PTAheute-Pinnwand KW 19/2023: Selbstbestimmungsgesetz, Cannabis und Übergewicht
Täglich erreichen uns zahlreiche Meldungen rund um Pharmazie, Gesundheit und Apothekenmarkt. Hier finden Sie eine Übersicht über die News und Pressemeldungen der aktuellen Woche.
Genuss-Cannabis: Abgabeverbot für Apotheken
Nach und nach werden immer mehr Details zur geplanten Legalisierung von Cannabis bekannt. So sollen Erwachsene zukünftig legal Cannabis selbst anbauen, kaufen und konsumieren dürfen – zumindest in einem festgelegten Umfang. Bislang war noch ungeklärt, ob und welche Rolle Apotheken hierbei spielen sollen.
Die Cannabis-Legalisierung soll auf zwei Säulen aufgebaut werden. Die erste Säule soll mit dem „Gesetz zur kontrollierten Abgabe von Cannabis“ etabliert werden. Laut einem ersten Entwurf ist neben dem Eigenanbau (drei weibliche blühende Pflanzen pro Kalenderjahr dürfen ab 18-Jährige für den eigenen Konsum besitzen) lediglich der Anbau in privaten Anbauvereinigungen gestattet. Um die Erlaubnis zu erhalten, müssen sie zahlreiche Voraussetzungen erfüllen. Unter anderem müssen sie diverse Sicherungs- und Schutzmaßnahmen ergreifen.
Diese Anbauvereinigungen sind auch die einzigen, die das von ihnen angebaute Cannabis abgeben dürfen. Dieses darf nur an Mitglieder ausgeben werden, maximal 50 Gramm im Monat – und zwar in einer „neutralen Verpackung oder unverpackt“. Ein Beipackzettel mit Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte sowie Wirkstoffgehalt (THC und CBD) in Prozent soll Pflicht sein. Die Abgabe erfolgt zu Selbstkosten der jeweiligen Anbauvereinigung; eine unentgeltliche Abgabe ist unzulässig.
Apotheken sind hingegen außen vor, wenn es um die Abgabe von Genusscannabis geht. Für diese ist jedoch relevant, dass sich die Vorgaben zu Medizinalcannabis ebenfalls ändern werden. So soll dieses künftig nicht mehr dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes unterfallen. Die bestehende Rechtslage soll aber bestehen bleiben und lediglich in ein neues Regelwerk überführt werden.
Klargestellt wird auch: Medizinalcannabis für den Endverbrauch darf auch weiterhin nur auf ärztliche Verschreibung und nur in Apotheken abgegeben werden. Zahnärzte und Tierärzte dürfen es nicht verordnen. Im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke darf das Cannabis aus einem staatlich kontrollierten Anbau zu medizinischen Zwecken auch erlaubnisfrei ein- und ausgeführt werden. Quelle: daz.online, ks / mia
Pflegende Angehörige brauchen mehr Unterstützung
Viele pflegende Angehörige erhalten nach Expertenangaben zu wenig Unterstützung. Was sie am dringendsten benötigten, seien Auszeiten, sagt Pflegewissenschaftsprofessorin Christa Büker. Viele bestehende Angebote werden laut Büker nicht wahrgenommen. „Wir müssen uns daher fragen, ob die Entlastungsangebote die richtigen sind oder wir andere brauchen“, so Büker. Außerdem seien mehr Angebote für junge Pflegebedürftige und Familien mit Kindern nötig. Auch Gesundheitsangebote für pflegende Angehörige befürwortet die Pflegewissenschaftlerin.
Der Personalmangel werde immer gravierender, vor allem im ländlichen Raum spitze er sich zu. Daher würden Angehörige künftig noch mehr in Anspruch genommen werden. Studien zeigen, dass vor allem die psychische Belastung oft hoch ist.
Fünf Millionen Pflegebedürftige gibt es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. 84 Prozent davon werden zu Hause versorgt. Bis 2055 soll die Zahl der pflegebedürftigen Menschen um 37 Prozent auf 6,8 Millionen steigen. Quelle: dpa / mia
mRNA-Technologie ist mehr als nur Corona-Impfung
Außer in Corona-Impfstoffen könnte die mRNA-Technik nach Aussagen der Forscherin Katalin Karikó möglicherweise bald gegen etliche weitere Krankheiten eingesetzt werden. mRNA-Impfstoffe etwa gegen HIV, das Herpes-simplex-Virus (HSV), aber auch gegen Grippe seien in der Entwicklung und würden bereits in klinischen Studien überprüft, sagt Karikó. Sie gilt als eine maßgebliche Wegbereiterin für die Entwicklung von mRNA-basierten Impfstoffen.
Die Bereitstellung „der mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffe geschah nicht über Nacht“, betont Karikó. Den Impfstoffen seien etwa 60 Jahre intensive Forschungsarbeit vorangegangen. Der Schub durch die Corona-Pandemie könnte sich auf die Entwicklung weiterer Impfstoffe auswirken.
