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Praxiswissen
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Neue NRF-Vorschrift: Tipps zur Herstellung von Metronidazol-Kapseln

Kapselbrett mit eingesteckten grün-weißen Kapseln; Hand hält einzelne Kapsel hoch
Zur Herstellung von Metronidazol-Kapseln in der Rezeptur kann entweder die mikronisierte oder die kristalline Rezeptursubstanz verwendet werden. | Bild: Gabriel Trujillo / AdobeStock

Das Antibiotikum Metronidazol gehört zur Gruppe der Nitroimidazole und ist gegen anaerobe Bakterien und einzellige Parasiten wirksam. Anaerobe Mikroorganismen benötigen für ihren Stoffwechsel keinen Sauerstoff. Metronidazol greift in den Stoffwechsel von Mikroorganismen ein, die im Körper überwiegend in Regionen mit schlechter Sauerstoffversorgung vorkommen. 

So werden vor allem Infektionen im Magen-Darm-Trakt, Mund-Zahn-Kiefer- und Hals-Nasen-Ohren-Bereich sowie in den weiblichen Geschlechtsorganen mit Metronidazol therapiert. Der Wirkstoff wird auch zur Vorbeugung von Infektionen bei Operationen im Gastrointestinaltrakt oder gynäkologischen Bereich eingesetzt.

Gut zu wissen: Wirkmechanismus von Metronidazol

Unter anaeroben Bedingungen werden mit Hilfe von bakteriellen Enzymen Elektronen auf die Nitrogruppe des Metronidazols übertragen. Dadurch entstehen reaktive Zwischenprodukte, die mit der Erbsubstanz der Mikroorganismen interagieren und so zum Zelltod führen. 

Menschliche Zellen sind deutlich weniger empfindlich als die anaeroben Keime, da der dort vorhandene Sauerstoff eine schützende Wirkung ausübt. Denn der Sauerstoff konkurriert mit der Nitrogruppe um die Elektronen und hemmt somit die Bildung reaktiver Verbindungen.

Dosierung von Metronidazol

Metronidazol ist in Tablettenform in einer Dosierung von 250 mg, 400 mg und 500 mg erhältlich. Die Dosis für Erwachsene und Kinder über zwölf Jahren beträgt normalerweise 0,25 g bis maximal 2 g pro Tag und wird meist auf zwei bis drei Einzeldosen verteilt. Jüngere Kinder erhalten 20 bis 30 mg pro Kilogramm Körpergewicht am Tag, auch hier liegt die maximale Tagesdosis bei 2 Gramm Metronidazol. 

Meist wird über fünf bis sieben Tage therapiert, eine Behandlungsdauer von zehn Tagen soll nicht überschritten werden.

Herstellung von Metronidazol-Kapseln

Das DAC/NRF-Team hat sich in den letzten Wochen konkret mit der rezepturmäßigen Herstellung der Metronidazol-Kapseln beschäftigt und eine Reihe von praktischen Tipps zusammengestellt. 

Zunächst einmal steht der Wirkstoff als mikronisierte und kristalline Rezeptursubstanz zur Verfügung. Beide Ausgangsstoffe können zur Kapselherstellung eingesetzt werden. Angelehnt an die normalerweise erhältlichen Fertigarzneimittel-Tabletten sollen Kapseln mit 250 mg bis 500 mg Wirkstoff hergestellt werden. 

Die Befüllung der Hartgelatine-Kapseln kann nach der Messzylindermethode A erfolgen. Als Kapselhüllen kommen dabei Kapseln der Größe 0 in Frage. Als Füllmittel kann das Standardfüllmittel – eine Mischung aus 99,5 Teilen Mannitol und 0,5 Teilen Hochdisperses Siliciumdioxid – nach NRF-Vorschrift S.38. verwendet werden.

Wie funktioniert nochmal die Messzylindermethode?

Die meisten Arzneistoffe werden mittlerweile nach der massenbasierten Herstellung zu Kapseln verarbeitet. Die benötigten Mengen an Wirkstoff und Füllmittel werden hierbei getrennt voneinander abgewogen und nach dem Vermischen in die Kapselunterteile gefüllt.

Bei der Herstellung von Kapseln aus Fertigarzneimitteln oder auch bei hohem Wirkstoffanteil, wie bei den Metronidazol-Kapseln, spielt die Messzylindermethode weiterhin eine Rolle. Dabei wird das Pulvervolumen für den Ansatz in Abhängigkeit von der Anzahl und Größe der Kapseln festgelegt. 

Früher wurde vor der Herstellung zunächst das Kalibriervolumen (VK) mit Hilfe von reinem Füllmittel bestimmt. Dies wird mittlerweile nicht mehr empfohlen, so dass das benötigte Volumen aus dem Nennvolumen der verwendeten Kapselhüllen berechnet werden kann:

VK = Anzahl der Kapseln x Vnominal

VK: Kalibriervolumen

Vnominal: Nennvolumen einer Kapsel (bei Größe 0 = 0,68 ml)

Metronidazol-Kapseln: Herstellung nach Methode A

Bevor die Unterteile der Kapseln befüllt werden, muss zunächst eine wirkstoffhaltige Pulvermischung hergestellt werden. Durch den hohen Wirkstoffanteil beträgt das zu erwartende Volumen mehr als die Hälfte des Kalibriervolumens, deshalb kommt Methode A zum Einsatz.

