Flexible Arbeitszeiten: Sabbatical in der Apotheke: Ist das möglich?
Zufriedene Angestellte sind wichtig. Viele Arbeitgeber legen daher großen Wert auf deren Bedürfnisse und möchten sich auch in Zukunft noch besser auf sie konzentrieren und persönliche Freiheiten einräumen.
Idealerweise bedeutet das: Selbstverwirklichung, eine passende Work-Life-Balance und eine daraus resultierende Sinnbildung, von der beide Seiten profitieren.
Tarifliches Jahreszeitkonto ermöglicht flexibles Arbeiten
Der Weg zum flexibleren Arbeiten in den Apotheken wurde bereits geebnet und zwar in Form des tariflichen Jahreszeitkontos – geregelt im § 4 Bundesrahmentarifvertrag/Rahmentarifvertrag Nordrhein.
Es ermöglicht bei Vollzeit eine wöchentliche Arbeitszeit von 29 bis 48 Stunden. Im Ausgleichszeitraum eines Jahres soll die durchschnittliche Stundenzahl pro Woche dann 40 Stunden betragen. Bei Teilzeitkräften können 75 bis 130 Prozent vereinbart werden.
Auch die Aufteilung von Notdiensten ist in den Tarifverträgen geregelt und ein Schritt in Richtung neuer Arbeitszeitmodelle in der Apotheke: Sie sollen im Verhältnis zur jeweiligen Wochenarbeitszeit geteilt werden.
ADEXA fordert Abkehr von der 40-Stunden-Woche
Viele junge Apothekenmitarbeitende wünschen sich neben Flexibilität auch reduzierte Arbeitszeiten. Die Tarifkommission der ADEXA hat darauf bereits reagiert und fordert eine Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit. Sie hält die 40-Stunden-Woche für nicht mehr zeitgemäß und nennt den Einzelhandel als passendes Beispiel, in dem 37,5-Stunden-Wochen gut funktionieren.
Eine solche Reduktion der Arbeitszeit würde nicht nur dem Privatleben der Vollzeitkräfte in Apotheken mehr Raum geben. Kürzere Arbeitszeiten wirken sich auch positiv auf das Stresslevel aus, was folglich zu weniger Krankmeldungen führen kann.
Teilzeitangebote allein reichen nicht mehr aus
Braucht jemand mehr Zeit für sein Privatleben, war das bisher auch schon möglich. In Apotheken arbeiten bekanntlich viele im Arbeitszeitmodell Teilzeit. Es hat in der Offizin Tradition: Apotheken gehören in gewisser Weise zu den Vorreitern auf diesem Gebiet, während sich viele andere Branchen dem Thema noch verschließen.
All diese Modelle sind gut, um die Flexibilität im Leben der Mitarbeitenden zu erhöhen und ihre Selbstbestimmtheit zu fördern. Was aber, wenn jemand Lebenspläne hat, die auch in Teilzeit oder mit flexibleren Arbeitszeiten nicht realisierbar sind? In diesem Fall kann ein Sabbatical eine mögliche Option sein.
Gut zu wissen: Was ist ein Sabbatical?
Unter Sabbatical versteht man einen unbezahlten Sonderurlaub, der bis zu einem Jahr (Sabbatjahr) andauern kann. Besonders Beamte, wie z. B. Lehrkräfte, machen von dieser Möglichkeit oft Gebrauch.
Um sich während der unbezahlten Auszeit finanziell abzusichern, existieren verschiedene Modelle, in denen zuvor über einen definierten Zeitraum Geld angespart wird. /sn
Sollten Apotheken Sabbaticals ermöglichen?
Die Gründe für ein Sabbatical sind vielschichtig: Eine Weltreise, mehr Zeit für die Familie oder ein Hobby, eine ehrenamtliche Mitarbeit im Ausland oder eine berufliche Weiterbildung.
Auch in Apotheken träumt so mancher Mitarbeitende von einer längeren Auszeit. Viele haben jedoch Bedenken, einen ansonsten sicheren Arbeitsplatz für ihr Vorhaben aufzugeben – einige tun es trotzdem.
Für die Attraktivität einer Apotheke auf dem Arbeitsmarkt kann es sich lohnen, eines der unterschiedlichen Zeitmodelle anzubieten, die eine gewisse Auszeit vom Job ermöglichen. Durch eine genaue Absprache und Planung bleibt ein Mitarbeitender gebunden und kehrt entspannt und zufrieden zurück in die Apotheke. Welches Zeitmodell jeweils geeignet ist, ist im Vorfeld zu entscheiden.
Teilzeit- & Blockmodell: Einen Teil des Gehalts ansparen
Beim sogenannten Teilzeitmodell arbeiten Apothekenangestellte in Vollzeit, bekommen aber für den vereinbarten Zeitraum nur ein Teilzeitgehalt ausbezahlt. So arbeiten sie beispielsweise ein Jahr lang 40 Stunden pro Woche bei einem Gehalt einer 20-Stunden-Woche.