Karikó verweist auf mehrere Impfstoffe, die in klinischen Versuchen schon besonders weit gekommen seien: Aktuell gebe es etwa Phase-3-Studien zum Einsatz von mRNA-basierten Impfstoffen gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), das Atemwege befällt, und gegen Grippeviren.
Ein weiterer interessanter Aspekt seien übergreifend wirkende Impfstoffe gegen Erreger, die von Zecken übertragen werden. Auch für die Behandlung von Krebserkrankungen biete die RNA-Technik große Potenziale. Quelle: dpa / mia
Apotheken in Schleswig-Holstein protestieren vor Kommunalwahlen
Um auf die Nöte der Apotheken aufmerksam zu machen, rief der Apothekerverband Schleswig-Holstein seine Mitglieder zu einer Protestaktion am 9. Mai auf. Im Mittelpunkt standen die wirtschaftliche Lage der Betriebe und die Forderung nach einer Anpassung der Vergütung sowie Personalmangel, Bürokratie und die fehlende Wertschätzung der Leistungen der Apotheken seitens der Politik.
Wie protestiert wird, blieb jeder Apotheke selbst überlassen. Insgesamt zieht der Verband ein positives Fazit zur Aktion. Wie die Apotheken sich an dem Protest beteiligt haben, können Sie bei daz.online nachlesen.
Drogenbeauftragter für Verbot von Aromen in E-Zigaretten
Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, plädiert für ein konsequentes Verbot von Aromen in E-Zigaretten. „Die aggressive Bewerbung von E-Zigaretten mit Toffee-, Kirsch- oder Minzaromen animiert Jugendliche zum Rauchen“, sagt er. „Zusätzlich werden sie durch preisgünstige Einweg-E-Zigaretten angesprochen.“ Blienert kritisierte, dass Werbung für Tabak und E-Zigaretten weiterhin sehr präsent sei.
Der Bundesrat nahm im März einen bayerischen Antrag für ein europaweites Verbot dieser Wegwerfprodukte an, die eigentlich als Elektroschrott zu entsorgen sind.
Vapes dürfen nur an Erwachsene verkauft werden, sie werden aber unter Jugendlichen immer beliebter. Experten warnen, dass die Liquids, die verdampft werden, gesundheitsschädliche Substanzen enthalten und wegen ihres häufig hohen Nikotingehalts schnell abhängig machten. Quelle: dpa / mia
WHO hebt Corona-Gesundheitsnotstand auf – Virus aber nicht besiegt
Die Corona-Pandemie gilt nicht mehr als internationaler Gesundheitsnotstand. Seit mehr als einem Jahr sei die Pandemie auf dem Rückzug, sagt der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, und verweist auf die gestiegene Immunität durch Impfungen und Infektionen. „Dieser Trend hat es den meisten Ländern erlaubt, zu einem Leben wie vor COVID-19 zurückzukehren.“ Konkrete Auswirkungen hat die Entscheidung nicht, weil jedes Land für sich bestimmt, welche Schutzmaßnahmen es verhängt.
Als die WHO den Corona-Gesundheitsnotstand am 30. Januar 2020 ausrief, waren außerhalb Chinas rund 100 Infektionen in rund 20 Ländern bekannt und keine Todesfälle. Inzwischen wurden der WHO zufolge weltweit rund 765 Millionen Infektionen und gut 6,9 Millionen Todesfälle gemeldet. Die WHO geht davon aus, dass in Wahrheit mindestens 20 Millionen Menschen gestorben sind. Quelle: dpa / mia
Bundesregierung veröffentlicht Entwurf zum „Selbstbestimmungsgesetz“
Die Pläne für eine leichtere Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen werden konkreter. „Mit dem Selbstbestimmungsgesetz führen wir eine einfache und einheitliche Regelung für die Änderung des Geschlechtseintrages ein. So geben wir den Betroffenen einen Teil ihrer Würde zurück, die ihnen von Staats wegen jahrzehntelang vorenthalten wurde“, sagt Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Nun können die Verbände bis Ende Mai eine Stellungnahme dazu bei den Ministerien einreichen.
Die Ampel-Parteien hatten das Vorhaben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Jeder Mensch in Deutschland soll den Plänen zufolge künftig sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das Gesetz richtet sich laut Familien- und Justizministerium an transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.
„Trans“ umfasst den Ministerien zufolge Personen, die sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. „Inter“ bedeutet angeborene körperliche Merkmale zu haben, „die sich nach medizinischen Normen nicht eindeutig als (nur) männlich oder (nur) weiblich einordnen lassen“. „Nicht-Binär“ wird als Selbstbezeichnung für Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren, definiert. Quelle: dpa / mia
Ricola erhält begehrte Auszeichnung „Kundenliebling 2023“
Dank verschiedener Umfragen konnte Ricola sich bereits in den ersten drei Monaten dieses Jahres mehrere Auszeichnungen, u. a. „Höchste Reputation 2023“ und „Kundenliebling 2023“ sichern. Letztere erhielt das Traditionsunternehmen bereits zum fünften Mal in Folge. Dazu untersuchte Focus Money und Deutschland Test bei rund 20.000 Marken und Unternehmen Aussagen in den Bereichen Preis, Service und Qualität und analysiert Emojis und gesetzte Likes in den sozialen Medien.
