Rezeptur
Praxiswissen
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Suspensionen für die Pädiatrie

Braunglasflasche mit Kolbenpipette
Suspensionen werden in der Rezeptur häufig für Kinder hergestellt, da geeignete Darreichungsformen und Dosierungen oft fehlen. | Bild: IMAGO / Funke Foto Services

Naturgemäß stellen flüssige Arzneiformen für Kinder die bevorzugte Darreichungsform dar. Von Vorteil sind dabei die einfache Applikation und die problemlose, individuelle Anpassung der benötigten Dosierung. Löst sich der benötigte Arzneistoff gut im Trägermedium – in der Kinderheilkunde handelt es sich dabei normalerweise um Wasser – kann eine Lösung hergestellt werden. 

Häufig verordnete Wirkstoffe, die als Lösung abgegeben werden können, sind Propanololhydrochlorid, Captopril, Enalaprilmaleat und Furosemid. Informationen zur Löslichkeit sind dabei in der jeweiligen Arzneibuchmonographie zu finden. 

Die meisten der in pädiatrischen Zubereitungen zum Einnehmen verordneten Wirkstoffe zeigen jedoch in Wasser keine ausreichende Löslichkeit und werden daher als Suspension hergestellt. Die zur Herstellung von Fiebersäften für Kinder eingesetzten Wirkstoffe Ibuprofen und Paracetamol sind dafür bekannte Beispiele. Auch antibiotische Arzneistoffe werden überwiegend zu Suspensionen verarbeitet.

So werden Suspension zum Einnehmen hergestellt

Für die Herstellung von Suspensionen wird eine Trägerlösung benötigt. Diese kann vorgefertigt bezogen oder in der Apotheke hergestellt werden. Pulverförmige Wirkstoffe können direkt verwendet werden, kristalline Stoffe werden vor dem Verarbeiten zunächst pulverisiert. Anschließend wird der Feststoff mit wenig Grundlage in einer Fantaschale angerieben und bis zur gewünschten Masse aufgefüllt. 

Suspensionen sind volumendosierte Darreichungsformen, die Konzentration wird meist in Milligramm pro Milliliter angegeben. Bei bekannter Dichte muss die Herstellung aber nicht nach Volumen erfolgen, sondern kann mithilfe einer Waage anhand der Masse durchgeführt werden. Die einzelnen Rezepturbestandteile können ganz normal abgewogen werden. 

Ist die Dichte allerdings nicht bekannt, wird die flüssige Zubereitung unter Einsatz volumetrischer Messvorrichtungen realisiert. Dazu wird die Wirkstoffanreibung aus der Fantaschale in einen Messzylinder überführt und mit der Grundlage auf das gewünschte Volumen aufgefüllt. 

Als letzten Schritt wird die fertige Suspension aus dem Messzylinder in das Abgabegefäß überführt. Allerdings ist eine vollständige Entleerung häufig problematisch und es geht somit Arzneistoff verloren. Um Wirkstoffverluste durch das Umfüllen zu verhindern, ist es daher empfehlenswert, die Suspension direkt in einer zuvor kalibrierten Flasche herzustellen. 

Zusätze in Suspensionen: Konservierung, Verdickung und Co.

Im Unterschied zu einer Lösung besteht bei einer Suspension keine Lagerstabilität. Bei längerem Stehenlassen kommt es unweigerlich zu einer Sedimentation der Feststoffe und es entsteht meist ein Bodensatz. 

Zur korrekten Entnahme der Einzeldosis muss der Wirkstoff in der Grundlage jedoch homogen verteilt sein. Eine Sedimentbildung ist zulässig, das Sediment muss jedoch leicht aufschüttelbar sein und die Suspension muss über einen gewissen Zeitraum stabil bleiben. 

Enthaltene Verdickungsmittel wie Hydroxyethylcellulose oder Tragant verringern die Geschwindigkeit der Sedimentation. Zusätze wie Hochdisperses Siliciumdioxid oder Mikrokristalline Cellulose verbessern die Aufschüttelbarkeit. 

Aufgrund des hohen Wasseranteils gelten Suspensionen als mikrobiell anfällig, auf eine Konservierung kann daher nicht verzichtet werden. Zur Anwendung bei Kindern gilt Sorbinsäure als Konservierungsmittel der Wahl, eingesetzt werden kann auch Methyl-4-hydroxybenzoat. 