Somit wird ein Guthaben angespart, das während der Auszeit als Gehalt ausbezahlt wird. Der Vorteil an diesem Modell ist, dass man weiterhin angestellt und somit auch kranken- und rentenversichert bleibt. Im Gegenzug dafür muss man während der gesamten Anspar- und Abbauphase mit einem halben (oder zumindest verminderten) Gehalt ausgekommen.
Eine Alternative ist das Blockmodell. Dabei werden während einer Vollzeittätigkeit 75 Prozent des Gehalts ausbezahlt und 25 Prozent angespart. Der Verzicht beschränkt sich dann auf einen Teil des Gehalts. Bei den gleichen Vorteilen wie im ersten Modell verlängert sich allerdings auch die Ansparphase entsprechend.
Überstunden ansammeln bzw. ausbezahlen lassen
Etwas anstrengender ist das Sammeln von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto bei Vollzeittätigkeit und vollem Gehalt (Zeitguthaben). Das kann mitunter sehr lange dauern. Darum ist es sinnvoll, dieses Modell für eine nicht zu ausgedehnte Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu verwenden. Hat man die nötigen Stunden für die geplante Auszeit beisammen, können sie abgebaut werden. Je weniger Überstunden man aufbaut, desto kürzer fällt auch die Auszeit aus.
Eine Sonderform des vorhergehenden Modells ist das Fondssparmodell. Hierbei wird der Wert der gesammelten Überstunden zusammen mit eventuellen nicht ausbezahlten und somit gesparten Sonderzahlungen oder ungenutzten Urlaubstagen während der Ansparphase auf einem Konto gesammelt und verzinst.
Kann der Mitarbeitende es sich leisten, ist es möglich, einen gewissen vereinbarten Gehaltsverzicht mit anzusammeln. So kann sich die Ansparphase verkürzen. Der gesammelte Wert wird dann während des Sabbaticals sukzessive als Gehalt ausbezahlt.
Das Fondsmodell oder das Ansparen eines Zeitguthabens ist nicht jedermanns Sache, da über einen längeren Zeitraum viele Überstunden gemacht werden müssen.
Unbezahlter Urlaub für mehr Freizeit
Den geringsten organisatorischen Aufwand für den Arbeitgeber stellt eine Auszeit in Form eines unbezahlten Urlaubs dar. In diesem Fall bekommen Angestellte während des Sabbaticals kein Geld vom Arbeitgeber ausbezahlt und sparen sich im Vorfeld selbstständig Geld für die Auszeit an.
Der Nachteil dieser Variante ist jedoch, dass selber für die Versicherungen während des unbezahlten Urlaubs aufgekommen werden muss.
Während dieser Zeit ruht das Arbeitsverhältnis. Vertraglich geregelt werden das Datum des Ausscheidens und des Wiedereintritts ins Unternehmen.
Sabbatical: Welche arbeitsrechtlichen Fragen entstehen?
Neben der Klärung und Entscheidung, wer für die Sozialversicherung aufkommt, sollten sich Angestellte weitergehende Gedanken machen. Ist man z. B. während des Sabbaticals außerhalb Europas unterwegs, muss sich um eine Auslandskrankenversicherung gekümmert werden.
Weiterhin lohnt es sich, einen fachkundigen Anwalt für Arbeitsrecht zur schriftlichen Fixierung der Vertragsmodalitäten hinzuzuziehen. Offene Fragen wie z. B. „Wie verhält es sich mit dem Kündigungsschutz während des Sabbaticals?“, „Was passiert, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig wird?“ und „Wie kann dann diese Gefahr versichert werden, um eine Weiterzahlung des Gehalts zu gewährleisten?“ müssen angesprochen werden.
Nicht jede Apotheke kann ein Sabbatical ermöglichen
Je kleiner die Apotheke und je länger die Auszeit, desto schwieriger ist es, ein Sabbatical zu ermöglichen. Die in dieser Zeit entfallende Arbeitszeit und -kraft muss schließlich ersetzt werden. Die verbleibenden Angestellten sollen keinen vermehrten Arbeitsaufwand haben. All das gilt es zusätzlich zu bedenken.
Auch wenn der Planungsaufwand hoch ist, hat ein Sabbatical viele Vorteile für die Beteiligten. So kann sich die gewonnene Erfahrung positiv auf den Apothekenalltag auswirken, sei es fachlich nach einer erfolgreichen Weiterbildung oder durch gesteigerte soziale Kompetenzen.
Kein rechtlicher Anspruch auf Sabbatical
Einen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical haben in Deutschland derzeit nur sehr wenige Berufsgruppen wie z. B. Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Darüber hinaus öffnen sich mittlerweile aber immer mehr Arbeitgeber dem Thema.
Darum kann es sich für interessierte Apothekenangestellte bzw. Filialleitungen lohnen, das Thema aktiv anzusprechen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Denkbar wäre beispielsweise ein Sonderurlaub von bis zu vier Wochen. Der Mitarbeitende bleibt in dieser Zeit weiterhin sozialversichert und ist nur eine begrenzte Zeit abwesend, bekommt jedoch kein Gehalt. Kombiniert mit dem gesamten Jahresurlaub kommt so immerhin eine circa zweimonatige Auszeit zustande.