Ricola ist bekannt für seine Bonbons, die auf der Verwendung von Schweizer Alpenkräutern basieren.
Großbritannien: Apotheker sollen eigenständig Arzneimittel verschreiben
England leidet unter Hausärztemangel. Um die Versorgung der Patienten zu verbessern und unnötige Wartezeiten auf Termine und in Praxen zu verringern, hat Premierminister Rishi Sunak ein Reformkonzept vorgestellt. Demnach sollen englische Apotheker für einige Erkrankungen künftig eigenständig Arzneimittel verschreiben dürften.
Für die folgenden sieben Indikationen dürfen die britischen Apotheker künftig Rezepte über verschreibungspflichtige Arzneimittel ausstellen:
- Hals- oder Ohrenschmerzen,
- Sinusitis,
- unkomplizierte Harnwegsinfekte bei Frauen,
- Impetigo,
- Gürtelrose sowie
- infizierte Insektenstiche.
Zusätzlich zu der Verschreibungsbefugnis in den oben genannten Indikationen sollen Apotheken künftig unterstützt werden, noch mehr Blutdruckmessungen anzubieten. Quelle: daz.online, gg / mia
Ein Jahr E-Rezept-Enthusiasten
Mehr E-Rezept wagen – das war die Devise, als die E-Rezept-Enthusiasten vor einem Jahr einen Verein gründeten. Trotz der Skepsis, ob die Vor-Ort-Apotheken davon überhaupt profitieren werden und nicht vielmehr der Online-Versandhandel: Der Verein hat zahlreiche medienwirksame Aktionen durchgeführt – und wartet jetzt auf den Referentenentwurf fürs Digitalgesetz und die verpflichtende Einführung des E-Rezepts im Januar 2024.
Mit Blick auf die Verpflichtung sollen Apotheken und Arztpraxen nun laut Pressemitteilung begleitet und „zielgerichtet“ unterstützt werden, „sodass die Einführung des E-Rezeptes möglichst reibungslos vonstattengeht“.
Der Verein wird von manchen in der Branche mit einer gewissen Skepsis betrachtet. Denn neben gesund.de, ia.de, Pharmatechnik und Noventi sind auch die Shop Apotheke und die Zur-Rose-Tochter ehealth-tec mit an Bord. Quelle: daz.online, mk / mia
WHO: Jedes dritte Grundschulkind hat Übergewicht
Knapp jedes dritte Kind im Grundschulalter in der WHO-Region Europa ist übergewichtig oder fettleibig. Darauf weist das Regionalbüro Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hin. Daten wie diese zeichneten ein alarmierendes Bild – und die Zahl der Kinder mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) werde voraussichtlich weiter zunehmen.
Die WHO Europa berief sich dabei unter anderem auf den Europäischen Fettleibigkeitsbericht 2022, den die Organisation vor gut einem Jahr veröffentlicht hatte. Demnach ist mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Europa übergewichtig. Bei Jungen im Alter von sieben bis neun Jahren sind es 29 Prozent, bei Mädchen desselben Alters 27 Prozent.
Als adipös gelten Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30, Übergewicht beginnt bei einem BMI von über 25.
„Unsere Kinder wachsen zunehmend in Umgebungen auf, die es sehr schwer für sie machen, sich gut zu ernähren und aktiv zu sein. Das ist eine Grundursache der Fettleibigkeits-Epidemie“, erklärt WHO-Regionaldirektor Hans Kluge. Als Gesellschaften und Länder habe man es bislang nicht geschafft, die steigenden Raten umzukehren. Quelle: dpa / mia
Klimawandel erhöht Risiko für Tropenkrankheiten in Europa
Von Insekten übertragene Tropenkrankheiten können selbst bei moderaten Temperaturanstiegen durch den Klimawandel für Menschen in Deutschland und Europa künftig zu einem Risiko werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Forschungsgruppe Medizinische Biodiversität und Parasitologie von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Die Untersuchung wurde vom Deutschen Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten in Auftrag gegeben. Die steigenden Temperaturen führten dazu, dass sich Insekten aus tropischen und subtropischen Gebieten zunehmend in Europa wohlfühlten.
Zu den Tieren, die Infektionskrankheiten übertragen können, zählt etwa die Asiatische Tigermücke. Sie kann das Dengue-, das Gelbfieber- oder das Zika-Virus an den Menschen weitergeben. Die Mückenart ist ursprünglich in Süd- und Südostasien heimisch. Wegen der steigenden Temperaturen ist sie schon jetzt in Teilen Mitteleuropas anzutreffen. Quelle: dpa / mia