Nagellack zur Herstellung von Arzneimitteln – geht das?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:
Aufgrund einer ärztlichen Verordnung sollen wir folgende Zubereitung herstellen:
Clobetasolpropionat 0,00175 g
Dimethylsulfoxid 0,2 ml
Sililevo® Nagellack 3,3 mlWenn wir die Identität des Nagellacks überprüfen, dürfen wir diesen dann zur Herstellung verwenden?
Veränderung der Nägel durch Psoriasis
Die chronisch entzündliche Hauterkrankung Psoriasis geht häufig mit einer Beteiligung der Nägel an Fingern und Zehen einher. Es werden starke Veränderungen an den Nägeln sichtbar. Zur topischen Behandlung kommen häufig Glucocorticoide wie Clobetasolpropionat zum Einsatz.
Von Hautärzten werden entsprechende Nagellacke als Zubereitung zur Herstellung in Apotheken verschrieben. Bei diesen Rezepturen wird der Wirkstoff zusammen mit einem Lösungsmittel und dem Nagellack verordnet.
Sililevo® Nagellack – Prüfzertifikat erforderlich
Wie im Rezepturbeispiel kann als Nagellack das Medizinprodukt Sililevo® ausgewählt werden. Der Nagellack stärkt die Festigkeit und Widerstandskraft der Nägel. Dieser Hydrolack enthält dazu Kieselsäure aus Schachtelhalmextrakt, Methylsulfonylmethan als Schwefelquelle und Hydroxypropylchitosan.
Da es sich bei dem Nagellack um ein Medizinprodukt handelt, darf dieser zur Herstellung von Rezepturen nur eingesetzt werden, wenn ein Nachweis der pharmazeutischen Qualität möglich ist. Der Hydrolack muss also in Arzneimittelqualität hergestellt und die pharmazeutische Qualität durch ein Prüfzertifikat nach Apothekenbetriebsordnung nachgewiesen werden. Dieses Zertifikat muss in der Apotheke bei der Eingangskontrolle zunächst auf Gültigkeit, Plausibilität und Vollständigkeit geprüft werden.
Sind alle geforderten Angaben auf dem Prüfzertifikat vorhanden, muss in der Apotheke noch die Identität des vorliegenden Nagellacks überprüft werden. Laut Herstellerfirma kann dazu neben dem Aussehen der klaren, blass-gelben Lösung der Brechungsindex (1,360 bis 1,370) und der pH-Wert (5,5 bis 6,5) überprüft werden.
Gut zu wissen: Prüfzertifikat unvollständig?
Kann der Nagellack nicht mit einem validen Prüfzertifikat in die Apotheke geliefert werden, muss dieser vor der Verwendung zur Arzneimittelherstellung komplett geprüft werden. Neben der Identität müssen also auch die Reinheit und der Gehalt bestimmt werden, ansonsten ist ein Einsatz in der Rezeptur nicht erlaubt.
Als Alternative zum verordneten Nagellack schlägt das DAC/NRF das Andicken einer alkoholischen Clobetasolpropionat-Lösung auf Basis von Ethanol 96 % mit bis zu 10 % Hydroxypropylcellulose 400 vor.
Herstellung einer Stammlösung
Der Wirkstoff Clobetasolpropionat ist äußerst gering dosiert, eine solche geringe Einwaage kann nicht mit ausreichender Genauigkeit abgewogen werden. Aus diesem Grund muss vor der Verarbeitung der Substanz zunächst eine Stammlösung hergestellt werden.
Da der Feststoff in Wasser praktisch unlöslich ist, kann als Lösungsmittel Dimethylsulfoxid oder auch Ethylacetat verwendet werden.
Vorschlag für eine Stammlösung:
Clobetasolpropionat | 0,01925 g |
Dimethylsulfoxid | 2,2 ml |
Zunächst wird der Wirkstoff auf der Analysenwaage abgewogen. Danach wird die benötigte Menge Dimethylsulfoxid mit einer geeigneten Pipette abgemessen, in ein Becherglas gegeben und das Clobetasolpropionat darin gelöst.
Zur Inprozesskontrolle empfiehlt sich die Rückwägung der Wägeunterlage nach Überführen des Wägeguts. Dabei darf der angezeigte Wert auf der Waage nicht höher als 1 % der abgewogenen Wirkstoffmasse sein.
Zur Weiterverarbeitung werden 0,2 ml dieser Stammlösung in der Nagellack-Grundlage (3,3 ml) gelöst, dabei wird das Fläschchen gut geschüttelt. Es ist am einfachsten den Nagellack in seiner ursprünglichen Verpackung zu belassen und die benötigte Menge an Stammlösung dazu zu pipettieren. Die Beschriftung ist dann entsprechend anzupassen.
Kennzeichnung und Haltbarkeit
Laut Information der Herstellerfirma kann die Aufbrauchsfrist der Zubereitung mit 3 Monaten festgesetzt werden. Bei der Kennzeichnung der Rezeptur ist darauf zu achten, dass auf dem Etikett alle Inhaltsstoffe des verwendeten Nagellacks mit Namen aufgeführt sein müssen.
Vorschlag zur Kennzeichnung:
Ist die Rezeptur erstattungsfähig?
Ist eine verschreibungspflichtige Substanz enthalten, wie im Rezepturbeispiel Clobetasolpropionat, gilt die gesamte Rezeptur als rezeptpflichtig. Die Kosten für die verschreibungspflichtige Zubereitung werden dann von der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) übernommen.
Jedoch werden die Kosten für die Stammlösung im Normalfall nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, es können nur die verordneten Mengen an Clobetasolpropionat und Dimethylsulfoxid taxiert werden.
Für die Erstattungsfähigkeit ist es dann auch nicht relevant, dass es sich bei der Nagellack-Grundlage um ein Medizinprodukt handelt. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweis Clobetasolpropionat (28.04.2023);
https://www.almirallmed.de/app/uploads/sites/2/2022/07/sililevo-nagellack_identitaetspruefung.pdf;
www.sililevo.de