Meldungen vom 02. bis 06.11.2020
Montag, den 02.11.2020
Ministerium prüft Angebot von Antikörpertest bei dm
Das baden-wüttembergische Sozialministerium prüft das Angebot eines Coronavirus Antikörpertests beim Drogeriemarkt dm. Nach Rechtsauffassung des Ministeriums ist eine Abgabe nur an Fachpersonal zulässig, wenn solche Testkits einen diagnostischen Zweck haben. Man habe Schritte eingeleitet, um den Sachverhalt zu klären, teilte das Ministerium am Montag mit.
Bei dem im Internetshop von dm angebotenen Test entnimmt sich der Kunde zu Hause selbst eine Blutprobe. Die Auswertung erfolgt in einem Labor. Das Produkt biete Kunden die Möglichkeit, diskret und ohne einen Arztbesuch einen Test vorzunehmen, der angibt, ob sich Antikörper gegen das Coronavirus gebildet haben, teilte Sebastian Bayer mit, der in der dm-Geschäftsführung für Marketing und Beschaffung zuständig ist. Seiner Überzeugung nach unterliegt der Test nicht der Abgabenverordnung für Medizinprodukte und darf frei verkauft werden. Das entspreche auch der Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums.
Bayer wies darauf hin, dass der Test eine bereits durchgemachte Infektion mit dem Coronavirus nachweise und nicht zum Nachweis einer akuten Infektion geeignet sei. „Unabhängig vom Testergebnis sollten Vorsichtsmaßnahmen wie Abstand halten, auf Hygiene achten und eine Alltagsmaske tragen, unbedingt beachtet werden. Sollten Kunden verunsichert sein, empfehlen wir in jedem Fall Rücksprache mit einem Arzt zu halten.“ Quelle: dpa/sn
BfR-Umfrage: Menschen wieder zurückhaltender
Angesichts der Verschärfung der Corona-Krise sind die Menschen in Deutschland einer Umfrage zufolge zurückhaltender geworden, was das Treffen mit Freunden oder das Verlassen der Wohnung angeht. Wie aus dem am Montag veröffentlichten „Corona-Monitor“ des Bundesinstituts für Risikoforschung (BfR) hervorgeht, wuchs der Anteil der Menschen, die sich seltener mit Freunden oder Familienangehörigen treffen im Vergleich zu zwei Wochen davor von 65 auf 76 Prozent. 69 Prozent verlassen demnach seltener das eigene Zuhause – 10 Prozentpunkte mehr als noch zwei Wochen zuvor. „Mit dem aktuellen Anstieg der Infektionszahlen werden die Menschen in Deutschland wieder vorsichtiger“, erklärte BfR-Präsident Andreas Hensel.
Knapp drei Viertel (73 Prozent) der Befragten halten das Risiko einer Ansteckung durch die Nähe zu anderen Menschen für mindestens hoch – der höchste Wert seit dem Frühjahr. Auch der Anteil der Menschen, die sich Sorgen um ihre körperliche Gesundheit (27 Prozent), psychische Gesundheit (25 Prozent) und soziale Beziehungen (35 Prozent) machen, ist zuletzt gestiegen.
Was die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie angeht, bewertete die deutliche Mehrheit der Menschen Abstandsregeln und Maskenpflicht als angemessen (96 und 92 Prozent – jeweils Höchstwerte). Der Anteil der Menschen, die die Einschränkung im Kulturbetrieb für angemessen halten, sank hingegen auf einen Tiefstwert (71 Prozent). Die aktuelle Befragung fand in der vergangenen Woche statt. Quelle: dpa/sn
Merkel: Unklar wie es im Dezember weitergeht
Für die Zeit nach dem vierwöchigen Teil-Lockdown will sich die Bundesregierung noch nicht festlegen. „Ich möchte heute über den 30. November noch nicht spekulieren“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Sollten sich viele Menschen auch im privaten Bereich an die Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie halten, dann schaffe dies die Voraussetzung für einen „erträglichen Dezember“ mit mehr Freiräumen. Sollte sich bis zu ihrem nächsten Gespräch mit den Ministerpräsidenten aber herausstellen, dass die neuen Maßnahmen noch nicht ausreichend seien, um die Zahl der Neuinfektionen stark zu reduzieren, seien womöglich aber auch zusätzliche Maßnahmen notwendig.