Aufgrund einer möglicherweise hormonartigen Wirkung darf Propyl-4-hydroxybenzoat dagegen nicht verwendet werden. Auch das antimikrobiell wirksame Propylenglycol gilt in der Pädiatrie als kritischer Hilfsstoff

Zahlreiche NRF-Vorschriften zur Herstellung von Suspensionen

Wegen der Gefahr physikalischer Instabilität sollten Zubereitungen mit ungelöstem Wirkstoff bevorzugt nach standardisierten Rezepturvorschriften hergestellt werden. Im NRF sind zahlreiche pädiatrische Vorschriften zur Herstellung von Suspensionen zum Einnehmen zu finden: 

  • Sildenafil-Suspension 10 mg/ml (NRF 10.7.)
  • Melatonin-Suspension 2 mg/ml (NRF 17.6.)
  • Hydrochlorothiazid-Suspension 2 mg/ml (NRF 26.4.)
  • Spironolacton-Suspension 5 mg/ml (NRF 26.5.)
  • Hydrocortison-Suspension 1 mg/ml / 10 mg/ml (NRF 34.2.).

Die Rezepturvorschläge werden regelmäßig aktualisiert und auf ihre chemische und physikalische Stabilität hin überprüft. Aktuell wurde im NRF-Labor die Spironolacton-Suspension näher untersucht. 

Herstellung der Spironolacton-Suspension (NRF 26.5.)

Zur Verarbeitung von Spironolacton wird als Trägerlösung die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen nach NRF S.52. verwendet. 

Gut zu wissen: Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.)

Die Grundlage wurde extra zur Anwendung bei Kindern entwickelt. Neben Gereinigtem Wasser ist Hydroxyethylcellulose 10.000 als Verdickungsmittel enthalten und zur Verbesserung des Geschmacks Glucose-Monohydrat. 

Zum Schutz vor mikrobiellem Befall wird Kaliumsorbat eingesetzt sowie zur nötigen Regulation des pH-Wertes Citronensäure. 

Die Verwendbarkeitsfrist der Zubereitung zur Herstellung von Rezepturen beträgt 6 Monate.

Neben der Grundlage und dem Wirkstoff ist in der Rezepturvorschrift nur noch Hochdisperses Siliciumdioxid enthalten:

Spironolacton-Suspension 5 mg/ml (NRF 26.5.)
Spironolacton (mikrofein gepulvert)0,5 g
Hochdisperses Siliciumdioxid0,1 g
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.)zu 104,2 g


Um die Bildung von Pulveragglomeraten zu verhindern, werden Wirk- und Hilfsstoff getrennt voneinander mit der Grundlage in einer Fantaschale aus Glas oder Edelstahl angerieben. Das Hochdisperse Siliciumdioxid wird zunächst trocken zu einem feinen Pulver verrieben, erst dann wird anteilig die Grundlage eingearbeitet. 

Der Arzneistoff wird direkt mit wenig Grundlage angerieben. Da die Anreibung jedoch zum Eintrocknen neigt, darf diese nicht zu stark an Schalenwand, Kartenblatt und Pistill verteilt werden. Beide Ansätze können anschließend vermischt und unter häufigem Abschaben verrührt werden. Danach wird die restliche Grundlage anteilig ergänzt. 

Bei dieser Herstellungstechnik kann auf die früher enthaltene Mikrokristalline Cellulose zur Unterstützung der Aufschüttelbarkeit verzichtet werden. Durch das enthaltene Siliciumdioxid bleibt das entstehende Sediment ausreichend locker und kann in der fertigen Suspension gut aufgeschüttelt werden.

Untersuchung der Suspension durch das NRF-Team

Spironolacton gehört zu den Aldosteron-Antagonisten und wird als kaliumsparendes Diuretikum zur Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt. Bei Erwachsenen liegt die benötigte Dosis meist zwischen 25 und 100 mg, bei Kindern werden deutlich niedrigere Dosierungen benötigt. Im NRF ist die Suspension mit einer Konzentration von 5 mg/ml standardisiert, gewünscht werden gelegentlich auch andere Dosierungen wie 2 mg/ml oder 10 mg/ml. 

