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GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verabschiedet: Was PTA über das neue GKV-Spargesetz wissen müssen

Mit jedem Rezept wird auch ein Kassenabschlag an die GKV abgeführt. Dieser wird nun für zwei Jahre erhöht. | Bild: Alex Schelbert / PTAheute

Am vergangenen Donnerstag hat das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Bundestag passiert. Das Spargesetz enthält unter anderem eine Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 auf 2,00 Euro für die kommenden zwei Jahre. Während den Ärzten auf den letzten Metern große Zugeständnisse gemacht wurden, blieben die Proteste der Apothekerschaft ohne Erfolg. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sprach von einem „schwarzen Tag für die Apotheken in Deutschland“.

Wer hat das neue Gesetz verabschiedet? 

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, in dem diese neue Belastung für die Apotheken enthalten ist, wurde am 20. Oktober mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag verabschiedet, also beschlossen. Nun steht noch die Abstimmung im Bundesrat an. Dieser hatte zwar im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens eine lange und kritische Stellungnahme zu den Sparplänen der Regierung vorgelegt und unter anderem gefordert, auf die Erhöhung des Kassenabschlags zu verzichten. Aber die Zustimmung der Länder ist nicht notwendig. Es handelt sich „nur“ um ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Dieses Einspruchsverfahren ist allerdings alles andere als die Regel. Dass der Bundesrat in diesem Fall von diesem Recht Gebrauch macht, ist nicht zu erwarten.

Apotheken werden finanziell belastet 

Somit müssen also aller Voraussicht nach die Apotheken künftig 2,00 Euro statt 1,77 Euro pro Rx-Packung Abschlag an die Kassen zahlen. Das bedeutet 120 Millionen Euro Zusatzbelastung pro Jahr allein durch den erhöhten Abschlag, dazu kommen gestiegene Tarifgehälter, hohe Energiekosten und die Inflation. Seitens der ABDA geht man davon aus, dass im kommenden Jahr weitere Apotheken schließen müssen.  

Dass die Argumente der Apothekerschaft kein Gehör finden würden, zeichnete sich bereits im Gesetzgebungsverfahren ab. In der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags hakte allein ein CDU-Politiker nach, Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Er wollte wissen, welche Auswirkungen die ABDA auf die flächendeckende Versorgung durch die geplante zweijährige Anhebung erwartet. Auch der einzige Änderungsantrag zum Thema Kassenabschlag kam von der Union. Er wurde jedoch abgelehnt. In den Prüfbitten und Änderungsanträgen der Regierungskoalition war eine mögliche Streichung der Erhöhung kein Thema.  

ABDA-Präsidentin: Ein schwarzer Tag für die Apotheken in Deutschland 

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sprach von einem „schwarzen Tag für die Apotheken in Deutschland“. „Wir haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren der Politik geholfen, die Pandemie zu meistern. Als Dank dafür wird ausgerechnet jetzt, wo die Apotheken wegen Inflation und Energiekrise selbst Hilfe und Entlastung bräuchten, die Vergütung gekürzt. Dabei gab es bis zuletzt finanzielle Spielräume bei der Gestaltung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, die Bundesregierung und Parlament einfach nicht für die Apotheken vor Ort nutzen wollten. Um es noch einmal klipp und klar zu sagen: Die Apotheken sind keine Kostentreiber. Unser Anteil an den jährlichen GKV-Ausgaben liegt bei 1,9 Prozent. Seit 2005 ist die Tendenz sinkend. Das sind Fakten, die neben der Politik auch der GKV-Spitzenverband endlich anerkennen muss“, betont die ABDA-Präsidentin.  

Im Hinblick auf die Gesetzgebung in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode erklärt sie, dass in ihren Augen die Politik in die falsche Richtung unterwegs ist. Sie müsse umkehren und Apotheken entlasten. „Dafür werden wir kämpfen“, verspricht Overwiening. „Dass wir das können, haben wir in dieser Woche eindrucksvoll mit den Schwerpunktstreiks in vier Bundesländern gezeigt, an denen sich enorm viele Apotheken beteiligt haben.“

Zur Erinnerung: Was ist der Kassenabschlag? 

Apotheken erhalten für jede abgegebene Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels eine prozentuale Vergütung von drei Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis sowie einen sogenannten Fixzuschlag von 8,51 Euro pro Packung (jeweils zzgl. Umsatzsteuer).  

An die gesetzlichen Krankenkassen müssen die Apotheken pro Packung einen Apothekenabschlag in Höhe von 1,77 Euro pro Packung (zzgl. Umsatzsteuer) abführen. Die Ampelkoalition hat nun beschlossen, diesen Kassenabschlag für die Dauer von zwei Jahren auf 2,00 Euro anzuheben.  

Große Zugeständnisse an Ärzte 

Auch die Ärzte sollen mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz an den Sparmaßnahmen beteiligt werden. Konkret sollte die sogenannte „Neupatientenregelung“ abgeschafft werden, was zu großem Unmut und Streiks bei den Ärzten geführt hat.

Doch während die Apotheken mit ihren Protesten gegen die Erhöhung des Kassenabschlags nicht erfolgreich waren, bekommen die Ärzte wohl einen lukrativen Ersatz für die Neupatientenregelung. So sollen Haus- und Fachärzte demnach extrabudgetäre Zuschläge zur Versichertenpauschale erhalten, wenn sie Patienten, die durch die Terminservicestellen vermittelt werden, schnell behandeln. Die Zuschläge sollen gestaffelt sein, je nachdem, wie schnell die Behandlung beginnt.

Für die Behandlung von Akutfällen, die spätestens am nächsten Kalendertag nach der Kontaktvermittlung durch die Terminservicestelle zu erfolgen hat, kann dann beispielsweise ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale abgerechnet werden. Die konkrete Höhe ist im Bewertungsausschuss zu vereinbaren. Wenn die Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt, sind bis zu 40 Prozent Zuschlag drin. Außerdem soll der Zuschlag für eine Vermittlung eines Termins bei einem Facharzt auf 15 Euro erhöht werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete dies während der Debatte im Plenum als wichtigen Schritt zum Abbau der Zwei-Klassen-Medizin, der eine wirkliche Verbesserung für die Versorgung der Patienten bringen soll.