Entscheidend sei hier die sogenannte 7-Tage-Inzidenz – also wie viele Menschen sich innerhalb einer Woche pro 100.000 Einwohner neu infizieren. Aktuell liege dieser Wert bei 127,8, „wir müssen wieder runter in den Bereich von unter 50“, sagte Merkel. Denn erst dann seien die Gesundheitsämter wieder in der Lage, Infektionsketten umfassend nachzuverfolgen und dann auch zu durchbrechen. Quelle: dpa/sn
Drosten: Corona-Maßnahmen sollen Triage verhindern
In der Debatte über die Corona-Maßnahmen hat der Virologe Christian Drosten an die schwierigen Entscheidungen von Ärzten im Fall einer Überlastung der Intensivstationen erinnert. In einem Vortrag erläuterte er das Vorgehen namens Triage, bei dem Patienten im Extremfall sortiert werden. Man habe zum Beispiel einen alten COVID-19-Patienten, der seit einer Woche auf der Intensivstation beatmet werde, mit einer Überlebenschance zwischen 30 und 60 Prozent. Und dann komme ein 35-jähriger Vater dreier Kinder mit einem schweren COVID-19-Verlauf. Der jüngere Patient müsse dringend an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden, sonst sei er übermorgen tot – das wisse man als Intensivmediziner, sagte Drosten bei einer Veranstaltung in Meppen am Freitagabend.
„Was machen Sie? Sie müssen einen der älteren Patienten abmachen. Das ist, was Triage bedeutet“, sagte Drosten. „Und aus diesem Grund hat die Bundesregierung beschlossen, in diese Maßnahmen einzutreten, die wir jetzt haben.“ In unserem Kulturkreis gebe es ein anderes Ethikverständnis als in anderen Kulturkreisen: „Bei uns zählen alle Menschenleben.“ Drosten erläuterte, wie schnell sich zuletzt die 400 Intensivbetten der Charité mit COVID-19-Patienten füllten. Ein Teil der geplanten Operationen werde bereits abgesagt. Laut dem Lagebericht der Berliner Gesundheitsverwaltung vom Sonntag hat sich die Zahl der COVID-19-Patienten auf Intensivstationen in der Hauptstadt innerhalb von elf Tagen verdoppelt.
Das Wort Triage stammt vom französischen Verb „trier“, was „sortieren“ oder „aussuchen“ bedeutet. Das System kommt aus der Militärmedizin: Ende des 18. Jahrhunderts fanden sich im „Königlich-Preußischen Feldlazareth-Reglement“ erste Angaben, wie Verwundete nach Schweregraden eingeteilt werden sollten. Quelle: dpa/sn
Weniger Antibiotikaverordnungen während Lockdown
Während des Lockdowns im April und Mai 2020 wurden so wenig Antibiotika verschrieben wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Techniker Krankenkasse hervor. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum gingen die Verordnungen im Frühjahr (April und Mai) um 43 Prozent zurück, von durchschnittlich 0,602 Tagesdosen pro versicherter Erwerbsperson in 2019 auf 0,344 Tagesdosen in 2020, so die TK in einer Pressemitteilung. Hochgerechnet auf die in Deutschland rund 34 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seien das rund 11,7 Millionen Tagesdosen, statt 20,5 Millionen Tagesdosen in 2019.
„Ein Teil des starken Rückgangs könnte daher kommen, dass in dieser Zeit weniger Menschen mit leichten Beschwerden zum Arzt gegangen sind“, erklärt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Gleichzeitig haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aber auch dazu beigetragen, dass andere Infektionserkrankungen sich weniger verbreiten konnten.“
Allerdings beobachtet die TK schon seit Jahren einen Trend: Laut der TK-Gesundheitsreporte ist die Verschreibungspraxis von Antibiotika bei leichten Erkältungen in den letzten neun Jahren um fünfzig Prozent gesunken. So erhielten im Jahr 2010 noch 30 Prozent der Patienten mit leichten Atemwegserkrankungen Antibiotika, 2019 waren es nur noch knapp 15 Prozent. Quelle: TK/sn
Corona-Maßnahmen bremsen Atemwegserkrankungen
Laut einer Analyse der Barmer-Krankenkasse liesen sich in diesem Spätsommer und Herbst bisher auffällig wenige Menschen wegen Atemwegserkrankungen krankschreiben. Neben den milden Temperaturen könnten dafür auch das Einhalten der AHA-Regel verantwortlich sein. Quelle: dpa/cm
Belgien: Mit „Knuffelcontact“ gegen soziale Isolation
Wegen dramatisch gestiegener Corona-Infektionszahlen gelten in Belgien seit heute neue Regeln zur Pandemiebekämpfung. Die meisten Geschäfte müssen wieder schließen, Bars und Restaurants sind ohnehin schon zu. Doch auch wenn Abstandhalten das Gebot der Stunde ist, erobert ein Wort über Nähe die Herzen der Menschen außerhalb des Landes: Die Belgierinnen und Belgier dürfen bis Mitte Dezember weiter einen „Knuffelcontact“ zu Hause empfangen, wie die Regierung mitteilte. Dieser Person darf man ganz normal ohne Abstandsregeln begegnen – also sind auch Händeschütteln, Umarmungen, Küsschen und alle anderen physischen Kontakte erlaubt.
