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Neue Studienergebnisse: RSV-Impfung schützt zu 80 Prozent

Wie bei Ebola und COVID-19 nutzt Janssen auch für den RSV-Impfstoff seine Adenovektor-Plattform (AdVac®), ein menschliches Adenovirus (Schnupfenvirus) vom Serotyp 26 (Ad26). | Bild: InsideCreativeHouse / AdobeStock

In der Phase-2b-Studie CYPRESS verglich Janssen – ein Tochterunternehmen von Johnson & Johnson – seinen RSV-Impfstoffkandidaten gegen Placebo. Die Teilnehmer waren alle älteren Jahrgangs und mindestens 65 Jahre alt. Und sie erhielten vor Beginn der RSV-Saison (November bis April) entweder eine Impfung mit dem Janssen-Impfstoff oder mit wirkstofffreiem Placebo. In der darauffolgenden RSV-Saison wurde untersucht, wie viele Teilnehmer eine PCR-bestätigte, RSV-verursachte symptomatische Erkrankung der unteren Atemwege entwickelten. 

Studienziel erreicht: Schutz vor symptomatischer RSV-Infektion

Dieses primäre Studienziel wurde in CYPRESS erreicht: Laut Janssen schützte der RSV-Impfstoffkandidat nach einer einmaligen Impfung bis zu 80 Prozent vor einer symptomatischen RSV-Infektion. Laboruntersuchungen zeigten bei den Geimpften eine humorale sowie zelluläre Immunantwort und die Entwicklung von neutralisierenden Antikörpern gegen RSV zwei Wochen nach der Impfung. Der Impfstoff wurde „im Allgemeinen“ gut vertragen. An CYPRESS nahmen 5.782 Personen ab 65 Jahren teil. Für die Auswertung der Immunogenitätsdaten und Sicherheitsdaten wurden bislang 200 beziehungsweise 700 Teilnehmer herangezogen. Noch hat Janssen die Studie nicht wissenschaftlich unabhängig begutachten lassen und veröffentlicht. Das Unternehmen präsentierte die Ergebnisse bislang lediglich auf einer Konferenz.

Gut zu wissen: Wann ist RSV-Saison?

Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) beginnt die RSV-Saison im November und dauert bis April an. Der meist vier- bis achtwöchige Hochpunkt an Infektionen wird meist in den Monaten Januar und Februar erreicht, seltener im November und Dezember. Dem RKI ist in den letzten Jahren jedoch ein „jährlicher Wechsel dieser winterlichen RSV-Saison mit einer früheren Saison im September und Oktober“ aufgefallen. Auch in diesem Jahr hat die RSV-Welle außergewöhnlich früh, bereits in der 35. Kalenderwoche, begonnen. Respiratorische Synzytialviren dominieren aktuell das Infektionsgeschehen bei ARE-Infektionen (akute respiratorische Erkrankungen). Zur Bestimmung des Starts der RSV-Welle wird die RSV-Positivenrate bei Säuglingen und kleinen Kindern bis zum Alter von vier Jahren herangezogen.

Mit diesen positiven Phase-2b-Ergebnissen will Janssen nun den nächsten Schritt gehen und Sicherheit und Wirksamkeit seines vielversprechenden RSV-Impfstoffkandidaten in einer größeren klinischen Studie der Phase 3 untersuchen. EVERGREEN soll etwa 23.000 ältere Teilnehmer ab 60 Jahren in den USA, Europa, Asien und Ländern der Südhalbkugel einschließen. Verglichen wird der Impfstoff wie in Phase 2b gegen Placebo. Ein Vergleich mit einer anderen aktiven Immunisierung ist derzeit auch nicht möglich, da bislang kein aktiver Impfstoff gegen RSV zugelassen ist. Es gibt jedoch die Möglichkeit einer passiven Immunisierung mit Palivizumab (Synaris® 50 mg/0,5 ml oder Synaris® 100 mg/1 ml). 

