Rezeptur
Praxiswissen
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Zur Notfallversorgung: Bei Ibuprofen-Engpass: Suspensionen aus der Rezeptur

PTA prüf Suspension in Braunglasflasche
Derzeit gibt es Lieferengpässe bei Ibuprofen-Saft. Wie können Apotheken ihre Kunden weiter versorgen? | Bild: Schelbert / PTAheute

Schon seit längerem gibt es Lieferschwierigkeiten bei Paracetamol-Säften, dies betrifft nun verstärkt auch Ibuprofen-Fertigarzneimittel in flüssiger Form. Ibuprofen-Säfte sind normalerweise von zahlreichen Anbietern als Suspension zum Einnehmen in einer Konzentration von 2% oder 4% erhältlich. Die flüssigen Zubereitungen zur Behandlung von Fieber und Schmerzen werden dabei nach Körpergewicht dosiert und sind für Kinder ab 3 Monaten und 5 kg Körpergewicht geeignet. 

Besonders betroffen von den Lieferschwierigkeiten sind Kinder und Patienten mit Schluckstörungen, da diese nicht ohne weiteres auf feste Darreichungsformen wie Tabletten ausweichen können. Durch Herstellung passender Zubereitungen können Apotheken die Patienten weiterhin mit den benötigten Arzneimitteln versorgen. 

Galenische Eigenschaften von Ibuprofen

Ibuprofen ist als Rezeptursubstanz erhältlich. Da die Substanz praktisch unlöslich in Wasser ist, müssen wie beim Paracetamol auch flüssige Zubereitungen als Suspension hergestellt werden. Bei Suspensionen ist ein unlöslicher Feststoff in einer flüssigen Phase homogen verteilt. 

Um diese gleichmäßige Verteilung des Arzneistoffs zu erreichen, muss die feste Rezeptursubstanz fein gepulvert in die Flüssigkeit eingearbeitet werden. Dazu muss der Feststoff zunächst mit einem kleinen Teil der Flüssigkeit angerieben werden, dann kann erst der Rest anteilig eingearbeitet werden. 

Zum Zeitpunkt der Entnahme der jeweiligen Dosis muss bei der fertigen Suspension eine homogene Wirkstoffverteilung gewährleistet werden. Wässrige Suspensionen werden daher meist durch Zugabe von Quellstoffen angedickt, dadurch wird die Viskosität erhöht und ein Absinken des Feststoffs verlangsamt. Geeignet ist dabei die Zugabe von Hydroxyethylcellulose oder Tragant, auch die Zugabe von Zuckern wie Glucose oder Saccharose zur Geschmacksverbesserung erhöhen die Viskosität. Der optimale pH-Wert hinsichtlich der Stabilität des Wirkstoffs liegt für eine Ibuprofen-Suspension im leicht sauren Bereich zwischen pH 3,6 und 4,6.  

Stammzubereitung aus dem NRF für Ibuprofen-Suspension geeignet

Zur Herstellung einer flüssigen Zubereitung mit Ibuprofen kann die Stammzubereitung „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen“ NRF S.52. eingesetzt werden. Das NRF schlägt in seinem Rezepturhinweis zu Ibuprofen diese Grundlage als Möglichkeit vor, weist aber darauf hin, dass Untersuchungen zur Stabilität bisher nicht durchgeführt worden sind. 

Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.
Hydroxyethylcellulose 10.0000,5 g
Glucose-Monohydrat11,0 g
Kaliumsorbat0,14 g
Citronensäure0,07 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 g

 

Diese Suspensionsgrundlage ist zur Herstellung von Arzneimitteln speziell für Kinder entwickelt worden und enthält keine für pädiatrische Patienten kritischen Bestandteile. Zur Herstellung werden in ein mit Glasstab tariertes Becherglas zunächst Hydroxyethylcellulose und Glucose-Monohydrat eingewogen, dann das getrennt abgewogene Kaliumsorbat ergänzt und die Substanzen trocken gemischt. Anschließend kann das Gereinigte Wasser zur Pulvermischung hinzugefügt, der Ansatz verrührt und Citronensäure ebenfalls unter Rühren dazugegeben werden. 

