COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Impfen gegen COVID-19: Schwangerenimpfung: Neu­geborene könnten profitieren

Schwangere in Jeans, orangefarbenem Tshirt mit Mundschutz und Pflaster auf Oberarm sitzt auf Holzstuhl
Bei Neugeborenen, deren Mütter in der Schwangerschaft eine COVID-19-Impfung erhalten haben, konnten Antikörper gegen das Spikeprotein ermittelt werden. | Bild: Prostock-studio / AdobeStock

Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät dazu, dass sich Schwangere und Stillende mit einer mRNA-Vakzine gegen COVID-19 impfen lassen sollen. Sie betont jedoch gleichzeitig, dass Frauen besser bereits vor Eintritt der Schwangerschaft eine Coronaimpfung haben sollten. Ziel der Schwangerenimpfung ist primär der Schutz der Schwangeren vor schweren COVID-19-Verläufen, Tod und „mütterlichen und fetalen/neonatalen Schwangerschaftskomplikationen“, erklärt die STIKO im Epidemiologischen Bulletin 38|2021. Unklar sei derzeit aber, ob auch das Neugeborene „klinisch relevant“ vor COVID-19 geschützt sei. Zumindest gibt es jedoch Daten, die eine Übertragung mütterlicher Antikörper über die Plazenta auf den Fetus zeigten.

Kindliche Antikörper durch mütterliche Infektion oder mütterliche Impfung?

Dass diese Antikörper tatsächlich von einer Impfung stammen und nicht von einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion der Mutter, zeigt nun eine Studie, die im Fachjournal „American Journal of Obstetrics & Gynecology Maternal-Fetal Medicine“ veröffentlicht wurden. Die Ergebnisse deuten laut den Wissenschaftlern von der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie der New York University Langone Health auf einen „möglichen COVID-19-Schutz in den ersten Lebenstagen“ hin und ergänzten damit die Liste der Impfgründe für Schwangere – neben ihrem Eigenschutz –, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen.

Woher stammen die Antikörper?

Doch wie lässt sich überhaupt feststellen, ob die beim Neugeborenen gefunden SARS-CoV-2-Antikörper nun von einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff oder von einer früheren SARS-CoV-2-Infektion der Mutter stammen? Dafür muss neben den Antikörpern gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2 noch nach weiteren Antikörpern gesucht werden: Die derzeit verfügbaren mRNA-Impfstoffe (Comirnaty® und Spikevax®) enthalten in ihrer Boten-Nukleinsäure (mRNA) nur die Information für das Spikeprotein von SARS-CoV-2. Nach Impfung stellt der Körper das Antigen her und produziert im besten Fall ausreichend hohe Mengen an passenden Antikörpern – anti-S IgG (Antikörper gegen das Spikeprotein). Bei einer natürlichen Infektion kommt der Körper jedoch nicht ausschließlich mit dem isolierten Spikeprotein von SARS-CoV-2 in Kontakt, sondern mit dem ganzen Virus – unter anderem mit dem Nukleokapsidprotein, das die einsträngige RNA-Erbinformation des Erregers umgibt. Folglich finden sich im Serum von natürlich infiziert Gewesenen nicht nur Antikörper gegen das Spikeprotein, sondern auch Antikörper gegen das Nukleokapsidprotein von SARS-CoV-2 (anti-N IgG). 

Für ihre Studie bestimmten die Wissenschaftler nun die Antikörper von 36 in der Schwangerschaft geimpften Frauen (Durchschnittsalter 35,5 Jahre, BMI 29,9 kg/m2) und ihrer Neugeborenen auf anti-S IgG und anti-N IgG. Keine der Frauen war zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen. 26 Schwangere wurden mit der Biontech/Pfizer-Vakzine Comirnaty® und zehn mit Spikevax® von Moderna geimpft. Die meisten Frauen (30) erhielten die Impfung im zweiten Drittel der Schwangerschaft, zwei wurden im ersten Trimenon geimpft und vier im letzten Schwangerschaftsdrittel. Im Mittel lag der Impftermin für die zweite Dosis 13 Wochen vor der Entbindung. 

Nur Antikörper gegen das Spikeprotein

Alle Neugeborene hatten zwar Antikörper gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2, jedoch ließen sich keine Antikörper gegen das Nukleokapsidprotein nachweisen. Das weise darauf hin, dass die Antikörper tatsächlich auf die Impfung gebildet wurden und nicht von natürlichen Corona-Infektionen stammen, erklären die Studienautoren.

Höhe der Antikörperspiegel variiert

Unterschiede ermittelten die Wissenschaftler auch in der Menge der nachgewiesenen Antikörper bei den Neugeborenen – den Antikörpertitern. So lag der Titer bei 24 Babys über 250 U/ml. Zwei Babys, deren Mütter ihre zweite Coronaimpfung mehr als 20 Wochen vor Entbindung erhalten hatten, zeigten geringere Antikörpertiter (zwischen 201 und 240 U/ml). Allerdings hatten drei weitere Neugeborene trotz einer frühen Impfung der Mutter in der Schwangerschaft dennoch sehr hohe Antikörpertiter. 

Späte Impfung sinnvoll?

Den Wissenschaftlern zufolge belegen ihre Studienergebnisse einen „transplazentaren Antikörpertransfer“ – also eine Übertragung über die Plazenta – nach einer mRNA-COVID-19-Impfung während der Schwangerschaft. Alle Nabelschnurblutproben hätten hohe Antikörperspiegel gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2 gezeigt. Sie sehen zudem durch das gleichzeitige Fehlen von Antikörpern gegen das Nukleokapsidprotein bei den Neugeborenen eher eine Übertragung mütterlicher Impfantikörper als mütterlicher Infektions-Antikörper. Nun müsse jedoch noch herausgefunden werden, ob sich durch eine Impfung erst in der zweiten Schwangerschaftshälfte die Übertragung der Antikörper auf das Neugeborene erhöhen lasse.

Klinischer COVID-19-Schutz?

Die Studie stützt die Ergebnisse von einigen bereits veröffentlichten Untersuchungen zum Transfer mütterlicher SARS-CoV-2-Antikörper – nach Impfung oder Infektion – auf den Fetus oder das Neugeborene. Doch bleiben dennoch Fragen offen und es bleibt zu klären, ob die nachgewiesenen Antikörper das Neugeborene auch klinisch relevant vor einer COVID-19-Erkrankung oder vor schwerem Verlauf schützen und wie lange der Antikörperschutz ggf. anhält.

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