Frage aus der Rezeptur: Mannitol oder Mannitol 35 – ist der Unterschied wichtig?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:
Eine Mischung aus 99,5% Mannitol mit 0,5% Hochdispersem Siliciumdioxid wird seit ungefähr 40 Jahren als Füllmittel bei der rezepturmäßigen Befüllung von Hartgelatine-Kapseln verwendet. Als Rezeptursubstanz ist dabei sowohl Mannitol als auch Mannitol 35 erhältlich. Welche Substanz müssen wir denn nun zur Herstellung des Kapselfüllmittels verwenden?
Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel nach NRF S.38.
Damit standardisierte Kapselvorschriften und vor allem die massenbasierte Herstellung korrekt durchgeführt werden können, ist eine Standardisierung des Füllstoffs Mannitol hinsichtlich Korngröße und Schüttdichte besonders wichtig.
Das standardisierte Füllmittel (NRF S.38.) enthält einen vorvermahlenen Mannitol-Typ 35 mit Teilchen verschiedener Größe und einem hohen Anteil an mikrofein gepulverter Substanz. Die mittlere Teilchengröße beträgt dabei 50 µm. Bei Verwendung von Mannitol 35 liegt die resultierende Schüttdichte des Füllmittels zwischen 0,475 und 0,575 g/ml. Diese wird übrigens bereits bei der Eingangsprüfung zur Identifikation des Mannitol 35 nach DAC Probe 21 überprüft. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass die angegebenen Werte für die Schüttdichte sich auf das in der Apotheke hergestellte Füllmittel beziehen und nicht auf das Mannitol 35 selbst. Zur Identifizierung von Mannitol 35 wird also bereits Hochdisperses Siliciumdioxid 0,5% dazugegeben.
Herstellung des Füllmittels
Das Standard-Füllmittel auf Basis von Mannitol 35 kann in einer glatten Fantaschale durch bloßes Verrühren und Abschaben mit Pistill und Kartenblatt gemischt werden. Eine Verreibung in einer rauen Reibschale ist nicht erforderlich. Da die verwendete Schale beim Vermischen nur mit ungefähr 10% ihres Schüttvolumens gefüllt sein soll, muss bei größeren Ansätzen mit Teilansätzen gearbeitet werden.
Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel nicht nach NRF
Bereits vorgefertigt ist ein nicht NRF-konformes Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel erhältlich. Dieses hat zwar dieselbe chemische Zusammensetzung wie das Standardfüllmittel nach NRF S.38., allerdings wird hier Mannitol-Typ 60 verwendet. Daraus resultiert eine deutlich höhere Schüttdichte (oft von über 0,7 g/ml). Um eine Schüttdichte vergleichbar zum Mannitol 35 zu erreichen, müsste daher Mannitol 60 vor der Zugabe von Hochdispersem Siliciumdioxid in einer rauen Reibschale aufwendig zerkleinert werden.
Schüttdichte wichtig für das massenbasierte Herstellungsverfahren
Bei niedrig dosierten Kapseln enthält das Pulver aus Arzneistoff und Füllmittel nahezu überwiegend Füllmittel. Daher wird die Schüttdichte der Mischung durch das Füllmittel bestimmt. Bei einer bestimmten Kapselgröße ist dadurch auch die Nennfüllmasse vorgegeben. In allen Apotheken können so, unabhängig vom verarbeiteten Wirkstoff, Kapseln mit massegleichem Inhalt hergestellt werden. Deshalb muss bei der massenbasierten Kapselherstellung unbedingt das standardisierte Füllmittel nach NRF S.38. verwendet werden.
Nennfüllmassen gelten nur für Standardfüllmittel nach NRF S.38.
Die experimentell ermittelte Nennfüllmasse beträgt beispielsweise für Kapseln der Größe 1 bei Verwendung des Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittels (NRF S.38.) 0,275 g. Liegt die Schüttdichte im geforderten Bereich an der Obergrenze, sind alle Kapseln mindestens eben gefüllt, an der Untergrenze wird meist ein Überstand erhalten. Die Pulvermischung in den Unterteilen der Kapseln kann aber durch Aufklopfen der Kapselmaschine meist problemlos so weit verdichtet werden, dass sich der Überstand gleichmäßig auf die Kapseln verteilen lässt.
Die im NRF zu findenden Nennfüllmassen gelten also nur für das Standardfüllmittel nach NRF S.38. und lassen sich nicht auf andere Füllmittel übertragen, auch nicht auf eine Mischung aus 99,5% Mannitol 60 und 0,5% Hochdispersem Siliciumdioxid.
Grenzen der massenbasierten Methode
Wird zur Zubereitung von Kapseln also ein nicht standardisiertes Füllmittel verwendet, so kann nicht nach der massenbasierten Methode gearbeitet werden. Das Gleiche gilt auch für Kapseln, die aus gepulverten Fertigarzneimittel-Tabletten hergestellt werden. In beiden Fällen kommt nach wie vor die bewährte Messzylinder-Methode zum Einsatz.
Frage aus der Rezeptur?
Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.