Aktuell wurde im NRF-Labor die Konzentration 5 mg/ml auf ihre chemische und physikalische Stabilität hin untersucht. Aus den erhaltenen Ergebnissen lassen sich wichtige Erkenntnisse auch für andere Konzentrationen ableiten:

  • Die verwendete Trägerlösung hat einen leicht sauren pH-Wert von pH 4,6, der durch den Wirkstoff praktisch nicht beeinflusst wird. Da Spironolacton bei diesem pH-Wert als chemisch stabil gilt, kann auch bei anderen Konzentrationen als 5 mg/ml von ausreichender Stabilität ausgegangen werden.
  • In der NRF-Vorschrift ist zur physikalischen Stabilisierung Hochdisperses Siliciumdioxid enthalten. Auch bei abweichender Wirkstoffkonzentration muss diese Menge nicht verändert werden, sondern kann gleich bleiben. Dabei wird empfohlen, die Suspension nach der Herstellung einen Tag stehen zu lassen und dann zu schütteln. Bei guter Aufschüttelbarkeit beträgt die Aufbrauchsfrist 6 Monate.
  • Die Dichte der Suspension wird hauptsächlich von der eingesetzten Grundlage bestimmt und kaum von der eingesetzten Menge an Wirkstoff. Dosierungen mit 2 mg/ml und 10 mg/ml können analog der NRF-Vorschrift mit dem dort angegebenen Endgewicht hergestellt werden.

Gut zu wissen: Was ist bei der Kennzeichnung zu beachten?

Bei der Beschriftung der Spironolacton-Suspension ist darauf zu achten, dass nur die Konzentration 5 mg/ml mit der NRF-Ziffer 26.5. gekennzeichnet werden darf. Auch wenn andere Dosierungen nach dieser Vorschrift hergestellt werden können, dürfen diese nicht als NRF-Vorschrift deklariert werden.

Größere Ansätze für Suspensionen mit dem Stabmixer herstellen

Mit zunehmender Größe des Ansatzes steigt bei der manuellen Anreibung das Risiko für die Entstehung von Pulveragglomeraten, die sich später nicht mehr ohne Weiteres beseitigen lassen. Das NRF empfiehlt daher Ansätze über 200 ml mit einem elektrischen Stabmixer anzufertigen. 

Die Herstellung der Suspension kann im Ein-Topf-Ansatz in einem ausreichend großen Becherglas erfolgen. Der Rezepturansatz darf dabei maximal zwei Drittel des Nennvolumens einnehmen. Die beiden Feststoffe und die Suspensionsgrundlage können ohne vorherigen Mischvorgang in das Becherglas eingewogen werden. Das Rührwerk des Stabmixers muss vollständig in die Flüssigkeit eintauchen. Bei üblichen Ansatzmengen reichen 2 Minuten Rührzeit bei niedriger Geschwindigkeit aus. 

Nach kurzer Standzeit kann als Inprozessprüfung der Boden des Becherglases auf verbliebene, weiße Pulverklumpen untersucht werden. Zudem kann mit einem Infrarot-Thermometer eine Erhöhung der Temperatur geprüft werden. Eine relevante Temperaturerhöhung ist zwar nicht zu erwarten, könnte aber zu einer übersättigten Wirkstofflösung führen. 

Fertige Suspension: Kolbenpipette als Applikationshilfe bei Kindern

Die fertige Suspension kann in eine ausreichend große Braunglasflasche oder eine Flasche aus braunem Polyethylenterephthalat abgefüllt werden. Zusätzlich ist eine Kolbenpipette (mit geeigneter Graduierung) als Applikationshilfe für eine sichere Dosierung wichtig. 

Mithilfe der Pipette kann die benötigte Einzeldosis kopfüber aus der Flaschenmündung entnommen werden. Die Kolbenpipette benötigt dazu einen Steckeinsatz. Dieser wird über die Flaschenmündung hineingedrückt und muss die passende Öffnung besitzen. 

Nach Entnahme der Dosis kann die Pipette von außen abgewischt werden – vom Spülen mit Wasser wird hingegen abgeraten. 

Pädiatrische Suspensionen gut aufschütteln!

Bei der Abgabe pädiatrischer Suspensionen sollten die Eltern auf das ausreichende Schütteln der Zubereitung vor jeder Anwendung hingewiesen werden. Dieser wichtige Hinweis muss auch deutlich auf dem Etikett erkennbar sein und nicht nur kleingedruckt vorhanden sein. 

Zur Verabreichung der Suspension sollte das Kind aufrecht sitzen und das Arzneimittel in die Wangentasche geträufelt werden. Quellen:
- Spironolacton-Suspension 5 mg/ml (NRF 26.5.)
- https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/fuer-abonnenten/rezepturtipp/rezepturtipps-2024/spironolacton-suspension-10-mg/ml
- https://www.adka.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=4297&token=22323e525ccd7d529ae2fb48ca17317f119757a5
- https://www.pharma4u.de/fileadmin/user_upload/pdf/Webinar_Unterlagen/19_Melhorn_Loesung-Suspensionen_01.pdf
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/genau-das-richtige-fuer-kinder-128011/seite/4/
 
 

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