Pregabalin: Nicht nur bei Epilepsie indiziert

Laut dem Arzneiverordnungsreport aus dem Jahr 2022 gehört Pregabalin zu den am häufigsten verschriebenen Antiepileptika in Deutschland. Die Substanz ist in Form von Kapseln oder als Lösung auf dem Markt erhältlich – seit Anfang 2024 stehen auch Retardtabletten zur Verfügung.
Neben der Behandlung von Epilepsie ist Pregabalin auch bei neuropathischen Schmerzen und generalisierter Angststörung indiziert.
Wie wirkt Pregabalin?
Pregabalin ähnelt chemisch dem körpereigenen Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Eine Wechselwirkung mit dem GABA-Rezeptor geht die Substanz allerdings nicht ein.
Pregabalin sorgt im Zentralnervensystem für eine Hemmung spannungsabhängiger Calcium-Kanäle. Dadurch werden in den Nervenzellen weniger Calcium-Ionen ausgeschüttet, was insgesamt dämpfend auf das Nervensystem wirkt. Dadurch wirkt Pregabalin gleichzeitig analgetisch, antiepileptisch, anxiolytisch und sedierend.
Bei neuropathischen Schmerzen nur retardiertes Pregabalin
Pregabalin in nicht retardierten Arzneiformen ist für Erwachsene in allen drei Indikationen – bei Epilepsie, neuropathischen Schmerzen und generalisierter Angststörung – zugelassen.
Retardtabletten dürfen dagegen nur bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden. Bei diesen Retardtabletten (z. B. Pregabalin Aristo® retard) ist der Wirkstoff in eine Matrix eingebettet und wird pH-abhängig verzögert freigesetzt.
Zur Erinnerung: Was sind neuropathische Schmerzen?
Schmerzen entstehen häufig durch eine Verletzung oder Entzündung in bestimmten Bereichen des Körpers. Sie können aber auch durch Schädigungen an den schmerzleitenden Neuronen ausgelöst werden, man spricht dann von neuropathischen Schmerzen.
Als Ursache solcher Fehlfunktionen in den Nervenverbindungen kann eine Einengung der Nerven, wie bei einem Bandscheibenvorfall, oder eine Schädigung der Nervenzellen, durch eine Virusinfektion, in Betracht kommen. Auch Patienten mit langjährigem Diabetes mellitus oder nach einer Chemotherapie können an neuropathischen Schmerzen leiden.
Bei dieser Art von Schmerz sind klassische Analgetika wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure wirkungslos. Wirkstoffe wie Pregabalin oder auch Antidepressiva kommen dann zum Einsatz.
Dosierung von Pregabalin abhängig von der Darreichungsform
Kapseln oder Lösungen mit Pregabalin werden normalerweise zwei- bis dreimal täglich eingenommen, die Tagesdosis liegt dabei zwischen 150 mg und 600 mg.
Retardtabletten müssen dagegen nur einmal täglich, bevorzugt am Abend, eingenommen werden. Meist wird mit einer niedrigen Tagesdosis von 150 mg begonnen, die dann in Abhängigkeit vom Ansprechen und der individuellen Verträglichkeit nach einigen Tagen oder Wochen gesteigert wird.
- Präparatebeispiele: Lyrica® 25 mg Hartkapseln, PregabaHexal® 50 mg Hartkapseln, Pregabalin-1A Pharma® 75 mg Hartkapseln, Pregabalin Sandoz® 100 mg Hartkapseln, Pregabalin-ratiopharm® 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen
Nebenwirkungen von Pregabalin: Vorsicht vor Abhängigkeit!
Bei einer Therapie mit Pregabalin kommt es häufig zu Benommenheit, Schläfrigkeit und Kopfschmerzen. Vor allem am Anfang einer Behandlung und bei Überdosierung kann die Substanz auch ein Gefühl der Euphorie auslösen. Diese Wirkung kommt wahrscheinlich durch eine vermehrte Freisetzung von Gamma-Aminobuttersäure im Gehirn zustande.
Wie bei anderen Substanzen, die die Wirkung von GABA verstärken, wie beispielsweise die Arzneimittelgruppe der Benzodiazepine, besteht auch bei Pregabalin die Gefahr einer Abhängigkeit. Die Substanz wird teilweise auch als Freizeitdroge missbraucht.
Besonders anfällig für eine Abhängigkeit sind suchtkranke Patienten, die Opioide konsumieren. Bei Patienten, bei denen es in der Vorgeschichte bereits zu einem Drogenmissbrauch gekommen ist, ist daher Vorsicht geboten.
Bei der gleichzeitigen Einnahme von Pregabalin mit Opioiden in hohen Dosen kann es zu einer lebensgefährlichen Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff bis hin zum Koma mit tödlichem Ausgang kommen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass es sich bei Pregabalin bei bestimmungsgemäßem Gebrauch um ein sicheres und wirksames Arzneimittel handelt.
Worauf sollten PTA bei der Einnahme von Pregabalin hinweisen?
Darreichungsformen mit Pregabalin wie Kapseln oder Lösungen können unabhängig von den Mahlzeiten verabreicht werden.
Bei Retardtabletten ist das jedoch anders: Diese sollten einmal täglich, direkt nach dem Abendessen, eingenommen werden.
Gut zu wissen: Umstellung auf Retardtabletten
Bei einem Wechsel von Fertigarzneimitteln mit sofortiger Wirkstofffreisetzung auf Retardtabletten sollte am Morgen noch einmal die nicht retardierte Darreichungsform eingenommen werden. Am Abend nach dem Abendessen kann dann die erste Retardtablette geschluckt werden.
Beim Absetzen der Substanz ist darauf zu achten, dass die Einnahme schrittweise über einen Zeitraum von mindestens einer Woche ausgeschlichen wird. Ein abruptes Absetzen kann zu Entzugserscheinungen wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Nervosität führen.
Das Wechselwirkungspotenzial von Pregabalin mit anderen Wirkstoffen ist vergleichsweise gering. Zu beachten ist jedoch, dass der Wirkstoff den zentral dämpfenden Effekt von Lorazepam, Opioiden und Ethanol verstärken kann. Daher sollte unter einer Behandlung mit Pregabalin auf das Trinken von Alkohol verzichtet werden.
Da die Substanz zu Schläfrigkeit und Benommenheit führen kann, sollte während der Therapie auch auf eine Teilnahme am Straßenverkehr verzichtet werden.
Frauen im gebärfähigen Alter sollten während einer Behandlung mit Pregabalin auf eine sichere Verhütung achten, da der Wirkstoff im Verdacht steht, reproduktionstoxisch zu sein. Während einer Schwangerschaft darf Pregabalin daher nicht eingenommen werden. Quellen:
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Pregabalin_48440
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2024/daz-11-2024/ist-pregabalin-wirklich-gefaehrlich
- Fachinformation Lyrica® Hartkapseln
- https://www.kvhb.de/praxen/nachrichten/detail/warnhinweis-zur-verordnung-von-pregabalin