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Verbraucherzentrale bemängelt Situation bei Nahrungsergänzungsmitteln: NEM müssen strenger reguliert werden

Nahrungsergänzungsmittel gibt es in Drogerien, Supermärkten und in der Apotheke. Aktuell zählen sie zu den Lebensmitteln. Die Verbraucherzentrale fordert, dass der NEM-Markt stärker reguliert wird. | Bild: IMAGO / Geisser

Der Markt mit Nahrungsergänzungsmittel (NEM) boomt. Obwohl Institutionen wie das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Verbraucherzentralen regelmäßig davor warnen, ohne Indikation zu hochdosierten Produkten zu greifen, scheinen immer mehr Menschen Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen. 

Bei einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands hat jeder Zweite im letzten halben Jahr einmal oder mehrfach entsprechende Mittel gekauft. Im Jahr 2016 war das nur etwas mehr als jeder Dritte gewesen.

Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel

Das Problem: Der Markt ist weitgehend unreguliert. Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel und müssen daher nur angezeigt werden, eine behördliche Prüfung oder eine Zulassung wie bei Arzneimitteln vor dem ersten Verkauf ist nicht vorgesehen. 

Es ist weder ein Wirksamkeitsnachweis nötig noch müssen mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen angegeben werden. Lediglich irreführende Werbung ist verboten. Daran müssen sich übrigens auch Apotheken halten, die solche Produkte bewerben. So sind auch für sie krankheitsbezogene Aussagen generell unzulässig, gesundheitsbezogene lediglich im engen Rahmen der Health-Claims-Verordnung.

Zur Erinnerung: Was ist ein Nahrungsergänzungsmittel?

Nach § 1 der deutschen Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEMV) sind NEM Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Sie werden in dosierter Form in den Verkehr gebracht und sind ein Konzentrat aus Vitaminen und Mineralstoffen. 

Tatsächlich ist es so, dass die NEMV in Deutschland bislang nur Vitamine und Mineralstoffe regelt – alle „sonstigen Stoffe wie Aminosäuren, Fettsäuren oder Pflanzenextrakte“ nicht. 

Nach § 2 dürfen NEM gewerbsmäßig auch nur in „Fertigpackungen“ in den Verkehr gebracht werden – was rein von der Packung eine enge Nähe zu Arzneimitteln schafft. Zudem erschwert die Darreichungsform in „dosierter Form“ – seien es Tabletten, Kapseln, Dragees, Portionsbeutel, Flüssigampullen – die klare Abgrenzung zum Arzneimittel. /cm

Vitamine in NEM: Es gibt keine verbindlichen Höchstmengen

Welche Substanzen einem Nahrungsergänzungsmittel zugesetzt werden dürfen, regelt in Deutschland die nationale Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV). Sie enthält allerdings keine rechtlich verbindlichen Höchstmengen für den Zusatz von Vitaminen. Eigene Empfehlungen für solche Höchstmengen veröffentlicht zum Beispiel das Bundesinstitut für Risikobewertung auf seiner Website. 

Erschwerend hinzu kommt, dass die Lebensmittelüberwachung Ländersache ist. Das heißt, ein Verkaufsverbot für ein bestimmtes NEM ist meist eine Einzelfallentscheidung.

Häufig Ethylenoxid in NEM

Seit fünf Jahren betreiben die Verbraucherzentralen nun das Internetportal www.klartext-nahrungsergaenzung.de zu diesem Thema. Das dort tätige Expertenteam meldete laut eigener Aussage seither 250 Produkte an die Überwachungsbehörden, die ihnen zuvor durch Verbraucheranfragen und -beschwerden zugetragen wurden. Daraus resultierten zahlreiche Gerichtsverfahren.

Besonders häufig warnten die Verbraucherzentralen demnach vor krebserregendem Ethylenoxid in pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln, vor unzulässigen Arzneisubstanzen, Salmonellen und zu hohen Dosierungen einzelner Inhaltsstoffe, etwa zu viel Curcumin und Piperin in Kurkuma-Produkten. Sie könnten leberschädigend wirken.

Verbraucherzentrale fordert bessere Regulierung

In den Augen der Verbraucherzentrale ist es inakzeptabel, dass die Politik diesen Milliarden-Markt nicht regelt und vor Irreführung und gesundheitlichen Risiken schützt. Sie fordert daher die Bundesregierung auf, Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken zu schützen und den Markt mit Nahrungsergänzungsmitteln strenger zu regulieren. Quelle: dpa/jb