Auf niederländisch bedeutet „knuffelen“ so viel wie drücken oder schmusen. Im deutschsprachigen Ostbelgien wird deswegen einfach von Kuschelkontakten gesprochen.
Auch an Singles wurde gedacht: Sie dürfen noch einen zweiten „Knuffelcontact“ haben –allerdings nicht beide gleichzeitig einladen, wie die Regierung betonte. Für viele Nutzerinnen und Nutzer in den Sozialen Medien ist der „Knuffelcontact“ schon jetzt das Wort des Jahres. Quelle: dpa/sn
Pandemie erhöht Belastungen für pflegende Angehörige
Die Belastungen für Angehörige, die Pflegebedürftige zu Hause betreuen, haben sich laut einer Studie in der Corona-Krise weiter erhöht. Für 57 Prozent der Befragten wurde die Pflege nach eigenem Bekunden in der Pandemie zeitlich aufwendiger, wie eine Analyse der Universität Bremen für die Krankenkasse DAK-Gesundheit ergab. Hintergrund sei unter anderem, dass professionelle Hilfe etwa von Pflegediensten nicht in gewohntem Umfang in Anspruch genommen werden konnte. Der eigene Gesundheitszustand hat sich demnach nun für 11 Prozent der pflegenden Angehörigen „erheblich“ verschlechtert, für 41 Prozent „etwas“. Als „nicht verändert“ beschrieben ihn 47 Prozent.
Laut der Studie gab ein Großteil der Befragten auch an, dass Pflege und Beruf durch die Pandemie noch schwieriger zu vereinbaren seien. Für die Untersuchung des Bremer Gesundheitsökonomen Heinz Rothgang wurden den Angaben zufolge vom 8. Juni bis 12. August 1296 Menschen per Online-Fragebogen befragt– im Blick standen zu Hause Pflegende im erwerbsfähigen Alter bis 67 Jahren. In Deutschland werden mehr als drei Millionen Pflegebedürftige zu Hause versorgt. Quelle: dpa/sn
Krankenhäuser rechnen mit Rekordzahl an Intensivpatienten
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, rechnet mit einem neuen Höchststand an Intensivpatienten in Deutschland während der Corona-Pandemie. „In zwei bis drei Wochen werden wir die Höchstzahl der Intensivpatienten aus dem April übertreffen – und das können wir gar nicht mehr verhindern. Wer bei uns in drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist heute schon infiziert“, sagte er am heutigen Montag der „Bild“-Zeitung.
Zudem kündigte er an, auch Pflegepersonal aus nicht-intensivmedizinischen Bereichen auf den Intensivstationen einzusetzen. „Das ist natürlich nicht optimal, aber in einer solchen Ausnahmesituation zu rechtfertigen.“
Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, hatte am Wochenende in der „Bild am Sonntag“ erklärt: „Ganz klar: Es ist in einigen Bundesländern nicht mehr viel Spielraum. Berlin hat nur noch 14 Prozent freie Intensivbetten, Bremen 17 Prozent.“ Im Frühjahr sei die Situation viel weniger dramatisch gewesen als das, was jetzt auf uns zukomme.
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, forderte, planbare Operationen zu verschieben. „Viele Intensivpfleger arbeiten schon heute am Limit, und zu Recht warnen sie vor einer Verschlimmerung“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Nur „ein Maßnahmenbündel wird eine Katastrophe verhindern – zum Beispiel planbare Operationen je nach Situation vor Ort zu verschieben“. Quelle: dpa/sn
Teil-Lockdown startet: Öffentliches Leben wird heruntergefahren
In ganz Deutschland hat ein vierwöchiger Teil-Lockdown begonnen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Von diesem Montag an sind in allen Bundesländern entsprechende Verordnungen in Kraft. Quelle: dpa/sn