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Zum internationalen Cannabis-Tag am 20. April: Pläne und Hürden der Cannabis-Legalisierung

Cannabisblüten und ein Joint
Wie stellt sich die Regierung die Legalisierung von Cannabis vor? | Bild: S.Price / AdobeStock 

In Deutschland soll der Besitz von Cannabis bald straffrei sein und ein Erwerb zum Teil legal möglich werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stellten vergangene Woche die überarbeiteten Pläne für eine Cannabis-Legalisierung vor.  

Demnach soll künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis (entspricht ca. drei Esslöffeln) erlaubt werden. Legal sein soll auch der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in sog. Cannabis-Clubs ermöglichen, die zudem „sieben Samen oder fünf Stecklinge“ für den Eigenanbau abgeben dürften, wie Lauterbach erläuterte.

Die ursprünglich geplanten Cannabis-Fachgeschäfte kommen dagegen erst einmal nicht, weil das auf Widerstand bei der EU in Brüssel gestoßen war.

Die konkreten Regeln in der Übersicht 

Hinweis: Im Gesetzgebungsverfahren kann sich an diesen Regeln noch einiges ändern.

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Maximal drei „weibliche blühende Pflanzen“ sind im Eigenanbau erlaubt – geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
  • „Nicht-gewinnorientierte“ Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18 Jahre. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen keine Werbung für sich machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
  • Maximal dürfen pro Club-Mitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
  • In den Vereinsräumen soll nach derzeitigen Plänen nicht konsumiert werden dürfen. Das ist allerdings laut Özdemir in der Koalition noch umstritten. Auch Alkoholausschank ist dort verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas.
  • In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
  • Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Auch entsprechende laufende Straf- und Ermittlungsverfahren werden beendet.
  • Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.

In einem zweiten Schritt sollen in Kommunen mehrerer Bundesländer in Modellprojekten „kommerzielle Lieferketten“ ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf in Fachgeschäften. Die Projekte sollen wissenschaftlich begleitet, auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt sein. 

So will man Aufschluss darüber gewinnen, wie sich kommerzielle Lieferketten auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt auswirken.

Apotheken als Cannabis-Abgabestelle erstmal vom Tisch? 

Ob auch Apotheken als lizenzierte Fachgeschäfte für die Abgabe fungieren sollen, war schon bei den ersten Eckpunkten nicht klar. Und auch beim neuen Modell bleibt diese Frage bislang unbeantwortet. 

In der zweiten Säule der Pläne könnten Apotheken theoretisch als Abgabestellen ins Spiel kommen. Lauterbach erklärte auf Nachfrage, dass dies zumindest nicht auszuschließen sei. Auf Details wollte er sich aber noch nicht explizit festlegen. Genaueres wird man möglicherweise im Herbst erfahren. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/04/12/cannabis-legalisierung-ampel-nimmt-erneut-anlauf 

Gut zu wissen: Abgabe durch Apotheken, ja oder nein?

Für Apotheken stellt sich in der Diskussion um die Cannabis-Legalisierung immer wieder die Frage, wo sie ihren Platz finden sollen. 

Abgabestellen für medizinisches Cannabis sind sie bereits – doch die Meinungen, ob sie auch Cannabis zu Genusszwecken abgeben sollten, gehen auseinander. 

Die Standesvertretungen sind keine begeisterten Verfechter dieses potenziellen Geschäftsfeldes. Sie verweisen immer wieder auf den heilberuflichen Zielkonflikt, schließlich sei es die Aufgabe der Apotheken, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen. /ks

Schweiz: Cannabis für Genusszwecke im Pilotprojekt 

Die Schweiz ist bei der Legalisierung schon einen Schritt weiter. So gibt es in ausgewählten Städten Pilotversuche zum Verkauf von Cannabis für Genusszwecke: Das Programm „Weed Care“ läuft seit Ende Januar. 

In Basel z. B. können die Studienteilnehmenden – und nur diese – in neun Apotheken Cannabisprodukte mit verschiedenen THC-Stärken kaufen. Untersucht wird, ob sie ihren Konsum ändern. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet. 

Gut zu wissen: THC-Gehalt in der Schweiz für Legalität entscheidend

In der Schweiz kommt es bei der Legalität von Cannabis auf den THC-Gehalt und die Menge an. Produkte mit einem Gehalt von unter einem Prozent sind generell legal, als Blüten oder Duftöle, Cremes und Salben. Diese Produkte werden in Supermärkten oder an Kiosken verkauft.  

Produkte mit über einem Prozent THC sind zwar verboten und der Konsum kann mit der Buße von 100 Franken (knapp 102 Euro) belegt werden. Aber der Besitz von bis zu zehn Gramm für den eigenen Konsum ist nicht strafbar.

Folgt nach den Eckpunkten bald das Cannabis-Gesetz?

Die neuen Eckpunkte für das Legalisierungsvorhaben sind ein Zwischenschritt. Noch im April soll ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Legalisierung vorgelegt werden. Wann die Regeln in Kraft treten könnten, ist noch unklar.  