Zum Quellen wird der Ansatz unter gelegentlichem Rühren rund 2 Stunden stehen gelassen, mögliche Verdunstungsverluste müssen mit Gereinigtem Wasser ergänzt werden. Auch wenn der Quellvorgang noch nicht ganz abgeschlossen ist, kann die Zubereitung verwendet oder in eine Braunglasflasche abgefüllt werden. 

Zusatz von Hochdispersem Siliciumdioxid empfehlenswert

Um die Aufschüttelbarkeit der fertigen Ibuprofen-Suspension zu verbessern, kann ein Zusatz von Hochdispersem Siliciumdioxid sinnvoll sein. Die beiden Wirkstoffe Spironolacton und Sildenafilcitrat werden in den NRF-Vorschriften 26.5. und 10.7. auf diese Weise zusammen mit der Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen verarbeitet, daran kann sich bei der Herstellung der flüssigen Ibuprofen-Zubereitung orientiert werden. Eine entsprechende Rezepturvorschrift könnte folgendermaßen aussehen: 

100 ml Ibuprofen-Suspension 40 mg/ml
Ibuprofen (mikrofein oder sehr fein gepulvert)4,0 g
Hochdisperses Siliciumdioxid (200 m2/g)0,1 g
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.)zu 105,0 g

 

Um die Bildung von Pulveragglomeraten zu verhindern, werden Ibuprofen und der Hilfsstoff Hochdisperses Siliciumdioxid zunächst getrennt mit der Suspensionsgrundlage in zwei verschiedenen Fantaschalen angerieben. 

In der einen mit Pistill tarierten Schale aus Glas oder Edelstahl wird also das Hochdisperse Siliciumdioxid mit etwa der zehnfachen Menge an Grundlage angerieben. Die erhaltene Anreibung kann dann mit jeweils etwa der fünffachen Menge an Grundlage unter Abschaben so lange weiter verrührt werden, bis rund 20% der gewünschten Ansatzmenge erreicht sind. 

In der zweiten Fantaschale wird das Ibuprofen mit etwa der eineinhalbfachen Menge an Grundlage unter Abschaben angerieben, danach wird die Wirkstoffanreibung noch zweimal jeweils mit der gleichen Menge an Grundlage verrührt. Dazu kann dann die Mischung aus der ersten Fantaschale dazugegeben werden und die restliche Grundlage unter Rühren und Abschaben in zwei Portionen ergänzt werden. Am Ende der Herstellung soll eine dickflüssige, weiße Suspension vorliegen. 

Was tun, wenn auch die Rezeptursubstanz nicht lieferbar ist?

Ist Ibuprofen nicht als Rezepturgrundstoff erhältlich, kann die Suspension auch aus Tabletten hergestellt werden. Zur Herstellung wird dazu die benötigte Menge an Tabletten in einer Fantaschale mit wenig Grundlage gequollen und dann mit dem Pistill zu einer gleichmäßigen Paste angeteigt. Der Ansatz kann dann in kleinen Anteilen mit weiterer Grundlage bis zur gewünschten Endmasse verrührt und ergänzt werden. Eine Zugabe von Hochdispersem Siliciumdioxid ist dabei nicht nötig, da enthaltene Hilfsstoffe in den Tabletten wie Maisstärke, Hypromellose oder eben auch Hochdisperses Siliciumdioxid die Aufschüttelbarkeit der Suspension ohnehin unterstützen.

