung zurück, die ein kanadischer Agrarwissenschaftler im Jahr 2000 durchgeführt hat. Er wollte wissen, ob die Himbeersamen, die als Abfallprodukt bei der Verarbeitung von Himbeeren übrig bleiben, noch weiter verwendet werden können.
Dabei wurde unter anderem auch die UV-Absorption des Himbeersamenöls gemessen. Das Öl konnte zwar UV-B- und UV-A-Strahlen absorbieren, genaue Werte dazu wurden allerdings nicht veröffentlicht.
In dem Zusammenhang wurde die Vermutung aufgestellt, dass Himbeersamenöl möglicherweise als Breitbandfilter in Sonnenschutzmitteln eingesetzt werden kann. Weiterführende Untersuchungen dazu gab es allerdings nicht.
In einigen Ländern werden tatsächlich Öle als Sonnenschutz verwendet
Häufig kann im Internet auch nachgelesen werden, dass in südlichen Ländern die einheimische Bevölkerung Öle als Schutz vor der Sonne verwendet. Vor allem in Indien werden pflanzliche, aber auch tierische Öle traditionell auf Kopf und Körper aufgetragen.
Allerdings gelten die verwendeten Öle wie Kokosöl, Erdnussöl, Olivenöl oder auch Lebertranöl keinesfalls als sichere Sonnenschutzmittel, ihre Verwendung ist eher aus Mangel an Alternativen entstanden. Denn Sonnenschutzmittel sind teuer und stehen in tropischen Ländern einem großen Teil der Bevölkerung gar nicht zur Verfügung.
Wissenschaftler aus Indien haben mithilfe einer mathematischen Formel den Lichtschutzfaktor einiger Öle berechnet. Der höchste Lichtschutzfaktor konnte dabei für Kokosöl und Olivenöl mit LSF 7 ermittelt werden. Alle anderen Öle hatten niedrigere Werte und gelten daher nicht als Sonnenschutzmittel.
Pflanzenöle als Sonnenschutz ungeeignet
Pflanzliche Öle sind als Schutz vor UV-Strahlen also nicht zu empfehlen. Keines der im Internet empfohlenen Öle erreicht eine ausreichende Wirkung hinsichtlich UV-B-Strahlen. Eine Schutzwirkung gegen UV-A-Strahlen ist nicht bekannt und die Produkte sind auch nicht wasserfest. Selbstgemachte Sonnencreme kann also weder vor einem Sonnenbrand noch vor Hautkrebs schützen.
In vielen Rezepturvorschlägen sind zudem noch ätherische Öle enthalten. Diese haben in Sonnenschutzmitteln ohnehin nichts verloren, da sie zu phototoxischen Reaktionen auf der Haut (z. B. Rötung, Blasenbildung) führen können.
In der Apotheke sollte konsequent von der Herstellung entsprechender Zubereitungen abgeraten werden. Im Beratungsgespräch sollte vielmehr die Wirkungsweise und der Umgang mit den Sonnenschutzmitteln, die in der Apotheke erhältlich sind, genau erklärt werden.
Verschiedene Filtersubstanzen in Sonnenschutzmitteln
In einem wirksamen Sonnenschutzprodukt kann man zwischen chemischen und physikalischen UV-Filtern unterscheiden. Bei den chemischen Filtersubstanzen handelt es sich um verschiedene organische Verbindungen, die aufgrund ihrer Struktur die Energie der UV-Strahlen absorbieren können. Auf diese Weise findet keine Schädigung der Hautstruktur statt.
Die physikalischen Filter tragen dagegen hauptsächlich auf physikalischem Weg zum Lichtschutz bei. Substanzen wie Zinkoxid schützen die Haut durch Reflexion, Streuung und Absorption vor den schädlichen UV-Strahlen.
In Sonnenschutzmitteln dürfen grundsätzlich nur UV-Filtersubstanzen verwendet werden, die nach einer Risikobewertung durch die EU-Kommission in eine Positivliste aufgenommen wurden. Diese Zusammenstellung ist im Anhang der EU-Kosmetikverordnung zu finden und enthält knapp 30 Substanzen mit ihrer jeweiligen zulässigen Höchstkonzentration.
Sonnenschutzmittel sind also sicher und erfüllen ihre angegebene Wirkung, handelsübliche Produkte werden zudem regelmäßig von den zuständigen Überwachungsbehörden überprüft.
Auf Schutz vor UV-A-Strahlen achten
Für lichtbedingte Hautschäden ist nicht nur die Sonnenbrand verursachende UV-B-Strahlung verantwortlich, auch die UV-A-Strahlen tragen maßgeblich dazu bei. UV-A-Strahlen sind dabei eher für die Langzeitschäden wie vorzeitige Hautalterung und Pigmentflecken verantwortlich. Auch an der Entstehung von Hautkrebs sind UV-A-Strahlen beteiligt.
Neben dem Lichtschutzfaktor als Schutz vor UV-B-Strahlen müssen Sonnenschutzprodukte auch einen ausreichenden Schutz vor UV-A-Strahlen aufweisen. Erkennbar sind die Zubereitungen an einem entsprechenden UVA-Siegel.
Zur Erinnerung: Richtiger Umgang mit Sonnenschutzmitteln
- Kinder sollten mindestens mit einem Lichtschutzfaktor 30 geschützt werden, an UV-intensiven Orten wie in großer Höhe oder am Wasser sollten Produkte mit LSF 50 verwendet werden.
- Ausreichend Sonnenschutzmittel auftragen: Pro cm2 Haut sind rund 2 mg Zubereitung erforderlich, das entspricht bei einem Erwachsenen 3 bis 4 große Esslöffel Sonnencreme.
- Nach einem Aufenthalt im Wasser muss erneut nachgecremt werden, auch bei wasserfesten Produkten.
- Der Lichtschutzfaktor verlängert sich durch Nachcremen nicht, die Aufenthaltsdauer in der Sonne wird somit nicht verlängert.
Quellen:
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31111735/
- B. Dave Oomah et al.: Characteristics of raspberry seed oil, Food Chemistry 69 (2000) 187-193.
- https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/03_Verbraucherprodukte/02_Verbraucher/03_Kosmetik/06_Sonnenschutzmittel/bgs_kosmetik_sonnenschutzmittel_node.html