Palivizumab – die passive Impfung gegen RSV

Bei Palivizumab handelt es sich um einen Antikörper. Als passiver Impfstoff stimuliert Palivizumab das Immunsystem damit nicht, dass dieses selbst aktiv wird und Antikörper bildet (wie eine aktive Impfung), sondern fängt als RSV-Antikörper die Viren direkt ab und neutralisiert sie. Vorteil ist, dass die Wirkung der Virusbekämpfung sofort mit der Impfung vorhanden ist und das Immunsystem nicht erst Antikörper bilden muss, was in der Regel zwei Wochen dauert. Nachteilig ist dabei jedoch, dass der Schutz nur wenige Wochen oder Monate anhält, da dann die gespritzten Antikörper wieder abgebaut sind. Palivizumab ist derzeit zur Prävention schwerer Erkrankungen der unteren Atemwege durch RSV, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen, nur bei Säuglingen und kleinen Kindern mit hohem Risiko für eine RSV-Erkrankung zugelassen: Also bei Frühgeborenen (35. Schwangerschaftswoche und früher), die zu Beginn der RSV-Saison jünger als sechs Monate sind, sowie Kindern unter zwei Jahren mit bestimmten angeborenen Herzfehlern oder wenn sie in den letzten sechs Monaten wegen bronchopulmonaler Dysplasie behandelt wurden.

Wie funktioniert der Janssen-RSV-Impfstoff?

Das Prinzip, mit dem der RSV-Impfstoff für eine Immunität sorgen soll, nutzt Janssen bereits: Vektorimpfstoffe. Vor allem während der COVID-19-Pandemie hat die Vektorimpfstofftechnologie an Bekanntheit gewonnen – Janssen setzt diese neben seinem COVID-19-Impfstoff Janssen zudem bei seinem Ebola-Impfstoff ein. Wie bei Ebola und COVID-19 nutzt Janssen auch für den RSV-Impfstoff seine Adenovektor-Plattform (AdVac®), ein menschliches Adenovirus (Schnupfenvirus) vom Serotyp 26 (Ad26). Dieses Virus wurde allerdings so abgeändert, dass es sich im menschlichen Körper nicht mehr vermehren und Erkrankungen verursachen kann. Es dient lediglich als Fähre, um die genetische Information für das Antigen – im Falle von RSV: das Fusionsprotein – bei der Impfung einzuschleusen. Der Geimpfte produziert im Anschluss aus der genetischen Information das Antigen selbst, dieses wird dem Immunsystem präsentiert und ruft dann eine Immunantwort hervor. 

Bei der RSV-Impfung entschied man sich dabei für das Fusionsprotein als Antigen, da dieses im RSV-Krankheitsgeschehen eine wichtige Rolle spielt. Denn: Respiratorische Synzytialviren vermehren sich in den Schleimhäuten der Atemwege (zilientragende Epithelzellen). Das RSV-Fusionsprotein „verschmilzt“ (Synzytienbildung) diese Epithelzellen miteinander und schädigt sie. Dadurch werden Immunzellen angelockt, es entstehen Zelltrümmer und Schleim, die die Atemwege verlegen. Dem RKI zufolge erholen sich die Epithelzellen innerhalb von vier bis acht Wochen.

RSV-Impfungen – wer forscht noch daran?

Janssen ist nicht das einzige Pharmaunternehmen, das an RSV-Impfungen bei Erwachsenen forscht – ein Therapiegebiet, in dem der EMA zufolge ein „ungedeckter Bedarf“ besteht. Ein Stück weiter als der Impfstoffkandidat von Janssen ist derzeit der RSV-Impfstoffkandidat von Pfizer. Die klinische Studie der Phase 3 startete Pfizer bereits im September. Daneben haben auch Moderna und Curevac Ideen zu RSV-Impfstoffen: Sie forschen am RSV-Schutz auf mRNA-Basis. Moderna konnte bereits die Phase 1 starten, die amerikanische Arzneimittelbehörde genehmigte mRNA-1345 zudem den Status der „Fast Track Designation“, was eine beschleunigte Entwicklung ermöglichen soll. Curevac hat für seinen RSV-Impfstoffkandidaten noch keinen Namen. Noch ist der Kandidat in der präklinischen Entwicklung.