Meldungen vom 19. bis 23.10.2020
Donnerstag, den 22.10.2020
Norwegen: Zwei neue Virus-Varianten entdeckt
In Norwegen sind zwei Varianten des Coronavirus SARS-CoV-2 aufgetreten, die in dem Land bisher nicht festgestellt worden waren. Die Gesundheitsbehörde FHI (Folkehelsemyndigheter) untersucht nun, ob diese Varianten schneller übertragbar sind. Abteilungsleiterin Line Vold sagte am heutigen Donnerstag dem Norwegischen Rundfunk NRK, Analysen des genetischen Materials zeigten, dass beide Typen sich sehr ähnlich seien.
Die eine Variante, die bereits in Australien und anderen europäischen Ländern aufgetreten sei, verbreitete sich dem Bericht zufolge in einem Bus mit Senioren, die im September eine Rundreise durch Norwegen gemacht hatten. 36 der 40 Fahrgäste steckten sich an, insgesamt werden 100 Infektionen an verschiedenen Orten mit der Busreise in Verbindung gebracht. Niemand sei lebensbedrohlich erkrankt, hieß es.
Die Infizierten werden nun in einem Forschungsprojekt ein halbes Jahr beobachtet. „Wir denken, dass es sich um eine ansteckendere Variante des Virus handelt, die sich im Bus befand“, sagte die Ärztin Heidi Syre, die das Forschungsprojekt leitet, dem NRK.
Die andere Variante trat dem Bericht zufolge bisher an zwei Orten auf. In einer Werft in Hyllestad wurden 80 Menschen infiziert. In Trondheim sind mehr als 1.000 Personen in Quarantäne, nachdem sich das Virus seit Anfang Oktober von einer Gaststätte aus verbreitet hat. Quelle: dpa/sn
Ärztepräsident zweifelt am Nutzen von Alltagsmasken
Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, zweifelt am Nutzen von Alltagsmasken bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Er sei von den Alltagsmasken nicht überzeugt, „weil es auch keine tatsächliche wissenschaftliche Evidenz darüber gibt, dass die tatsächlich hilfreich sind“, sagte er in ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ vom Mittwochabend. „Schon gar nicht im Selbstschutz und wahrscheinlich auch nur ganz wenig im Schutz, andere anzustecken.“
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach bezeichnete das in einem Tweet als „unentschuldbar“ für den „ranghöchsten deutschen Ärztefunktionär“. „Aus meiner Sicht ein Rücktrittsgrund, wenn er das nicht sofort zurücknimmt“, schrieb er.
Das Robert Koch Institut (RKI) empfiehlt das Tragen von Alltagsmasken in bestimmten Situationen als Baustein, um Risikogruppen zu schützen und die Ausbreitungsgeschwindigkeit zu reduzieren.
Reinhardt sagte, er glaube, dass man den Mund-Nasen-Schutz tragen könne, wo man den Abstand nicht wahren könne, etwa im öffentlichen Nahverkehr oder in Räumlichkeiten, wo man notwendigerweise eng beieinander sei. Zum Tragen an der frischen Luft sagte er: „Ich glaube, dass das wenig bringen wird.“ An einigen Orten wurde die Maskenpflicht auch auf viel frequentierten öffentlichen Straßen und Plätzen angeordnet, an denen es nicht genug Raum zum Abstandhalten für alle gibt. Quelle: dpa/sn
Wieler spricht sich für Maskenpflicht in Innenräumen aus
Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, hat sich angesichts der steigenden Corona-Zahlen für eine umfangreiche Maskenpflicht in Deutschland ausgesprochen. Zur Frage, an welcher Stelle wirklich etwas bewirkt werden könne, sagte Wieler am heutigen Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Berlin: „Also Maskenpflicht in den Räumen, wo man sich anstecken kann.“ Wieler erwähnte den öffentlichen Nahverkehr und Geschäfte – wo dies bereits gilt – sowie Innenräume, wo viele Menschen zusammenkämen. Seine Empfehlung sei, das Tragen einer Maske, „in den Bereichen, wo Menschen zusammenkommen, insbesondere in Innenräumen, ganz klar“. Quelle: dpa/sn