Gut zu wissen: Produktionszuschlag beachten

Bei der Herstellung von Kapseln lassen sich Pulververluste nicht vermeiden, diese würden jedoch zu einer Gehaltsminderung in der fertigen Arzneiform führen. Das NRF empfiehlt daher abhängig von der Wirkstoffmenge pro Kapsel folgenden Produktionszuschlag zu berücksichtigen:

  • grundsätzlich Wirkstoff-Produktionszuschlag von 5 %
  • bei niedrig dosierten Kapseln (weniger als 20 mg Wirkstoff) Wirkstoff-Produktionszuschlag von 10 %

Beim Abwiegen der benötigten Menge an Metronidazol ist ein Produktionszuschlag von 5 % sowie gegebenenfalls ein Einwaagekorrekturfaktor zu berücksichtigen. 

Die abgewogene Wirkstoffmenge wird in einer glatten Schale vorzugsweise aus Edelstahl mit 0,5 % Hochdispersem Siliciumdioxid versetzt. Unter häufigem Abschaben wird die Zubereitung vermischt und anschließend locker in einen Messzylinder eingefüllt. Das Volumen des Messzylinders darf dabei nicht größer als das 2,5-Fache des zuvor errechneten Kalibriervolumens sein. Anschließend wird mit Füllmittel auf das Kalibriervolumen aufgefüllt und die Pulvermischung wieder in die Fantaschale gegeben. 

Nach erneutem Vermischen können die Kapselunterteile gleichmäßig ohne Druck befüllt werden. Ein leichter Überstand an Pulver soll gleichmäßig auf dem Kapselbrett verteilt werden. Dazu wird die Kapselmaschine leicht erschüttert und durch Absinken des Pulvers kann der Überstand eingestrichen werden.

Schematische Darstellung der Messzylindermethode A nach DAC/NRF | Bild: Bergner/Seidel: Galenische Übungen, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2024

Gut zu wissen: Richtiges Befüllen der Kapseln

Damit die einzelnen Kapselunterteile möglichst gleichmäßig befüllt sind, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die Pulvermischung nicht als „Pulverhaufen“ auf dem Kapselbrett zu verteilen. Idealerweise wird das Pulver gleichmäßig „in Bahnen“ auf dem Brett verteilt und mit einem senkrecht gehaltenen Kartenblatt in die Unterteile verstrichen.

Metronidazol: Mikronisierte oder kristalline Rezeptursubstanz?

Das DAC/NRF-Team schlägt zur Herstellung von Metronidazol-Kapseln mit 250 mg Wirkstoff die Verwendung der mikronisierten Substanz vor. Bei Kapseln mit 500 mg Metronidazol ist dagegen die kristalline Rezeptursubstanz ohne Vorverreibung besser geeignet. 

Grundsätzlich lässt sich kristallines Metronidazol leichter verarbeiten, denn Mikronisierung verschlechtert die Fließfähigkeit und erhöht die Neigung zur Bildung von Agglomeraten. Allerdings kann es bei der Verwendung der kristallinen Substanz durch unterschiedliche Teilchengröße von Wirkstoff und Füllmittel leichter zur Entmischung kommen. Angaben zur Korngröße können meist den jeweiligen Analysenzertifikaten entnommen werden.

Metronidazol-Kapseln: Welches Füllmittel ist geeignet?

Wie bereits beschrieben ist als Füllmittel zur Herstellung der Metronidazol-Kapseln das Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel (NRF S.38.) geeignet. Dieses Standardfüllmittel wird durch Verwendung von Mannitol 35 mit einer mittleren Teilchengröße von 50 µm hergestellt. Die resultierende Schüttdichte liegt dann zwischen 0,475 und 0,575 g/ml. 

Geeignet als Füllmittel ist aber auch eine Lactose-Siliciumdioxid-Verreibung (99,5 + 0,5) – Lactose-Monohydrat kommt bereits als Hilfsstoff in den Fertigarzneimittel-Tabletten vor.

Bei Kindern wird der pulverförmige Inhalt ausgefüllt

Kinder können feste Darreichungsformen wie Kapseln naturgemäß noch nicht schlucken. Daher wird die Pulvermischung im Normalfall ausgefüllt und zusammen mit Flüssigkeit oder weicher Nahrung appliziert. 

Da Metronidazol sehr bitter und unangenehm schmeckt, kann damit auch gleichzeitig der schlechte Geschmack verbessert werden. Zwar lässt sich der Inhalt der Kapseln meist nicht vollständig entleeren, jedoch wird der nicht entnehmbare Anteil bei der Herstellung nicht durch einen Zuschlag berücksichtigt.

Verpackung und Kennzeichnung von Metronidazol-Kapseln

Die fertigen Kapseln können in Weithalsgläsern aus Braunglas oder in Schraubdeckeldosen verpackt werden. Gegebenenfalls kann auch eine Kapsel-Box mit kindergesichertem Verschluss sinnvoll sein. 

Bei der Beschriftung des Primärpackmittels ist § 14 Apothekenbetriebsordnung zu berücksichtigen.  

Vorschlag zur Kennzeichnung:

Beispieletikett für 20 Kapseln mit Metronidazol 250 mg
Vorschlag für ein Etikett für 20 Kapseln mit Metronidazol 250 mg

Quellen:
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Metronidazol (31.01.2024)
- DAC/NRF-Werk Kapitel I.9. Kapseln
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/12/05/metronidazol-ist-knapp-ein-beispiel-von-vielen
 

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