Elektrischer Stabmixer bei größeren Ansätzen

Bei manueller Anreibung steigt mit zunehmender Ansatzgröße das Risiko der Entstehung von Pulveragglomeraten. Aus diesem Grund sollen Ansätze über 200 ml nach Möglichkeit mit einem elektrischen Stabmixer angefertigt werden. Die Suspension kann dabei im Ein-Topf-Ansatz in einem Becherglas zubereitet werden, die beiden Feststoffe und die Suspensions-Grundlage können nacheinander in das Gefäß gegeben werden. Normalerweise reichen 2 Minuten Rührzeit bei niedriger Geschwindigkeitsstufe aus. Nach kurzer Standzeit soll zur Inprozessprüfung auf eine ausreichende Verteilung des Wirkstoffs der Boden des Becherglases auf verbliebene Pulverklümpchen untersucht werden. 

Packmittel und Kennzeichnung einer Ibuprofen-Suspension

Unmittelbar nach der Herstellung wird die Ibuprofen-Suspension abgefüllt. Als Packmittel ist eine Braunglasflasche mit Kolbenpipette und Steckeinsatz geeignet. Da die Zubereitung vor der Entnahme der Einzeldosis kräftig geschüttelt werden soll, muss das Volumen der Flasche zur Abgabe mindestens doppelt so groß sein wie die Abgabemenge. Bei der Kennzeichnung darf auf dem Etikett der Hinweis an den Patienten „Vor Gebrauch kräftig schütteln“ nicht fehlen. 

Als Aufbrauchsfrist für die Zubereitung können 4 Wochen angegeben werden. Weiterhin muss bei rezeptfreien Schmerzmitteln, zu denen auch die Ibuprofen-Suspension gehört, die Analgetika-Warnhinweisverordnung beachtet werden. Rezepturen müssen dabei mit folgendem Hinweis versehen werden: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker oder von der Apothekerin empfohlen.“ Dieser Warnhinweis soll verhindern, dass das Arzneimittel über die empfohlene Höchstdauer hinaus eingenommen wird.

Ibuprofen schmeckt bitter

Die Substanz Ibuprofen hat einen sehr bitteren Geschmack. Aus diesem Grund kann es daher bei Kindern zu Problemen mit der Compliance kommen. Eine Möglichkeit, um das Problem zu beheben wäre, den Anteil an Glucose-Monohydrat in der Suspensionsgrundlage zu erhöhen. Auch kann überlegt werden, zusätzlich noch ein Aroma einzusetzen. Erdbeer-Aroma oder Orangen-Aroma werden dabei in einer Konzentration von 0,05% bis 0,2% verwendet. 

Verarbeitung von Ibuprofen auch mit SyrSpend® möglich

Zur Herstellung einer Suspension mit Ibuprofen kann auch die fertig erhältliche Suspensionsgrundlage SyrSpend® eingesetzt werden. Für Kinder ab 2 Jahren kann der Wirkstoff dabei direkt mit der flüssigen Grundlage verarbeitet werden. Diese hat einen für Ibuprofen optimalen pH-Wert von 4,0 bis 4,4. 

Die flüssige SyrSpend®-Grundlage enthält als Schutz vor mikrobiellem Befall zur Konservierung Natriumbenzoat, das für jüngere Kinder als kritischer Hilfsstoff gilt. Für Kinder unter 2 Jahren muss daher das SyrSpend®-Pulver ohne Konservierung verwendet und die benötigte Suspension erst daraus hergestellt werden. 

Bisher gibt es für die Verarbeitung von Ibuprofen in SyrSpend®-Produkten noch keine Daten zur physikalischen und chemischen Stabilität. Die Firma Fagron gab aber auf Rückfrage an, dass aufgrund vergleichbarer Wirkstoffe von einer Aufbrauchsfrist der Zubereitung von 14 Tagen bei Aufbewahrung im Kühlschrank ausgegangen werden kann. Quellen:
NRF-Rezepturhinweis Ibuprofen (26.05.2020)
Spironolacton-Suspension 5 mg/ml (NRF 26.5.)
https://fagron.de/wp-content/uploads/2022/05/Fagron_SyrSpend-FactSheet-04-2022-3.pdf
 

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