RKI-Chef: Ansteckungen vor allem im privaten Bereich
Der aktuelle Anstieg der Corona-Zahlen hängt nach Angaben des Robert Koch-Instituts vorwiegend mit Ansteckungen im privaten Bereich zusammen. RKI-Präsident Lothar Wieler sagte am Donnerstag in Berlin, Ausbrüche in Verkehrsmitteln oder nach Übernachtungen spielten keine so große Rolle oder kämen eher selten vor. „Ein Großteil der Menschen steckt sich (...) im privaten Umfeld an.“ In privaten Haushalten nehme die Anzahl der Ausbrüche deutlich zu. „Ansteckungen in Schulen (...) sind zwar bisher nicht sehr häufig und wesentlich seltener, als wir das zum Beispiel von Influenzaausbrüchen kennen, aber klar ist, je stärker die Fallzahlen steigen, desto höher werden auch Schulen betroffen sein.“
Wieler sagte zur aktuellen Lage, das Geschehen steigere sich drastisch. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es wieder mehr schwere Fälle und Tote geben werde. Aktuell meldete das Robert Koch-Institut am Donnerstag 11.287 festgestellte Neuansteckungen binnen 24 Stunden. Der bisherige Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland war am Samstag mit 7.830 Neuinfektionen erreicht worden.
Dass die Todesfälle im Frühjahr höher lagen als jetzt im Herbst erklärte der RKI-Chef damit, dass Deutschland am Anfang der Pandemie von der Geschwindigkeit der Ausbreitung bis zu einem gewissen Grad überrascht worden sei. Der Schutz der Risikogruppen wie alte oder kranke Menschen sei noch nicht so gut gewesen. Inzwischen würden Altenheime oder Krankenhäuser besser geschützt. Zudem würden im Herbst viel mehr junge Menschen angesteckt.
Allerdings könnte die Zahl der schweren Erkrankungen und der Todesfälle wieder stärker steigen, denn alte Menschen könnten nicht auf Dauer völlig isoliert werden, mahnte Wieler. Man stelle inzwischen wieder ein langsames Eindriften des Virus in diese Einrichtungen fest. Quelle: dpa/sn
Statistischen Bundesamtes: Umsatz der Apotheken gestiegen
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben Apotheken in der Corona-Krise bislang mehr umgesetzt. Die Erlöse lagen von Januar bis August bereinigt um Preiserhöhungen (real) um 3 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraumes. Das stärkste Plus erwirtschafteten Apotheken mit 18,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu Beginn der Pandemie im März, wie die Wiesbadener Behörde am Donnerstag mitteilte. Es war den Angaben zufolge der bislang umsatzstärkste Monat seit dem Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994. Als Erklärung fügt die Deutsche Presseagentur an, dass Apotheken, im Gegensatz zu den meisten Einzelhandelsunternehmen nicht von den zeitweisen coronabedingten Schließungen betroffen waren. Quelle: dpa/sn
Neuropilin-1 als Türöffner ins Zellinnere?
Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben eine weitere Struktur entdeckt, die für das Eindringen von SARS-CoV-2 in Zellen verantwortlich sein könnte: Das Protein Neuropilin-1. Da das Protein in den Schleimhäuten der Atemwege und der Nase zu finden ist, könnte diese Erkenntnis für das Verständnis der Ausbreitung von SARS-CoV-2 wichtig sein. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Science“.
