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Rauchfrei mit Semaglutid?

Männliche Hand hält qualmende Zigarette zwischen zwei Fingern
Semaglutid scheint förderlich, um eine Tabaksucht zu hemmen. | Bild: methaphum / AdobeStock

Das GLP-1-Analogon Semaglutid ist bei Diabetes (Ozempic®) und Übergewicht (Wegovy®) zugelassen. Das Potenzial von Semaglutid scheint damit nicht erschöpft, denn Patienten, die Semaglutid zur Blutzucker- oder Gewichtskontrolle verordnet bekommen hatten, berichteten über ein vermindertes Verlangen, Alkohol zu trinken oder zu rauchen. 

Das schreiben Wissenschaftler im Fachjournal „Molecular Psychiatry“Molecular Psychiatry: „Association of semaglutide with reduced incidence and relapse of cannabis use disorder in real-world populations: a retrospective cohort study“, 2024  im März dieses Jahres, wobei sie sich auf eine frühere Untersuchung stützten. Sie hatten sodann eine andere Abhängigkeit untersucht und anhand von Patientendaten analysiert, wie häufig Menschen eine Cannabisabhängigkeit entwickeln oder rückfällig werden, wenn sie Semaglutid verglichen mit anderen Antidiabetika oder Antiadiposita anwenden.  

Unter Semaglutid weniger Abhängigkeiten bei Alkohol und Cannabis

Und in der Tat: Wenn sowohl Typ-2-Diabetiker als auch stark übergewichtige Menschen Semaglutid gespritzt hatten, wurden sie seltener cannabisabhängig (oder rückfällig), als wenn sie andere Arzneimittel gegen Diabetes oder Übergewicht angewendet hatten.

Dieselben Wissenschaftler veröffentlichten im Mai 2024 auch Daten zum Zusammenhang von Semaglutid und einer Alkoholabhängigkeit: Übergewichtige Menschen hatten unter Semaglutid ein um 50 bis 56 Prozent geringeres Risiko für eine Alkoholabhängigkeit als mit anderen gewichtsreduzierenden Arzneimitteln. Ähnliche Effekte beobachteten die Wissenschaftler in der Diabetikergruppe.

Unterstützt Semaglutid bei der Rauchentwöhnung?

Nun gibt es – ebenfalls von dieser Forschergruppe – neue Daten zu Typ-2-Diabetikern und einer Nikotinabhängigkeit, veröffentlicht Ende Juli 2024 in der Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“Annals of Internal Medicine: „Association of Semaglutide With Tobacco Use Disorder in Patients With Type 2 Diabetes: Target Trial Emulation Using Real-World Data“ 

Die Wissenschaftler hatten, wie zuvor auch, Daten des weltweiten Patientendatennetzwerks TriNetX genutzt und verglichen bei 222.942 Typ-2-Diabetikern, die neu auf Antidiabetika eingestellt wurden, den Effekt auf eine bestehende Nikotinabhängigkeit. 

5.967 Patienten erhielten Semaglutid, die anderen Typ-2-Diabetiker entweder Insulin, Metformin, Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren (z. B. Saxagliptin und Vildagliptin), Natrium-Glukose-2-Transporter-Inhibitoren (SGLT2-Inhibitoren, z. B. Empagliflozin), Thiazolidindione (z. B. Pioglitazon) und andere GLP-1-Analoga (z. B. Liraglutid, Exenatid).  

Anhand des umfangreichen Datensatzes prüften die Studienautoren, ob die Diabetespatienten im Zeitraum von Dezember 2017 bis Ende März 2023 eine Tabakabhängigkeit diagnostiziert bekommen hatten, ob ihnen rauchentwöhnende Arzneimittel verordnet worden waren oder sie sich zur Rauchentwöhnung hatten beraten lassen.

Unter Semaglutid seltener tabakentwöhnende Arzneimittel

Das Ergebnis: Verglichen mit anderen Antidiabetika wurde bei Diabetikern mit Semaglutid seltener eine Tabakabhängigkeit diagnostiziert. Am auffälligsten war der Unterschied zu insulinpflichtigen Diabetikern: Unter Semaglutid war das Risiko um 32 Prozent geringer. Immer noch statistisch signifikant, jedoch schwächer ausgeprägt, war der Unterschied zu anderen GLP-1-Analoga (12 Prozent geringeres Risiko mit Semaglutid). 

Patienten mit Semaglutid erhielten dem Datensatz zufolge auch seltener rauchentwöhnende Arzneimittel verordnet oder suchten eine Beratungsstelle auf. 

Semaglutid und Nikotinsucht: Kausalität noch nicht belegt

Allerdings belegt diese Studie keinen kausalen (ursächlichen) Zusammenhang, dass Semaglutid gegen Nikotinabhängigkeit hilft, sondern lediglich eine Assoziation. 

Möglich wäre auch, dass Semaglutid-Patienten schlichtweg keine Beratungsstellen aufsuchen wollten und einfach weitergeraucht haben. Hierfür wäre eine prospektive randomisiert-kontrollierte Studie erforderlich – eine solche ist bereits in Arbeit und rekrutiert Patienten. 

Die Studienautoren wollen hier unter anderem wissen, ob sich unter Semaglutid verglichen mit Placebo-Injektionen der Nikotinkonsum ändert und wenn ja, um wie viele Zigaretten. 

Mitmachen können Menschen zwischen 21 und 65 Jahren, die mindestens fünf Zigaretten pro Tag rauchen und es noch nicht länger als 90 Tage geschafft haben aufzuhören. Das bedeutet, dass der Fokus auf der Rauchentwöhnung liegt und nicht nur Diabetiker oder übergewichtige Menschen teilnehmen dürfen. Quellen:
- https://www.nature.com/articles/s41380-024-02498-5
- https://www.acpjournals.org/doi/10.7326/M23-2718
- https://clinicaltrials.gov/study/NCT05530577?tab=table