Die zweite Säule der geplanten Legalisierung ist „voraussichtlich weiterhin notifizierungspflichtig“, wie es von der Bundesregierung heißt. Das bedeutet, dass die EU mitreden darf. Damit ist im Moment unklar, ob daraus am Ende auch etwas wird.

Ärzteverbände kritisieren Legalisierungspläne

Kritisiert werden die Pläne unter anderem von verschiedenen Ärzteverbänden.  

In einer Pressemitteilung der hessischen Ärztekammer erklärt Kammerpräsident Dr. med. Edgar Pinkowski: „Aus meiner Sicht ist es ebenso unverantwortlich wie unbegreiflich, dass der Bundesgesundheitsminister im Rahmen eines sogenannten Zwei-Säulen-Modells den Konsum eines Suchtmittel[s] freigeben will, von dem wir wissen, dass es bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu ernsten psychischen Erkrankungen und sogar zu dauerhaften Hirnschäden führen kann.“ https://www.lifepr.de/pressemitteilung/landesaerztekammer-hessen/scharfe-kritik-an-den-plaenen-zur-cannabis-legalisierung/boxid/942419  

Weiter heißt es, dass Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, dass die Zulassung von Cannabisprodukten auch einen konsumverharmlosenden Effekt habe. So würde der Anteil insbesondere junger Konsumenten mit täglichem Gebrauch steigen. Gerade bei frühem Eintrittsalter und häufigem Gebrauch werde das heranwachsende Gehirn jedoch in seiner Entwicklung geschädigt und Depressionen, Konzentrationsstörungen und psychotische Erkrankungen begünstigt.

Noch etwas konkreter wird die Ärztekammer Niedersachsen in ihrer Pressemitteilunghttps://www.lifepr.de/inaktiv/aerztekammer-niedersachsen/die-legalisierung-des-cannabiskonsums-birgt-gesundheitliche-risiken-und-wird-das-deutsche-gesundheitssystem-zusaetzlich-belasten-das-koennen-wir-nicht-hinnehmen/boxid/942369 : Demnach sei in anderen Ländern (wie den USA, Kanada und Portugal) der Cannabiskonsum nach der Legalisierung um etwa 30 Prozent gestiegen und es seien 25 Prozent mehr durch den Genuss hervorgerufene psychische Störungen aufgetreten.  

Auch aus der Apothekerschaft gibt es kritische Stimmen: Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, ist z. B. überzeugt, dass bei diesem Legalisierungsmodell ein zu hoher Konsum nicht verhindert werden könne: „Das Gegenteil ist der Fall. Wir schaffen uns zusätzliche Probleme, insbesondere bei jungen Menschen.“ Auch glaubt Preis nicht an eine Entlastung der Behörden – diese müssten jetzt schließlich noch mehr kontrollieren, z. B. ob die diversen neuen Grenzwerte und Auflagen für die Cannabis-Clubs eingehalten werden.

Probleme im Straßenverkehr durch Cannabis-Konsum

Kommt es zur Legalisierung von Cannabis, hat dies auch Auswirkungen auf den Straßenverkehr. Nach aktueller Rechtslage riskieren Verkehrsteilnehmer, die kiffen und mit THC im Blut erwischt werden, hohe Strafen – auch wenn die Konzentration gering ist. 

Wer hingegen ein Bier getrunken hat, darf in der Regel noch Auto fahren – dank der 0,5-Promille-Grenze. Um diese Ungerechtigkeit abzubauen, werden im Zuge der geplanten Cannabis-Legalisierung an dieser Stelle Anpassungen erwogen.

Welche Strafen gibt es derzeit bei Cannabis am Steuer?

Grundsätzlich begehen Autofahrer, die „unter der Wirkung“ von THC am Steuer sitzen, nach aktuell gültigem Straßenverkehrsgesetz eine Ordnungswidrigkeit – ausgenommen sind Patienten, die Cannabis als Arzneimittel verschrieben bekommen haben.  

Dem Gesetz zufolge liegt eine Wirkung vor, wenn THC im Blut nachgewiesen wird. Hier gibt es nun laut ADAC und TÜV-Verband einen etablierten Grenzwert von 1 Nanogramm THC pro 100 Milliliter Blut. 

Bußgeldkatalog und Fahrerlaubnisverordnung sehen 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot vor. In der Regel wird den Verbänden zufolge auch eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet.

Ob Betroffene bei einer solchen THC-Konzentration im Blut aber wirklich noch unter dem Einfluss von Cannabis stehen, sodass von einer Drogenfahrt ausgegangen werden kann, ist umstritten.

Übrigens: Wen die Polizei so berauscht im Auto erwischt, dass er fahruntüchtig ist, dem droht im schlimmsten Fall Gefängnis – egal, ob dieser Zustand durch Drogen oder Alkohol verursacht wurde.  

Im vorgestellten Cannabis-Eckpunktepapier hatte die Regierung angekündigt, die geltenden Grenzwerte für das Führen von Fahrzeugen „unter Einbeziehung der einschlägigen Fachgremien“ zu überprüfen. Genauer wurde es allerdings nicht. Möglicherweise gibt es Details zu neuen Grenzwerten, sobald der erste Gesetzentwurf vorgelegt wird. Quelle: dpa