„SARS-CoV-2 benötigt den ACE2-Rezeptor, um in Zellen einzudringen, aber andere Faktoren wie Neuropilin-1 sind möglicherweise erforderlich, um dessen Funktion zu unterstützen“, sagt Mikael Simons, Professor für molekulare Neurobiologie an der TUM und Forschungsgruppenleiter am Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). „Über die molekularen Prozesse, die dabei eine Rolle spielen, können wir derzeit jedoch nur spekulieren. Vermutlich fängt Neuropilin-1 das Virus auf und lenkt es zu ACE2. Zur Klärung dieser Frage sind weitere Untersuchungen notwendig. Es ist derzeit noch zu früh, um darüber zu spekulieren, ob die Blockierung von Neuropilin ein möglicher therapeutischer Ansatz sein könnte,“ so Simons. Quelle: TUM/sn
Kassenärzte: Grippeimpfung zuerst für Risikogruppe
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ruft bei der Grippeimpfung dazu auf, älteren Menschen über 60 und solchen mit chronischen Erkrankungen den Vortritt zu lassen. Wenn dann noch Impfstoff übrig sei, könnten nachrangig andere geimpft werden, etwa Beschäftigte im Gesundheitswesen oder Erzieherinnen und Erzieher, sagte der stellvertretende KBV-Vorsitzende Stephan Hofmeister der Deutschen Presse-Agentur. „Gesunde Menschen sind nicht diejenigen, die sich jetzt primär gegen Influenza impfen lassen sollten. Das ist wie in jedem Jahr.“
In einigen Arztpraxen hatte es zuletzt eine hohe Nachfrage nach Grippeimpfungen gegeben, so dass aktuell verfügbare Dosen knapp wurden. Quelle: dpa/sn
Todesfall bei AstraZeneca-Impfstoffstudie
Während der Studie zu einem Corona-Impfstoff des Pharmakonzerns AstraZeneca in Brasilien ist ein Proband gestorben. Das bestätigte die brasilianische Überwachungsbehörde für Gesundheit, Anvisa, der Deutschen Presse-Agentur am gestrigen Mittwoch. Die Todesursache war zunächst unklar.
Den Impfstoff hatte der britisch-schwedische Konzern in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford entwickelt. Nach eigenen Angaben war die Anvisa bereits am Montag über den Todesfall informiert worden. Die Empfehlung laute, die Tests fortzusetzen. Der Fall werde derzeit geprüft, Daten über Freiwillige müssten vertraulich behandelt werden.
Bei dem Toten handelt es sich dem Fernsehsender CNN Brasil zufolge um einen 28 Jahre alten Mann aus Rio, der wegen Komplikationen im Zusammenhang mit COVID-19 gestorben sei. Die brasilianische Zeitung „O Globo“ berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, der betreffende Freiwillige habe nicht den Impfstoff, sondern ein Placebo bekommen. Offiziell äußerten sich dazu zunächst weder das Labor noch die Testzentren oder die Anvisa.
AstraZeneca wollte einen Einzelfall in einer laufenden Studie auch auf dpa-Anfrage zunächst nicht konkret kommentieren, verwies aber darauf, dass alle erforderlichen Überprüfungsverfahren eingehalten worden seien. In einer Erklärung des Instituto D'Or (Idor), das die Studie in Rio de Janeiro und Salvador koordiniert, hieß es: „Die rigorose Analyse der bisher gesammelten Daten hat keine Zweifel an der Sicherheit der Studie aufkommen lassen, und ihre Fortführung wird empfohlen.“ Auf Nachfrage der dpa antwortete das Idor, dass die Studie bisher nicht unterbrochen worden sei. Quelle: dpa/sn
USA: Gesundheitsminister rechnet mit US-weiter Impfung bis April
US-Gesundheitsminister Alex Azar geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass bis zum April alle US-Amerikaner eine Corona-Impfung erhalten könnten. Eines der Mittel, das die US-Regierung finanziell unterstütze, könne demnach schon Ende des Jahres für besonders gefährdete Menschen zur Verfügung stehen, sagte Azar am Mittwoch. Für Ende Januar rechnet der Minister damit, dass genug Dosen für Risikogruppen wie Senioren zur Verfügung stehen. Ende März oder April dann solle ein funktionierender Impfstoff für alle Amerikaner zur erhältlich sein. Quelle: dpa/sn