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ASS & Pseudoephedrin: Herz­infarkt nach Erkältungskombi

Aspirin Complex Granulat, daneben liegt di e Packungsbeilage und ein Glas Wasser
Menschen mit bestimmten kardiovaskulären Vorerkrankungen müssen Arzneimittel mit Pseudoephedrin und Acetylsalicylsäure meiden. | Bild: IMAGO / teutopress

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)AkdÄ: "Koronarspasmen und Myokardinfarkt nach Pseudoephedrin"; Drug Safety Mail 2024-52, Stand: 17.12.2024  berichtet über einen Patienten mit einem auf Koronarspasmen beruhenden Herzinfarkt. Dieser trat nach kurzer Zeit auf, nachdem der Patient „erstmalig“ ein rezeptfreies Kombinationsarzneimittel mit Acetylsalicylsäure (ASS) und Pseudoephedrin angewendet hatte. 

Erhältlich sind in deutschen Apotheken Aspirin Complex, Aspirin Sinucomplex oder Grippostad Complex. Alle kombinieren 500 mg Acetylsalicylsäure mit 30 mg Pseudoephedrin, sind als Granulat konzipiert und indiziert bei Schmerzen und Fieber im Rahmen einer Erkältung, die mit Schnupfen und Schleimhautschwellung der Nase und Nasennebenhöhlen einhergeht.

AkdÄ: Herzinfarkt nach Pseudoephedrin „plausibel“

Der AkdÄ zufolge wurde der Patient intensivmedizinisch betreut und erhielt mehrere Stents. Die AkdÄ hält den Zusammenhang der Koronarspasmen mit der Einnahme von Pseudoephedrin pathophysiologisch für „plausibel“. Denn: Pseudoephedrin setzt als indirektes Sympathomimetikum Noradrenalin aus sympathischen Nervenendigungen frei.

Zur Erinnerung: Was ist Pseudoephedrin?

Pseudoephedrin wirkt als indirektes Sympathomimetikum: Es fördert die Freisetzung von Noradrenalin aus adrenergen Nervenendigungen. 

Noradrenalin wiederum bewirkt über eine Aktivierung von α-Adrenozeptoren die Engstellung bestimmter Blutgefäße. Diese Wirkung macht man sich bei der Therapie einer durch allergische oder infektiöse Ursachen zugeschwollenen Nase zunutze. 

In Deutschland ist Pseudoephedrin etwa in Kombination mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen (z. B. Aspirin® Complex, Wick® Daynait, Boxagrippal®) zum Einsatz bei grippalen Infekten auf dem Markt sowie in Kombination mit verschiedenen Antihistaminika wie Cetirizin (z. B. Reactine® Duo) oder Tiprolidin (z. B. Rhinopront®) bei allergischer Rhinitis.

Der vasokonstriktive (gefäßverengende) Effekt von Pseudoephedrin könne den Blutdruck erhöhen und zu einem Vasospasmus führen, erklärt die Ärzteschaft.

Gut zu wissen: Was ist ein Vasospasmus?

Unter einem Vasospasmus – auch bekannt als Gefäßspasmus oder Angiospasmus – versteht man eine plötzliche krampfartige Engstellung eines Blutgefäßes. Diese führt wiederum zu einer mehr oder weniger lang andauernden Vasokonstriktion (Gefäßverengung). /vs

Wann ist Pseudoephedrin kontraindiziert?

Menschen mit bestimmten kardiovaskulären Vorerkrankungen müssen Arzneimittel mit Pseudoephedrin meiden, dazu gehören dem Beipackzettel von Aspirin Complex zufolge „Herzschwäche, Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheit (Durchblutungsstörungen des Herzmuskels)“. 

Im Bewertungsbericht des PRAC, veröffentlicht im November 2023 anlässlich eines Risikobewertungsverfahrens zu Pseudoephedrin-haltigen Arzneimitteln, betont der für die Arzneimittelsicherheit bei der EMA zuständige Pharmakovigilanzausschuss: „Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel sind bekanntermaßen mit kardiovaskulären Risiken verbunden, z. B. Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Herzversagen, ischämische Risiken (transitorische ischämische Attacke, Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall, ischämische Kolitis und ischämische Optikusneuropathie) oder hämorrhagische Schlaganfälle“. 

Im besagten Risikobewertungsverfahren hatte der PRAC die Gefahr eines posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms (PRES) und eines zerebralen Vasokonstriktionssyndroms (RCVS) im Zusammenhang mit Pseudoephedrin untersucht und bestätigt. Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel sind daher kontraindiziert bei Patienten mit schwerer oder unkontrollierter Hypertonie sowie bei schwerer akuter oder chronischer Nierenerkrankung oder Nierenversagen.

Patienten sorgfältig über Risiko Pseudoephedrin-haltiger Arzneimittel beraten

Die AkdÄ betont, dass „vermeintlich harmlose, rezeptfrei erhältliche Arzneimittel“ schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen könnten und Patienten „sorgfältig“ über den Nutzen und das Risiko Pseudoephedrin-haltiger Präparate aufgeklärt werden sollten, insbesondere, da die Indikation „nicht schwerwiegend“ sei.